Montag, 23. Juli 2012
Wie die Betriebsrenten in der Krise als Spekulationsmasse missbraucht werden
23.07.12 - "Betriebsrente durch Euro-Krise in Gefahr", so oder ähnlich lauten aktuell Überschriften in den Tageszeitungen. Wegen extrem niedriger Zinsen auf dem Kapitalmarkt seien Pensionskassen, Pensionsfonds, Betriebe oder auch Direktversicherer wie die Riesterrente bald nicht mehr in der Lage, die garantierten monatlichen Rentenzahlungen zu überweisen. Tatsächlich ist die altbekannte Betriebs- oder Werksrente, mit der früher vor allem große Konzerne mit meist kleinen Beträgen die Rente ehemaliger Beschäftiger aufbesserten, ist längst ein Auslaufmodell.
Dafür hat seit dem Jahre 2001 jeder sozialversicherungspflichtige Beschäftigte in Deutschland einen Anspruch auf eine sogenannte "Betriebsrente". 97 Prozent der Beschäftigten in Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten (1,7 Millionen) haben nach Schätzungen heute eine solche Rente abgeschlossen. Das ist in mehrerer Hinsicht vor allem ein lukratives Geschäft für die Unternehmen und alles andere als eine "sichere Eigenvorsorge" für das Alter, wie immer wieder behauptet wird.
Denn nun zahlt in der Regel das Unternehmen nur noch Beiträge für höhere Angestellte in eine Pensionskasse ein, während die Masse der Beschäftigten jetzt von ihrem Lohn einen eigenen Beitrag einzahlen muss. Für diesen eingezahlten Lohnanteil entfällt der sogenannte Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen für das Unternehmen und ebenso Steuern, die zum Teil nach der Höhe der gezahlten Lohnsumme (Gewerbesteuer) berechnet werden. Laut "Financial Times Deutschland" geben nur 42 Prozent der Unternehmen davon etwas als Zusatzbeitrag für die Betriebsrente indirekt an die Beschäftigten weiter. Und auch dann in der Regel nur etwa 50 Prozent der eingesparten Gelder.
Ob nun in einer betriebseigenen Pensionskasse oder in einem ausgelagerten Pensionsfonds: die eingezahlten Beiträge der Beschäftigen (geschätzte 190 Milliarden Euro) werden auf dem Kapitalmarkt zu einem wachsenden Teil spekulativ angelegt, um möglichst hohe Zinsgewinne zu erzielen. Diese lagen in den vergangenen Jahren weit über der den Beschäftigten zugesagten Verzinsung ihrer Beiträge und wurden als Gewinne der Kassen und Fonds von den Unternehmen abgeschöpft.
Das heutige Gejammer über das gegenwärtig niedrige Zinsniveau gilt mehr der Sorge um diese Extraprofite als der Sorge um die Absicherung der eingezahlten Betriebsrente der Beschäftigten. Bereits mit dem Beginn der Weltwirtschafts- und Finanzkrise im Jahre 2008 sind vor allem in den USA Pensionsfonds großer Konzerne wie General Motors komplett pleite gegangen, und die Beschäftigen verloren jeden Anspruch auf ihre Rente. Das Argument, dass dies in Deutschland nicht passieren könnte, weil selbst bei einer Insolvenz des Betriebs die Betriebsrente "sicher" sei, ist irreführend.
Denn diese so genannte Insolvenzversicherung des "Pensionssicherungs-Vereins" greift nur bei der Insolvenz des Betriebs, nicht aber wenn ein Pensionsfonds wie in den USA pleite geht. Zudem sichert er nur die über Jahrzehnte tatsächlich eingezahlten Beiträge ohne jeglichen Ausgleich für die jährlichen Teuerungsraten.
Wie sich vor allem in Griechenland und in Spanien zeigt, sind die Renten – ob in der gesetzlichen oder privaten Rentenversicherung – ein vorrangiges Angriffsziel zur Abwälzung der Krisenlasten auf die Masse der Werktätigen. Eine wirksame Vorsorge für das Alter kann nur der entschlossene gemeinsame Kampf von Jung und Alt gegen die Abwälzung der Krisenlasten sein.
Polizei greift erneut griechische Stahlarbeiter an - heute bundesweit Proteste und Solidaritätsaktionen
23.07.12 (15 Uhr) - Die streikenden Stahlarbeiter im griechischen Aspropirgos teilen mit, dass MAT-Sondereinheiten der Polizei sich heute bereits mitten in der Nacht um 3.30 Uhr vor dem Werk postiert haben. Sie wollten LKWs ins Werk einschleusen, damit Ware abtransportiert werden kann. Die streikenden Arbeiter versuchten, dies zu verhindern. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, bei denen mehrere Arbeiter verletzt wurden. Die Solidaritätsbewegung hat dazu aufgerufen, sofort vor das Tor zu kommen und die Streikenden zu unterstützen.
Der Protest gegen das erneute gewaltsame Vorgehen der Sondereinheiten des Innenministeriums muss heute auch zu einem Thema der Solidaritätsaktionen gemacht werden, die auf vielen Montagsdemos geplant sind. Auch vor Konsulaten in größeren Städten wie Frankfurt/Main, Düsseldorf und München waren für heute Protestkundgebungen geplant. Aus München berichtet ein Korrespondent:
"Heute Vormittag um 11.30 Uhr übergab eine Delegation griechischer und deutscher Kollegen sowie Vertreter fortschrittlicher Organisationen im griechischen Konsulat in München eine Protesterklärung gegen die Unterdrückung des Stahlarbeiterstreiks in Aspropirgos. Griechische Kolleginnen und Kollegen in der Warteschlange und am Eingang zum Konsulat verfolgten aufmerksam und gespannt das Geschehen. Mehrere bedankten sich ausdrücklich für die Solidarität auch deutscher Kollegen und von Marxisten-Leninisten.
Die Vertreterin des Konsuls nahm die Protesterklärung entgegen, die im Namen der Teilnehmer unter anderem von MLPD, DKP, SDAJ, KKE und Ver.di übergeben wurde. Kaum war die Delegation aus dem Konsulatsgelände wieder auf dem Bürgersteig angekommen, forderte die Polizei die Ausweise sämtlicher beteiligter Personen. Angeblich hätte das Konsulat die Polizei gerufen, was aber ein Vertreter des Konsulats gegenüber dem Polizeieinsatzleiter und der Delegation abstritt.
Das gemeinsame Warten der Delegationsteilnehmer auf dem Bürgersteig vor dem Konsulat auf den Termin beim Konsul soll nun gegebenenfalls als "unangemeldete Versammlung" ausgelegt werden. Die Delegationsteilnehmer protestierten entschieden gegen diese undemokratische Behinderung, wurden aber von Polizeikräften am Verlassen des Orts gehindert und mussten ihre Personalien feststellen lassen. Teilnehmer der Delegation überlegen nun weitere gemeinsame Schritte in der Solidarität mit den griechischen Stahlarbeitern und gegen jeden Kriminalisierungsversuch des Staatsapparats."
Artikelaktionen
Helena Fürst: Vorführen von Hartz-IV Betroffenen
Quote ist alles: Helena Fürst, die "Anwältin der Armen"
23.07.2012
Der Boulevardsender RTL startet eine neue Sendestaffel der ehemaligen Sozialfahnderin Helena Fürst. Konnten die Fernsehzuschauer noch vor einigen Jahren quasi live miterleben, wie Hartz IV Beziehern Sozialbetrug unterstellt wurde, hat sich das Format nunmehr geändert. Nun tritt Frau Fürst als selbsternannte Anwältin auf, die unter dem Vorwand sich für die Gerechtigkeit von Hartz IV Betroffenen einzusetzen, den Zuschauern einen voyeuristischen Blick in das Leben von verarmten Haushalten gibt.
Quote mit dem Leben von Menschen in Not
In gleich sechs neuen Folgen sollen Hartz IV Bezieher vorgeführt werden. In der PR-Agenturmeldungen heißt es, es sollen Menschen gezeigt werden, „die mit ihrer Situation heillos überfordert sind". Es ginge darum, dass Hartz IV und Sozialhilfe Bezieher, „neue Perspektiven bekommen“. Die sogenannte „Anwältin der Armen“ zeigt, was es zu holen gibt und wie der „Kampf gegen Behörden“ geführt wird.
Bereits bei der zweiten Staffel hatte die Produktionsfirma „Soli-TV“ Arbeitslosen-Beratungsstellen in ganz Deutschland auf der Suche nach Protagonisten kontaktiert. Sie fragten gezielt nach Betroffenen, die „Ärger mit Behördenwillkür“ haben.
Damals rechtswidrige Hausbesuche heute "Anwältin der Armen"
Wie wandelbar Formate sind, zeigt das Beispiel Helena Fürst. Noch vor ein paar Jahren wurde sie mit ihrem Kollegen dabei gefilmt, wie sie in der Realityshow "Gnadenlos gerecht, Sozialfahnder ermitteln" als Jobcenter Mitarbeiterin rechtswidrige Hausbesuche unternahm, um vermeintliche Sozialbetrügerei aufzudecken. „Mit dieser Sendung hat sie und Sat.1 rechtswidrige Hausbesuche und Behördenermittlungen gegen Hartz IV Empfänger salonfähig gemacht. Dass sie jetzt als Anwältin der Armen auftritt, kann man nur noch als zynisch bezeichnen.“ kritisierte Harald Thome folgerichtig. Weil die Serie „Sozialfahnder ermitteln“ unter Dauerbeschuss der Kritik stand, wurde sie dann recht bald eingestellt. Nun soll aus dem Leid von Hartz IV Betroffenen erneut Profit geschlagen werden.
Sebastian Bertram von der Redaktion gegen-hartz.de: „Wir können Betroffene nur warnen vor der Serie. Wer Hilfe benötigt sollte sich an eine unabhängige Sozialberatungsstelle wenden, einen Rechtsanwalt für Sozialrecht einschalten oder sich in kritischen Hartz IV Foren informieren“. Viele Protagonisten sind sich im Vorfeld nicht im Klaren darüber, dass sie ihr privates Leben einem Millionenpublikum zur Schau stellen, so Bertram. Ist die Folge im Kasten, stehen sie mit den Problemen wieder allein da und sind nicht selten dem Gespöt der Zuschauer ausgesetzt. (wm)
RWE setzt zur Kontrolle der Solarstromerzeugung an
Die Bluetentraeume der Energiewende-Befuerworter waehrten kurz, auch wenn sie sich ueberwiegend noch in der Illusion wiegen, die erklaerte Energiewende sei, wenn nicht Sache der Regierung so doch des Mainstreams der oeffentlichen Meinung. Nun macht sich der bisherige Atomkonzern RWE daran, die Hebel der Solarstromerzeugung in seine Hand zu nehmen und ihre Entwicklung zu kontrollieren: Die Idee von der Solarstromerzeugung in Buergerhand ist damit schneller im Papierkorb angekommen, als sie Gelegenheit hatte, Wirkung zu entfalten.
Fuer die meisten Anhaenger der Oekologiebewegung unerwartet aber auch unbemerkt kam der Schachzug des Atomkonzerns RWE. Nur wenige Tage nach dem Beschluß des neuen EEG zog er die Konsequenzen, um den Betreibern der Energiewende und den Befuerwortern dezentraler Energieerzeugung den Garaus zu machen: der Konzern geht nun daran, die Kontrolle der Photovoltaik in Deutschland zu uebernehmen.
Zweifellos kam sie so ueberraschend fuer die Freunde der erneuerbaren Energien, dass sie ueberwiegend nicht faehig waren, die Nachricht zur Kenntnis zu nehmen oder ihre Tragweite zu ermessen: der Atomkonzern wird nun (auch) Solarstrom erzeugen.
Der ein oder andere mag dies als erfreulich wahrnehmen oder als Zeichen von Lernfaehigkeit.
In diesen Faellen jedoch wird die strategische Dimension dieser Entscheidung nicht verstanden.
Der entscheidende Punkt ist nachzulesen im Gesetzestext der endgueltigen Neufassung des EEG: dies sieht naemlich nun eine Deckelung des Photovoltaikausbaus vor auf eine Gesamtkapazitaet von 52 GW. Dies mag manchen viel oder ausreichend erscheinen.
Wem aber klar ist, auf welchen Umfang die Solarstromerzeugung damit limitiert wird, der versteht auch, warum auf diesem Weg nun die Energiewende sabotiert wird: 52 Gigawatt bedeutet gerade die Kapazitaet von 3 - 4 Atomkraftwerken, die also insgesamt beim Erreichen des Deckels durch Solarstrom uebernommen wird.
Dabei geht es im Rahmen der Energiewende um 17 Atomkraftwerke, die vom Netz genommen werden sollen und deren Stromerzeugung es zu ersetzen gilt.
Noch dazu ist ein Ausbau der Elektromobilitaet vorgesehen: es muessen somit zukuenftig auch in wachsender Zahl Elektrofahrzeuge mit Strom versorgt werden.
Aktuell hat der Ausbau der Photovoltaik in Deutschland etwa 28 Gigawatt erreicht. Bis zur Deckelung des gefoerderten Ausbaus verbleiben damit nur noch 24 GW an Zubau.
Einen großen Teil dieses Umfangs wird wahrscheinlich RWE mit seinem Konzept umsetzen und damit die hierfuer noch verfuegbare Foerderung in seine Kassen lenken koennen. Es verbleiben somit der "Solarenergie in Buergerhand" nur noch ueberschaubare Peanuts aufzusammeln - und damit die Interessen der Stromkonzerne gewahrt.
