Montag, 5. März 2018

Kein Dank für Stalingrad?  (Otto Köhler)


Die zwei besten Nachrichten des Großdeutschen Rundfunks gehören zusammen. Am Spätabend des 1. Mai 1945 meldete das Nazi-Radio: »Aus dem Führerhauptquartier wird gemeldet, dass unser Führer Adolf Hitler heute Nachmittag in seinem Befehlsstand in der Reichskanzlei, bis zum letzten Atemzug gegen den Bolschewismus kämpfend, für Deutschland gefallen ist.« Selber gekämpft hatte der Herr in seinem Krieg nie. Er hat immer nur seine Wehrmacht vorgeschickt, und die tat das von Herzen gerne. Und sie hatte eigentlich ihren letzten Atemzug schon seit zwei Jahren und drei Monaten hinter sich. Da verkündete am 2. Februar 1943 der Großdeutsche Rundfunk die gute Nachricht: »Ihrem Fahneneid bis zum letzten Atemzug getreu ist die 6. Armee ... der Übermacht des Feindes und der Ungunst der Verhältnisse erlegen. Noch ist es nicht an der Zeit, den Verlauf der Operationen zu schildern, die zu dieser Entwicklung geführt haben. Eines aber kann schon heute gesagt werden: Das Opfer der Armee war nicht umsonst.« Wichtig für die Gegenwart: Die deutschen Truppen hatten als historisches »Bollwerk einer europäischen Armee« stellvertretend den Kampf gegen den Kommunismus geführt.

Es ist also konsequent, dass die schwarz-rote Bundesregierung jegliche Teilnahme an Veranstaltungen zum 75. Gedenktag am 2. Februar entschieden ablehnte. Ganz anders 2014, als Bundeskanzlerin Angela Merkel zum 70. Jahrestag der westalliierten Invasion in die Normandie anreiste und selbstverständlich mitfeierte. Ohne Stalingrad hätte es diese Invasion nie gegeben. Winston Churchill bedauerte nach Hitlers Heldentod: »Wir haben das falsche Schwein geschlachtet.« Die Sowjets sollten sich ausbluten im Kampf gegen die deutsche Wehrmacht.

Doch es kam anders. Die »Geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS« warnten schon am 4. Februar 1943: »Viele ziehen in Zweifel, dass die Verteidiger von Stalingrad bis zuletzt starke Kräfte des Feindes gebunden haben. Allgemein ist die Überzeugung vorhanden, dass Stalingrad einen Wendepunkt des Krieges bedeute, und die labileren Volksgenossen sind geneigt, im Fall von Stalingrad den Anfang vom Ende zu sehen.«

Diesen Anfang, dieses Millionen-Opfer der Sowjetunion – 487.000 Angehörige der Roten Armee starben bei Stalingrad, 650.000 wurden verwundet, Opfer aus der Zivilbevölkerung nicht mitgerechnet – für ihre und unsere Befreiung von der Nazi-Herrschaft, das darf von dieser, unserer Bundesregierung, der tatsächlich geschäftsführenden, nicht gefeiert werden.

Immerhin, die Bundestagsfraktion der Linken setzt dem dröhnenden Nein der Regierung zu jedem offiziellen Gedenken an den Sieg der Roten Armee über Hitlers Wehrmacht vor 75 Jahren doch noch am 19. Februar im Münzbergsaal der Rosa-Luxemburg-Stiftung (Berlin, Franz-Mehring-Platz 1, 18-21 Uhr) eine Gedenk-Veranstaltung entgegen. Der Bürgermeister des heutigen Wolgograd, Andrej Kossolapow, spricht über »Das Fanal von Stalingrad. Befreiung statt Vernichtungskrieg – gute Nachbarschaft zu Russland«.


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