„… Die Demonstranten versuchten, jegliche Instrumentalisierung durch die Bürgerkriegsparteien zu verhindern. Häufig zeigten sie weiße Flaggen, auf Plakaten in Tripolis waren Bilder von Politikern beider Kriegsparteien durchgestrichen. Vor allem der Ministerpräsident der international anerkannten libyschen Übergangsregierung (Government of National Accord, GNA), Fayez al-Sarraj, war Gegenstand der Kritik. Die größten Proteste fanden in Tripolis statt, wo die GNA ihren Sitz hat; manche Sprechchöre verlangten gar al-Sarrajs Rücktritt. Doch dann schossen Männer in Militäruniform mit scharfer Munition auf Protestteilnehmer. Mindestens sechs Demonstranten wurden nach Angaben von Amnesty International verschleppt. In einer Erklärung der Vereinten Nationen hieß es, man sei besorgt »über die exzessive Gewaltanwendung gegen Demonstranten« und »die willkürliche Festnahme einer Anzahl von Zivilisten«. Die Ereignisse fanden in einem Teil von Tripolis statt, den die al-Nawasi-Miliz kontrolliert. Diese gehört den sogenannten gemeinsamen Sicherheitskräften an und ist somit nominell dem Innenministerium unterstellt. Die Miliz ist offiziell für die Sicherheit in der Hauptstadt verantwortlich. Die GNA verfügt über keine eigenen Truppen…“ – aus dem Beitrag „Machtkampf in Tripolis“ von Manuel Stoermer am 10. September 2020 in der jungle world (Ausgabe 37/2020) über die neuerlichen Proteste in Libyen und die Reaktionen bei den herrschenden Gruppierungen. Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Beitrag über militante Proteste „im anderen Teil“ Libyens und den Hinweis auf unseren ersten Beitrag zu den neuen sozialen Protesten im ganzen Land:
- „Protesters set government building on fire in eastern Libya“ am 13. September 2020 bei Al Jazeera berichtet von Protesten in mehreren Orten beider „Machtsphären“ Libyens, vor allem aber aus Al Marj und Benghazi, wo die sogenannte Libyan National Army (LNA) die Machtpositionen inne hat, und wo Demonstranten ein Verwaltungsgebäude der LNA in Brand setzten. Alle diese Berichte und Meldungen wiesen immer wieder darauf hin, dass die Demonstrantinnen und Demonstranten offensichtlich Wert darauf legen, deutlich zu machen, dass sie weder die eine noch die andere „Regierung“ haben wollen, sondern auch hier die Losung heißt „sie sollen alle gehen!“…
- Zu den sozialen Protesten in Libyen siehe auch unsere erste aktuelle Materialsammlung: „Massive soziale Proteste in mehreren Regionen Libyens: „Geht endlich Alle!“ – die „anerkannte“ Regierung lässt schießen. Mit Waffen aus der Türkei, dank Airbus-Hilfe?“ am 26. August 2020 im LabourNet Germany
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