Dienstag, 13. Oktober 2015
Mexiko macht Ermittlungsergebnisse öffentlich
43 vermisste Studenten
Vor einem Jahr verschwanden in Mexiko 43 Studenten. An der offiziellen Darstellung ihres Schicksals gibt es Zweifel. Jetzt versucht sich die Justiz in Transparenz.
Das Material umfasst 54.000 Seiten: Rund ein Jahr nach der Entführung und dem mutmaßlichen Mord an 43 Studenten in Mexiko hat die Justiz die Ermittlungsunterlagen zu dem Fall im Internet veröffentlicht. Der Schritt solle zur Transparenz des Verfahrens beitragen und das Recht der Bürger auf Information garantieren, teilte die Generalstaatsanwaltschaft in Mexiko-Stadt mit.
Zahlreiche Stellen in den Unterlagen sind geschwärzt. "Das Amt für Datenschutz hat die Veröffentlichung überwacht, um die Privatsphäre, die Unschuldsvermutung und das Recht auf einen fairen Prozess zu garantieren", sagte Generalstaatsanwältin Arely Gómez.
Am 26. September 2014 hatten Polizisten die 43 jungen Männer in der Stadt Iguala im südwestlichen Bundesstaat Guerrero verschleppt und sie der kriminellen Organisation Guerreros Unidos übergeben. Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen hatte der Bürgermeister von Iguala den Polizeieinsatz angeordnet, um zu verhindern, dass die Studenten eine Rede seiner Ehefrau störten.
Bislang lautete die offizielle Version, Bandenmitglieder hätten die Studenten der linken Landuniversität Ayotzinapa danach getötet und ihre Leichen auf einer Müllkippe verbrannt. Offenbar hielten die Guerreros Unidos die jungen Männer für Mitglieder einer verfeindeten Bande.
Zweifel an den offiziellen Ermittlungsergebnissen
Zuletzt hatte eine von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission beauftragte Expertengruppe aber Zweifel an den offiziellen Ermittlungsergebnissen geäußert. Sie sah es unter anderem als unmöglich an, dass so viele Leichen in kurzer Zeit hätten verbrannt werden können.
Auch Mexikos Behörden bewerteten den Fall daraufhin neu. Die Studenten werden nun weiter als vermisst geführt. Ein internationales Team von Forensikern soll nun erneut prüfen, ob die Studenten tatsächlich auf der Müllkippe verbrannt wurden. Bisher erbrachte ein DNA-Abgleich der verkohlten Überreste nur eine eindeutige Übereinstimmung mit einem der vermissten Studenten. 60.000 weitere Knochenfragmente sollen noch untersucht werden.
Laut den nun veröffentlichten Dokumenten gibt es widersprüchliche Aussagen einiger der mehr als hundert Verdächtigen, die seither festgenommen wurden. Demnach sagte unter anderem ein Guerreros-Mitglied aus, dass 13 Studenten auf einen Hügel außerhalb von Iguala gebracht worden seien. Dort seien mindestens neun von ihnen getötet worden.
Die Angehörigen und Kommilitonen der Opfer hatten die offiziellen Ermittlungsergebnisse stets zurückgewiesen. Sie sehen in der Tat einen gezielten Angriff der staatlichen Sicherheitsbehörden auf die linke Landuniversität Ayotzinapa. Einige vermuten, dass das Militär die Studenten an einem geheimen Ort festhält.
Der Fall hat auch Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto in Bedrängnis gebracht. Zum Jahrestag des Verschwindens der Studenten vor rund zwei Wochen demonstrierten Tausende Menschen in Mexiko-Stadt. Sie forderten ein Ende der Straflosigkeit - der Fall der 43 Studenten sei nur einer von vielen. In Mexiko gelten 20.000 Menschen als vermisst.
wit/dpa/AFP
URL:
• http://www.spiegel.de/panorama/justiz/vermisste-studenten-mexiko-veroeffentlicht-ermittlungsergebnisse-a-1057414.html
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