Mittwoch, 19. August 2015

Die Lügen über die Killer

Nehemia Shtrasler Quelle: Tachles.ch vom 14. August 2015 Es geschah vor 20 Jahren, unmittelbar nach der Ermordung von 
Premierminister Itzhak Rabin. Die guten Beziehungen zwischen den Kibbuzim der Vereinigten Kibbuzbewegung und der Religiösen Kibbuzbewegung im Bet-Shean-Tal bröckelten ernsthaft ab. Säkulare Kibbuzleute, einige von ihnen persönliche Freunde Rabins, ertrugen die Stimmung des «Business as usual» mit den Trägern der gehäkelten Kippot nicht mehr. Um die Situation zu heilen, fand eine Konferenz aller Kibbuzim des Tales statt. Einer der Sprecher war Israel Harel, ein Anführer der Siedlerbewegung (und seit vielen Jahren nun regelmäßiger Kolumnist für «Haaretz»). Um die Ermordung herunterzuspielen und sich von den Siedlern zu distanzieren, nannte Harel den Mörder des Premierministers «wildwachsendes Unkraut». «Ihr als Bauern», sagte Harel, «wisst, dass das Unkraut am Rande des Feldes wächst.» Wie wenn er sagen wollte: Der Mörder stammt vom Rande, er repräsentiert uns nicht – die gemässigten und vernünftigen Siedler des Gush Emunim. Er ist vom Rande des Feldes. Doch dann sprach Zerubavel Arbel, ein Mitglied des Kibbuz Maoz Haim. Arbel war eines der ersten Mitglieder des Palmachs, der militärischen Streitkraft vor der Staatsgründung, ein Geheimdienstoffizier, der bis zu seinen letzten Tagen auf dem Feld arbeitete. Er sagte: «Junger Mann, ich weiss nicht, welche Art von Bauer du bist, doch ich bin Bauer seit 50 Jahren und ich sage dir, dass wildes Unkraut nicht am Rande des Feldes wächst, sondern direkt neben dem Bewässerungsventil.» Das sass! In einem Satz sagte Arbel alles – der Mörder kam nicht vom Rande her, sondern vom Zentrum der Aktion. Er studierte an der Bar-Ilan-Universität und stand den politischen Aktivisten in den Gebieten nahe, wo er die Unterstützung von Rabbinern genoss. Er war in der Nähe des Hauptventils, wo das Wasser reichlich floss. Auf diese Weise beschreiben rechtsgerichtete Sprecher auch heute noch die Mörder, Brandstifter, die Aufhetzer zum Pogrom und diejenigen, die Soldaten attackieren: eine «Handvoll» «marginale» «Unkräuter». Unlängst kritisierten sie mit unendlicher Heuchelei den Mord am 18 Monate alten Ali Dawah-sheh und an seinem 30-jährigen Vater. Gilad Erdan etwa, Minister für öffentliche Sicherheit, nannte die Mörder eine «marginale Anarchistengruppe, die einen Prozess des Extremismus durchmachte». Sie «machte durch» – aber wie? Ohne jede Anleitung und Erziehung? Ohne die tägliche Dehumanisierung der Palästinenser durch die Führer der Rechten? Erinnern Sie sich beispielsweise an die «mit Drogen vollgepumpten Schaben in einer Flasche» eines Rafael Eitan? Oder an die «Thora des Königs», das Buch über das jüdische Gesetz von den Rabbis der Siedlung Yitzhar? Es erläutert, wann es wünschenswert ist, Nichtjuden zu töten. Sind Sie vertraut mit der Organisation Lehava (Flamme) und deren Anführer Bentzi Gopstein, der kürzlich gesagt hat, Kirchen sollten verbrannt werden? Und wie kommt es, dass Rabbis von Talmudhochschulen in der Westbank sich weigern, Informa­tionen über die Rowdies der «Preisschilder»-
Attacken zu liefern und trotzdem weiter ihren Lohn vom Staat beziehen? Und wie ist es möglich, dass die Behörden nicht jeden verhaftet haben, der seine Hand gegen Soldaten erhoben und deren Autopneus durchstochen hat? All dies, Herr Erdan, fällt ins Kapitel, die Leute dazu zu erziehen, den Extremismus zu praktizieren, Verbrechen und Morde zu begehen. Auch Bildungsminister Naftali Bennett hat unlängst seinen Beitrag dazu geleistet, als er von einer «Handvoll», «wenigen Dutzend Anarchisten» sprach, die keine Verbindung zu seinem politischen Lager hätten. Wie aber verhält es sich mit Landwirtschaftsminister und Parteigenosse Uri Ariel, der in der Knesset zugab, der gleichen Handvoll Menschen Informationen über die Bewegung israelischer Truppen zugespielt zu haben, um die Räumung illegaler Außenposten zu verhindern? Im Zusammenhang mit ihren Behauptungen über die «Handvoll» Rechtsextremisten sagen diese, die Linke habe ihre «Handvoll» gefährlicher Extremisten. Stellen wir also eine partielle Liste der Angreifer und politischen Mörder der Rechten zusammen, von denen die meisten gehäkelte Kippot tragen. Da wäre der Rabin-Mörder, die Mörder des Jüdischen Untergrunds (15 verurteilte Männer aus der Siedler-Elite), Baruch Goldstein. Yona Avrushmi, der Untergrund der Extremisten-Siedlung Bat Ayin, Israel Lederman, Yehuda Richter, Danny Eisenman, Ami Popper, Eden Natan-Zada, Asher Vizgan, Jack Tytell, Yosef Ben-David und zwei Minderjährige, und die zwei, die das Baby auf grausamste Art ermordeten – sie verbrannten es. Warten wir nun geduldig darauf, dass Erdan, Bennet oder Harel uns eine Liste der Mörder der «Handvoll» Linken unterbreitet. Nehemia Shtrasler ist regelmässiger Kolumnist von «Haaretz».

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