Samstag, 29. Juli 2017

Positionierung des ver.di Landesfachbereichsvorstandes Handel in Bayern zum aktuellen Fusionsvorhaben des ver.di Bundesvorstandes



"Das geplante Vorgehen bringt uns den beschlossenen Zielen nicht  
näher, sondern gefährdet diese (...) Da es unsere ehrenamtliche Basis  
schwächt, die Einbindung wichtiger Schwerpunktbetriebe und ihre  
Aktiven in unsere Gremien reduziert und die Wege länger macht, wird es  
uns in der Mitgliedergewinnung und Stärkung der Aktionsfähigkeit  
schwächen. (...) Eine Top-Down-Entscheidung, welche das Ergebnis einer  
breit angelegten Analyse der Branchenentwicklungen, der technischen  
Entwicklungen, der Herausforderungen zukünftiger Entwicklungen,  
vorwegnimmt und sich lediglich auf das Zusammenlegen von seit 16  
Jahren existierenden Fachbereichen konzentriert, ist dem Vorhaben  
nicht angemessen. (...) Nach 16 Jahren nun zwei Mammutprojekte wie die  
Trennung der kollektiven und individuellen Gewerkschaftsarbeit im  
Projekt „ver.di wächst“ und das Auflösen von 9 Fachbereichen und  
fusionieren auf 4 Fachbereiche parallel anzugehen, ohne dass Prozesse  
abgestimmt sind, eine Folgenabschätzung stattgefunden hat, gefährdet  
alle Fortschritte die es bisher bei ver.di wächst gegeben hat. Vor  
allem aber den Fusionsprozess überhastet zu starten, ohne dass mit dem  
Roll-Out des voraus gegangenen Projekts überhaupt begonnen wurde, ist  
falsch. (...) Die satzungsrechtlichen und rechtlichen Voraussetzungen  
sind aus unserer Sicht nicht ausreichend geprüft  (...) Unser  
ehrenamtliches Rückgrat wird massiv negativ getroffen  (...)  
Angebliche Effizienzgewinne die ausnahmslos auf vermeintlichen  
Kosteneinsparungen beruhen, bewirken das Gegenteil (...) Alternative  
Szenarien werden nicht überprüft. Die Entscheidung auf vier  
Fachbereiche ist willkürlich und nicht alternativlos. (...) Ein breit  
angelegter Beteiligungsprozess ist somit nicht Kür einer solchen  
Organisationsveränderung, sondern zwingende Voraussetzung. (...) Die  
Anzahl der Fachbereiche und deren Rahmen für innere Arbeitsstrukturen  
sollen daraus abgeleitet werden und nicht dem Prozess vorweg gestellt  
werden..." Positionierung, bei einer Enthaltung beschlossen, am  
11.07.2017 (pdf)
http://www.labournet.de/wp-content/uploads/2017/07/adverdi-buvo230617_bhandel.pdf

Hierzu ein (erster) Kommentar der LabourNet-Redaktion: Mag Wompel war  
vor und während der Anfänge ihrer Arbeit für das LabourNet Germany als  
Industriesoziologin für Unternehmensstrategien zuständig. Vor diesem  
Hintergrund findet sie die meisten Kritikpunkte der bayrischen  
KollegInnen richtig - und ist doch, bei allem Verlust früherer  
Illusionen, etwas erschüttert, wie stark - bei aller Kritik - die  
Ideologie der Organisationsentwicklung und des Qualitätsmanagements  
verankert ist, und hier vor allem die Frage der angeblichen  
Führungsnotwendigkeit. Sollten wir die Debatte nicht um die Frage  
erweitern, ob es nicht der ursprüngliche (und auch aktuelle) Fehler  
ist, Gewerkschaften wie "normale" kapitalistische Unernehmen zu  
organisieren? Diese Kritik am Vorrang der Ökonomie auch bei  
gewerkschaftlichen Entscheidungen kommt nicht nur bei Schliessungen  
von Bildungsstätten immer wieder auf.
Hinzu kommt der in der Tat mit der Strukturreform drohende Angriff auf  
die Position der Ehrenamtlichen in der Gewerkschaft. Wenn allerdings  
die bayerischen KollegInnen befürchten, "Unser ehrenamtliches Rückgrat  
wird massiv negativ getroffen", so stellt sich die Frage, ob es nun  
real das Rückgrat bisher gewesen ist, oder ob nicht vielmehr der  
ver.di-Vorstand formell nachvollzieht, was bereits den  
gewerkschaftlichen Alltag beschreibt. Letztere These würde zumindest  
das bisher sehr schwache Interesse (vom Widerstand kann ja bisher  
keine Rede sein) an der Strukturreform erklären...

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