Sonntag, 4. Oktober 2015

Scheinbarer Stimmungswandel

Westen signalisiert Gesprächsbereitschaft mit syrischer Führung. Exil-Opposition besteht weiter auf Sturz von Präsident Assad Von Karin Leukefeld, Damaskus Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek vom 25. September 2015 Zu Beginn der UNO-Vollversammlung in New York signalisieren die westlichen ständigen Mitglieder im UNO-Sicherheitsrat und Deutschland guten Willen, den Krieg in Syrien mit der syrischen Führung und nicht gegen sie zu de-eskalieren. Regierungsvertreter in Syrien nehmen den scheinbaren Stimmungswandel im Westen zurückhaltend zur Kenntnis. Die bisher hofierte syrische Auslandsopposition rebelliert. Bei den Syrern im Land bleibt Skepsis. In einem Interview mit dem USA-Sender CBS bekräftigte der russische Präsident Wladimir Putin erneut, daß die syrische Regierung unter Präsident Baschar al-Assad weiterhin mit der Unterstützung Rußlands und der russischen Armee rechnen könne. Die Zerstörung der legitimen Regierung in Syrien müsse verhindert werden, so Putin. »Es gibt keine andere Lösung, als (….) ihr im Kampf gegen den Terrorismus beizustehen.« Auf keinen Fall dürfe sich wiederholen, was im Irak und in Libyen geschehen sei. Im Irak waren nach dem USA-Einmarsch 2003 Armee und Regierungsstrukturen aufgelöst worden, in Libyen hatten französische und britische Kampfjets im Jahr 2011 mit Unterstützung der NATO die dortigen Regierungsstrukturen zerbombt und islamistische Kampftruppen unterstützt. Ein ähnlicher Angriff, der unter dem Vorwand, oppositionelle Kräfte für »Freiheit und Demokratie« zu unterstützen 2011 gegen Syrien begann, konnte bisher von der syrischen Armee aufgehalten werden. Nachdem USA-Außenminister John Kerry bei seinem Besuch in Berlin am 20.9. erklärt hatte, daß Assad zwar abtreten müsse, »aber nicht sofort«, war der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf den neuen Kurs eingeschwenkt, den auch sein britischer Amtskollege Philip Hammond nach seinem Treffen mit Kerry eingeschlagen hatte. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte schließlich, man müsse »mit vielen Akteuren« sprechen, »einschließlich Assad«. Frankreich tut sich weiterhin schwer mit dem Eingeständnis, mit der Politik der militärischen Eskalation in Syrien und der wirtschaftlichen und politischen Isolation des Landes gescheitert zu sein. Als ehemalige Mandatsmacht Syriens (1920-1946) hatte Frankreich schon frühzeitig den Sturz von Präsident Assad propagiert. Präsident Hollande beharrt weiter darauf, daß Assad erst »neutralisiert« werden müsse, bevor eine Veränderung in Syrien möglich sei. Dennoch hatten sich die drei EU-Führungsmächte dafür ausgesprochen, mit »neuen UNO-geführten internationalen Bemühungen für ein Ende des Krieges in Syrien« zu beginnen. Der UNO-Sondervermittler für Syrien, Staffan de Mistura hatte erst am Dienstag die personelle Leitung der vom UNO-Sicherheitsrat bereits früher beschlossenen vier Syrien-Arbeitsgruppen bekannt gegeben. Alle vier Arbeitsgruppen sollen von Europäern geleitet werden, die vom Ban Ki-Moon ernannt worden waren. Die AG Sicherheit und Schutz der Bevölkerung wird von dem Norweger Jan Egeland geleitet. Der ehemalige Staatssekretär im norwegischen Außenministerium und Diplomat war an zahlreichen Friedensprozessen, darunter auch Guatemala und Libanon, beteiligt. Die AG Politik und Gesetzgebung leitet der Schweizer Jurist Nicolas Michel. Die AG Militär, Sicherheit und Anti-Terrorismus soll Volker Perthes, Direktor der deutschen Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP) leiten. Der Berliner Regierungs-Think-Tank SWP hatte bereits 2012 in Kooperation mit dem USA-Institut für Frieden einen umfassenden Plan für den »Tag danach« (The Day After) vorgelegt. Der Plan führte aus, was am Tag nach dem Sturz Assads und dem Zusammenbruch der staatlichen Strukturen des Landes zu tun sei. Die AG für öffentliche Dienste, Wiederaufbau und Entwicklung wird von der schwedischen Diplomatin Birgitta Holst Alani übernommen. Einer UNO-Mitteilung zufolge hatte De Mistura sich die Personalien zuvor bei der syrischen Regierung in Damaskus und bei der vom Westen favorisierten oppositionellen »Nationalen Koalition« in Istanbul bestätigen lassen. Karin Leukefeld, Damaskus Freitag 25. September 2015

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen