"... Wir wissen, dass 15 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder AfD
gewählt haben. Wie viele sich für rechte Betriebsratslisten
entscheiden werden, ist völlig unklar. Ich glaube aber nicht, dass es
viele derartige Listen geben wird. Die Gruppen haben häufig noch keine
ausreichende organisatorische Kraft. Auch fehlen Mitarbeiter, die die
Positionen offen im Betrieb vertreten würden. (...) Das weitaus
größere Problem sind Betriebsräte, die gewerkschaftlich organisiert
sind und rechte Positionen teilen, ohne darüber offen zu sprechen.
Dabei handelt es sich zum Teil um vorbildliche Gewerkschafter, die
innerbetrieblich im Sinne des DGB handeln. Nach außen aber agieren sie
mit der AfD und mit Pegida. In solchen Fällen ist die
Auseinandersetzung viel schwieriger als mit den offen rechten Listen.
ZEIT ONLINE: Wie unterscheiden sich solche Arbeitnehmervertreter von
linken Betriebsräten? Dörre: Sie drängen auf die parteipolitische
Neutralität der Gewerkschaften. Die Gewerkschaften sollen sich
beispielsweise nicht mehr für Flüchtlinge und gegen rechts
positionieren. Diese Forderung geht an die Wurzeln des
gesellschaftlichen Selbstverständnisses der Gewerkschaften, die aus
einem antifaschistischen Grundkonsens entstanden sind. Das ist
langfristig eine viel größere Gefahr als die rechten Listen. (...) Sie
treten im Betrieb so auf, als seien sie die Klassenkämpfer. Aber sie
wollen gar keinen Klassenkampf, sie wollen Volksgemeinschaft. Das
vertreten sie mit einem globalisierungskritischen Gestus und versuchen
so, jene Mitarbeiter zu erreichen, die die Gewerkschaften und ihre
Betriebsräte als zu nah am Establishment empfinden. Viele Teile der
Kritik von solchen Mitarbeitern sind dabei gar nicht rechts. Wenn man
kritisiert, was führende Betriebsräte in Konzernen verdienen, ist das
durchaus berechtigt. Auch Skepsis gegenüber intransparenten Deals
zwischen Arbeitgebern und Betriebsräten ist nicht falsch. (...)
[Gewerkschaften] müssen wieder zu sozialen Bewegungen werden. Und sie
müssen härter in der Sache werden. Die Menschen wollen sehen, dass
sich etwas ändert: höhere Löhne, stärkere Vertretung, mehr
Öffentlichkeit für die Belange der durchschnittlichen Arbeitnehmer..."
Interview mit Klaus Dörre von Sasan Abdi-Herrle vom 14. Februar 2018
bei der Zeit online
http://www.zeit.de/wirtschaft/2018-02/betriebsraete-rechtsextremismus-unterwanderung-daimler-gewerkschaftsforschung
Siehe weitere neue Informationen und einen Veranstaltungshinweis im
Dossier - wir erneuern unsere Bitte um Infos über bestehende
Kandidaturen in den Betrieben!
http://www.labournet.de/?p=125057
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