Mittwoch, 17. Dezember 2014
"Gehälter der Polizei bezahlt die Mafia"
Deutsche Welle v. 27.11.2014
von Astrid Prange
Mexiko kommt nicht zur Ruhe. Zwei Monate nach dem Massaker an 43 Studenten in Iguala steigt die Zahl der Gewalt-Opfer weiter. Für Menschenrechtler verdeutlichen die Massaker, wie viel Macht die Mafia inziwschen hat.
"Präsident Enrique Peña Nieto sollte keine Reformen ankündigen, sondern eine Wahrheitskommission für alle gewaltsam verschwundenen Mexikaner einrichten", fordert Ricardo Monreal Ávila, Abgeordneter für die Arbeiterpartei PT im mexikanischen Parlament und Koordinator der Parlamentarier-Gruppe für Bürgerrechte. "Nach unseren Informationen sind das zwischen 22.000 und 24.000 Opfer".
Mord am Frühstückstisch
Auch Mexikos Politiker werden vom Krieg der Kartelle nicht verschont, egal, welcher Partei sie angehören. So wurde am 22. September der Abgeordnete der Regierungspartei PRI, Gabriel Gómez Michel, auf dem Weg zum internationalen Flughafen von Guadalajara in seinem Auto erschossen. Wenige Tage später, am 28. September 2014, erschoss ein Killer den Generalsekretär der Oppositionspartei PAN, Braulio Zaragoza, beim Frühstück in einem Hotel in Acapulco.
"Mexiko befindet sich in seiner bisher größten Glaubwürdigkeitskrise. Die Familien leben in Angst und Schrecken", erklärte der Abgeordnete Anaya Llamas von der "Partido de Acción Nacional" bei einer Debatte im mexikanischen Parlament am 26. November. Viele Probleme hätten verhindert werden können, wenn staatliche Institutionen gefestigt wären und Menschenrechte vollständig geachtet würden, so Llamas.
Säuberung von Polizei und Parteien
Einen Tag vor der nationalen Ansprache von Mexikos Präsident Peña Nieto nutzte die Oppositionspartei den Plenarsaal des Parlaments, um ihr eigenes Sicherheitskonzept vorzustellen. Wichtigste Elemente: Einrichtung einer Anti-Korruptionseinheit in den Sicherheitskräften, Schaffung eines neuen Straftatbestandes der unrechtmäßigen Gewaltanwendung und Verlagerung der polizeilichen Ermittlung von der lokalen auf die nationale und bundesstaatliche Ebene.
Menschenrechtsbeauftragter Juan Manuel Gómez Robledo musste bei seinem Besuch in Berlin unangenehme Fragen beantworten
Der mexikanische Beauftragte für Menschenrechte zählte hingegen bei einem Besuch in Berlin die bisherigen Erfolge beim Kampf gegen das organisierte Verbrechen auf. Unter Präsident Peña Neto seien mächtige Kartelle und Drogenbosse an die USA ausgeliefert worden, erklärte Juan Manuel Gómez Robledo gegenüber der Presse. Außerdem sei die Anzahl der Bundespolizisten, die gut ausgebildet und bezahlt würden, von 6000 im Jahr 2006 auf 40.000 Mann gestiegen.
Blick zurück im Zorn
Politisch hat der Kampf gegen das organisierte Verbrechen eine verbale Schlammschlacht ausgelöst und vor allem der linksgerichteten Partei der Demokratischen Revolution (PRD) geschadet. Denn nicht nur der Bürgermeister der Stadt Iguala , wo sich das Massaker an den Studenten ereignete, war Mitglied der PRD. Auch der ehemalige Gouverneur des Bundesstaates Guerrero gehörte zu den Vorkämpfern der "demokratischen Revolution".
Die wachsende Unterwanderung der Partei hat nicht nur die Glaubwürdigkeit der PRD unterminiert. Sie hat auch zum Streit mit PRD-Gründer Cuauhtémoc Cárdenas geführt, der als moralisches Gewissen der Partei gilt. Der 80jährige Politiker und ehemalige Bürgermeister von Mexiko-Stadt verkündete am 26. November seinen "unwiderruflichen" Austritt aus der Partei und machte dabei die Führungsspitze mitverantwortlich für das Verschwinden der Studenten.
Für den mexikanischen Menschenrechtsanwalt Abel Barrera veranschaulichen die mutmaßlichen Massaker von Iguala und Cocula die Macht der Mafia: "Seit mehr als 20 Jahren finanzieren Kartelle die Wahlkampagne von Politikern", erklärte er jüngst bei einem Besuch in Berlin auf Einladung von Amnesty International gegenüber der DW. "Die Gehälter der Polizisten in Iguala sind von den 'Guerreros Unidos' bezahlt worden".
URL: http://www.dw.de/geh%C3%A4lter-der-polizei-bezahlt-die-mafia/a-18095761
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