Mittwoch, 17. Dezember 2014
Tag des Zorns in Mexiko
Von Klaus Ehringfeld
Zigtausende fordern wegen verschleppter Studenten den Rücktritt des Präsidenten. Der Vorwurf der Korruption setzt den Staatschef zusätzlich unter Druck.
Mexiko findet sich nicht mit dem Verschwinden der 43 Studenten ab. Mehrere Zehntausend Menschen gingen am Donnerstagabend (Ortszeit) im ganzen Land gegen die Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto auf die Straße, dem sie Korruption und Unfähigkeit vorwerfen. Trotz eines weitgehend ruhigen Verlaufs kam es in Mexiko-Stadt im Laufe des Protesttages vereinzelt zu Zusammenstößen zwischen vermummten Demonstranten und Sicherheitskräften.
Alleine in der Hauptstadt protestierten mehr als 30 000 Menschen im Zentrum der Stadt auf dem Hauptplatz Zócalo vor dem Nationalpalast und forderten die Rückkehr der seit acht Wochen vermissten Studenten. Sie wurden am 26. September im Bundesstaat Guerrero im Südwesten des Landes von Polizisten und Schergen der organisierten Kriminalität verschleppt. Seither fehlt von ihnen jede Spur.
In der Hauptstadt wurde der Protestzug von Angehörigen der Studenten angeführt, viele schwenkten zum Zeichen ihrer Trauer geschwärzte Landesflaggen und hielten Bilder der verschwundenen 43 Studenten in die Höhe. Viele Demonstranten forderten den Rücktritt von Präsident Peña Nieto, dem sie vorwerfen, nicht genug zu tun, um das Schicksal der Studenten aufzuklären. Zugleich sieht sich der Staatschef in einer Korruptionsaffäre verstrickt, in der es um den Ankauf einer Sieben-Millionen-Dollar-Villa geht.
Der Protest am Donnerstag fiel mit dem Jahrestag des Beginns der Mexikanischen Revolution 1910 zusammen. Wegen der bevorstehenden Proteste sagte die Zentralregierung ihre jährliche Parade ab. Auch in Ciudad Juárez, Puebla und in Chilpancingo, der Hauptstadt von Guerrero gingen Tausende auf die Straßen. In europäischen und lateinamerikanischen Hauptstädten solidarisierten sich die Menschen mit den vermissten Studenten.
Demonstranten sprühen in Chilpancingo ein Bild von Präsident Enrique Pena Nieto an die Wand. Darunter steht: "Fuera Pena". Was soviel wie "Raus hier Pena" bedeutet. Foto: rtr
Am Rande der Massenkundgebungen kam es in der Hauptstadt zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. In der Nähe des Flughafens griffen Vermummte die Beamten mit Brandbomben und Feuerwerkskörpern an, viele von ihnen waren mit Eisenstangen und Knüppeln ausgerüstet. Die Polizei setzte Tränengas ein. Zuvor hatten Hunderte Protestierende die Hauptzufahrtsstraße des Flughafens für eine Stunde blockiert.
Auch zwei Monate nach dem Verschwinden der Studenten wollen die Angehörigen den Tod ihrer Kinder nicht akzeptieren. Sie werfen der Regierung von Peña Nieto vor, nicht genügend zu tun. Aufgeben wollen sie erst, wenn unabhängige Beweise wie DNA-Tests von Leichenteilen vorliegen. Angebliche sterbliche Überreste der jungen Menschen von einer Müllkippe werden gegenwärtig im gerichtsmedizinischen Institut in Salzburg analysiert.
Das Verschwinden der Studenten hat die Regierung in die größte Krise seit ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren gestürzt. Peña Nieto, der sein Land gerne als wirtschaftlich erfolgreich und aufstrebend darstellt, wird nun als Präsident eines Landes bezeichnet, in dem die Drogen-Mafia in weiten Teilen den Ton angeben kann und wo ohne Korruption nichts möglich ist.
Zeitgleich mit dem Skandal um die Studenten sieht sich der Staatschef Vorwürfen der Vorteilsnahme ausgesetzt. Er und seine Frau sollen sich eine Luxusvilla von einem Unternehmen bauen haben lassen, das auch für die Bundesregierung und zuvor für die Landesregierung im Bundesstaat Mexiko zahlreiche staatliche Aufträge erhalten hat.
URL: http://www.fr-online.de/politik/mexiko-tag-des-zorns-in-mexiko,1472596,29117208.html
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