Sonntag, 15. Juli 2012

Personenkult

Im Hitler-Faschismus war der Personenkult eine grundlegende Methode des Menschen verachtenden Herrschaftssystems. Die Leute mussten zum Beispiel mit »Heil Hitler« grüßen, um ihre bedingungslose Unterwerfung unter das faschistische Regime unter Beweis zu stellen. Aufgrund dieser Erfahrungen ist die Empfindlichkeit gegenüber jeglicher Art von Personenkult tiefer Bestandteil des antifaschistischen und demokratischen Bewusstseins der Massen in Deutschland geworden. Die Würdigung von Persönlichkeiten, die sich um den gesellschaftlichen Fortschritt verdient gemacht haben, ist jedoch ein berechtigtes Anliegen der Arbeiterbewegung. Der russische Revolutionär Plechanow charakterisierte treffend das Verhältnis der revolutionären Arbeiterbewegung zu ihren großen Persönlichkeiten: »Der große Mann ist eben ein Beginner, denn er blickt weiter als die anderen und will stärker als die anderen. Er löst die wissenschaftlichen Aufgaben, die der vorher gegangene Verlauf der geistigen Entwicklung der Gesellschaft auf die Tagesordnung gesetzt hat; er weist die neuen gesellschaftlichen Bedürfnisse auf, die durch die vorher gegangene Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse erzeugt worden sind; er ergreift die Initiative zur Befriedigung dieser Bedürfnisse. Er ist ein Held in dem Sinne, dass seine Tätigkeit der bewusste und freie Ausdruck des notwendigen und unbewussten Ganges ist. Darin liegt seine ganze Bedeutung, darin seine ganze Kraft. Das ist aber eine gewaltige Bedeutung, eine ungeheure Kraft« (Plechanow, »Über die Rolle der Persönlichkeit in der Geschichte«, Seite 65/66) Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao Tsetung verkörperten im besonderen Maße den Kampf um die Ziele der internationalen revolutionären Arbeiterbewegung. Die Namen dieser bedeutenden Führer des revolutionären Proletariats stehen nicht nur für eine ganze Epoche des Klassenkampfs, sondern auch für Inhalt und Methode der wissenschaftlichen Grundlagen der internationale marxistisch-leninistischen und Arbeiterbewegung. Wir wissen aber auch, wie die modernen Revisionisten Breschnew, Chruschtschow, Ulbricht und Honecker einen regelrechten Kult mit revolutionären Arbeiterführern entwickelt haben. Während sie einerseits die theoretischen Grundzüge von Marx, Engels und Lenin mit Füßen traten, stellten sie überlebensgroße Denkmäler von ihnen auf und übersäten das ganze gesellschaftliche Leben mit ihren Bildern. Dies war Bestandteil ihrer revisionistischer Methode, sich in Worten sozialistisch zu gebärden, aber in Wirklichkeit den Sozialismus zu zerstören und den Kapitalismus wieder herzustellen. Der revisionistische Personenkult war nur geeignet, den Marxismus-Leninismus in den Augen der Massen in Misskredit zu bringen. Denn für diese erschien dadurch die volksfeindliche Herrschaft der neuen, bürokratischen Kapitalisten als Verwirklichung der Lehren von Marx und Lenin. Es wird Generationen dauern, bis dieser geradezu traumatisch wirkende Irrtum im Denken, Fühlen und Handeln der Massen überwunden sein wird. Der revisionistischer Personenkult wird von den modernen Antikommunisten auch gerne als Argument verwendet, um Vorbehalte gegen den Marxismus-Leninismus und die revolutionäre Arbeiterbewegung zu schüren. Es ist dringend erforderlich, die Methoden des Personenkults als antimarxistisch zu entlarven. Die kultmäßige Erhebung führender Persönlichkeiten zu einer idealisierten »Lichtgestalt« ist eine durch und durch bürgerliche beziehungsweise kleinbürgerliche Methode, die in der revolutionären Arbeiterbewegung kein Platz hat. (Stefan Engel, am 9.5.2002 in Wuppertal bei der Gedenkveranstaltung für Willi Dickhut)

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