Dossier
“Die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag hat sich erkundigt, wie die Bundesregierung bei der anstehenden Neuberechnung der Regelsätze für Hartz IV und Sozialhilfe vorgehen will. Ergebnis: Diese betreibt Politikverweigerung und will das Existenzminimum weiterhin mit der bestehenden Berechnungsmethode ermitteln. Die Bundesregierung ignoriert damit die vehemente Kritik von Fachleuten, Verbänden und Gewerkschaften, die dringend vor einem “Weiter-So” bei den Regelsätzen warnen. Und sie ignoriert die Einstellung der Bevölkerung, die zu 80 Prozent die Regelsätze nicht für ausreichend hält und durchschnittlich 728 Euro als notwendige Summe (ohne Wohnkosten) veranschlagt. Die Bundesregierung versucht, sich hinter dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu verstecken, das die bestehende Methode als “noch verfassungsgemäß” eingestuft hat. Dabei hat das BVerfG erst jüngst im Sanktionsurteil klargestellt: “Das Bundesverfassungsgericht hat nicht die Aufgabe zu entscheiden, wie hoch ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums sein muss […] darum zu ringen ist vielmehr Sache der Politik” (BVerfG vom 5.11.2019 – 1 BvL 7/16, Randziffer 122). Zum Nachlesen: Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. “Ermittlung der Regelbedarfe des SGB II und SGB XII”, Bundestags-Drucksache Nr. 19/19431 . Hier noch eine Auswertung der Antwort der Bundesregierung .” Aus dem Thomé Newsletter 22/2020 vom 03.07.2020 und dazu nun das Regelbedarfsermittlungsgesetz 2021 – Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes dokumentiert beim Portal Sozialpolitik sowie hier die Debatte:
- Endgültige Regelbedarfe für das Jahr 2021
“Jetzt stehen die Regelbedarfe für das Jahr 2021 fest. Diese Regelbedarfe zementieren die Armut und das Abgehängt-Sein von Millionen von Menschen, die auf Gedeih und Verderb auf diese Leistungen angewiesen sind. Kritik an den Regelbedarfen gibt es vielfältige: das BVerfG erklärt 2014 die RB’s für grade noch verfassungskonform und fordert den Gesetzgeber auf, diverse Nachbesserungen durchzuführen. Seit Jahren gibt es breite Kritik an der systematischen Kleinrechnung durch die Bundesregierung und das BMAS, im Sommer hat ein beispielsloser Zusammenschluss von Wohl- und Sozialverbänden, dem DGB bis hin zum Kinderschutzbund einen Coronazuschlag gefordert. All diese Forderungen perlen an der Bundesregierung ab. Sie wollen einfach nicht. Sie wollen lieber ein Land mit einem der größten Niedriglohnsektorten in Europa. Das sind die neuen endgültigen RB‘s für 2021:
RB Stufe 1: Alleinstehende / Alleinerziehende 446 € (+ 14 €)
RB Stufe 2: Paare je Partner / in BG 401 € (+ 12 €)
RB Stufe 3: U25’er im Elternhaus 345 € (+ 6 €)
RB Stufe 4: Jugendliche von 14 bis 17 J. 373 € (+ 45 €)
RB Stufe 5: Kinder von 6 bis 13 J. 309 € (+ 1 €)
RB Stufe 6: Kinder von 0 bis 5 J. 283 € (+ 33 €)
Die neuen RB’s enthalten gegenüber den aktuellen RB’s deutliche Erhöhungen, das sind keine sozialen Großzügigkeiten der Bundesregierung, sondern nur die Umsetzungen der gesetzlichen Maßgaben. Im Ergebnis stellen die neuen RB‘s sogar eine Kürzung dar, da mit diesen nur in geringem Umfang Preissteigerungen berücksichtigt wurden. Hier die Gesetzestexte dazu: https://t1p.de/xo4a . Diese bedürfen natürlich der Zustimmung des Bundesrates, es ist leider (!) nicht damit zu rechnen, dass dieser die Zustimmung zu den Hungerregelbedarfen verweigern wird. Hier noch ein Twitter-Video , in dem das BMAS sich durch völlige Ignoranz entlarvt und die Aussage trifft, wer Hartz IV – Leistungen beziehe, sei gar nicht arm…” Aus dem Thomé Newsletter 32/2020 vom 13.09.2020 - [Wow: 7 Euro mehr!!!!] “Hartz IV wird offenbar stärker erhöht als bisher bekannt” / Endgültig berechnet: Das sind die Hartz-IV-Sätze ab 2021
- Hartz IV-Regelsätze: Der Schein trügt
“Zu Medienberichten über eine Erhöhung von Hartz IV stellt der DGB fest, dass das Arbeitsministerium lediglich die ohnehin geplante Fortschreibung der Regelsätze bis 2021 vorgenommen hat. Die bisher bekannt gewordenen Sätze beruhen auf einer Statistik aus dem Jahr 2018, die entsprechend nur auf das Datum 1.1.2020 fortgeschrieben wurden. Da nun Daten zur aktuellen Preis- und Lohnentwicklung vorliegen, erfolgt die Fortschreibung der Sätze zum 1.1.2021, dem Tag, ab dem die Regelsätze gelten sollen. Dazu sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, am Dienstag in Berlin: „Der schöne Schein angehobener Regelsätze trügt. Das Arbeitsministerium hat in Wahrheit nicht nachgebessert, sondern lediglich einen gesetzlich vorgeschriebenen Rechenschritt nachgeholt, um die Regelsätze bis 2021 fortzuschreiben. Es wäre unredlich und zynisch, diese Fortschreibung den Ärmsten der Gesellschaft als Erhöhung zu verkaufen und ihnen ein X für ein U vorzumachen. Das Grundübel der Regelsatz-Herleitung bleibt unverändert: Das Wenige, was die einkommensschwächsten 15 Prozent der Haushalte laut Statistik ausgeben können, wird mit dem Existenzminimum gleichgesetzt. Dabei ist diese Vergleichsgruppe Welten von einem normalen Lebensstandard wie in der Mitte der Gesellschaft entfernt. So wird Armut nicht bekämpft, sondern zementiert. Auch mit dem neuen Betrag von 446 Euro für alleinstehende Erwachsene bleibt es dabei: Das Hartz-IV-Leistungsniveau liegt unterhalb der offiziellen Armutsgrenze…” DGB-PM vom 08.09.2020 , siehe zum Hintergrund: - Hartz IV wird offenbar stärker erhöht als bisher bekannt
“… Die Hartz-IV-Sätze sollen offenbar zum 1. Januar 2021 stärker erhöht werden als bislang bekannt. Das berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland unter Berufung auf aktuelle Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums. Bundestag und Bundesrat müssen der Erhöhung noch zustimmen. Demnach sollen alleinstehende Erwachsene künftig 446 Euro monatlich bekommen, 14 Euro mehr als bisher. Der Satz für Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren steige sogar um 45 Euro auf 373 Euro, für Kinder bis fünf Jahre gebe es künftig 283 statt bislang 250 Euro. (…) Demnach soll der Regelsatz für Ehegatten und Partner vom nächsten Jahr an jeweils 401 Euro betragen, aktuell sind es je 389 Euro. Für Erwachsene unter 25, die noch nicht im eigenen Haushalt leben, gebe es 357 Euro, zwölf Euro mehr als bislang.” (…) Alle betroffenen Erwachsenen erhielten somit ab kommendem Jahr eine Leistungssteigerung um gut drei Prozent, hieß es in dem Bericht. Bei einem Teil der Kinder und Jugendlichen seien es mehr als 13 Prozent. Einzige Ausnahme seien die Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren. Für sie gebe es nur einen Euro mehr, also künftig 309 statt 308 Euro. Für diese Gruppe waren die Sätze in der Vergangenheit stärker erhöht worden, nämlich um 21 Euro von 2016 auf 2017…” Meldung vom 8. September 2020 beim Spiegel online - Endgültig berechnet: Das sind die Hartz-IV-Sätze ab 2021
