Essener Tafel nimmt nur noch Deutsche auf – Straßenmagazin fiftyfifty: Menschenverachtend
“
Wer Lebensmittel von der Essener Tafel beziehen will, muss
künftig einen deutschen Pass haben. Der Andrang von Migranten sei zu
groß. Die Essener Tafel nimmt vorerst nur noch Bedürftige mit deutschem
Pass neu in ihre Kartei auf. Grund sei, dass der Anteil der Migranten
zuletzt auf drei Viertel geklettert sei, sagte am Donnerstag der
Vereinsvorsitzende Jörg Sartor. (…) Auf der Internetseite des Vereins
heißt es zu der Beschränkung: „Da aufgrund der Flüchtlingszunahme in den
letzten Jahren der Anteil ausländischer Mitbürger bei unseren Kunden
auf 75 Prozent angestiegen ist, sehen wir uns gezwungen, um eine
vernünftige Integration zu gewährleisten, zurzeit nur Kunden mit
deutschem Personalausweis aufzunehmen.“ Der Vorsitzende Sartor sagte der
„WAZ“: „Wir wollen, dass auch die deutsche Oma weiter zu uns kommt.“ In
den vergangenen zwei Jahren seien aber ältere Tafel-Nutzerinnen sowie
alleinerziehende Mütter offenbar einem schleichenden Verdrängungsprozess
zum Opfer gefallen. (…) Ähnliche Beschränkungen wie in Essen seien aber
nicht bekannt. Eine Sprecherin der Düsseldorfer Tafel sagte: „Bei uns
zählt die Bedürftigkeit, nicht die Herkunft.“…”
Meldung vom 22.2.2018 ber der FR online , siehe dazu:
- Brief an OB Thomas Kufen: „In Essen verlaufen die Grenzen zwischen arm und reich und nicht am Pass.“
“Said Rezek ist Essener Bürger und enttäuscht über Oberbürgermeister
Thomas Kufen. Er hatte Verständnis für die Entscheidung der Essener
Tafel gezeigt, vorerst keine ausländischen Mitbürger mehr aufzunehmen.
In einem offenen Brief appelliert Said Rezek an Kufen, die Grenzen in
seiner Stadt nicht am Pass zu ziehen, sondern an der Bedürftigkeit der
Menschen. (…) Als Essener Bürger bin ich bestürzt über diese
Entscheidung, denn sie spaltet unsere Stadtgesellschaft nach
Nationalitäten. Wir sind jedoch alle Essener, egal woher unsere Eltern
und Großeltern ursprünglich kommen, ob wir einen deutschen Pass besitzen
oder nicht. Natürlich muss das Fehlverhalten einzelner Konsequenzen
nach sich ziehen, aber Sippenhaft ist das falsche Rezept! (…) Bei allem
Respekt, Herr Kufen, aber mit diesem Standpunkt werden Sie dem Anspruch
ihres Amtes, Oberbürgermeister aller Essener, aus über 170 Ländern zu
sein, nicht gerecht. In Essen verläuft die Grenze nicht zwischen
Menschen unterschiedlicher Herkunft, sondern zwischen dem wohlhabenden
Essener Süden und den sozialen Brennpunkten im Norden unserer Stadt.
Dieses Problem gilt es zu benennen und etwas dagegen zu unternehmen,
statt Scheinlösungen zu begrüßen und damit Stellvertreterkonflikte zu
befeuern. Es gibt keine Bedürftigen erster und zweiter Klasse, sondern
nur Bedürftige…” Offener Brief von Said Rezek dokumentiert bei Migazin am 26. Februar 2018 , siehe auch einen Überblick über Reaktionen bei Migazin
- Wenn die “deutsche Oma” gegen Arme ohne deutschen Pass ausgespielt wird
“… Unter der Schlagzeile “Hilfe nur für Deutsche” kritisierten viele
Medien diesen Aufnahmestopp für Nicht-Deutsche, die in der Erklärung
der Essener Tafel korrekt als ausländische Mitbürger, bei vielen
Kritikern aber fälschlicherweise oft als Migranten bezeichnet werden.
