Allerdings sei vor der jüngst im „Verlag 8. Mai“, dem Verlag der auch die „junge Welt“ herausgibt, erschienen „kritischen Neuausgabe“ der klassischen Leninschen Schrift über den Imperialismus gewarnt. Hier werden neben dem Originaltext von Lenin zwei Aufsätze sowie Kommentare und Quellen von ausgemachten Antikommunisten abgedruckt. Der erste Aufsatz von Dietmar Dath kommt noch moderat daher. Er versteht sich als Kommunist, lobt Lenin und dessen dialektische Methode und verteidigt ihn gegen pseudolinke Antideutsche sowie gegen Versöhnler mit dem Imperialismus, wie Antonio Negri.
Mit dem zweiten Kommentar aber wird der ganze Zweck der Neuausgabe deutlich. Autor ist Christoph Türcke, Theologe und Philosophie-Professor. Er bescheinigt Lenin, die „Erneuerbarkeit des Imperialismus“ nicht verstanden zu haben, die er als „Deregulierung“ lobpreist. Die Große Sozialistische Oktoberrevolution, mit der der I. Weltkrieg beendet und die Voraussetzungen für den Aufbau des Sozialismus geschaffen worden sind, ist für Türcke eine „sozialistische Rosskur, die Lenin einleitete, […] furchtbar und durch nichts zu rechtfertigen“ (S. 32). So wird Geschichte auf den Kopf gestellt: Der Überfall von Truppen aus 14 Ländern auf das revolutionäre Russland, die Massaker, die diese gestützt auf Kirche und Großgrundbesitzer anrichteten, und der dadurch notwendige Bürgerkrieg zur Verteidigung der jungen Sowjetmacht – für alles macht Türcke kurzerhand Lenin verantwortlich. Es war aber das blutige Werk der Konterrevolution.
Die beiden Herausgeber schließlich, die auch die Kommentare und Verzeichnisse verfasst haben, haben sich vor allem als Antikommunisten einen Namen gemacht: Wladislaw Hedeler als Autor von Büchern über den „großen Terror“, eine entsprechende Bucharin-Biographie usw.; und Volker Külow als Mitglied der „Linkspartei“. Das ist also Lenin „neu herausgeben“: Zum Abgewöhnen und damit niemand auf die Idee kommt, Lehren für heute aus Lenins Genialität – in Theorie und Praxis – zu ziehen. Statt also 24,90 Euro für das Machwerk der antikommunistischen „jungen Welt“ zum Fenster hinauszuschmeißen, empfiehlt sich die Originalschrift „Der Imperialismus als höchstes Stadium der Kapitalismus“ von W.I. Lenin oder den Band 22 der Lenin-Werke für ein paar Euro antiquarisch zu besorgen.
(Gestützt auf die „Rote Fahne der MLPD“ Nr. 5/2018, S. 33)
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