“Das Gesetz zur Erhöhung von Hartz IV hat das Bundeskabinett bereits auf den Weg gebracht. Doch die Hartz-IV-Sätze für die Zeit ab Januar 2021 waren da noch gar nicht endgültig klar. Jetzt gibt es neue Berechnungen, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) exklusiv vorliegen. Die Hartz-IV-Sätze steigen noch einmal stärker als bislang bekannt. Es gibt aber, je nach Personengruppe, erhebliche Unterschiede. Die Hartz-IV-Sätze werden zum 1. Januar 2021 noch einmal spürbar kräftiger erhöht als bislang bekannt. Grund sind die gestiegenen Preise und Löhne. Alleinstehende Erwachsene sollen künftig 446 Euro monatlich bekommen – das sind 14 Euro mehr als sie nach geltendem Recht erhalten. Besonders stark soll der Regelsatz für Kinder von 14 bis 17 Jahren steigen, nämlich um 45 Euro auf 373 Euro. Das ist ein Plus von 13,7 Prozent. Das geht aus Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegen. Der Regelsatz für Ehegatten und Partner soll künftig 401 Euro betragen. Für Erwachsene unter 25, die noch nicht im eigenen Haushalt leben, sind es 357 Euro. Für Kinder bis fünf Jahre gibt es statt bislang 250 ab nächstem Jahr 283 Euro. (…) Darüber hinaus gibt es eine wichtige Neuerung in der Struktur der Hartz-IV-Sätze, die bereits im Gesetzentwurf vom August festgeschrieben ist: Auch die Handykosten werden bei der Berechnung des Hartz-IV-Regelsatzes berücksichtigt. Bislang galt dies nur für die Kosten einer Doppelflatrate für Festnetztelefon und Internet. Mit dieser Änderung erkennt die Bundesregierung an, dass die Nutzung von Handys zur Normalität geworden ist. Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss der Gesetzgeber bei der Bestimmung der Höhe des soziokulturellen Minimums auch gesellschaftliche und technische Veränderungen berücksichtigen. (…) Die Höhe der Hartz-IV-Sätze ist politisch höchst umstritten. Der Paritätische Gesamtverband etwa fordert, der Regelbedarf müsse über 600 Euro liegen. Das Bundesarbeitsministerium berechnet die Regelsätze anhand bestehender Regeln. Auf eine grundlegende Reform konnte die große Koalition sich nicht verständigen…” Artikel von Tobias Peter vom 8. September 2020 beim RDN - “Das @BMAS_Bund legt noch mal 7 Euro auf die Regelsatzerhöhung drauf. 446 Euro soll ein alleinlebender Bezieher von #HartzIV 2021 nun bekommen. Dennoch: Es bleibt ein trickreich kleingerechneter Armutssatz. #Mindestens600” Ulrich Schneider am 8.9.20 bei Twitter
- “Mit den neuen #HartzIV-Sätzen erhalten zukünftig junge Erwachsene, die bei ihren Eltern wohnen, zum 18. Geburtstag eine Kürzung der Leistungen um 16€. Wollt ihr uns verarschen?” Erwerbslosenini (@BastaBerlin) am 8.9.20 bei Twitter
- Hartz IV-Regelsätze: Der Schein trügt
- Arm, abgehängt, ausgegrenzt: Studie des Paritätischen belegt akute Mangellagen eines Lebens mit Hartz IV
“Die derzeit gewährten Leistungen in Hartz IV schützen nicht vor Armut, so das Ergebnis einer aktuellen Studie der Forschungsstelle des Paritätischen Gesamtverbands. Im Ergebnis fehlt es den Betroffenen insbesondere an Geld für eine ausgewogene, gesunde Ernährung und auch ein Mindestmaß an sozialer, politischer und kultureller Teilhabe ist entgegen der verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gewährleistet, so die Befunde. Der Paritätische kritisiert scharf, dass die Bundesregierung bisher keinerlei Bereitschaft erkennen lässt, die finanzielle und soziale Lage von Hartz IV-Beziehenden zu verbessern. Gerade in der aktuellen Krisensituation bedeute der Alltag mit Hartz IV existenzielle Not. Neben einer grundsätzlich endlich bedarfsgerechten Anhebung der Regelsätze seien daher sofortige finanzielle Hilfsmaßnahmen erforderlich, fordert der Verband. (…) Massive Defizite gibt es laut Studie insbesondere bei den Leistungen für alleinstehende Erwachsene, die sich seit 2010 stetig verschärft haben. Bei dieser Gruppe müsse inzwischen bereits von „strenger Armut“ gesprochen werden. (…) „Es darf nicht sein, dass Armut in Deutschland für weitere fünf Jahre regierungsamtlich festgeschrieben wird. Anstatt sich hinter umstrittenen Statistiken zu verstecken, sollte sich die Politik endlich den Menschen zuwenden“, fordert Schneider mit Blick auf das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Regelbedarfsermittlung. Als Soforthilfe fordert der Paritätische die sofortige Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung um 100 Euro pro Kopf und Monat bis zur ohnehin gesetzlich geforderten Neufestsetzung der Regelsätze zum 1.1.2021, eine Einmalzahlung an alle Grundsicherungsbeziehenden von 200 Euro (Kosten zusammen: ca. 6 Mrd. Euro), sowie eine entsprechende Leistungsanpassung beim BAföG und im Asylbewerberleistungsgesetz.” Pressemitteilung des Paritätischen Gesamtverbandes vom 1. September 2020 zur 24-seitigen Expertise “Arm, abgehängt, ausgegrenzt. Eine Untersuchung zu Mangellagen eines Leben mit Hartz IV” des Verbands - Taktieren auf Kosten der Ärmsten: Bundeskabinett konnte Hartz-IV-Armutssätze nicht beschließen, weil Horst Seehofer eine Extrawurst für die eigene Klientel braten will
“Am Mittwoch wollte die Bundesregierung über die Höhe der neuen Hartz-IV-Sätze beraten, die ab dem kommenden Jahr ausgezahlt werden sollen. Dazu kam es vorerst nicht. Das Bundesarbeitsministerium hat einen Entwurf vorgelegt – die allzu knickrige Erhöhung, die darin vorgesehen ist, hat allerdings bereits die Empörung von Sozialverbänden hervorgerufen. Von 432 auf 439 Euro würde demnach der Satz für alleinstehende Erwachsene ab dem 1. Januar 2021 steigen – das seien gerade mal 23 Cent pro Tag, kritisierte der Paritätische Wohlfahrtsverband. »Armut bekämpfen wir damit ganz sicher nicht«, so auch Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK. Dass die Regierung den Entwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Mittwoch nicht wie vorgesehen behandelte, lag aber nicht an der Einsicht der Koalitionäre, dass die vorgesehenen Mittel das Ansehen ihrer Regierung beschädigen könnte. Die Verschiebung des Tagesordnungspunktes geht vielmehr auf die Kappe des Ministers für Inneres, Bau, Sport und Heimat. Horst Seehofer von der CSU hatte nämlich seine Zustimmung zu dem umstrittenen Hartz-IV-Paket daran geknüpft, dass die Koalition gleichzeitig einen Renten-Härtefallfonds für Spätaussiedler beschließt. Was das miteinander zu tun hat, ist die eine Frage, über die sich dem Vernehmen nach das Arbeitsministerium befremdet zeigte. Die andere Frage lautet, was Seehofer so wichtig an diesem Härtefallfonds sein könnte, dass er damit die kargen Brosamen für Grundsicherungsempfänger in Frage stellt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht darin den Versuch, »eine Besserstellung des eigenen konservativen Wählerklientels zu erpressen«, wie DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel gegenüber der Nachrichtenagentur AFP in Berlin erklärte…” Artikel von Uwe Kalbe vom 12. August 2020 in neues Deutschland online - [DGB-Analyse] Extreme Pfennigfuchserei: Wie die neuen Hartz-IV-Regelsätze kleingerechnet werden sollen – Politisch motiviert und methodisch unsauber
“Malstifte und die Kugel Eis für Kinder sind irrelevanter Luxus? Auf eine neue Waschmaschine soll man 13 Jahre sparen? Der DGB hat die Vorschläge des Arbeitsministeriums zur Neuberechnung von Hartz-IV analysiert. Und kommt zu einem vernichtenden Ergebnis: (…) Die Regelsätze würden politisch motiviert kleingerechnet und Armut nicht bekämpft sondern zementiert. Die Festsetzung sei methodisch unsauber und die Begründungen, die die neuen Regelsätze rechtfertigen sollen, seien teilweise unzutreffend und irreführend. (…) Insgesamt gibt die Vergleichsgruppe der 15 Prozent der Einpersonenhaushalte mit dem niedrigsten Einkommen monatlich 632 Euro für den laufenden Lebensunterhalt ohne Miete und Heizkosten aus. Laut dem Gesetzentwurf aus dem Arbeitsministerium sollen davon 197 Euro, also fast ein Drittel, als „nicht regelsatzrelevante“ Ausgaben gestrichen werden. (…) Aus Sicht des DGB gehören viele der gestrichenen Ausgaben sehr wohl zu einem normalen Leben und zum Existenzminimum dazu. Die Verbrauchsstatistik zeige doch gerade, dass auch einkommensschwache Haushalte diese Ausgaben real tätigen, sie seien gesellschaftliche Normalität. Wenn sich der Gesetzgeber dafür entscheide, das Existenzminimum aus dem Verbrauchsverhalten armer Haushalte abzuleiten, dann müsse dieses Verfahren auch konsequent durchgehalten werden. Streichungen einzelner Positionen seien nicht durch normative Wertungen zu rechtfertigen, da so das ganze Verfahren ausgehöhlt und die Regelsätze kleingerechnet würden zu Lasten derer, die darauf angewiesen sind. (…) Der DGB fordert, für langlebige Gebrauchsgüter wie „weiße Ware“ anlassbezogen Einmalbeihilfen zu gewähren, die die notwendigen Kosten abdecken. Gleiches sollte auch für Möbel und Brillen gelten. (…) Seit Jahren fordern Sozial- und Wohlfahrtsverbände und der DGB die sogenannten „verdeckten Armen“ aus der Vergleichsgruppe herauszunehmen, also Personen, deren Einkommen unterhalb des Grundsicherungsniveaus liegen, die aber ihren Anspruch auf Grundsicherung nicht geltend machen. Das Arbeitsministerium lehnt dies im vorgelegten Gesetzentwurf ab. (…) Im Begründungsteil des Referentenentwurfs wird das gewählte Verfahren zur Herleitung der Regelsätze an vielen Stellen damit begründet, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit seinen Entscheidungen das Verfahren „gebilligt“ und „bestätigt“ habe. Der DGB hält dies für eine „sehr kreative Interpretation“ des letzten Beschluss des BVerfG aus dem Jahr 2014 (1 BvL 10/12 vom 23.7.2014). Der DGB erinnert daran, dass laut BVerfG die Regelsätze 2014 so gerade noch mit dem Grundgesetz vereinbar waren. Mit der praktizierten Herleitung und den vielen Kürzungen „kommt der Gesetzgeber jedoch an die Grenze dessen, was zur Sicherung des Existenzminimums verfassungsrechtlich gefordert ist“, so das BVerfG (Rz. 121)… “ DGB-Stellungnahme vom 10. August 2020 zur vollständigen Analyse - Hartz IV Regelsätze: Paritätischer Gesamtverband kritisiert Gesetzentwurf in aktueller Stellungnahme scharf
“Der Paritätische Wohlfahrtsverband wirft der Bundesregierung „unverschämtes Kleinrechnen“ der Regelsätze in Hartz IV vor. In einer aktuellen Stellungnahme kritisiert der Verband den Referentenentwurf aus dem BMAS zur anstehenden Neuermittlung der Regelsätze in der Grundsicherung scharf. Fehler und Schwächen der bisherigen Methodik würden fort- und festgeschrieben, im Ergebnis seien die ab 2021 vorgesehenen Leistungen systematisch kleingerechnet, lebensfern und in keiner Weise bedarfsgerecht, wie insbesondere an den Leistungen für Kinder und Jugendliche deutlich werde. Das Ziel der Grundsicherung, zumindest in bescheidenem Rahmen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen, werde so deutlich verfehlt. In den Berechnungen des BMAS wird das so genannte Statistikmodell in unsystematischer und intransparenter Weise mit normativen Setzungen vermischt und durch willkürliche Eingriffe zum Zweck der Kostensenkung ad absurdum geführt, so die Kritik des Paritätischen. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands: „Was wir bei der Berechnung der Regelsätze erleben ist keine Statistik, sondern ihr Missbrauch. Allein wenn die Bundesregierung das von ihr selbst gewählte Statistikmodell konsequent und methodisch sauber anwenden würde, müsste der Regelsatz nicht bei 439 Euro, sondern bei über 600 Euro liegen.“ Die Leistungen für Kinder und Jugendliche, die noch einmal deutlich niedriger liegen, entbehrten dabei jeglicher seriösen statistischen Grundlage…” Pressemeldung vom 22.07.2020 zur Stellungnahme zum Entwurf eines Regelbedarfsermittlungsgesetzes 2021 vom 21.7.2020 - Regelbedarfe für das Jahr 2021: Fortsetzung der Kleinrechnung der Regelbedarfe
“Jetzt ist auch der Entwurf zum Regelbedarfsermittlungsgesetz und die Sonderauswertungen aus der EVS aus dem Jahr 2018 bekannt. Mit dem vorgelegten Entwurf des Gesetzes schreibt das BMAS die Fehler und Schwächen des bestehenden Verfahrens nahezu unverändert fort. Wurden höhere Unterstützungsleistungen in der Coronakrise durch das BMAS auch mit Verweis auf die kommende Regelsatzanpassung abgewiesen, belegt das nun vorgelegte Regelbedarfsermittlungsgesetz, dass die erhebliche Unterdeckung der Bedarfe grundsätzlich beibehalten werden soll. Zugrunde gelegt wurden die Einkünfte der unteren 15 % der Bevölkerung, diese haben nach der EVS (ohne die WOHNKOSTEN) 602 EUR zum Leben zur Verfügung. Deren Einkünfte wurden zur Berechnung der Regelbedarfe statistisch zugrunde gelegt. Davon hat das BMAS noch mal mehr als 1/3 rausstreichen lassen, um auf die armseligen 439 Euro in dem Regelbedarfe 1 zu kommen. Diese Regelbedarfe sind die Fortführung der systematischen Bedarfsunterdeckung, um die Leistungsbeziehenden entweder in den Niedriglohn zu hungern oder um sie frühzeitig als nicht mehr zur Arbeitsausplünderung benutzbar ableben zu lassen. Für Alleinstehende haben die Regelleistungen mind. 600 € zu betragen, für andere Gruppen, wie alleinerziehende, alte, kranke und behinderte Menschen die nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen (können) sogar mehr!” Aus dem Thomé Newsletter 24/2020 vom 20.07.2020- Siehe Gesetzestextentwurf und zur Anlage der Herleitung der Regelbedarfe den Beitrag “Entwurf eines Regelbedarfsermittlungsgesetzes veröffentlicht” von Joachim Rock am 17.07.2020 beim Paritätischen
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