Mittwoch, 19. August 2015

Jenaer Stadtrat fordert Sanktions-Pause bei Jenarbeit

Hartz IV: Strafe am Existenzminimum. Die Linksfraktion im Jenaer Stadtrat fordert ein Sanktionsmoratorium bei Jenarbeit. Die städtische Behörde soll vor­übergehend darauf verzichten, Hartz-IV-Empfängern die Leistungen zu kürzen, wenn diese nicht das tun, was die Behörde von ihnen verlangt. Die Linke verweist auf einen aktuellen Beschluss des Sozialgerichtes Gotha. Am 26. Mai 2015 hatte das Sozialgericht die Klage eines arbeitslosen Mannes aus Erfurt verhandelt, dessen Leistungen zunächst um 30 Prozent und dann um 60 Prozent gekürzt worden waren, weil er ein Arbeitsangebot und eine Probearbeit abgelehnt hatte. Die Richter bezweifeln, ob die den Geldkürzungen zugrunde gelegten Sanktionsregelungen des SGB II mit verfassungsmäßig garantierten Grundrechten in Einklang stehen und haben daher das Verfahren dem ­Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Die Menschenwürdegarantie verlange die Sicherstellung des Existenzminimums in jedem Einzelfall, so die Gothaer Richter. Linkspartei-Fraktionsvorsitzende Martina Flämmich-Winckler hatte das Sanktionsmoratorium bereits vor der Sommerpause als Antrag in den Jenaer Stadtrat eingebracht. Sie regt an, dass bei Jenarbeit bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts keine Sanktionen mehr verhängt werden. Derzeit werden bei Jenarbeit pro Monat etwa 80 Sanktionen gegen Leistungsempfänger erlassen. Nach Angaben von Jenarbeit-Statistiker Hans-Michael Lohs werden diese ­Sanktionen in den meisten Fällen wegen so genannter Meldeversäumnisse ausgesprochen, also wenn Termine in der Behörde nach Auffassung von Jenarbeit grundlos nicht wahrgenommen werden. Bei dieser häufigsten Sanktion werde der ausgezahlte Regelsatz um 10 Prozent gekürzt. Dies entspricht knapp 40 Euro monatlich weniger für drei Monate. Kürzungen um 30 oder 60 Prozent seien sehr selten. Der Kürzungsbetrag könne dann in Form von Warengutscheinen ausgezahlt werden, um das Existenzminimum zu sichern. Nach Auffassung von Hans-Michael Lohs hat Jenarbeit keine andere Möglichkeit, als diese Sanktionen anzuwenden, da sie Gesetz seien. Falls Stadträte mit der Regelung unzufrieden seien, müsste politischer Druck auf Bundesebene erfolgen, da dort die Gesetze gemacht werden. Etwa 5000 Jenaer bekommen derzeit von Jenarbeit Arbeitslosengeld II ausgezahlt. (Quelle: Thomas Beier / 19.08.15 / tlz.de)

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