Samstag, 29. Juli 2017
Bundesverfassungsgericht: "Das Tarifeinheitsgesetz ist weitgehend mit dem Grundgesetz vereinbar" - nun bleibt also nur der Streik?!
a) Tarifeinheit: Glückwunsch, Allen & Overy!
"Bundesverfassungsgericht fördert rechtliche Verwirrung.
Prozesshanselei und Überlastung der Arbeitsgerichte werden zunehmen
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Tarifeinheitsgesetz vom
11. Juli 2017 dokumentiert eine tiefe Zerissenheit. Die alten Zeiten,
als sich “die Gewerkschaften” und “die Arbeitgeber” in Elefantenrunden
gegenüber saßen, sind nicht nur auf Gewerkschaftsseite passé. Anstelle
von Arbeitgeberverbänden hat ein juristisch-betriebswirtschaftlicher
Komplex die Führung übernommen. Neben Unternehmensberatern (McKinsey,
Boston Consulting, Kienbaum, Roland Berger) und Wirtschaftsprüfern
(PWC, KMPG, Deloitte) gehören dazu große Wirtschaftskanzleien und
deren Arbeitsrechtsabteilungen. Sie dürfen sich über das jüngste
Urteil zur Tarifeinheit freuen. Ihr Leitwolf in Sachen
Streikverhinderung hatte das Tarifeinheitsgesetz nach Kräften voran
getrieben. (...) Die Versuche, jede Streikbewegung gerichtlich zu
unterbinden, werden aller Voraussicht nach weiter zunehmen, da das
jüngste Urteil widersprüchlich und unklar ist..." Ein Kommentar von
Elmar Wigand veröffentlicht am 16. Juli 2017 bei Arbeitsunrecht
https://arbeitsunrecht.de/tarifeinheit-glueckwunsch-allen-overy/
b) [unter_bau] Kommentar zur Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zum
Tarifeinheitsgesetz
"Das durch die Rechtsprechung vergleichsweise restriktiv ausgelegte
deutsche Streikrecht wurde mit dem Tarifeinheitsgesetz weiter
gesetzlich beschnitten. (...) Überdenkenswert ist schließlich auch das
generelle Koalitions- und Streikverständnis des BVerfG. Im deutschen
arbeitsrechtlichen Diskurs fehlt generell jegliches über das
Tarifsystem hinausgehende Verständnis der Koalitionsfreiheit, die
zudem in ihrem demokratietheoretischen Gehalt verkannt wird. Denn
Streiks und die Organisierung der Lohnabhängigen sind auch als
demokratisch-solidarische Praktiken zu deuten, die sich nicht auf ihre
Funktionalität für die Tarifpolitik beschränken lassen. Vielmehr
eröffnen gewerkschaftliche Praktiken potentiell Räume, in denen
individuelle und kollektive Autonomieausbildung praktisch möglich
wird..." Beitrag von Marie Diekmann vom 12. Juli 2017 bei unter_bau
https://unterbau.org/2017/07/12/kommentar-zur-bundesverfassungsgerichtsentscheidung-zum-tarifeinheitsgesetz/
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