Mittwoch, 17. Dezember 2014

Gipfel der Unverschämtheiten

Von Uli Brockmeyer Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek vom 18. November 2014 Das Treffen der Regierenden der selbsternannten 19 »führenden Industriestaaten« plus EU im australischen Brisbane hat gute Chancen, als eines der teuersten Gipfeltreffen der »G20« in die Geschichte einzugehen. Denn der Aufwand, die Staatenlenker samt Troß auf den fünften Kontinent zu transportieren, um dort buchstäblich herumzusitzen und ohne ein einziges greifbares Ergebnis wieder abzureisen, fällt schon ins Gewicht. Was hatten sie nicht alles versprochen, die Damen und Herren? Ein neuer Anschub für wirtschaftliches Wachstum sollte her, noch dazu für ein »sozial gerechtes«. Beim Klimaschutz wollte man vorankommen, gemeinsame Maßnahmen gegen Ebola beraten, Steuergerechtigkeit herbeiführen und die Finanzmärkte regulieren. Und ganz nebenbei sollten, wie immer bei derartigen Gelegenheiten, wie durch ein Wunder neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Und was ist herausgekommen nach dem Wochenende im australischen Sonnenschein? Absolut nichts. In nicht einem einzigen der aufgeführten Themen wurde auch nur ein konkreter Beschluß verkündet. Geradezu lächerlich ist es, wenn großmäulig erklärt wird, man werde ein Wachstum von 2,1 Prozent statt bisher 2 Prozent bis 2018 »anstreben«. Dem liegt keinerlei konkretes Programm zugrunde. Man weiß, daß am Ende des Jahres 2018 sich kein Mensch an dieses »Anstreben« erinnern wird, und falls doch, dann sind etliche der jetzigen Anstreber gar nicht mehr im Amt. Bei allen anderen Themen gab es am Schluß des Gipfels nicht einmal eine Andeutung einer Festlegung, sondern nichts als leere Worte. Selbst bei der Seuche Ebola, gegen die einige der in Brisbane anwesenden Chefs sogar schon ihre Truppen mobil gemacht haben, konnte oder wollte man sich trotz der eindringlichen Mahnungen des UNO-Generalsekretärs auf keinen Aktionsplan einigen. Ebenso spaßig ist der Vorschlag, den ausgerechnet Herr Juncker in seinem neuen Amt als EU-Kommissionschef in den Ring geworfen hat. Für mehr Steuergerechtigkeit sollten Informationen ausgetauscht werden. Natürlich wußte der alte Fuchs Juncker, daß es dazu Widerspruch geben würde, und deshalb konnte er es ohne Risiko wagen, sich als furchtloser Kämpfer gegen Steuervermeidung aufzuspielen. Man müßte lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Da die Chefs der kapitalistischen Hauptmächte genau wissen, daß sie keine Rezepte mehr gegen die weiter grassierende Krise aus dem Hut zaubern können, stürzten sie sich auf den anwesenden Bösewicht, nämlich Herrn Putin aus Moskau, den Kriegstreiber, den Aggressor… Da spielt es keine Rolle, daß alle größeren Kriege der letzten 25 Jahre von den USA und der NATO angezettelt, begonnen und geführt wurden. Um die neuen Lieblingskinder der westlichen Demokraten in Kiew zu hätscheln, zeigt man Putin den Stinkefinger. Zwar gibt es weiterhin keine Beweise für dessen angebliche Aggressivität, zwar sprechen die militärischen Aktivitäten und die Militärausgaben der NATO eine ganz andere Sprache, aber schon Hitlers Propagandachef Goebbels wußte, daß man eine Lüge nur oft genug wiederholen muß, damit sie geglaubt wird. Da paßt es doch, daß just am selben Wochenende der ukrainische Oligarchen-Präsident in Prag darüber schwadronierte, daß er keine Angst vor einem Krieg gegen Rußland habe und seine Armee auf einen »totalen Krieg« vorbereitet sei. Es wäre nicht das erste Mal, daß die Herrschenden den Ausweg aus einer großen Krise in einem großen Krieg suchen. Somit kann dieses Gipfel-Wochenende noch richtig teuer werden. Uli Brockmeyer, Dienstag 18. November 2014

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