Die Anzahl der Sanktionen gegen Berliner Hartz-IV-Empfänger ist deutlich angestiegen. Ausgerechnet die niedrige Arbeitslosenquote soll der Grund sein.
Pflicht-Verweigerern geht es dieses Jahr stärker an den Kragen: deutschlandweit – und in Berlin ganz besonders. Die Jobcenter haben wieder mehr Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger verhängt. Zugleich werden Bezieher staatlicher Unterstützung häufiger in Hostels untergebracht.
Die Anzahl der Strafmaßnahmen stieg zwischen Januar und April bundesweit um 11.091 auf 315.155, wie die jüngsten Statistiken der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigen. Dabei war sie erst im vergangenen Jahr im gleichen Zeitraum stark gesunken – von 346.570 (2015) auf 304.064 (2016).
Im Bundesländer-Vergleich sticht Berlin besonders hervor: In der Hauptstadt wurden Hartz-IV-Empfänger am zweithäufigsten bestraft, jeden Monat gut 10.000-mal. In den ersten vier Monaten dieses Jahres stieg die Anzahl in Berlin um rund 5.000 auf 47.020.
Nur in Nordrhein-Westfalen mussten die Jobcenter noch häufiger eingreifen (knapp 20.000 Mal/Monat).
Arbeitsvermittler haben mehr Kapazitäten
Der Hauptgrund: Die Betroffenen haben Termine vergessen. Dabei bietet die Arbeitsagentur seit ein paar Jahren sogar eine Terminerinnerung per SMS an. „Nur sehr wenige nehmen das Angebot an, warum auch immer“, sagt Andreas Ebeling von der BA-Regionaldirektion Berlin-Brandenburg zur B.Z.
Den Anstieg der Sanktionen erklärt er sich vor allem mit der gesunkenen Arbeitslosenzahl. „Dadurch werden wieder mehr Kapazitäten von Arbeitsvermittlern frei. Wenn es letztes Jahr für einen Vermittler beispielsweise nur möglich war, jemanden etwa vier- bis fünfmal im Jahr zu sehen, könnten es jetzt acht- oder neunmal sein.“
Heißt: Je intensiver ein Hartz-IV-Empfänger betreut wird, desto eher fallen Pflichtverletzungen wie verpasste Termine oder ausgeschlagene Jobs auf – und können sanktioniert werden. „Grundsätzlich brauchen wir die Möglichkeit, in schwierigeren Fällen Sanktionen aussprechen zu können.“
Union ist für Strafmaßnahmen, Grüne und Linke sind dagegen
Erst im Mai hatte die SPD das Thema wieder aufgerollt. Einige Sozialdemokraten forderten, die Strafen für junge Bezieher (unter 25) denen älterer anzupassen und sie nicht härter zu bestrafen, etwa durch schnelleres Streichen von Geldern für Bus- und Bahn-Tickets.
Grüne und Linke wollen die Strafen abschaffen: „Sanktionen führen die Betroffenen in eine noch brutalere Verarmung, als sie es mit Hartz IV jetzt schon sind“, so Katina Schubert (55) von der Berliner Links-Fraktion zur B.Z.. Die Union will die Strafregelung beibehalten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen