Mittwoch, 17. Dezember 2014
Keine Sanktionen gegen Bedarfsgemeinschaften
Hartz IV-Sanktion eines Leistungsbezieher darf nicht den Rest der Bedarfsgemeinschaft treffen
04.12.2014
Verhängt das Jobcenter eine Sanktion wegen „mangelnder Arbeitsbereitschaft“ gegen einen heranwachsenden Hartz IV-Bezieher, dürfen die im Haushalt lebenden Eltern und Geschwister nicht von der Strafmaßnahme finanziell berührt werden. Das urteilte das Bundessozialgericht (BSG) am Dienstag in Kassel (Aktenzeichen: B 14 AS 50/13 R). Demnach müssen die Eltern jedoch das Kindergeld für den Sanktionierten zur Begleichung seines Anteils der Unterkunftskosten aufwenden.
Eltern haften bei Sanktionen nicht für ihre heranwachsenden Kinder
Im verhandelten Fall hatte das Jobcenter des Landkreises Anhalt-Bitterfeld eine Sanktion gegen einen heranwachsenden Harz IV-Bezieher verhängt, da dieser nach Ansicht der Behörde eine „mangelnde Arbeitsbereitschaft“ gezeigt hatte. Deshalb erhielt der junge Mann im Zeitraum vom 1. September bis 30. November 2008 keine Hartz IV-Leistungen, was auch die Streichung der Unterkunftskosten beinhaltete. Dies wirkte sich wiederum auf die Mutter und deren minderjährige Tochter aus, die mit dem jungen Mann in einem Haushalt lebten. Denn das Jobcenter berechnete die Unterkunftskosten nach „Köpfen“, so dass Mutter und Tochter nur noch zwei Drittel der Miet- und Nebenkosten erhielten. Den Anteil des Sohnes behielt die Behörde aufgrund der Sanktion ein. Das Jobcenter zahlte die Gesamtmiete lediglich für drei Wochen, in denen der junge Mann einen gerichtlich angeordneten Arrest ableistete. Für diese Zeit teilte die Behörde die gesamten Unterkunftskosten auf zwei Personen auf.
Da Mutter und Tochter die Miet- und Nebenkosten ohne den Anteil des Sohnes für den restlichen Zeitraum der Sanktion nicht aufbringen konnten, klagten sie. Das BSG kam im wesentlichen ebenfalls zu dem Urteil, dass die Familie nicht in der Lage ist, die Gesamtunterkunftskosten ohne den Sohn zu tragen. Anderenfalls wäre ihr Existenzminimum durch die Hartz IV-Leistungen nicht mehr gedeckt. Bereits im Mai 2013 urteilte das BSG in einem anderen Fall, dass Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft nicht für das Fehlverhalten eines Einzelnen mit bestraft werden dürfen (Urteil vom 23.05.2013, Aktenzeichen: B 4 AS 67/12 R). Die Unterkunftskosten seien zwar unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig auf alle Mitglieder des Haushalts aufzuteilen, jedoch könne sich der Bedarf für Miet- und Nebenkosten der anderen Personen durch die Sanktion gegen einen Einzelnen erhöhen, so die Kasseler Richter im aktuellen Fall.
Zudem wies das BSG darauf hin, dass der sanktionierte Hartz IV-Bezieher verpflichtet ist, sein Einkommen – sofern vorhanden – zur Deckung der Unterkunftskosten zu verwenden. Im Fall des jungen Mannes muss die Mutter deshalb das Kindergeld, das sie für ihn bezog, in Höhe von 154,00 Euro abzüglich einer Versicherungspauschale (30 Euro) für die Miet- und Nebenkosten einsetzen. Zuvor hatte sie das Geld an ihren Sohn weitergeleitet. (ag)
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