Warten auf den Papst: Ein
kleiner Fan von Franziskus vor der Guadalupe-Basilika in
Mexiko-Stadt. Foto: rtr
Papst Franziskus kam, sah und kritisierte. Das
Oberhaupt der katholischen Kirche hat keine 24 Stunden gebraucht,
um bei seinem Besuch in Mexiko alle Probleme des Landes
anzusprechen und sowohl Klerus als auch Politik auf ihre
Versäumnisse aufmerksam zu machen. Gleich an seinem ersten von
sechs Besuchstagen geißelte der Pontifex am Samstag Korruption und
Gewalt in Mexiko und solidarisierte sich mit den Zehntausenden
Opfern des Drogenkriegs der vergangenen Jahre.
„Die Tränen sind nicht nutzlos“, sagte der 79
Jahre alte Jesuit bei seiner ersten großen Messe in der Basilika
von Mexiko-Stadt an die Angehörigen der Opfer gerichtet. „Gott
steht den Müttern, Vätern und Großeltern bei, die erleben müssen,
wie ihre Kinder von ihnen gehen, sich verlieren oder ihnen
entrissen werden.“
So begann der argentinische Papst also seinen
Besuch in Mexiko, wie es die konservative Elite des Klerus und die
Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto befürchtet hatten: mit
klaren Worten und harter Kritik an den Zuständen in einer der
größten Demokratien der Welt. Überraschend deutlich ging
Franziskus auch mit der konservativen mexikanischen
Bischofskonferenz ins Gericht. Mexiko brauche keine „Fürsten“,
sondern Botschafter des Herrn, sagte er während einer Rede vor 165
Bischöfen des Landes in Mexiko-Stadt. „Wenn Ihr kämpfen müsst,
dann kämpft“. Dies ist eine klare Botschaft an die Kirche des
Landes, stärker an der Seite der Armen, der Minderheiten und
Opfern der Gewalt zu stehen.
Besuch der Problemzonen
Zuvor war Franziskus als erstes Oberhaupt der
katholischen Kirche von Präsident Peña Nieto im Nationalplast
empfangen worden. Aber nach dem ersten Austausch von
Freundlichkeiten dürften Peña Nieto die Ohren geklungen haben.
Denn der Jesuit hielt eine ungewöhnlich politische Rede und wandte
sich vor allem gegen die endemische Korruption im Land. „Wenige zu
privilegieren, leistet der Bestechlichkeit Vorschub“, sagte
Franziskus und forderte die Mexikaner zu Ehrlichkeit auf.
Andernfalls verwandele sich das Gemeinschaftsleben in „fruchtbaren
Boden“ für Drogenhandel, den Ausschluss von anderen Kulturen,
Gewalt, Menschenhandel Entführung und Tod: „So entsteht Leiden und
so wird auch die Entwicklung gebremst“, betonte Franziskus.
Der Auftakt der Reise des Papstes entspricht der
Prophezeiung von Gian Maria Vian, dem Direktor von „L‚Osservatore
Romano“, der amtlichen Tageszeitung des Apostolischen Stuhls: „Der
Papst wird Klartext sprechen. Er hat zwölf selbst vorbereitete
Reden im Gepäck und er wird nicht enttäuschen,“ betonte Vian. Der
Papst hält sich bis Mittwoch in Mexiko auf und sein Besuch liest
sich wie eine Fahrt durch die Problemzonen des Landes: Er reist
noch in die von Gewalt oder Unterentwicklung gezeichneten
Bundesstaaten Michoacán und Chiapas und hält zum Abschluss eine
Messe in Ciudad Juárez, der von Migration, Drogenkartellen und
Frauenmorden geprägten Grenzstadt zu den USA.
Bereits am Freitag hatte der Papst sich mit
Kyrill, dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, getroffen.
Die zweistündige Zusammenkunft in Kubas Hauptstadt Havanna war die
erste seit der Kirchenspaltung im Jahr 1054. Beide Oberhäupter
vereinbarten, dringende Maßnahmen, um die zunehmende
Christenverfolgung im Nahen Osten zu stoppen. „Unsere Stimmen zu
erheben zur Verteidigung der verfolgten Christen, heißt auch, uns
mit den Anhängern anderen Religionen zu solidarisieren, die durch
Bürgerkrieg, Chaos und Terrorismus bedroht werden“, erklärten
Papst und Patriarch. Kyrill bezeichnete das Treffen mit Papst
Franziskus in Havanna anschließend als „sehr inhaltsreiche
Diskussion“, die als Basis für weitere Zusammenarbeit dient.
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