Damit raecht sich nun die Unentschlossenheit der Oekostrombefuerworter, die es versaeumten, konsequent die bestehenden Chancen zu nutzen, und, anstatt sich auf die heuchlerisch-manipulativen Vorgaenge der Politik zu fokussieren, die noch bestehende - und durch niedrige Preise des Photovoltaikmarktes beguenstigte - Moeglichkeit wahrzunehmen, den Solarstromausbau in eigener Regie voranzutreiben: die hier bestehenden Traegheiten - etwa bei der Gruendung von Energiegenossenschaften - machen es Großkonzernen, wie RWE, leicht, im bevorstehenden Rennen um den verbleibenden gefoerderten Photovoltaikausbau, sich die groeßten Teile dieses Kuchens abzuschneiden und die kleinen Stromproduzenten in die Nischenrolle zurueckzudraengen.
http://www.ftd.de/unternehmen/handel-dienstleister/:energiewende-rwe-macht-supermaerkte-zu-solarkraftwerken/70055178.html
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Mexiko: Konflikte um Megaprojekte (Quetzal vom 20.7.2012)
Quetzal, 20. Juli 2012
Laut Angaben von Wissenschaftlern gibt es in Mexiko 125 Konflikte aufgrund verschiedener Megaprojekte. Solche Projekte existieren in 22 der 31 Bundesstaaten, sie zerstören die Umwelt und bedrohen u.a. die Lebensräume sowie damit die Existenzgrundlage indigener Völker. So führt z.B. ein Kanal durch das Land der Yaqui in Sonora. Drei Bergbauprojekte finden sich allein im Siedlungsgebiet der Huicholes. Von den verantwortlichen Stellen sind neun Bergbaulizenzen in Naturreservaten vergeben worden. Eine neue Autobahn von Lerma nach Tres Marías in Zentralmexiko gefährdet das Biosphärenreservat Gran Bosque de Agua, das 35 Millionen Menschen mit Wasser versorgt. Aber auch andere geschützte Naturreservate wie die Moore von de Lerma und der Corredor Biológico Chichinautzin werden durch diesen Straßenbau beeinträchtigt. Konflikte gibt es auch um neun geplante Staudämme sowie vier touristische Großprojekte, je eines davon auf Nahua-Gebiet in Michoacán und im heiligen Land der Huicholes in Nayarit. Ebenfalls auf dem Land der Huicholes soll ein Wasserkraftwerk gebaut werden. Insgesamt sind sieben neue Wasserkraftwerke geplant, ohne dass Rücksicht auf die Umwelt genommen wird. So soll der Windpark am Isthmus von Tehuantepec noch erweitert werden. Vorgesehen sind außerdem große Anlagen für die Bauindustrie (Zement, Asphalt) und die Schweinemast. In Jolsivaquil, Chiapas gibt es darüber hinaus Bemühungen, die kommunale Wasserversorgung zu privatisieren. Gegen alle Projekte regt sich Widerstand in der Bevölkerung, die sich sowohl auf regionaler als auch auf nationaler Ebene organisiert. Berichten zufolge wurden in verschiedenen Fällen Gegner von Projekten bedroht und unter Druck gesetzt.
GEGEN GENTECHNIK IN MEXIKO
AUFRUF -PROTEST GEGEN GENTECHNIK IN MEXIKO
DRINGENDE BITTE UM UNTERSTÜTZUNG
Sehr geehrte Damen und Herren,
Mexiko Ursprungszentrum von Mais, die Ernährungs- und kulturelle Grundlage
für seine Bevölkerung und indigene Völker und reich an biologischer
Vielfalt, wurde in den letzten Jahren immer stärker zum Spielfeld der
Interessen der Gentechnikindustrie:
Vor über 10 Jahren wurde die Verunreinigung traditioneller Maissorten
durch aus den USA importierten Genmais festgestellt. Die Bedrohung von
Hunderten von lokalen Maissorten und -formen durch genetische Einkreuzung
von Genmais wurde von den mexikanischen Verantwortlichen zunächst negiert,
dann heruntergespielt. Danach erließ die Regierung Gesetze, die auch den
kommerziellen Anbau erlauben. „Versuchsanbau“ von gentechnisch
veränderter Baumwolle auf über 100.000 ha kontaminiert die in Mexiko
einheimische Baumwolle.
Die in 2011 bekannt gewordenen Pläne zur Aussaat von gentechnisch
verändertem Soja auf der Halbinsel Yucatán bedroht zudem durch massiven
Pestizideinsatz und Polleneintrag in den Honig tausende von
kleinbäuerlichen Familienbetrieben die durch Bienenzucht und Maisanbau
ihren Lebensunterhalt sichern. Ebenso gab es in 2012 Pläne für die
Aussaat von 2 Millionen Hektar Genmais in den nördlichen Bundesstaaten
Mexikos!
Indigene und bäuerliche Organisationen, Teile der Zivilgesellschaft,
kritische Wissenschaftler und Konsumenten kämpfen seit Jahren gegen die
Zulassung und Ausweitung von gentechnisch veränderten Pflanzen,
insbesondere Mais, Soja, Baumwolle aber auch Gemüsesorten. Der Widerstand
in einem Land, dass durch Gewalt, Korruption und einer hohen Straflosigkeit
für begangene Gewaltverbrechen gekennzeichnet ist, ist jedoch schwierig.
Der Widerstand in Europa gegen die massive Durchsetzung der Interessen der
Gentechnikindustrie war und ist für die Menschen in Mexiko, Ansporn und
Hoffnungsschimmer zugleich.
Angesichts der Rechtsunsicherheit in Mexiko sehen sich jedoch zusehends die
Gegner aus der Zivilgesellschaft im Nachteil, während die
Gentechnikunternehmen gemeinsam mit willfährigen Politkern die Lage für
ihre Interessen ausnutzen.
Internationale Öffentlichkeit und Unterstützung für den Protest in
Mexiko tut Not.
In Mexiko fanden am 1. Juli Präsidentschaftswahlen statt. Die neu
gewählte Regierung der ehemaligen Staatspartei PRI wird zum 1. Dezember
2012 die Regierung übernehmen. Es steht zu befürchten, dass das
verbleibende halbe Jahr der Präsidentschaft von Präsident Calderon dazu
benutzt wird, noch eine Reihe unliebsamer Maßnahmen durchzuführen.
Aus diesem Grund bitten wie Sie/Euch beiliegenden Aufruf an die aktuelle
mexikanische Regierung, die Vertreter der großen, im Parlament vertretenen
Parteien, sowie an die mexikanischen Botschaften zu schicken:
Unsere Bitten:
* Unterschreiben Sie den spanischen Aufruf an die beigefügten Ministerien
und an Präsident Calderon, wie an die mexikanischen Botschaften; Senden
Sie / Sendet ihn per email (Unten) oder Post (Adressen separat im Anhang)
* leiten Sie / leitet den Aufruf zum Versand weiter an Bekannte und
Interessierte;
* Informieren Sie/informiert Ihre/eure lokalen Abgeordneten, den Aufruf zu
unterstützen, sich in ihren Parteien dafür einzusetzen, die Lage in
Mexiko mit kritischen Aufmerksamkeit zu beobachten;
* Verbände, die den Aufruf unterstützen wollen, bitten wir darum dies uns
mitzuteilen,damit wir sie auf die Unterstützerliste setzen können für
die Presse, auch für eine Veröffentlichung in Mexiko.
* Wer in Zukunft weitere Informationen zur Lage in Mexiko erhalten möchte,
sende uns bitte eine kurze email Nachricht an die Adresse:
entrecampos@web.de
Wir danken auch im Namen von vielen mexikanischen Organisationen für die
rege Beteiligung an dieser Aktion.
Aktion Gen-Klage Christiane Lüst (email: christiane.luest@t-online.de)
Entre Campos & Entre Pueblos - Zwischen Land und Leuten
(Matías Gossner email: entrecampos@web.de)
_____________________________________________________
Bitte den spanischen Aufruf im Anhang an folgende e-mail ADRESSEN
versenden:
felipe.calderon@presidencia.gob.mx; gerardo.ruiz@presidencia.gob.mx;
c.secretario@semarnat.gob.mx; enrique.lendo@semarnat.gob.mx;
francisco.mayorga@sagarpa.gob.mx; ksmith@sagarpa.gob.mx;
oficina-embajador@mexale.de; embamex@embamex.or.at;
embamex1@swissonline.ch
"Legende":
Felipe Calderon = Präsident Mexikos;
Gerardo Ruiz = Präsidentensekretär;
Juan Rafael Elvira Quesada = Minister für Umwelt und Natürliche
Ressourcen
Enrique Lendo Fuentes = Leiter internationale Koordination,
Umweltministerium;
Francisco Javier Mayorga CASTAÑEDA = Landwirtschaftsminister;
Kenneth Patrick Smith Ramos = Leiter internationale Koordination,
Landwirtschaftsministerium;
S.E. Francisco N. González Díaz = Mexikanischer Botschafter
Deutschland;
S.E. Alejandro Diaz y Perez Duarte = Mexikanischer Botschafter
Österreich;
S.E. Luciano Joublanc = Mexikanischer Botschafter Österreich;
Schweiz.
Zusätzlich, nach Möglichkeit, senden an die derzeitigen
Oppositionsparteibüros:
PRD
Julio César Tinoco Oro
Secretario de Relaciones Internacionales
Benjamín Franklin No. 4; 5° Piso Colonia Escandón
C.P. 11800 México D.F.
MEXICO
PRI
Emb. Jorge Montaño Martínez
Coordinación de Asuntos Internacionales
Insurgentes Norte No. 59; Edificio 1, 2° Piso
Col. Buenavista
C.P. 06359 México D.F.
MEXICO
______________________________
Deutsche Übersetzung des spanischen Aufrufs
An
Präsident Felipe Calderón Hinojosa
Umweltministerium Mexiko
Landwirtschaftsministerium Mexiko
Schutz der biologischen Vielfalt in Mexiko
Stopp von GVO-Pflanzen in Mexiko!
Sehr geehrter Herr Präsident,
Mit großem Entsetzen habe ich von der Absicht Ihres
Landwirtschaftsministers Francisco Mayorga sowie Ihres Ministers für
Umwelt- und Ressourcenschutz, Sr. Rafael Elvira Quesada, gehört, die
Aussaat von 2 Millionen Hektar Genmais in den nördlichen Bundesstaaten
Mexikos zu fördern. Ebenso ist mir bekannt geworden, dass im Zentrum der
mexikanischen Honigproduktion – auf der Halbinsel Yucatán –
auf 253.000 Hektar Gensoja angebaut werden sollen.
Während Ihre Regierung durch die Aufhebung des Moratoriums für die
Aussaat von genverändertem Mais, wie es die Umweltkommission der NAFTA
noch 2004 bekräftigt hatte, aufhob, hat Peru 2011 ein 10-jähriges
GVO-Moratorium erlassen, um seine Bauern und die Vielfalt seiner Kartoffel-
und Maissorten zu schützen.
Mexiko ist das Ursprungsland des Mais und dessen Vielfalt. Mexiko ist eines
der megadiversen Länder der biologischen Vielfalt weltweit. Für die
indigenen und bäuerlichen Gemeinden im ganzen Land sind die traditionellen
einheimischen Maissorten nicht nur Nahrungsmittel, sondern ein wichtiges
Kulturgut, ein Bestandteil ihrer Kosmovision.
Bienenzucht und Honigproduktion sind ebenfalls eng mit der indigenen
Maya-Kultur in Mexiko verbunden, wie die Abbildungen des Bienengottes Ah
Mucen Cab in Yucatán zeigen. Auf dieses kulturelle Erbe ist Mexiko zu
Recht stolz. Darüber hinaus sind Bienenzucht und Honigproduktion
Einkommensquelle von mehr als 40.000 mexikanischen Imkern.
Die Verbreitung von Genmais und Gensoja fördert die Abhängigkeit von
einigen wenigen Konzernen, die das Saatgut patentiert haben. Sie gefährdet
nicht nur die Unabhängigkeit mehrerer Millionen Kleinbauern, sondern
bedroht ihre gesamte Lebensweise. Die verstärkte Anwendung von
Umweltgiften wie beispielsweise Glyphosate führt unausweichlich zu
Gesundheitsschäden in der Bevölkerung. Die Herausbildung von resistenten
Unkräutern, die nur noch durch extrem gefährliche Giftcocktails bekämpft
werden können, ist in den USA und Argentinien hinlänglich dokumentiert.
Nicht nur die Kontaminierung des Honig durch transgenen Pollen, auch die
Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wird die Bienenzucht und damit eine
Einnahmequelle der kleinbäuerlichen Bevölkerung negativ beeinflussen.
Hinzu kommt, dass durch das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofes
verhindert werden soll, genkontaminierten Honig in die Europäische Union
einzuführen. Abnehmerländer wie Deutschland, das 80 Prozent seines Honigs
aus dem Ausland - ein beträchtlicher Anteil davon aus Mexiko –
importiert, fallen weg. Für die mexikanischen Imker bedeutet Ihre
Entscheidung für Gensoja das Aus.
Weltweit zeigen sich bereits in vielen Ländern, die schon einige Jahre GVO
anbauen, zunehmend katastrophale Folgen, die nicht mehr rückgängig zu
machen sind:
- Gentechnik erzeugt Hunger und Armut denn sie beschleunigt
die Zerstörung der Existenzgrundlagen bäuerlicher Familien-Landwirtschaft
weltweit. Ein Beispiel dafür liefert der massive Anbau von Gensoja in
Argentinien.
- Der höhere Einsatz von Pestiziden führt für die Bauern
zu erheblich steigenden Ausgaben und damit zu Einnahmeverlusten von bis zu
60 Prozent.
- Eine Koexistenz von Genanbau und traditionellem Anbau ist
nicht möglich – die bisherigen Erfahrungen zeigen eine
100-prozentige Kontamination nach 10 Jahren.
Mexiko hat – wie über 150 weitere Länder - den Internationalen
Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte
ratifiziert. Dieser beinhaltet unter anderem das Menschenrecht auf
Selbstbestimmung, auf Gesundheit und auf Nahrung. Der Pakt schließt damit
auch das Recht auf unbelastete, gesundheitlich unbedenkliche und sichere
Nahrungsmittel aus nachhaltiger und ressourcenschonender Produktion ein.
Mit der Ratifizierung hat Mexiko sich verpflichtet, die im Pakt genannten
Menschenrechte in seinem Land zu gewährleisten und durchzusetzen.
Das UN-Komitee für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte
forderte bereits mehrfach Regierungen, wie zuletzt Argentinien auf, durch
die landwirtschaftliche Nutzung von GVO verursachte
Menschenrechtsverletzungen umgehend zu stoppen. Insbesondere forderte das
UN-Komitee,
· Landwirte vor der Abhängigkeit von multinationalen
Konzernen zu schützen und den Zugang zu traditionellem Saatgut zu
garantieren. Nur so kann eine weitere Kontamination der alten Maissorten
durch Genmais verhindert werden. Nur so kann die unwiderrufliche
Zerstörung der alten an die individuellen Bedürfnisse des Landes und den
Klimawandel angepassten Sorten gestoppt werden;
· bäuerliche Familienbetriebe und Imker zu fördern und in
ihrer Unabhängigkeit zu unterstützen;
· politische Maßnahmen zu ergreifen, die den
Gesundheitsschutz im Zusammenhang mit Lebensmitteln, die genetisch
veränderte Organismen enthalten, betreffen;
· dringende Maßnahmen durchzuführen, um die traditionellen
Anbaumethoden der indigenen Dörfer zu erhalten und ihren Zugang zu
sicherer, adäquater und bezahlbarer Nahrung sicherzustellen.
Wir fordern Mexiko daher auf, seine Verpflichtungen, die ihm aus der
Ratifizierung des Internationalen Pakts erstehen, zu erfüllen.
