Sonntag, 6. März 2016
Arbeitslosigkeit: Warten kann sich lohnen
"Jobs unterhalb der Qualifikation erleichtern Arbeitslosen zwar den
Zugang zum Arbeitsmarkt. Allerdings erweisen sie sich regelmäßig als
berufliche Sackgasse.
Historiker, die Taxi fahren, zugewanderte Ärztinnen mit Minijobs,
Facharbeiter in Hilfstätigkeiten: Dass Beschäftigte sich unter ihrem
Niveau verdingen, ist keine Seltenheit. Die Nachteile inadäquater
Beschäftigung sind hinreichend dokumentiert. Studien hätten gezeigt,
dass die Betroffenen mit niedrigeren Löhnen auskommen müssen, sich
seltener weiterbilden und weniger zufrieden mit ihrer beruflichen
Tätigkeit sind, so Jonas Voßemer und Bettina Schuck von den
Universitäten Bamberg und Heidelberg. Ungeklärt sei allerdings, wie
sich die Situation für Arbeitslose darstellt: Ist ein unterwertiger
Arbeitsplatz in jedem Fall besser als gar keiner? Oder lohnt es sich,
auf ein passendes Angebot zu warten? Die Soziologen sind dieser Frage
empirisch nachgegangen. Ihre Antwort fällt zweischneidig aus:
Einerseits erhöht es die langfristigen Beschäftigungschancen, wenn
Arbeitslose einen Job unter ihrer Qualifikation akzeptieren.
Andererseits verschlechtern sich die Aussichten auf eine angemessene
Stelle..." Zusammenfassung der Studie im Böckler Impuls 02/2016 (dort
auch der Link zur Studie)
http://www.boeckler.de/63397_63408.htm
Die Autoren haben die Abschaffung des Berufsschutzes durch die
Hartz-Gesetze sehr wohl wahrgenommen: "... Politische Maßnahmen wie
die Beschneidung von Transferzahlungen oder die Verschärfung von
Zumutbarkeitskriterien, die Arbeitslose zur Aufnahme unangemessener
Beschäftigung zwingen, könnten dauerhafte Diskrepanzen zwischen
Qualifikation und Job verursachen, die kostspielig sowohl für das
Individuum als auch die Gesellschaft sind, warnen Voßemer und Schuck."
(!)
Dazu ein Kommentar von Norbert Hermann (Bochum Prekär) vom 8.2.2016:
"Endlich: Sanktionsfrei neue Stelle ablehnen! Böckler bringt's:
Endlich wissenschaftlich erwiesen, was wir schon immer sagen: Jede
Scheiss-Arbeit für jedes kleine Geld anzunehmen schadet nicht nur uns
selbst, sondern allen. Die Spirale nach unten wird immer weiter
gedreht – wir drehen nicht mehr mit! Welches Jobcenter und welches
Gericht kann sich da noch wachen Geistes diesen Argumenten
verschliessen?"
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