Sonntag, 10. Mai 2015

Niemand muss allein zum Amt

Verfahren gegen Hartz-IV-Helfer in Offenbach eingestellt. Diese wehren sich gegen Hausverbot. Christine Zoschke, Richterin am Offenbacher Amtsgericht, hatte schon früh deutlich gemacht, dass sie Öffentlichkeit bei diesem Verfahren nicht besonders schätzt. Denn sie hatte einen kleinen »Saal« gewählt für eine Verhandlung am Donnerstag gegen zwei sogenannte Hartz-IV-Helfer, denen Hausfriedensbruch in einem Jobcenter vorgeworfen wurde. Nur acht Personen passten in den Raum, die dreifache Menge interessierter Prozessbeobachter aber hatte auf dem Gerichtsflur gewartet. Viele Hartz-IV-Bezieher besuchen stets engagiert Verhandlungen, die sich um Probleme mit Jobcentern drehen: Zum einen, weil sie deren Schikanen vielfach in eigener Sache erleben mussten; zum anderen, um sich solidarisch mit ebenfalls Betroffenen zu zeigen. Doch dann wurde ganz ohne Öffentlichkeit ein langes Vorgespräch geführt. Es wurde erörtert, ob die Angeklagten – einer Mitglied des Vereins »SGB 2 Dialog«, der andere der »Hartz-IV-Hilfe Offenbach« – den Hausfrieden des Jobcenters »MainArbeit« tatsächlich gebrochen haben. Am 4. Februar 2013 hatten sie das Büro des Leiters betreten, um anderen zur Auszahlung der ihnen bereits bewilligten Leistungen zu verhelfen. Dies hatte ihnen Jobcenter-Geschäftsführer Matthias Schulze-Böing in seiner Strafanzeige unterstellt. Ergebnis des Deals: Die Richterin stellte das Strafverfahren ein, ohne dass eine Schuld festgestellt wurde, die Anwaltskosten werden von der Staatskasse getragen. Damit seien sie nun außen vor; leider aber auch unverdientermaßen der Verantwortliche im Jobcenter, kommentierte Andreas Stoll von »SGB 2 Dialog« danach gegenüber junge Welt. Dabei habe Schulze-Böing dafür gesorgt, dass die Hilfstätigkeit der sogenannten Beistände zur Unterstützung von Leistungsberechtigten mit einem Polizeieinsatz, der Strafanzeige und einem Hausverbot für zwei der Helfer endete. Roman Thilenius von der »Hartz-IV-Hilfe Offenbach« sah dies genauso. Er stellte deshalb im Anschluss an die richterliche Entscheidung klar: »Dieses Ergebnis wird mich nicht abhalten, meinerseits nun Strafanzeige gegen den Geschäftsführer zu stellen, wegen falscher Verdächtigungen und Falschaussage bei der Polizei.« Erstens seien sie nicht gegen den Willen von Schulze-Böing in dessen Büro eingedrungen, wie dieser behauptet habe. Im Gegenteil, sie seien von ihm hineingebeten worden. Zweitens sei auch nicht richtig, dass die meisten Hartz-IV-Bezieher ihr Geld, auf das sie zuvor vergeblich warteten, zu diesem Zeitpunkt bereits erhalten hätten, so wie letzterer ebenfalls fälschlich angegeben habe. All dies sei ihm, Thilenius, insbesondere deshalb wichtig, da der Geschäftsführer derzeit dabei sei, gegen Andreas Stoll und ihn »ein neues Hausverbot zu konstruieren«. Die Begebenheit scheint indes im Offenbacher Jobcenter kein Einzelfall zu sein. Seit längerem versuche die »MainArbeit« verstärkt, gegen Begleitpersonen vorzugehen, die Kunden ins Jobcenter begleiten, heißt es etwa auf der Internetseite der »Hartz-IV-Hilfe Offenbach«. Dort ist außerdem klargestellt: Grundsätzlich ist gesetzlich festgelegt, dass jeder Behördenkunde sich von ein oder zwei »Beiständen« begleiten lassen darf. Diese Personen bedürfen demnach keiner besonderen Legitimation. Gitta Düperthal www.hartz4hilfe-of.de

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