Wie zahlreiche bäuerliche und indigene Organisationen, Wissenschaftler und
andere Initiativen in Mexiko selbst sowie die Teilnehmer der
Weltimkerkonferenz im mexikanischen Bundesstaat Chiapas im März 2012 in
ihrem Aufruf an Sie, fordern wir:
- den sofortigen Stopp des Genmaisanbaus, keine Genehmigungen
für den Versuchsanbau von Genmais und Gensoja. Keine Aussaat in 2012.
- Wir fordern die sofortige Wiedereinführung eines
Moratoriums für Genmais in Mexiko. Dieses Moratorium muss mit sofortiger
Wirkungen auf den Anbau von GVO-Pflanzen in Mexiko generell ausgeweitet
werden.
- Prüfung aller Mais-Importe. Kein Import von Gen-Mais.
- Bereitstellung von Messgeräten für die Bauern. Diese
müssen die Möglichkeit haben, das Saatgut auf Kontamination zu prüfen,
um es gegebenenfalls sofort aus dem Verkehr ziehen zu können.
Sehr geehrter Herr Präsident: Wir bitten Sie dringlichst um Antwort an
unsere oben stehenden Adressen. Was werden Sie tun, um Ihren
Verpflichtungen zur Erfüllung der auch von Ihnen ratifizierten Einhaltung
der Menschenrechte auf Selbstbestimmung, Nahrung und Gesundheit
nachzukommen und diese weiterhin zu gewährleisten? Was werden Sie tun, um
den 40.000 Imkern sowie den Kleinbauern, die von ihrem Mais-Anbau leben,
ihr zukünftiges Auskommen und ihre wirtschaftliche Selbständigkeit zu
ermöglichen?
Name / Unterschrift
Mexico: "Wo bleiben wir Bürger mit unserer Stimme?"
(Berlin, 20. Juli 2012, npl).- Das Ergebnis der mexikanischen Präsidentschaftswahlen vom 1. Juli steht noch immer nicht fest. Der unterlegene Kandidat López Obrador will die Wahlen wegen Betrugs annullieren lassen. Im Interview berichtet Sara Méndez, Anthropologin und Koordinatorin bei der Menschenrechtsorganisation Codigo DH aus Oaxaca von Praktiken des Wahlbetrugs, Medienmacht und Gesetzeslücken.
Wie haben Sie den Wahlkampf erlebt?
Diese Wahl war eine der am besten beobachteten in diesem Land. Gleichzeitig wurden die Kandidaten sehr stark in Frage gestellt, denn bei einigen war schon vor sechs Jahren klar, dass sie jetzt antreten würden. Und man muss die Rolle der Medien erwähnen. Televisa zum Beispiel, hat ganz klar die Kandidatur eines Kandidaten aufgebaut. Im Vergleich zu früheren Wahlen gab es eine Präsenz eines einzigen Kandidaten – in diesem Falle Peña Nieto – in den Medien. Das hatte schon Züge einer Reality-Show.
Auf der anderen Seite war es interessant zu sehen, dass große Teile der Bevölkerung mit genau diesem Vorgehen überhaupt nicht einverstanden waren. Das zeigte sich bei den Protesten gegen Peña Nieto und in der Entstehung der Bewegung „yosoy #132“. Das sagt viel darüber, dass es neue Leute, junge Menschen gibt, die ein anderes Mexiko möchten, die aktiv an der Entwicklung ihres Lands teilhaben wollen.
Hat es Stimmenkauf und Druck auf Wähler gegeben?
Da hat es alles gegeben. Leute erhielten Geschenke, damit sie ihre Stimme einer Partei gaben. Das wird jedoch auch nachvollziehbar wenn man die tägliche Not vieler Menschen in Betracht zieht: Die Löhne sind sehr niedrig, die Produkte sehr teuer. 500 Pesos fallen da schon ins Gewischt, davon kann man Essen für mehrere Tage kaufen…
Eine Wählerstimme kostet 500 Pesos?
Das ist der Durchschnittswert. Es beginnt bei 200 Pesos und 1.500 Pesos sind das obere Ende der Skala. Der Betrag hängt vom Wahlort und von den Abmachungen ab. Es gab auch Versprechen, dass man Wählern 500 oder 1.000 Pesos geben würde, die nicht eingehalten wurden. Menschen protestierten, „Man hat mir nicht das versprochene Geld gegeben!“ Das hört sich schlimm an, aber so bekommt man eine Ahnung davon, wie Wählerstimmen in einem Land, in dem 60 Millionen Menschen in Armut leben, kommerzialisiert werden. Das Bildungsniveau ist nicht sehr hoch und die Fernsehstationen spielen eine Schlüsselrolle, indem sie ein Programm anbieten, das nicht zur Bewusstmachung oder zur Schaffung einer kritischen Masse dient. Im Gegenteil: Die Leute sollen zufrieden gestellt und unterhalten werden – und es wird ihnen suggeriert: In Mexiko ist alles in Ordnung.
In vielen lateinamerikanischen Ländern gibt es eine Wahlpflicht. Wer nicht wählen geht, muss eine oft recht hohe Strafe zahlen. Deshalb begeben sich in diesen Staaten viele Bürger zu den Wahlen an den Ort, wo sie gemeldet sind. Wie ist das in Mexiko?
In Mexiko gibt es keine Strafe, wenn man nicht wählen geht. Ob man zur Wahl geht, ist eine persönliche Entscheidung und das finde ich auch richtig. Aber jeder muss in seinem Wahlbezirk wählen. Ich beispielsweise habe in einer Gemeinde ganz in der Nähe von Oaxaca gewählt. Wenn ich am Wahltag nicht dort bin, muss ich ein Spezial-Wahllokal aufsuchen (casilla especial). Dort kann ich allerdings nur den Präsidenten wählen. In Oaxaca gab es nur sechs dieser Wahllokale mit jeweils 750 Wahlzetteln. Das ist viel zu wenig, aber alle Parteien haben sich auf diese Zahl von Stimmzetteln geeinigt. Weshalb das so ist, weswegen genau diese Zahl – das ist mir nicht bekannt. Es hätten mehr Stimmzettel sein sollen, denn die Bürger wollten an der Präsidentschaftswahl teilnehmen. Und in Oaxaca waren – wie in allen anderen Landesteilen auch – nicht ausreichend Stimmzettel für Spezial-Wahllokale vorhanden.
Die Leute standen in Oaxaca-Stadt stundenlang Schlange, um ihre Stimme abgeben zu können. Doch schon mittags gab es in Oaxaca-Stadt keine Stimmzettel für die speziellen Wahllokale mehr. Das hat zu Protesten geführt, die Leute schrien „Wir wollen wählen!“ oder „Wahlbetrug!“. Das waren schwierige Situationen. Obwohl die Wahllokale um 18 Uhr schließen, habe ich im Flughafen von Mexiko-Stadt, wo auch ein Spezial-Wahllokal eingerichtet war, um 19 Uhr noch die Proteste von Menschen gehört, die dort ihre Stimme hatten abgeben wollten.
Welche Praktiken des Wahlbetrugs gibt es denn?
Es gab natürlich noch eine Menge Klagen wegen Praktiken des Wahlbetrugs, die man so schon von früheren Wahlen kennt. Etwa, dass Leute mit Bussen zum Wahllokal gefahren wurden, vor allem zu den speziellen Wahllokalen. Oder auch, dass Menschen nicht am Wahlort leben, aber dort hingefahren werden. Alte Menschen, die oft nicht einmal mehr gehen können, werden zu den Wahllokalen gebracht. Das Ausmaß dieser „Busfahrten“ hat allerdings nicht zugenommen.
Es gibt natürlich einen Kontrollmechanismus. Parteienvertreter, Funktionäre, Vertreter der Gemeinden und Wahlbeobachter sind bei der Auszählung anwesend, damit korrekt gezählt wird. Das ist eine gute Einrichtung, um Partizipation und Glaubwürdigkeit zu garantieren. Aber es gab auch Fälle von gestohlenen Wahlurnen, Wahlurnen die verbrannt wurden. Bei der Zählung gab es Auseinandersetzungen darüber, ob ein Wahlzettel gültig ist oder nicht. Manche Wähler wurden schlecht instruiert oder sie können nicht lesen und machen ihre Kreuze formal nicht richtig. Dann wird lange diskutiert, ob die Stimme nun gültig ist oder nicht und die Zählung ist extrem langsam. Und es gibt Dörfer in Oaxaca, die sind zehn oder zwölf Stunden Weg von der Stadt entfernt. Oft gibt es dort nicht einmal ein Telefon, um die Wahlergebnisse durchzusagen. Die Urnen treffen dann frühestens am nächsten Tag bei der Wahlbehörde ein.
An jeder Wahlurne wird nach der Zählung ein großer Zettel angebracht, auf dem vermerkt ist, wie viele Bürger dort insgesamt ihre Stimme abgegeben haben und auf welche Parteien sie entfallen. Wahlbeobachter und Anhänger der Bewegung „yosoy#132“ haben moniert, dass es Abweichungen bei den Gesamtstimmen gegeben habe. Das geschieht bei der Zählung, der werden hier hundert Stimmen dazugemogelt oder da zweihundert weggenommen. Das Problem ist, dass diese Betrugsversuche zugunsten einer Partei gingen: Der PRI.
Im Internet tauchten Fotos mit Wahlprotokollen auf, auf denen ja die Nummer des Wahllokals und die Stimmenzahl vermerkt sind – doch die im Internet von der Wahlbehörde veröffentlichten vorläufigen Wahlergebnisse für jene Wahllokale wichen von auf den Protokollen vermerkten Stimmenzahlen ab. Hier eine Stimme weniger, dort eine zuviel. Es ist Ameisenarbeit, dieser Betrug, aber das summiert sich.
In diesem Moment gibt es kein offizielles Endergebnis der Wahlen. Die Internetseite der Wahlbehörde IFE, die mindestens das vorläufige Wahlergebnis enthalten sollte, funktioniert nicht. Wir haben eine Informationslücke und das lässt die Zweifel an den Wahlen natürlich wachsen.
Jetzt wurden auf Antrag von Andrés Manuel López Obrador mehr als die Hälfte der Stimmen neu ausgezählt. Kann der monierte Wahlbetrug dadurch aufgedeckt werden?
Die komplette Neuauszählung war bereits eine Forderung bei den Wahlen von 2006. „Stimme für Stimme, Wahllokal für Wahllokal!“, hieß es damals, für alle angezweifelten Resultate. Dieses Mal gibt es dieselbe Forderung für 74.000 Wahllokale, in denen die Zählungen nicht korrekt sein sollen. Und ich denke, es ist notwendig, diese gigantische Aufgabe durchzuführen. Der Stimmenkauf oder der Druck auf Wähler, bestimmte Parteien zu wählen, fand jedoch auch vor der Stimmabgabe statt. Es ist eine Sache nachzuprüfen, ob richtig gezählt wurde oder abgegebene Stimmen entwendet wurden. Das kann man korrigieren. Alle anderen Praktiken aber können nicht nachgewiesen werden. Ob eine Stimme gekauft ist oder nicht, wissen wir nicht. Die Stimme ist legal, obwohl es die politische Praxis dahinter vielleicht nicht ist. Aber ich denke, die Zählung erneut zu machen ist wichtig. Damit die Menschen die Gewissheit haben, dass die Auszählung korrekt ist.
Vor sechs Jahren hatten wir eine ähnliche Situation. Und man hat keine Neuauszählung durchsetzen können. Es wurden bestimmte Wahllokale neu ausgezählt und das wurde dann statistisch hochgerechnet.
Glauben Sie, dass es einen Präsidenten Peña Nieto geben wird?
Ich warte auf das Ergebnis der Wahlbehörde und des Gerichts. Der Prozess zur Bestimmung eines neuen Präsidenten ist sauberer geworden, obwohl es eine sehr schmutzige Angelegenheit war. Momentan gibt es in Mexiko Stimmen, die eine Annullierung der Wahl fordern.
Haben denn jene, die eine Annullierung der Wahl fordern, die entsprechende Kraft?
Ich kann mir das eigentlich nicht vorstellen. Denn das ist auch im Gesetz überhaupt nicht vorgesehen, da gibt es keine zweite Runde. Es wäre gut, wenn das so wäre. Ich denke, in Mexiko fehlen uns ein paar Mechanismen, damit das Wahlergebnis nicht am Ende von einem Gericht festgelegt wird. Denn ist ja passiert: Das Bundeswahlgericht bestimmt am Ende den Wahlsieger. So wurde das vor sechs Jahren festgelegt. Und es sieht so aus, als würde das dieses Mal wieder geschehen. Wo bleiben dann aber wir Bürger mit unserer Stimme?
Da ist die Leerstelle und das große Problem. Das Ergebnis kann rechtsgültig und trotzdem nicht legitim sein. Darin besteht das Problem. Wir brauchen Wahlen, die legal und legitim sind. Legalität allein reicht nicht aus. Das ist die große Herausforderung. Die Wahlbehörde wird auf dieses Problem reagieren müssen. Es gibt
Gesetzeslücken, die es uns verunmöglichen, bestimmte Mechanismen anzuwenden, wie etwa eine Stichwahl durchzuführen, wodurch in anderen Staaten derartige Konflikte einigermaßen gelöst werden. Da stehen auch die Parteien in der Pflicht, Konflikten von derartigen Ausmaßen nach Wahlen vorzubeugen. Das ist ein nationales Problem. Wir haben eine schwere Krise der Regierbarkeit.
Im Grunde haben wir jetzt drei Wahlen gehabt, bei denen es einen größeren Wettbewerb gab: Die Wahlen von 2000, von 2006 und diese Wahlen jetzt. Vorher, während der 70 Jahre PRI-Regierung, wussten wir doch immer, wer gewinnen wird, egal ob du deine Stimme abgibst.
Im Jahr 2000 haben wir es geschafft, das zu ändern. Es gab einen Wettbewerb unter den Kandidaten – und der Wahlbehörde IFE kam eine Schlüsselrolle zu. 2006 gewann die Regierungspartei erneut, und es wurden Mängel bei der Behörde deutlich. Und die Behörde hatte ihre Rolle bei den Wahlen, zugunsten oder gegen die Glaubwürdigkeit und Transparenz des Wahlprozesses.