Dabei handelt es sich bei den nun Abgewiesenen oft um EU-Bürger aus
osteuropäischen Ländern, die einfach ihr Recht auf Freizügigkeit im
EU-Raum wahrnehmen. (…) Bei der Kritik an den Ausschlusskriterien wird
vergessen, die kapitalistischen Zustände zu kritisieren, die die
Existenz und den Boom der Tafeln überhaupt möglich machten. Zum 20ten
Jahrestag der Tafeln erinnerten einige Initiativen noch daran, dass die
Tafeln eine Konsequenz der politisch gewollten und vorangetriebenen
Pauperisierung großer Teile der Gesellschaft waren. (…) Dabei braucht es
eine solche Stimme, die nicht nur kritisiert, dass jetzt Menschen ohne
deutschen Pass nicht mehr zu einer Tafel zugelassen werden. Niemand soll
auf Tafeln angewiesen sein, nicht der Mann aus Osteuropa, nicht das
Kind aus Syrien und nicht die deutsche Oma. Das müsste die
zivilisatorische Minimalforderung sein. So würden zumindest die Kritiker
nicht ebenfalls diese Spaltung der Armen weiter vorantreiben…” Beitrag von Peter Nowak vom 24. Februar 2018 bei Telepolis
– Anm.: Wir kennen sogar ganz persönlich eine solche “deutsche Oma”,
die sich mit den vielen Ausländern nicht mehr wohlfühlt – aber die ist
halt rassistisch eingestellt. Da macht es sich Peter etwas zu leicht. Es
gibt auch bei der Tafel begeisterte AfD-Anhänger. Bei dem Essener kann
man eine rechte Ideologie nicht ausschließen, bes. wenn er völlig
ungeprüft von der “deutschen Oma” spricht.
- “Menschenverachtend”. Straßenmagazin fiftyfifty kritisiert
Essener Tafel. Essen nur noch für Deutsche. Abgewiesene erhalten
anwaltliche Unterstützung über fiftyfifty
“Mit Entsetzen hat fiftyfifty von der Maßnahme der Essener Tafel
erfahren, dass nur noch Deutsche kostenlose Lebensmittel erhalten. Mit
dieser Entscheidung verstößt Jörg Sartor als Vorsitzende des Vereins
gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – sein Handeln ist somit
nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch rechtswidrig. Zudem ist
ein solches Vorgehen Wasser auf die Mühlen der Rassisten von AfD, Pegida
und Co. und unterscheidet sich in keiner Weise von der „Deutschen
Winterhilfe“ der extrem rechten Partei „Der III. Weg“.
Seit Jahren gibt es kontroverse Diskussionen um das Konzept der Tafeln.
Kritiker sagen, dass staatlich verbriefte Grundrechte wie die Ernährung
nicht unter das Existenzminimum fallen und Menschen deshalb auch nicht
an ehrenamtliche und karitative Einrichtungen verwiesen werden dürfen.
Die Höhe der Transferleistungen muss ausreichen, um den Lebensbedarf zu
decken. Insofern wurde immer wieder Kritik laut, die Tafeln machten sich
zu Erfüllungsgehilfen der Politik, die sich weigert, angemessene
Regelsätze zu beschließen. Unter den gegebenen Bedingungen wären statt
des Ausschlusses bestimmter Personengruppen zusätzliche oder erweiterte
Öffnungszeiten der Tafeln eine zu fordernde Lösung. Zudem verstößt die
Essener Tafel e.V. durch diesen Ausschluss auch gegen die eigenen
Statuten. Dort heißt es im Grundsatz 4: „Die Tafeln arbeiten unabhängig
von politischen Parteien und Konfessionen. Die Tafeln helfen allen
Menschen, die der Hilfe bedürfen.“ „Es ist schon schlimm genug, dass
arme Menschen in einem reichen Land wie Deutschland auf
Lebensmittelspenden angewiesen sind. Dass jetzt allerdings der Pass
entscheidet, ob jemand etwas zu Essen bekommt, wenn er Hunger hat, ist
unhaltbar und menschenverachtend“, erklärt Julia von Lindern,
Sozialarbeiterin bei fiftyfifty. Sie bittet alle, die von Abweisungen
betroffen sind, sich unter ihrer mail-Adresse zu melden und bietet an,
einen Anwalt einzuschalten, der für fiftyfifty arbeitet. fiftyfifty bittet um Protestmails an die Essener Tafel essener_tafel@gmx.de bzw. 0177 3488886 (Jörg Sartor), cc j.vonlindern@fiftyfifty-galerie.de” Pressemitteilung vom 22.2.2018 (noch nicht online)
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