URL: http://www.npla.de/de/poonal/3891-wo-bleiben-wir-buerger-mit-unserer-stimme
DIE SCHLACHT UM DAMASKUS HAT BEGONNEN
Imperialistische Aggression gegen Syrien
von Thierry Meissan
übersetzt von Jens-Torsten Bohlke
Havanna, 20. Juni 2012, Cubadebate / Voltairenet. (auf Kommunisten-online am 23. Juli 2012) – Die Westmächte und die Golfstaaten haben den umfangreichsten verdeckten Krieg eingeleitet, welchen die Menschheit seit dem Einsatz der konterrevolutionären Söldner gegen Nikaragua zu sehen bekam. Bereits vor fünf Tagen starteten Washington und Paris die Operation „Vulkan Damaskus und Erdbeben Syrien“. Dieses Mal geht es um keine Serie mörderischer Flächenbombardements, sondern um die verdeckte Kriegsführung, die vergleichbar den imperialistischen Interventionen zur Zeit von Reagan in Mittelamerika ist.
Zwischen 40.000 und 60.000 konterrevolutionäre Söldner aus Libyen sind in wenigen Tagen in Syrien eingeschleust worden. Dies erfolgte vor allem über die jordanische Grenze. Die Mehrheit steht in Kontakt mit der „Freien Syrischen Armee“, die von den Kommando-Ebenen her von der Türkei aus strukturiert ist und die geheimen militärischen Handlungen auf Befehl von NATO-Stellen ausführt. Einige dieser Söldner stammen aus fanatischen Gruppen wie Al-Quaida, welche sich auf Befehle aus Katar gebildet haben und auch einem Zweig der Königsfamilie von Saudi-Arabien unterstehen: den Sudairis. Bei ihrem Einfallen in syrisches Territorium bemächtigten sie sich einiger Grenzstationen, bevor sie in der syrischen Hauptstadt Damaskus ankamen. Dort sorgten sie für Verwirrung und griffen etliche Objekte wie vereinzelte Polizeiwachen und militärische Posten auf ihrem Weg an.
Am Mittwochmorgen zerstörte eine Explosion den Sitz des syrischen Geheimdienstes, wo sich etliche Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates Syriens versammelt hatten. Diese Explosion kostete das Leben von General Daud Rajha, dem syrischen Verteidigungsminister, General Asseh Chawkat, einem beigeordneten Minister, und General Hassan Trukman, einem Mitarbeiter des stellvertretenden Präsidenten der Republik Syrien. Noch immer ist nicht die konkrete Art und Weise bekannt, wie dieser Anschlag sich abspielte. Es kann sich um ein schmutziges Attentat oder einen Drohnenangriff gehandelt haben.
Washington erhofft sich, daß die teilweise Enthauptung des militärischen Apparats dazu führt, daß möglichst viele hohe Offiziere mit ihren Truppen desertieren oder sich gegen die Zivilregierung stellen werden. Aber diese Situation ist nicht eingetreten. Syriens Präsident Bashar al-Assad ernannte die Stellvertreter der Getöteten zu ihren Amtsnachfolgern, was die Erhaltung des staatlichen Machtapparates sicherte.
In Paris, Berlin und Washington haben sich diejenigen, die den verdeckten Krieg anordneten, ein Mal mehr in schmutzige Machenschaften verstrickt. Sie verurteilten einerseits das terroristische Vorgehen und bekräftigten andererseits ihre politische und militärisch-logistische Unterstützung für die eingesetzten Söldnerverbände. Völlig unverschämt erklärten sie die Opfer der Aggression zu den Tätern der ausgeführten Anschläge, weil sie als Angehörige der syrischen Truppen nicht unter dem ausgeübten Druck desertiert seien und ihre Heimat nicht den Gelüsten des Westens ausgeliefert hatten.
Caracas und Teheran haben Syrien ihr Beileid bekundet und hervorgehoben, daß der Angriff von den Westmächten und den Golfländern geleitet und finanziert worden ist. Moskau hat auch sein Beileid bekundet und bemerkt, daß die Sanktionsanträge gegen Syrien im UN-Sicherheitsrat eine politische Unterstützung für die das Land angreifenden Terroristen darstellen.
Die syrischen Fernsehsender begannen mit der Ausstrahlung patriotischer Lieder und zeigten die syrische Armee. Informationsminister Omran al-Zou'bi unterbrach das normale Fernsehprogramm mit einem Aufruf zur Mobilisierung des gesamten Volkes. Es hieß, dies sei nicht der Moment für Querelen zwischen Regierung und Opposition. Die Nation sieht sich einer Aggression von außen ausgesetzt. Er erinnerte an den in der Komsomolskaja Prawda veröffentlichten Artikel, in welchem der Medieneinsatz zur Demoralisierung der Syrer in den westlichen Medienanstalten und am Golf vorbereitet worden war (1). Der Minister alarmierte zugleich die Bürger Syriens über den bereits erfolgten Beginn des verdeckten Angriffskrieges von außen. Später dementierte er die Fälschungen aus den Fernsehanstalten der Golfregion über eine angebliche Bewegung der 4. Division und eine Reihe von Explosionen, die die Hauptkaserne dieser Division zerstört haben sollten.
Die syrischen Fernsehsender übertrugen immer wieder stundenlang die notwendigen Hinweise, damit die Fernsehzuschauer aus Syrien ihre Programme über den Satelliten Atlantic Bird empfangen konnten, sollte die Übertragung über die Satelliten ArabSat und NileSat unterbrochen werden.
Im Libanon erinnerte Hassan Nasrallah an die Waffenbrüderschaft zwischen der Hisbollah und Syrien im Kampf gegen die zionistische Expansion und sicherte der Syrischen Arabischen Armee jede Unterstützung zu. Der Sprengstoffanschlag war das Fanal des Auftakts für den zweiten Teil des verdeckten Krieges gegen Syrien. Die eingeschleusten bewaffneten Söldnerbanden widmeten sich den Angriffen auf einige ausgewählte Objekte in der Hauptstadt Damaskus. So griff eine Hundertschaft der Konterrevolutionäre ein Haus in meiner Nachbarschaft mit dem Ruf „Allah akbar“ an. Dort wohnt ein alter hochrangiger Militärangehöriger. Es kam zu einem zehnstündigen ununterbrochenen Feuerwechsel.
Als es Nacht wurde, reagierte die syrische Armee gezielt auf die Angriffe der eingedrungenen Söldnerverbände. Etwas später dann gab man dort Befehl auf stärkste Feuereröffnung gegen die Angreifer. In dieser Stufe des Kampfes ging es schon nicht mehr darum, gegen ein paar Terroristen zu kämpfen, die Syrien destabilisieren sollten. Jetzt handelte es sich um eine neue Stufe des Kampfes. Die Auseinandersetzung mußte gegen eine unbestreitbar vorhandene ausländische Invasion zur Verteidigung der Heimat in Gefahr geführt werden.
Die syrische Luftwaffe flog Angriffe zur Zerschlagung der Söldnereinheiten bei ihrem Vormarsch auf Damaskus. Morgens kehrte allmählich wieder Ruhe in Damaskus ein. Die angreifenden Söldnerverbände und ihre Kollaborateure waren zum Rückzug gezwungen worden. Der öffentliche Verkehr setzte wieder ein. An den wichtigsten Straßen wurden Straßenkontrollen errichtet, um den Verkehr Richtung Innenstadt zu überwachen. Das Leben nahm wieder seinen gewohnten Gang, obwohl an einzelnen Stellen noch Schußwechsel zu hören waren. Die Mehrzahl der Geschäfte blieb geschlossen. Längere Schlangen bildeten sich vor den Bäckereien.
Einige dachten, daß in der Nacht von Donnerstag nach Freitag der finale Sturmangriff auf Damaskus bevorstand und am Freitag die Stadt eingenommen sein würde. Zweifelsfrei ging die syrische Armee erneut siegreich aus den Gefechten hervor, weil das Kräfteverhältnis zu ihren Gunsten ausfiel. Diese Wehrpflichtigenarmee genießt die Unterstützung der Bevölkerung und auch die Unterstützun der einheimischen politischen Opposition.
Wie vorherzusehen war, unterbrachen die Satelliten ArabSat und NileSat am Abend die Ausstrahlung des Signals des syrischen Fernsehkanals Ad-Dounia. Die CIA legte den Account von Ad-Dounia bei Twitter still und manipulierte ihn völlig für das Übertragen von Falschmeldungen, die einen Rückzug der syrischen Truppen verkündeten.
Die Fernsehkanäle der Golfstaaten kündigten den Zerfall der syrischen Währung an und nannten dies ein Vorspiel des angeblichen Zusammenbrechens des syrischen Staates. Der Gouverneur der Zentralbank, Adib Mayaleh, ging vor die Kameras der Fernsehsender Syriens, um die neuerliche Brunnenvergiftung zu dementieren und zu bestätigen, daß der Wechselkurs weiterhin bei 68,3 syrischen Pfund pro US-Dollar steht.
Es gab eine Pressekonferenz von General Robert Mood über die Schlacht von Damaskus, welche jener General vom Fenster seines Hotelzimmers aus verfolgte. Die Sicherheitskräfte an der Plaza Omeyas wurden zum Schutz des staatlichen Fernsehens verstärkt, weil alle Feinde eines freien Syriens das Fernsehen als vorrangiges Ziel ihrer Angriffe sehen mußten. Es wurden Nebenstudios des Fernsehens im Hotel Rose von Damaskus eröffnet, wo die UN-Beobachter sehr angenehm ihre Zeit verbringen. Die Anwesenheit dieser militärischen Beobachter der UNO, die sich ihr annehmliches Dasein nicht von der gegen Damaskus geführten Offensive stören ließen, ist zugleich auch ein Schutz für die syrischen Berichterstatter, die unter Einsatz ihres Lebens Informationen für ihre Bürger beschafften.
Der UNO-Sicherheitsrat, die Russische Föderation und China griffen zum dritten Mal zu ihrem Vetorecht zur Verhinderung eines Sicherheitsbeschlusses, durch welchen sich die Westmächte und die Golfmonarchien den Weg für eine internationale militärische Intervention gegen Syrien freischaufeln wollten. Die Vertreter Rußlands und Chinas im UNO-Sicherheitsrat haben bisher unermüdlich die spannungsanheizende Propaganda angeprangert, welche als in Blut gebadeten Volksaufstand darzustellen versucht, was in Wirklichkeit eine vom Ausland erfolgende Aggression gegen den syrischen Staat ist.
Bei all dem wird eingeschätzt, daß die Schlacht von Damaskus heute abend erneut aufflackern kann.
(Entnommen aus dem Netz Voltaire)
Quelle: http://www.cubadebate.cu/
Van Rompuy's „Großer Sprung nach vorn“ verfehlte das Ziel
Euphorie unangemessen, denn Probleme bleiben ...
EUROPA KAUFTE ZEIT
von Genosse Danny Carleer, PTB/PVDA
übersetzt von Jens-Torsten Bohlke
Brüssel, 30. Juni 2012, Website Openbaare Bank. (auf Kommunisten-online am 23. Juli 2012) – Der Europa-Gipfel hat vor allem viel Gerede gebracht. Durch die Schuldenproblematik mehr die Banken ins Visier zu nehmen, ist erneut ausgesetzt worden. Rettung wird nur in Lösungen gesucht, die innerhalb des bestehenden Systems liegen. Mit dem Neoliberalismus sind sie da nicht mehr gut zurechtgekommen.
Die Rekapitalisierung der Banken soll nun auf EU-Ebene erfolgen. Dies soll die öffentlichen Finanzen der betroffenen EU-Mitgliedsländer entlasten. Darum wird es nun gehen. Der Europäische Not-Fonds ESF soll künftig direkt in Anspruch genommen werden können. Aber auch dieses Geld muß dann früher oder später zurückgezahlt werden. Und wenn die Großaktionäre ablehnen, wird der Steuerzahler dafür herzuhalten haben. Ganz wie bisher!
Zugeständnisse von Merkel?
Der Beschluss wird ein Zugeständnis von Merkel genannt. Aber gegen die Hilfe vom ESF erfolgen strenge Auflagen der EZB. Die Herren in den schwarzen Anzügen werden sich in Kürze auch bei den Banken melden. Vor Ende 2012 soll dieser Mechanismus arbeiten. Der niederländische Premier Rutte sagt: „Außerdem ist diese Rekapitalisierung an strenge Bedingungen gebunden.“ Natürlich sitzt er auch im Lager von Merkel. Im eigenen Land bekommt Merkel Gegenwind zu spüren. Dort war die Stimmung nach dem Abflug der Fußballmannschaft durch das Tor von Balotelli für Italien gedrückt.
Auf seiner Pressekonferenz nach dem EU-Gipfel hatte der belgische Premier Elio Di Rupo sich auf die Dexia-Bank konzentriert: „Europäisches Geld für Dexia ist möglich.“ Dies sagte er und fügte dann hinzu: „Aber in diesem Moment steht das für Dexia nicht auf der Tagesordnung. Bisher haben wir keinerlei Anfrage darüber. Niemand hat auf dem EU-Gipfel über Dexia gesprochen.“
Weil Dexia nach einigem Hin und Her dann doch die Denizbank an die Russische Sberbank anschließen konnte, hat Dexia als „schlechte Bank“ wieder etwas Atempause. Es dauert vielleicht noch ein paar Monate, bis das Aufkommen für Deniz in Höhe von 2,821 Mrd. Euro von den Schuldensummen aufgezehrt sein wird. Danach werden wir sehen, wie es weitergeht.
Merkel lebt noch
Unterdessen wurde auch der „Wachstumspakt“ von Herman Van Rompuy beschlossen. Einige „Bazookas“ lassen sich da bereits erkennen. Der „Wachstumspakt“ soll eine vereinheitlichte Haushaltspolitik der Länder anstreben. Van Rompuy erarbeitete diesen Pakt mit dem Kommissionsvorsitzenden Barroso, mit Jean-Claude Juncker, dem Vorsitzenden der Euro-Gruppe und mit dem EZB-Topmanager Draghi. Der Pakt soll aus einem stärker integrierten Finanzbereich bestehen. Vorgesehen wird da auch die Ausgabe von Eurobonds (europäischen Anleihen), und die Europäische Investmentbank (EIB) soll Mittel bereitstellen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Im Oktober soll darüber ein Interim-Bericht erstellt und im Dezember alles eingeschätzt werden. Bundeskanzlerin Merkel sagte in dieser Woche noch: „Es kommen keine Eurobonds, solange ich lebe.“ Reaktion von Elio Di Rupo: „Ich hoffe, daß Frau Merkel lange lebt.“ Der französische Präsident Holande dann: „Wir haben noch nicht alles erreicht. Aber ich finde, daß Europa sich so ausrichtet, wie es sein muß.“
Quelle: http://www.openbarebank.be/archives/14930
Samstag, 21. Juli 2012
Scheinkritizismus, pseudorevolutionäres Denken
Lucien Sebag über „Marxismus und Strukturalismus“
Von Otto Finger
Ebensowenig wie hinsichtlich der „kritischen Theorie“ kann es mit Bezug auf den Strukturalismus im Rahmen dieser Studie um eine nähere Analyse des Fehlurteils über den Marxschen Materialismus gehen. Es sollen auch hier nur antimaterialistische Positionen festgehalten werden, deren Falschheit sich erst aus der Berücksichtigung des ganzen der Marxschen philosophischen Theorie und ihrer praktischen Verwirklichung ergibt. Das bloß andeutungsweise Erwähnen antimaterialistischer Standpunkte mag hier nur grob verdeutlichen, dass der in der Grundfrage der Philosophie und ihren einander ausschließenden materialistischen oder idealistischen Antworten ausgedrückte philosophische Gegensatz der Grundrichtungen der Philosophie nichts von seiner Bedeutung eingebüßt hat. Gerade auch nicht in der imperialistischen Marxismusrezeption, die sich weltanschaulich zunächst durch nichts anderes kennzeichnet als den Versuch, das Marxsche Denken auf die idealistische Grundrichtung zurückzubiegen. Die „Strukturanalyse“, auch die strukturalistische Interpretation des Marxismus führt auf diesen philosophisch zentralen Punkt zurück. Zum Beleg dient uns hier Lucien Sebags „Marxismus und Strukturalismus“.
Ausgangspunkt der Sebagschen Erörterung des Verhältnisses von Marxismus und Strukturalismus ist die Auffassung von ersterem als einer „totalisierenden Theorie der sozialen Phänomene“, des letzteren als einer geeigneten Methode, „die Intelligibilität der Dinge, die den Menschen angehen, deutlich zu machen.“ [1/28]
Schon in dieser Grundsatzerklärung stecken zwei wesentlich idealistische Prämissen: Erstens wird vorausgesetzt, dass historische Totalität ein weniger durch Theorie zu Widerspiegelndes als zu Konstituierendes ist; sie erscheint als Akt der Theorie, eben der „Totalisation“. Zweitens ist vorausgesetzt, dass die wesentlichen historischen Verhältnisse Gedankendinge, „intelligible“ Dinge sind. Mit der Kritik am Weltanschauungscharakter des Marxschen Materialismus durch Sartre und Adorno hat die strukturalistische Attacke dies gemein: sie richtet sich gegen die vorgeblich illegitime Ausdehnung der frühmarxschen Philosophie zu einer „allgemeinen Theorie und einer dogmatischen Ontologie.“ [2/29]
Bestritten wird hier, wie in allen spätbürgerlichen Marxismusfälschungen, dass die materialistische Beantwortung der Grundfrage der Philosophie nicht nachträgliche Zutat, etwa Engelsschen „Dogmatisierens“, sondern grundlegende weltanschauliche Voraussetzung der entscheidenden sozial- und revolutionstheoretischen Einsichten schon des jungen Marx ist. Freilich fehlt es auch bei Sebag nicht an Hinweisen auf die entscheidende Bedeutung der menschlichen Praxis, der Arbeit, der Produktion, der produktiven Tätigkeit: „... was verwandelt wird (durch Marx und gegenüber der philosophischen Tradition; O. F.) ist vielmehr das Subjekt selbst, das sich als praktisches, das Gegebene umwandelndes begreift und nicht mehr als Verstand. Der Materialismus erscheint daher als die einzige theoretische Position, die es erlaubt, die menschliche Praxis in ihrer eigenen Wirklichkeit zu denken ...“ [3/30] Was nun aber Sebag als wesentlichen Irrtum von Marx nachzuweisen versucht, ist gerade der Materialismus, und der Angriff gegen den Materialismus wird hier wie stets außer durch idealistische sozialtheoretische Prämissen durch politische und bürgerlich-ideologische Motive gespeist. Sebag behauptet, die Aktualität der Marxschen Dialektik beruhe wesentlich auf folgendem „politischen Faktum“: die kommunistische Bewegung habe über eine ganze historische Periode hinweg einer „dogmatischen Ontologie“ den Vorzug gegeben, letztere aber habe alles verschleiert, was es an wirklich Neuem im Marxismus gegeben habe. [4/31]
Der Ausdruck „dogmatische Ontologie“ steht hier – im Rückgriff auf eine schon bei Kant vorkommende Identifizierung von Materialismus mit Dogmatismus [5/32] – für Materialismus, insonderheit für Materialismus als Weltanschauung, die universell und monistisch angelegt ist, die Einheit der Welt in ihrer Materialität begreift, vom objektiven Gesetzescharakter der Natur- und Gesellschaftsentwicklung ausgeht. Dergestalt die Dialektik von ihrem materialistischen Fundament getrennt, dies zur Entartung der ursprünglichen Marxschen Theorie erklärt, lässt sich über die Aushöhlung des Weltanschauungscharakters beider, des Materialismus und der Dialektik, zum politisch und ideologisch verkehrten, marxismuskritischen, antisozialistischen Hantieren mit ihnen übergehen.
Welchen philosophischen und politischen Wert das Operieren mit den aus der Marxschen Theorie entlehnten sozialtheoretischen Grundbegriffen der Praxis, der Produktion, der Arbeit, der produktiven Tätigkeit des Menschen hat, hängt durchaus von ihrer zunächst elementaren weltanschaulichen Deutung ab. Das Verhältnis von Wissenschaft (Philosophie) und Politik sieht Sebag so: Erstere dränge zur Schaffung einer Gesellschaft, die vernunftgemäß ist, die einer „wahren Ordnung“, dem Wesen des Menschen, seiner eigentlichen Natur entspricht. Alle Philosophie ziele hierauf, auf den Menschen. Der Mensch sei „etwas“, er hat ein „Wesen“, er lässt sich nicht als seine Existenz definieren. Wie er aber sei, sei er unfertig. Politik habe nun den Zweck, diese „Unfertigkeit“ zu reduzieren. Die Philosophie Marx’ habe so mit derjenigen Platons, Kants oder Rousseaus dies gemeinsam: zu sagen – hierfür eine Rede, philosophische Sprache zu entwickeln – was ist. Politisches Handeln habe die Aufgabe, dieses „Sein in die Existenz“ zu bringen. Das gelte für alle Praxis, und zwar sobald sie ihre „Abhängigkeit von einem System rationaler Normen bejaht.“ [6/33]
An die Stelle der „dogmatischen“, sprich materialistischen „Ontologie“ treten die durch Marx’ theoretische Arbeit überwundenen Dogmen des Geschichtsidealismus und einer überhistorischen Anthropologie. Der prinzipielle weltanschauliche Gegensatz zwischen Marx und aller vorherigen Philosophie wird verwischt, um ihn in die bürgerliche Tradition zurückzuzwängen. Keineswegs drängt alle Philosophie auf eine vernunftmäßige Ordnung. Selbst wenn wir von der ausgesprochen – oder unausgesprochen – irrationalistischen Philosophie, speziell der der imperialistischen Gesellschaft absehen, die ja gegen den Rationalismus der Philosophie der Arbeiterklasse, gegen ihren Anspruch, die notwendig revolutionäre Umwälzung der kapitalistischen in die sozialistische [-sozial-ökonomisch-ökologisch-emanzipatorische] Gesellschaft wissenschaftlich rational zu begründen, die Irrationalität und folglich theoretische und praktische Unbeherrschbarkeit des Geschichtsprozesses behauptet: Die vormarxsche Philosophie vermochte die vernunftgemäße Einrichtung der gesellschaftlichen Verhältnisse bestenfalls als ein Ideal zu verkünden, für dessen Verwirklichung sie gerade keine rationalen Instrumente zu entwickeln wusste.
Was Marx in puncto dieser bürgerlichen Prophetien über das künftige Reich der gesellschaftlichen Vernunft aufwies, war gerade die höchst einseitige, bornierte Bindung des Vernünftigen an die Interessenlage der bürgerlichen Klasse, an die bürgerliche Klassen-“Vernunft“. Die „wahre“ Ordnung entpuppt sich als Projektion bürgerlicher Verhältnisse in die zurückliegende Geschichte oder die angestrebte kapitalistische Zukunft. Das gleiche gilt für Marx’ und Engels’ Entlarvung der idealistisch-anthropologischen Unterordnung der realen Geschichte unter das spekulativ konstruierte Wesen des Menschen, unter die dogmatische Vorstellung von einer „eigentlichen“ Natur des Menschen. -
Marx’ grundlegende Formel vom Wesen des Menschen als dem Ensemble seiner gesellschaftlichen Verhältnisse und der Nachweis, dass diese gesellschaftlichen Verhältnisse stets konkret-historische, gewordene und sich mit der Produktionsweise des materiellen Lebens verändernde und entwickelnde Beziehungen, Klassenverhältnisse sind, ist das philosophisch materialistische Fundament der Überwindung von Anthropologie. -
Der Versuch, sie zu restaurieren, ist folglich ein ideologisches Unternehmen zur Eliminierung der Triebkräfte und Entwicklungsformen der Gesellschaft, zur Verschleierung der Klassengegensätze und des ihnen zugrunde liegenden Widerspruchs zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen als der die vorsozialistische Geschichte wesentlich prägenden objektiven Widerspruchsdialektik. -
Politik kann von daher ganz und gar nicht als die abstrakte Anstrengung gefasst werden, das philosophisch begriffene „Sein“ in die „Existenz“ zu bringen, das überhistorische „Wesen“ des Menschen zu verwirklichen, sondern ist Inbegriff aller Aktionen, in denen präzis bestimmbare Klassenziele realisiert werden sollen. -
Der tatsächliche Zusammenhang von Wissenschaft und Politik sowie von Philosophie und Politik wird durch Anthropologie, welchen Typs auch immer, ebenso verschleiert, wie er aufgedeckt und im Interesse der Arbeiterklasse beherrschbar wird, wenn als sein Angelpunkt die historische Bewegung gesellschaftlicher Klassen begriffen ist. -
Philosophie drückt in ihrem Kern, wir haben dies auch angesichts der anthropologischen Prämissen des Strukturalismus zu betonen, Klassenbewusstsein aus, die Struktur philosophischen Bewusstseins korrespondiert mit der objektiv-geschichtlichen Stellung der Klasse, nicht des Menschen in einer Gesellschaftsformation. -
Diese Entsprechung auch für falsches, und das ist für Marx, Engels und Lenin wesentlich idealistisches Bewusstsein, nachgewiesen zu haben, ist eine wichtige Leistung der historisch-materialistischen Ideologieanalyse. Und in seiner ideologischen Funktion mobilisiert philosophisches Bewusstsein nichts anderes als die Klassenaktion, das praktisch-politische Verhalten der Klassenkräfte. Dies ist der ebenso allgemeine wie entscheidende Aspekt des Philosophie-Politik-Verhältnisses. Dem in ihm ausgedrückten Zusammenhang unterliegt durchaus auch die strukturalistische Marxismusfälschung und Gesellschaftsdeutung: ihr Idealismus, ihre Anthropologisierungen, ihre idealistischen Deutungen des Menschen, der Erkenntnisprozesse, der Praxis, der Triebkräfte geschichtlichen Handelns, der praktischen Politik, der Revolution usf. gehen ein in wesentliche Linien imperialistischer Ideologie und Politik. Sie gehören insonderheit in das Feld der imperialistischen Abwehrreaktionen auf materialistisch-dialektische Theorie und revolutionäre Praxis des Sozialismus.
Sebag stellt als eine der übergreifenden Fragen seinen Erörterungen diese voran: Ob die Wissenschaft nicht die Möglichkeit bieten müßte, zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem, zwischen dem, was dem authentischen Sein des Menschen entspricht, und dem, was ihn nur indirekt angeht, zu unterscheiden [7/34]. „Wahre Ordnung“, „eigentliche Natur des Menschen“, „Wesen des Menschen“, „authentisches Sein des Menschen“: dass Sebag von diesen Begriffen als idealistischen ausgeht, prägt die philosophische Grundhaltung aller Erörterungen. Und er setzt ihnen auch expressis verbis und programmatisch einen idealistischen Menschbegriff voraus: „Die Philosophen pflegen immer zu erklären, dass der Mensch ist, was er nicht ist, und dass er nicht ist, was er ist; so wird die negative Kraft, die ihm innewohnt, und die Tatsache, dass er niemals durch seine augenblickliche Bedingung definiert werden kann, deutlich herausgestellt. Aber das reicht noch nicht aus; müßte man nicht in einer etwas vollkommeneren Sprache sagen, dass der Begriff des Menschen, alle seine empirischen Verwirklichungen übersteigt? ... wenn der Begriff einmal gesetzt ist, eröffnet er den Weg einer unendlichen Stufenleiter von Umwandlungen, die seine Möglichkeiten offenbar machen. Der Mensch entgeht also der Regel nicht, ihn charakterisiert jedoch, und das ist nur eine Banalität –, dass er sein eigener Begriff ist und dass er es frei unternehmen kann, in seinem Alltagsleben die Möglichkeiten zu realisieren, die der Begriff einschließt, dessen Träger er ist. Das politische Handeln ist einer der Modi dieser Verwirklichung.“ [8/35] Der Mensch – das ist also gemäß der hier vorausgesetzten begriffsidealistischen Anthropologie – der Begriff seiner selbst, Freiheit wird zum bloßen Realisieren der im Menschenbegriff angelegten Möglichkeiten, Politik zu einer dieser Verwirklichungsweisen.
Der Marxsche Materialismus gibt Auskunft über die Irrealität und Undurchführbarkeit dieser Bestimmungen. Marx hat auch gezeigt, inwiefern solche Vergeistigung der historischen Realität und des praktischen Handelns der Menschen mehr tut als bloß die Wirklichkeit zu mystifizieren. -
Den Menschen zum Begriff verflüchtigen heißt, die Möglichkeit und Notwendigkeit wirklicher revolutionärer Aktion ausschließen, deren Wesen gerade darin liegt, dass sie nicht den Begriff vom Menschen realisiert und umwälzt, sondern die materiellen Verhältnisse, die überschreitbare Stufen der Entfaltung seiner materiellen und geistigen Produktivkräfte bilden. -
Einer der tiefsten Gründe des radikalen Bruchs der marxistisch-leninistischen Philosophie mit allem und jedem Idealismus liegt in diesem Punkt: Idealismus verschleiert Möglichkeit, Resultat revolutionären Handelns als primär praktisch gegenständliche, nämlich materielle gesellschaftliche Verhältnisse umwälzende Tätigkeit. -
Für die Anbetung der Idee als der Treibenden, gleichgültig, ob es sich um den Begriff des Menschen, der vernunftgemäßen Ordnung oder der Praxis, der Arbeit, der Revolution handelt, gilt noch immer in all seiner, das konservative, antirevolutionäre Wesen jeden Idealismus kennzeichnenden Bedeutung dieses Marxwort aus der „Heiligen Familie“:
„Ideen können nie über einen alten Weltzustand, sondern immer nur über die Ideen des alten Weltzustandes hinausführen. Ideen können überhaupt nichts ausführen. Zum Ausführen der Ideen bedarf es der Menschen, welche eine praktische Gewalt aufbieten.“ [9/36] -
Selbst die imperialistische Bourgeoisie könnte ihren Frieden mit der marxistisch-leninistischen Revolutionstheorie machen, wenn sie auf jenen Illusionismus zurückzubringen wäre, auf dem Sebags Positionen sich bewegen, dass nämlich das politische Handeln und die Revolution der Arbeiterklasse sich in einem begrifflichen Kraftakt erschöpfen, da sie ja nur eine der Möglichkeiten des Begriffs vom Menschen zu realisieren hätte. -
Mit einer idealistisch-anthropologischen Karikatur auf den materialistisch revolutionären Geist des Marxismus-Leninismus hat sich die imperialistische Ideologie nicht nur längst ausgesöhnt, sondern sie setzt die anthropologischen Verfälschungen der marxistischen Philosophie in zunehmendem Maße für Zwecke antisozialistischer Diversion ein. [- 1973 - 1988/89/90/91 -]
Sebag hält in der zitierten Schrift den idealistischen Ausgangspunkt durch: der Marxismus selbst wird idealistisch „ergänzt“ und revidiert und alle von ihm aufgeworfenen Fragen – insonderheit die nach dem Verhältnis von Wissenschaft und Ideologie – werden auf idealistischer Grundlage beantwortet.
Wie bei Sartre und Adorno spielt auch in der strukturalistischen Theorie der Rückgriff auf Lukács’ Auffassungen vom Beginn der zwanziger Jahre – von denen er sich später distanzierte – über die Rolle der Kategorie der Totalität im Marxismus und in der Sozialtheorie eine besondere Rolle. Lukács’ wird zum Kronzeugen für die Behauptung genommen, dass der Marxismus insgesamt nur vom Totalitätsbegriff her verständlich werde, Sebag zitiert ebenso wie Lucien Goldmann [10/37] die These Lukács’ von 1923, wonach der Marxismus sich nicht durch die „Vorherrschaft der ökonomischen Motive in der Geschichtsschreibung“ von der bürgerlichen Gesellschaft unterscheide, sondern durch den Gesichtspunkt der Totalität [11/38]. Dem marxistischen „Ratschlag“, die ökonomischen Motivationen im Verständnis des Sozialen in den Vordergrund zu stellen, ständen andere Interpretationen gegenüber, etwa solche, die dem Religiösen oder Politischen eine Vorrangstellung einräumen. Sebag lehnt den materialistischen Kernpunkt der marxistisch-leninistischen Philosophie und Gesellschaftswissenschaft überhaupt ab. Er geht von folgender Überlegung aus: Ob sich Recht, Politik, Religion auf Wirtschaftliches zurückführen ließen, oder ob sie „ein bestimmtes Modell menschlicher Beziehungen ausdrücken, das seinen Ursprung in den Produktionsverhältnissen hat, ob sie schließlich weder Reflex, noch einfache Transponierung, sondern Aktualisierung in einem bestimmten Bereich einer Struktur sind, die der Totalität der Gesellschaft sind“ – das alles ließe sich erst nach einer theoretischen Behandlung jeder der einzelnen Bereiche ermitteln. Überraschende Konsequenz: „Das schließt schon in diesem Stadium eine Theorie aus, die den Primat des Wirtschaftlichen für das Ganze der menschlichen Geschichte behauptet.“ [12/39]
Warum die Notwendigkeit, die ökonomische Basis und die verschiedenen Elemente des Überbaus theoretisch untersuchen zu müssen, den Materialismus als Resultat dieser Untersuchung, die Feststellung also, dass die ökonomische Basis den politischen und ideologischen Überbau bestimmt, ausschließen soll, ist absolut uneinsichtig. Es sei denn, und gerade das tut Sebag, der Idealismus wird zum methodischen Dogma jeder dieser Untersuchungen. Dann freilich wird nicht die Unmöglichkeit des materialistischen Resultats bewiesen, sondern bereits vorausgesetzt. Man dürfte, vermutet Sebag am zitierten Ort in einer Anmerkung, nicht aus dem Auge verlieren, dass die Anerkennung des Primats des Wirtschaftlichen ein Existenzurteil ist, das nach empirischer Prüfung verlangt und durch keine Deduktion begründet werden könne. Die Wissenschaften vom Menschen seien weit davon entfernt, so allgemeine Sätze beweisen zu können.
Hierzu ist festzuhalten: Marx, Engels und Lenin haben in keinem einzigen Fall materialistische Aussagen – betreffend allgemeine Gesetze geschichtlicher Bewegung oder auch sehr konkrete Prozesse des revolutionären Kampfes in einer bestimmten historischen Situation – in der Weise der Scholastik und des spekulativen Idealismus deduziert. Vielmehr haben sie aus einer riesigen Fülle historisch vorliegenden Stoffes, der Bewegung der materiellen und geistigen Produktion der Gesellschaft die objektiven Zusammenhänge und Entwicklungsgesetze beider ermittelt. -
Sie haben nicht von einem vorgegebenen philosophischen Prinzip auf die Geschichte geschlossen, sondern umgekehrt aus der empirischen Geschichte selbst die Prinzipien entwickelt, nach denen ihrem Gesetz auf die Spur zu kommen ist. Und dabei – auch dies unterscheidet ihr Vorgehen zunächst noch überhaupt nicht von Naturerkenntnis, soweit sie wissenschaftlich geschieht – an historisch vorliegende Denkmodelle angeknüpft. Die materialistische Denkweise hat sich dabei als grundsätzlich richtige Erfassung der Realität erwiesen.
Wenn Lenin von der „Ausdehnung“ des Materialismus auf die Untersuchung der Gesellschaft spricht, so lenkt er den Blick auf zweierlei: die Grundlegung der Wissenschaft von der Gesellschaft ist untrennbar vom Produktivmachen einer langen Tradition des Materialismus, materialistischer Denkweisen in der vorherigen Philosophie und Naturwissenschaft. Diese Tradition hat nicht bloß „entfremdetes“ Bewusstsein – sofern es philosophisches Bewusstsein ausbeutender Klassen oder von unterdrückten Klassen war, die ihre geschichtliche Stellung noch nicht adäquat erfassen konnten – erzeugt. Sie enthält auch zu bewahrende, weiterzutreibende Elemente wissenschaftlicher Realitätserkenntnis überhaupt. Dazu gehört die Einsicht in das Primat materieller vor ideellen Prozessen, in das Wirken objektiver Gesetze in der Realität, das Begreifen des Kausalverhältnisses als eines objektiv-realen und in menschlicher Praxis beherrschbaren usf.«
Anmerkungen
1/28 L. Sebag, Marxismus und Strukturalismus, Frankfurt/M. 1967, S. 14.
2/29 Ebenda, S. 73.
3/30 Ebenda, S. 74.
4/31 Vgl. ebenda, S. 50.
5/32 Vgl. I. Kant, Kritik der reinen Vernunft, Vorrede zur 2. Ausgabe.
6/33 Vgl. L. Sebag, Marxismus und Strukturalismus, S. 9.
7/34 Vgl. ebenda, S. 8.
8/35 Ebenda.
9/36 Friedrich Engels und Karl Marx. Die heilige Familie, S. 126.
10/37 Vgl. L. Goldmann, Dialektische Untersuchungen, Neuwied 1966.
11/38 Vgl. G. Lukács, Geschichte und Klassenbewusstsein, Berlin 1923, S. 39.
12/39 L. Sebag, Marxismus und Strukturalismus, S. 118 f.
Quelle: Philosophie der Revolution, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1975. Studie zur Herausbildung der marxistisch-leninistischen Theorie der Revolution als materialistisch-dialektischer Entwicklungstheorie und zur Kritik gegenrevolutionärer Ideologien der Gegenwart. Autor: Otto Finger. Vgl.: 2.4. Lucien Sebag über „Marxismus und Strukturalismus“, in: 2. Kapitel: Existenzialismus, Strukturalismus, „Kritische“ Theorie – Scheinkritizismus, pseudorevolutionäres Denken und Materialismusfeindlichkeit.
14.06.2012, Reinhold Schramm (Bereitstellung)
Facebook, Instrument des Imperialismus „2.0“
Von den westlichen Regimen als Instrument der „Revolution" gefördert, ist die Realität der Gemeinschafts-Site Facebook ganz anders für diejenigen, die auf der falschen Seite der „Demokratie" stehen.
In der Tat ruft die Plattform seit mehreren Wochen die Seite für Lynchaktionen und Ermordungen von Bürgern und syrischen Beamten auf, denen vorgeworfen wird, ihre als "blutrünstig" bezeichnete Regierung zu unterstützen.
So lädt die Seite anti shabiha ein, Kontaktinformationen und vollständige Beschreibungen dieser Menschen zu senden, welche von den Autoren der Seite als "Feinde Gottes" betrachtet werden..
- Kennen - Sie Leute die Beamten oder Soldaten nahe stehen oder Mitglieder ihrer Familie sind?
- Können Sie Fotos, volle Identität, Telefon, Wohnort, Arbeitskollegen, Identität der Kinder geben?
Denunziation und Bedrohungen sind nicht auf Beamte und die Armee beschränkt. Alle patriotischen Bürger sind betroffen. Somit bietet die Seite eine Liste von zu Tode verurteilten Personen, darunter der Bürgermeister einer Gemeinde, der Trainer einer Sportmannschaft, Gastwirte und Händler. Die Führer der "NRO" (sic!) bieten auch Fotos und Adressen von Personen, die der Unterstützung der Regierung beschuldigt werden oder die dem Präsidenten Assad günstige T-Shirts tragen.
Die Miliz der FSA und die Medien des Golfs und des Westens rechtfertigen diese Politik des Terrors, indem sie die Opfer der Shabiha, den "regimetreuen Milizionären" zuschreiben. Damit eröffnen sie die Möglichkeit, jeglichen Syrer, der sein Land gegen ausländische Aggression oder seine Regierung unterstützt, zu beseitigen [1].
Da es keine relevanten Bestimmungen im Völkerrecht gibt, riskiert die Multinationale aus dem Silicon Valley und ihre Führer absolut nichts mit der Verbreitung solcher Mordaufrufe. Jedoch kann Facebook von jetzt an als ein "Hass-Medium" angesehen werden, im Sinne der UNESCO.
In der Vergangenheit hat sich US-Außenministerin Hillary Clinton öffentlich der von Facebook gespielten Rolle bei der Regime-Änderung des "Arabischen Frühlings " in Ägypten, Tunesien und Libyen erfreut.
Sein Gründer Mark Zuckerberg war einer der Teilnehmer der Bilderberg-Konferenz 2011, des PR-Klubs der NATO [2].
Der junge Milliardär war auch einer der Ultra-VIP-Gäste des grandiosen Abendessens zu Ehren von Shimon Perez in Washington, bei seinem Empfang der „Freiheitsmedaille" am 13. Juni.
Zuckerberg hat persönlich die Schaffung und Förderung der im März gestarteten persönlichen Seite des israelischen Präsidenten page officielle beaufsichtigt, und eine video-Kampagne mit dem Titel « Be my friend for peace » (werde mein Freund für den Frieden) erstellt, wo solche Pazifisten und Menschenrechtsaktivisten wie Nicolas Sarkozy, David Cameron, Recep Erdogan oder sogar Königin Elisabeth II von England erscheinen.
Das Ziel der Operation ist die Förderung von Israel, durch Schaffung "einer Kommunikation mit Bürgern der Länder, die keine diplomatischen Beziehungen mit Israel haben, mit Schwerpunkt auf die Jugend der arabischen Welt".
Von der westlichen Mitteilung als "junge" und "gelinkte" Unterstützung der "Revolutionäre" präsentiert, ist Facebook heute ein Schlüsselelement des Propaganda-Apparates des Imperialismus „2.0" der USA und Israels.
Übersetzung
Horst Frohlich
Revolutionäres Klassenbewusstsein contra subjektiven Idealismus
Die Gesetzmäßigkeit der sozialistischen Revolution und eine spätbürgerliche ideologische Abwehrreaktion
von Otto Finger
Die „Heilige Familie“ vereinigt die Konzeption vom materialistisch begriffenen Handeln des gesellschaftlichen Menschen mit dem Standpunkt vom objektiven Gesetzescharakter geschichtlicher Entwicklung, speziell der Gesetzmäßigkeit des revolutionären Kampfes des Proletariats. Marx und Engels betonten bereits hier, dass sich im revolutionären Handeln dieser Klasse die objektive Dialektik der Bewegung der bürgerlichen Produktionsweise, die konkret-soziale Dialektik des Klassenwiderspruches zwischen Bourgeoisie und Proletariat durchsetzt. Ferner dass diese arbeitende, unterdrückte, verelendete Klasse der bürgerlichen Gesellschaft so handelt, wie sie gemäß ihrer objektiven Stellung in dieser Gesellschaft zu handeln berufen ist -
Es gehe nicht darum, dies heben Marx und Engels in gültiger Weise gegen damaligen und heutigen Subjektivismus und Voluntarismus, auch in eindeutig materialistisch-deterministischer Form hervor, es gehe also nicht darum, was sich dieser oder jener Proletarier, oder auch das ganze Proletariat „einstweilen“, also auf vorläufiger, noch unreifer, theoretisch und praktisch noch unausgereifter Entwicklungsstufe über ihr Ziel „vorstellen“. -
Worum es sich handle sei vielmehr dies: wozu das Proletariat gemäß seinem Sinn, gemäß also seiner objektiven sozialökonomischen Stellung gezwungen sein wird: „Sein Ziel und seine geschichtliche Aktion ist in seiner eigenen Lebenssituation wie in der ganzen Organisation der heutigen Gesellschaft sinnfällig, unwiderruflich vorgezeichnet.“ [1/8]
Zeitgenössische bürgerliche Ideologen haben mit ihren Vorläufern im 19. Jh. dies gemein: Den Versuch, die „Unwiderruflichkeit“. d. i. die unerbittliche, weil objektive, nicht eingebildete, oder durch Ideen geschaffene und ebenso „abschaffbare“ Gesetzmäßigkeit von der weltgeschichtlichen revolutionären Mission des Proletariats infrage zu stellen. -
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts überwog dabei die barbarische Erwartung der Bourgeoisie, das Proletariat könne es wegen seiner Verelendung, wegen seiner Erniedrigung, wegen seines Ausschlusses von Bildung und Kultur niemals zu einer die bürgerliche Ordnung ernsthaft infrage stellenden Aktion bringen. -
Die Kehrseite dieser auf die Ewigkeit des passiv hingenommenen Elends der arbeitenden Menschen bauenden Illusion von der Ewigkeit des Kapitals war jener heuchlerischen Philanthropismus, der den „unteren“ Klassen „helfen“ wollte, vor allem ideologisch helfen, sich in die Unwiderruflichkeit ihres elenden Geschicks zu ergeben und auf die Tröstungen des Himmels zu warten. [Analog heute: ‘Sozialismus harmonischer Prägung’ - in “noch zwölf Generationen“ - im Jahre 2310 etc.; R. S.]
Nachdem sich das Proletariat, auf der Basis der revolutionären Theorie von Marx und Engels, zur zielbewusst kämpfenden Klasse erhob, da setzte die Predigt des sozialen „Friedens“, der „Klassenversöhnung“ [modifiziert, analog der heutigen “Sozialpartner“ etc.] ein. Heute {...} werden die erstgenannten, noch vielfältig fortgesponnenen bürgerlichen Motive durch ein weiteres, „modernes“ ergänzt. Die „moderne“ Industriegesellschaft habe die „alten“ Klassengegensätze überwunden: die von Marx und Engels vorausgesagte, von Lenin und den marxistisch-leninistischen Parteien konkretisierte welthistorische Mission der Arbeiterklasse sei durch diese neue Entwicklung selbst „widerrufen“ worden. Durch „Wohlstand“, „Stabilität“, durch die zunehmende Rolle der Wissenschaft und Technik in der Produktion, weshalb das traditionelle Proletariat teils überhaupt verschwinde, teils seine revolutionäre Rolle an andere soziale Gruppen abgebe.
Aus der Fülle derartiger Ausfälle {...} im zeitgenössischen antimarxistischen Schrifttum sei hier nur eine typische Argumentationsweise erwähnt. Anatol Rapoport versucht in dem Aufsatz „Das Klasseninteresse der Intellektuellen und die Machtelite“ die folgende These zu erhärten: „... die Intellektuellen repräsentieren eine neue, aufsteigende gesellschaftliche Klasse.“ [2/9] Rapoport, als „nichtmarxistischer Radikaler“, wie er sich selbst nennt, will sich mit der Erörterung dieser – übrigens ganz und gar nicht neuen oder originellen These – an die sogenannten „orthodoxen“ Marxisten (eine der vielen polemisch gemeinten Umschreibungen für konsequente Marxisten-Leninisten) und an die nichtmarxistischen „Liberalen“ unter den Intellektuellen wenden. Und er geht davon aus, dass er von den Marxisten kaum Beifall für die zitierte Behauptung erwarten könne, und zwar aus folgendem wirklich kuriosen Grunde: Die Marxisten hätten nämlich dem Industrieproletariat die Rolle zugeschrieben, die Gesellschaft in Übereinstimmung mit den eigenen Interessen zu organisieren, und deshalb würden sie einen Rivalen für das Proletariat nicht anerkennen. {...}
In concreto geht es also keineswegs darum, ob in „orthodoxer“ oder unorthodoxer Weise die marxistisch-leninistische Theorie „anerkannt“ wird oder nicht {...} Wohl aber geht es darum, wie unter den heutigen Bedingungen das Bündnis zwischen Arbeiterklasse und Intelligenz vertieft werden kann.
Die Absicht, die Stellung der Arbeiterklasse als revolutionäre Hauptkraft unserer Epoche zu leugnen, fragwürdig zu machen als bloß noch orthodoxes Relikt marxistischen Denkens, soll mit Behauptungen wie den folgenden erreicht werden: Trotz des anhaltenden Trends zum Monopolkapitalismus wären die Massen nicht verarmt. Der Lebensstandard wäre gestiegen. Die „Mittelklassen“ seien nicht verschwunden, gegenüber der Zahl der Angestellten sinke die Zahl der Arbeiter relativ. Unter Arbeiter versteht Rapoport die „blue collars“ und unter Angestellten die „white collars“: schon diese Terminologie, die zurückgeht auf die Vorstellung, das Verhältnis von Hand- und Kopfarbeit sei der eigentliche soziale Widerspruch, signalisiert, dass als „Beweise“ für die genannten Thesen solche Behauptungen auftauchen, die in dem zu Beweisenden bereits vorausgesetzt sind, in diesem Falle die Verwischung des wirklichen Klassengegensatzes zwischen Kapital und Arbeit, zwischen Bourgeoisie und Proletariat. -
Schon im 19. Jh. ging dieser Widerspruch nicht einfach auf in dem Gegensatz von körperlicher und geistiger Arbeit, und er kann heute überhaupt nicht mehr als Synonym für diesen Klassenwiderspruch gesetzt werden. Das Klassenbewusstsein sei im übrigen erlahmt; „der Klassenkampf, wie ihn die marxistische Theorie im Auge hatte, ist heute als primäres politisches Ziel verschwunden, und in Ländern, in denen die vom Marxismus vorausgesagten sozialen Revolutionen als vollendet bezeichnet werden, ist der gesellschaftliche Kampf nicht erloschen“ [A. Rapoport, 1968] [3/10].« -
Entfremdung (auch) bei Otto Finger: »Diese Art der „Beweis“führung zur These, die Arbeiterklasse sei keine revolutionäre Kraft mehr – und dies ist ein politischer und ideologischer Kernpunkt des ganzen Systems konterrevolutionärer [!], nach innen und außen total reaktionärer imperialistischer Propaganda und Manipulation [- stets die Aufgabe des Imperialismus; R. S.] – diese Art des Argumentierens macht kenntlich: Im angedeuteten Argumentationsweg vermengen sich Fälschungen der authentischen marxistisch-leninistischen Theorie mit Fälschungen [-?-] der historischen Praxis [-?-] sowie mit Fehlinterpretationen [- 1973 -] gegenwärtiger sozialer Prozesse, und in allen Momenten kommt es zur heillosen Verwirrung der Begriffe.«
[Merke: Auch Antikommunisten haben einen Zugang zur Wahrnehmung der gesellschaftspolitischen Realität; so auch zu den Widersprüchen zwischen theoretischer Verkündigung und Alltagspraxis, - im (damaligen) Real-Sozialismus. Nur so war es auch den imperialistischen Theoretikern möglich, den Realsozialismus erfolgreich in den Köpfen zu bekämpfen, und in seiner staatlichen Existenz zu beseitigen. Marxistinnen und Marxisten müssen sich stets ungeschminkt mit der Realität der Gesellschaft auseinander setzen. Anm.: Unsere wissenschaftliche Weltaneignung ist keine Religion. R. S.]
Otto Finger: »Der bürgerliche und imperialistische Pferdefuß ist deutlich darin sichtbar, wie als objektive, zwangsläufige, gleichsam naturgeschichtliche Realität verkündet wird, was politisch-reaktionäres Ziel der Monopolbourgeoisie ist.« [-1973 -]
[Anm.: Unsere Fehler und Versäumnisse in der historischen Vergangenheit und aktuellen Gegenwart werden schonungslos von der Bourgeoisie und ihren Ideologen (deren Hauptaufgabe) genutzt; R. S.]
»Letzteres zeigt sich vor allem in den wörtlich zitierten Aussagen: das vorgebliche Verschwinden politischer Ziele der Klassenkämpfe im Inneren des imperialistischen Systems selbst und gleichzeitiges Entfachen konterrevolutionärer Aktivitäten in der sozialistischen Stattengemeinschaft [- 1973 - 1988/89/90/91]. Wir erinnern uns: Rapoport sprach davon, dass der „gesellschaftliche Kampf“ hier nicht erloschen sei. Ganz sicher meint er damit nicht die universell gültige, in allem Natur- und Geschichtsprozess sich vollziehende und im Sozialismus nicht etwa auszulöschende Entwicklungsdialektik, die, auf welcher Ebene und Stufenleiter eines Prozesses und welcher Form auch immer, den „Kampf“ der Gegensätze, die Ablösung also beispielsweise veralteter Denkweisen durch neue etc. einschließt. -
Hier geht es ja um etwas ganz anderes: „Gesellschaftlicher Kampf“ ist Umschreibung für die [erfolgreich] bezweckte antisozialistische Aktivität im Inneren des sozialistischen Weltsystems selbst. Sie darf nach imperialistischen Wunschtraum [- nicht Wunschtraum, sondern imperialistisch erfolgreiche Teil-Realität; R. S.] und höchst aufwendig betriebener Diversion und psychologischer Kriegführung gegen den Sozialismus nicht „verlöschen“. Kein Mittel ist der Monopolbourgeoisie schmutzig und raffiniert genug, um den Export der Konterrevolution betreiben zu können.« -
Otto Finger: »Dass diese Versuche dank der Schlagkraft der marxistisch-leninistischen Parteien, der sozialistischen Verteidigungskräfte, des Prinzips des proletarischen Internationalismus immer wieder gescheitert sind, und zwar erstmalig schon unmittelbar nach der Geburt der Sowjetmacht und am Ende der sechziger Jahre in der ČSSR – das hält das Monopolkapital nicht ab, die alten Ziele mit stets neuen – stets aber auch alten – Mitteln anzustreben.« [- 1973 -]
»Heillose Verwirrung der Begriffe: der Klassenkampf erscheint im Rapoportschen Konzept als „primäres politisches Ziel“, zudem auch noch so, „wie ihn die marxistische Theorie im Auge hatte“! Schon die Kenntnis marxistischer Abc-Weisheiten und elementarster historischer Wahrheiten besagt: Erstens ist der Klassenkampf eine objektive historische Realität der ganzen Entwicklung der Klassengesellschaft, des sozialen Lebens auch in der imperialistischen Gesellschaft von heute, sowie der materiellen und geistigen Auseinandersetzung zwischen den beiden entgegengesetzten Gesellschaftssystemen [- und muss auch von der Partei der Arbeiterklasse geführt werden -] unserer Epoche, des Imperialismus [!] und des [Real-]Sozialismus [!]. Zweitens also braucht der Klassenkampf schlechtweg weder als Ziel vorgestellt, noch [nur] theoretisch verkündet [!], noch praktisch angestrebt zu werden [? - der Kampf muss geführt werden!], eben weil er eine mit Händen zu greifende Grundtatsache aller bisherigen Sozialgeschichte ist [!]. Drittens hat die Marxsche Theorie folglich nicht den Klassenkampf als Ziel, wohl aber die Errichtung der sozialistischen und kommunistischen Gesellschaft als Resultat der sozialistischen Revolution begründet. -
Viertens ist es eine durch die Führungstätigkeit marxistisch-leninistischer Parteien – und nur durch sie erfolgreich – zu lösende Aufgabe, den Klassenkampf der Arbeiter aus der Stufe der Spontanität auf das Niveau der Bewusstheit zu heben.
Es können jetzt nicht all jene weiteren historischen Fälschungen und begrifflichen Verwirrungen berichtigt werden, die schon die wenigen Sätze Rapoports enthalten. Also etwa dasjenige, was über das Aufhören des Massenelends und der Massenarmut innerhalb des Herrschaftsbereiches des Monopolkapitals in einem so schreienden und zynischen Widerspruch zur Situation des arbeitenden Menschen gesagt wurde. [4/11] Festgehalten sei nur dies: Solche Summierung falscher Aussagen ist hier und in der vielfältigsten Modifikation in all jenem sich so „wissenschaftlich“, so kritisch gebenden Schrifttum stets vorausgesetzt, um den Boden zu bereiten für die Glaubwürdigkeit der These vom Übergang der sozialpolitischen progressiven und revolutionären Mission an eine andere Klasse als die Arbeiterklasse, an die „Intellektuellen“.
Die positive Begründung für diese These? Resultat einer „Reinigung“ der Klassenkampftheorie, des Klassenbegriffs, des wissenschaftlichen Ideologiebegriffs von ihren sozial-ökonomischen Bestimmungsgrößen ist dies: „Zusammenfassend kann man sagen, dass der Intellektuelle ein Klasseninteresse hat, wenn wir ihn nicht bloß nach seinem beruflichen Aufgabengebiet und seinem Sachverstand, sondern nach seiner Verpflichtung gegenüber intellektuellen Werten bestimmen; einer von ihnen ist besonders wichtig: nämlich das Leben, das man führt, kritisch zu überdenken. In den Vereinigten Staaten hat diese Verpflichtung (!) Zu einem Zusammenstoß zwischen Intellektuellen und Machtelite geführt ... Als positiv zu veranschlagen ist die Herausbildung eines ,Gruppenbewusstseins der Intellektuellen’, das, wie es scheint, durch die Konzentrierung der amerikanischen Intellektuellen in den Universitäten befördert wurde. Diesem Umstand ist es auch zu verdanken, dass die Jugend heute die Anpassung an die gegebene Gesellschaftsstruktur und die Parolen der Machtelite verweigert. Keine Machtelite kann einen derartigen Vertrauensschwund überleben. Wir wissen nicht, in welchem Ausmaß sich das politische Erwachen der Intellektuellen auswirken wird ... Es sieht jedoch so aus, als ob sich ein Klassenkampf ganz neuer Art abzeichne.“ [5/12]
Auch terminologisch weist die angedeutete Auffassung auf Fragestellungen schon der Marxschen theoretischen Zerschlagung des Junghegelianismus zurück. Wir meinen solche Ausdrücke wie „Machtelite“, „kritisches Überdenken“ der Lebenssituation. Auch die Redewendung vom „Anstiften“ ideologischer Revolutionen durch die Intellektuellen: das ergäbe sich daraus, dass sie mit der Sprache umzugehen verständen und deshalb die geeigneten Träger und Vermittler neuer Ideen wären. [6/13] Ferner die Definition von Klasseninteresse als das Interesse, „eine Ideologie zu inthronisieren oder zu erhalten“ [7/14] Und schließlich auch die Behauptung, dass das Klassenbewusstsein vom Klasseninteresse im „orthodoxen“, sprich materialistischen Sinne abhängig sei. [8/15] Der philosophische Streit zwischen Materialismus und Idealismus sei heute überhaupt unergiebig – er diene nur dazu, die Entwicklung „fruchtbarer ideologischer Theorien zu hemmen“ [9/16].
Also wäre es ganz nebensächlich, ob die Binsenweisheit des Zusammenhangs zwischen menschlichem Handeln und Bewusstsein in idealistischen Termini (Vorstellung, Hoffnung, Angst) oder der materialistischen Theorie von Kommunikation und Neurophysiologie ausgedrückt würde. [10/17] Künftiger Klassenkampf ist dann ein Phänomen der Auseinandersetzung zwischen „psychologisch zu definierenden Klassen“ – sie sind die „neuen“ Klassen. [11/18] -
Das Vergessen der Rolle der arbeitenden Volksmassen in der Geschichte geht bei den zeitgenössischen Marxismuskritikern wie bei den Junghegelianern einher mit der Verflüchtigung der revolutionären Aktion. -
Wird das komplexe Herrschaftsystem der imperialistischen Klasse der Monopolkapitalisten zum Werk einer „Machtelite“ mystifiziert und auch verharmlost, die Gegenaktion auf die Tat der „Inthronisierung“ irgendeiner neuen Ideologie durch eine intellektuelle „Elite“ fehlorientiert, dann lässt man beide Seiten des Gegensatzes so wie sie sind. Das Kapital bleibt mächtig, die Aktion gegen es ohnmächtig. -
Schon darum ist – entgegen A. Rapoport, entgegen Marcuse, entgegen A. Schmidt, entgegen all den zeitgenössischen Adepten „unorthodoxen“ kritischen Philosophierens – der unaufhebbare Gegensatz zwischen Materialismus und Idealismus absolut nicht peripher oder nur ein Scheinproblem.
„Masse“ ist ebenso wie „Elite“ zunächst ein höchst vager Begriff, unklar genug, um mit ihnen nicht bloß alles mögliche falsch zu bezeichnen, sondern auch zu verschleiern. „Überhaupt“, sagt daher Marx in Polemik bereits gegen das junghegelianische bürgerlich-ideologische Operieren mit diesem Ausdruck, „... ist die Masse ein unbestimmter Gegenstand, der daher weder eine bestimmte Aktion ausüben noch auch in ein bestimmtes Verhältnis treten kann. Die Masse, wie sie der Gegenstand der kritischen Kritik ist, hat nichts gemein mit den wirklichen Massen, die wieder sehr massenhafte Gegensätze unter sich bilden. Ihre Masse ist von ihr selbst ,gemacht’, wie wenn ein Naturforscher, statt von bestimmten Klassen zu reden, die Klasse sich gegenüberstellte.“ [12/19] -
Denselben Gedanken, nunmehr gegen linksradikales Entgegensetzen von Masse, Klasse und Partei gerichtet, entwickelt Lenin im Jahre 1920 in der Arbeit „Der ,linke Radikalismus’, die Kinderkrankheit im Kommunismus“. Man kann, betont Lenin, Massen und gesellschaftliche Klassen nur dann einander entgegenstellen, wenn man mit dem Begriff Masse die überwiegende Mehrheit schlechthin bezeichnet und dabei von Entscheidenden absieht, von der Stellung in der sozialen Ordnung der Produktion. [13/20]
Das von Marx gegen die Junghegelianer 1845 und von Lenin gegen die „linken“ Kommunisten am Beginn der zwanziger Jahre Betonte trifft durchaus auch für heutiges Operieren mit dem Begriff der Elite zu, gleichgültig ob in „kritischer“ oder Imperialistisch-apologetischer Absicht verwandt. -
Auch der Elitebegriff abstrahiert vom Entscheidenden: von der Stellung, wie Lenin sagt, in der sozialen Ordnung der Produktion, von den Produktionsverhältnissen, von den Eigentumsverhältnissen, den wirklichen – nicht psychologisch oder biologisch oder wie auch immer verhüllten – Klassenkräften, Klassengegensätzen, Klassenkämpfen. -
Auch bei „Eliten“, gleichgültig ob „Machteliten“ oder „intellektuellen Eliten“, gar auch „rassische“ ins Spiel gebracht werden, ist zu fragen, welche Stellung die so falsch bezeichneten sozialen Gruppen, gesellschaftlichen Schichten, Klassen und Klassenfraktionen in der wirklichen Produktion und in den wirklichen Herrschaftsverhältnissen einnehmen. -
Bei der Vernebelung der wirklichen Stellung wirklicher Klassenkräfte zu „Eliten“ oder „Massen“ handelt es sich nach der theoretischen Seite durchaus auch heute noch um den folgenden Effekt des idealistischen Abstrahierens von den sozialökonomischen Sachverhalten:
„Die Einsamkeit (die Illusion der Junghegelianer, einsam über ihrem kritischen Gegenstand zu thronen, sich von ihm gelöst zu haben; O. F.) übrigens, welche durch die Ablösung, Abstraktion von allem erreicht wird, ist ebensowenig frei von dem Gegenstand, wovon sie abstrahiert, als Origenes frei von dem Zeugungsgliede war, das er von sich ablöste.“ [14/21]«
Anmerkungen
1/8 Friedrich Engels und Karl Marx, Die heilige Familie, S. 38.
2/9 A. Rapoport, Das Klasseninteresse der Intellektuellen und die Machtelite. In: Aggression und Anpassung in der Industriegesellschaft, Frankfurt/M. 1968, S. 30.
3/10 Ebenda, S. 31.
4/11 »An anderer Stelle schränkt Rapoport die Allgemeinheit seiner völlig verkehrten Behauptung ein. So heißt es zum Beispiel: „Betrachtet man einmal weltpolitisch, nicht von der nationalen Ebene her, den Abgrund zwischen Besitzenden auf der einen und den Besitzlosen auf der anderen Seite, so gewinnt der zunehmende Reichtum der Reichen hier und die weitere Verarmung der Armen dort eine höchst brisante Bedeutung in der jüngsten Geschichte.“ (Vgl. ebenda, S. 37) Nun wird hier zunächst unterstellt, dass die Verelendungsprozesse nicht „national“, sondern „weltpolitisch“ relevant würden. Das kann entweder heißen: Es gibt sie „nur“ weltpolitisch, nicht national. Will sagen: überall dort in der Welt, wo nicht das amerikanische Monopolkapital herrscht. Das wäre eine geradezu groteske Apologie dieses Monopolkapitals. Oder es kann heißen: Es gibt sie als weltpolitisch wirksamen, nicht aber als national (speziell US-amerikanisch) wirksamen Faktor. Das würde bedeuten: Sie werden, wo auch immer auftretend, zwar für die Weltpolitik, speziell den sich zum Weltgendarmen aufspielenden nordamerikanischen Imperialismus bedeutsam, weniger aber für die nationale Ebene dieser oder jener Industriegesellschaft: „In der Industriegesellschaft haben sich die Unterschiede zwischen der arbeitenden und der besitzenden Klasse eher verwischt als verschärft.“ (Ebenda) Es bleiben dann also für die Geltung von massenhafter Verelendung und Verarmung heute jene Gebiete reserviert, in denen der US-amerikanische Imperialismus nicht unmittelbar herrscht; diese Herrschaft wieder auf die ihm entrissenen Einflusssphären auszudehnen wäre eine naheliegende Forderung. Rapoport nimmt die zitierte Differenzierung zwischen weltpolitischem und nationalem Aspekt des Problems in einer tatsächlich antisowjetischen und antileninistischen Stoßrichtung dergestalt vor, dass er sie in unmittelbarem Kontext mit folgendem entwickelt: „die Chinesen und die amerikanischen Ultrakonservativen schienen dabei zu sein, dem Hauptlehrsatz des orthodoxen Marxismus-Leninismus recht zu geben, dass der Prozess auf Polarisation, Konfrontation und schließlich Auflösung der Gegensätze hintreibt. Dabei kann man sehr wohl von der eschatologischen Implikation dieser Theorie ausgehen; zum Beispiel so: der Klassenkampf wird nach Beendigung der ,proletarischen Weltrevolution’ (oder der Vernichtung des Kommunismus) wegen Mangels an Widersprüchen aufhören (oder es wird überall auf der Welt Freiheit herrschen).“ (Ebenda.) Da, wo also Rapoport die noch „brisante“ Bedeutung der Polarisierung in Besitzende und Nichtbesitzende zugesteht, lässt er den Maoismus und die US-amerikanischen Ultras als Kronzeugen für die Bestätigung einer „Hauptlehre“ des Marxismus-Leninismus auftreten!«
5/12 Ebenda, S. 57/68. »Dieser Schlusssatz mag deutlich machen: Rapoport ist kein vordergründiger Apologet des imperialistischen Herrschaftssystems. Sein Aufsatz enthält Kritiken an der Politik des nordamerikanischen Imperialismus, wenn er sie auch recht distanzierend als Standpunkt der „Neuen Linken“ in den USA wiedergibt. Zum Beispiel: „... die Vereinigten Staaten beanspruchen das Vorrecht, jede politische Veränderung als ein Beispiel kommunistischer Aggression deklarieren zu dürfen, und überdies das Recht der Intervention mit den Mitteln, die sie für richtig und notwendig halten, um die Veränderung zu verhindern oder wieder rückgängig zu machen. Es ist dieses unverblümte Bekenntnis der amerikanischen Führer zu ihrem unumschränkten Recht, durch den Gebrauch von Macht ihren Willen der Weltpolitik aufzuzwingen, das die Neue Linke als Symptom der Zusammenballung erbarmungsloser Macht versteht ... Sie will ... einen Wandel der Perspektive, also der Ideologie(!) Durchsetzen; den Amerikanern soll klar werden, dass die Nutzlosigkeit, die Härte und die Grausamkeit der gegenwärtigen Politik nicht nur das Ergebnis vielfachen Irrtums, sondern Symptom einer Erkrankung der Gesellschaft ist und die Quittung für einen praktisch unbeschränkten Gebrauch der Macht mit keinem anderen Ziel als dem, sie zu behalten.“ (S.54) -
Vergessen wird, dass diese offensichtliche Machtbesessenheit sehr handfeste materiell-ökonomische Grundlagen hat. Solange es sich nur um die Frage einer im Ideologischen verdünnten Perspektive handelt, wird auch in den USA alles beim alten bleiben.«
6/13 Vgl. ebenda, S. 44.
7/14 Vgl. ebenda, S. 45.
8/15 Vgl. ebenda, S. 44.
9/16 Vgl. ebenda.
10/17 Vgl. ebenda.
11/18 Vgl. ebenda.
12/19 Friedrich Engels und Karl Marx, Die heilige Familie, S. 164.
13/20 Vgl. W. I. Lenin, Der „linke Radikalismus“, die Kinderkrankheit im Kommunismus, in: Werke, Bd. 31, Berlin 1959, S. 26.
14/21 Friedrich Engels und Karl Marx, Die heilige Familie, S. 167 f.
Quelle: Philosophie der Revolution. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1975. Studie zur Herausbildung der marxistisch-leninistischen Theorie der Revolution als materialistisch-dialektischer Entwicklungstheorie und zur Kritik gegenrevolutionärer Ideologien der Gegenwart. Autor: Otto Finger. Vgl.: 4.3. Die Gesetzmäßigkeit der sozialistischen Revolution und eine spätbürgerliche ideologische Abwehrreaktion, in: 4. Kapitel: Materialismus und revolutionäres Klassenbewusstsein contra subjektiven Idealismus (zur aktuellen weltanschaulichen Bedeutung der „Heiligen Familie“)
22.06.2012, Reinhold Schramm (Bereitstellung)
Stopp der US-Aufrüstung in Lateinamerika
Pressemitteilung des Vorstandes des Netzwerk Cuba:
Stopp der US-Aufrüstung in Lateinamerika
Ohne einen Aufschrei des Entsetzens der „freien Welt“ und der „freien Medien“ wurde in der New York Times vom 29.5.2012 beschrieben, wie US-Präsident Barack Obama in wöchentlichen Sitzungen darüber entscheidet, welche Personen in fernen Ländern wie z.B. Pakistan und Jemen per US-Drohnen-Attacken ermordet werden sollen. Etwa 200 solcher Attacken sind inzwischen erfolgt, die Zahl der Opfer und Angaben zu den Zerstörungen weitgehend unbekannt. Nach Angaben der pakistanischen Regierung sind dort dadurch bis heute über 1.000 Zivilisten ermordet worden, die keinerlei Verbindung zu Al-Qaida hatten.
Nun gibt es Pläne der US-Regierung, durch das Medienportal amerika21 bekannt gemacht (http://amerika21.de/nachrichten/2012/06/52727/usa-drohnen), solche Drohnen künftig auch in Lateinamerika einzusetzen!
Demnach bereitet das US-Südkommando den Einsatz im Amazonasgebiet unter anderem bei "Operationen gegen den Drogenschmuggel in Südamerika" vor. Die Drohnen hätten bessere Sensoren, um "die Kriminellen sichtbar zu machen, die sich im amazonischen Dschungel verstecken", so Generalstabschef der US-Luftwaffe, General Norton Schwartz. Der "amazonische Dschungel" umfasst Gebiete in Brasilien, Französisch-Guayana, Suriname, Guyana, Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien. Die US-Streitkräfte planen den Einsatz der Drohnen der Typen Predator, Reaper und Global Hawk in "Anti-Drogenkampf, Spionage, Aufstandsbekämpfung und Seeüberwachung".
Dieser Schritt stellt nach Auffassung des NETZWERK CUBA eine weitere Stufe der Militarisierung durch die USA in Lateinamerika dar, nachdem bereits z.B. die 4. Flotte der US-NAVY wieder in den südamerikanischen Gewässern operiert, US-Militärstützpunkte in mehreren lateinamerikanischen Staaten ausgebaut und modernisiert wurden, der äußerst destruktive und schädliche „War on Drugs“ weiter betrieben wird, Umsturzversuche in Venezuela und Honduras durch US-Kräfte unterstützt worden sind.
Das Alles stellt einen Rückfall in die offen imperialistischen Machenschaften der Ära Reagan in den Ländern Lateinamerikas dar, als Konzerne und Militärs der USA unerbittliche Ausbeutung und Einflussnahme in vielen Ländern dieser Region ausübten und damit unzählige Opfer, Zerstörung und Leid produzierten. Und diese Art von Dominanzpolitik darf nicht toleriert und muss gestoppt werden. Die Länder der Region befreien sich von diesem Joch und folgen teilweise dem Beispiel des erfolgreichen sozialistischen Cuba.
Doch die USA wollen allem Anschein nach die zunehmende Eigenständigkeit und die selbstbestimmten Entwicklungen in lateinamerikanischen Staaten und deren Kooperation (z.B. ALBA, CELAC, MercoSur) nicht tolerieren und stören – wie sie dies seit 1959 gegen Cuba tun. Es verdichten sich die Anzeichen dafür, dass die US-Administration auf offene gewalttätige und militärische Konflikte in Lateinamerika zusteuern will, um dort wieder größeren Einfluss zu erzwingen. Dem gilt es Einhalt zu gebieten.
Rückfragen: Dr. Edgar Göll, Mobil: 0157 - 8242 1146
--
Netzwerk Cuba - informationsbüro - e.V.
Weydingerstr. 14-16
10178 Berlin
Fon +49 (0)30 2400 9338
www.netzwerk-cuba.de
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