Dossier
Wikileaks – Demokratie statt Verrat: “Die Internet-Plattform Wikileaks wird zurzeit von allen Seiten angegriffen, von der Politik, von Medien und auch von Hackern, die vor Kurzem die Seite lahm gelegt haben. Kritiker geißeln Plattform-Gründer Julian Assange als Verräter und sehen unserer aller Sicherheit gefährdet. Dabei geht es nicht um Verrat, sondern um Angst – und Demokratie.” Ein Kommentar von Steffen Meyer vom 04.12.10 bei “Pflichtlektüre” – ein Ausbildungsprojekt des Instituts für Journalistik der Technischen Universität Dortmund, als einer der Beiträge zu Wikileaks im LabourNet-Archiv. Siehe auch unser Dossier: Prism: US-Überwachungsaffäre und der NSA-Whistleblower. In diesem Dossier hiergeht es um die Verfolgung von Julian Assange als Whistleblower. Siehe dazu:
- Julian Assange auch nach Haftende weiter im Gefängnis und Gericht blockiert vollständige Information
“Am kommenden Sonntag ist eigentlich die 50-wöchige Haftstrafe für Julian Assange zu Ende bzw. 50% davon sind abgesessen, und da kommen „normale“ Häftlinge im Vereinigten Königreich für gewöhnlich auf freien Fuß. Dass dem in seinem Fall nicht so ist, musste Julian Assange letzten Freitag per Videozuschaltung aus seinem Hochsicherheitsgefängnis erfahren. Am letzten Samstag veröffentlichte die italienische La Repubblica einen Artikel zu dem Gerichtsurteil des Obersten Tribunals in London, welches besagt, dass die Presse kein Recht auf vollen Zugang zu den Dokumenten im Fall Assange hat. Hiermit gibt es also zwei weitere fragwürdige Entscheidungen in diesem andauernden Justizskandal, in welchem die wahren Täter nicht belangt werden, während die Berichterstatter/innen über die (Kriegs)verbrechen mit Hilfe weiterer (Schreibtisch)gehilfen und Wegschauender in Isolationshaft gehalten werden. (…) Die sehr engagierte Aktivistin Emmy Butlin veröffentlichte am Montag ihren Aufruf, in der Sache Assange an das Westminster Magistrates Court zu schreiben. In dem Aufruf folgt dann, was sie selber an das Gericht geschrieben hat, nämlich, dass die derzeitigen Justizaktivitäten im Fall Assange sehr intransparent sind, weil der Öffentlichkeit manchmal erst nach Gerichtsterminen oder kurz vorher Bescheid gegeben wird oder, wie am 2. Mai geschehen und auch von den NachDenkSeiten berichtet, die normale Bevölkerung, außer hauptsächlich ausgesuchter Presse, keinen Zugang zum plötzlich in einen kleineren Saal umgezogenen Prozess hatte. Des Weiteren beschreibt Emmy ihre Frustration, dass in dem „archaischen“ Gericht weder Transkripte angefertigt werden, noch dass es Videoaufzeichnungen oder -übertragungen gibt, wie noch 2012 im Fall Assange geschehen. Somit ist es für die Öffentlichkeit unnötig schwer, in dieser Sache einen Überblick zu behalten bzw. überhaupt zu bekommen…” Zusammenfassung des aktuellen Stands der Behandlung von Assange von Moritz Müller vom 20. September 2019 bei den NachDenkSeiten
- US-Justizministerium sucht mit allen Mitteln, Assange wegen Spionage anzuklagen
“… Während Manning weiter erpresst wird und jetzt pro Tag 1000 US-Dollar Strafe zahlen soll, die sie in Beugehaft verbringt, scheint die Staatsanwaltschaft nun zu glauben, dass sie ihren Willen nicht brechen kann, unter dem Druck Belastendes gegen Assange zu sagen oder zu erfinden. Daher wurde nun wahrscheinlich auch der Stratfor-Hacker Jeremy Hammond zur Vernehmung vor einer Grand Jury in Virginia gegen seinen Willen nach Virginia verlegt. Es dürfte dieselbe Grand Jury sein, die auch Mannings Widerstand zu brechen sucht. (…) Hammond sitzt weiter seine Gefängnisstrafe ab, ein gutes Opfer, um mit ihm einen Deal zu machen. Eigentlich hätte er gute Chancen gehabt, schon Ende des Jahres freizukommen, aber genau das dürfte nun zum Druckmittel werden. Er wurde bereits nach Virginia verlegt, um dort vor der Grand Jury vernommen zu werden. Natürlich wieder geheim, was der Grund ist, warum Manning sich weigert, dort auszusagen. (…) Das US-Justizministerium kann sich ziemlich sicher sein, dass das eng verbündete Großbritannien, auch ein Five-Eyes-Mitglied, aus politischen Gründen, die mit dem Brexit noch stärker wurden, Assange ausliefern werden – es sei denn, dass die Brexit-Gegner eine Kehrtwende einleiten. Obgleich Donald Trump von den WikiLeaks-Veröffentlichungen profitiert hat, scheint seine Regierung nun deutlich härter als die Obama-Regierung gegen Assange vorzugehen. Ob das Trumps Wille ist, muss dahingestellt bleiben, es ist für den Kämpfer gegen die Medien wohl nicht wichtig genug. Man muss bei all den Anstrengungen des Justizapparats vermuten, dass an Assange ein Exempel statuiert werden soll, um alle abzuschrecken, zu Whistleblowers über Themen zu werden, die die nationale Sicherheit bzw. die von der Regierung als erklärte nationale Interessen gehen. Mit einer lebenslänglichen Verurteilung von Assange oder gar der Todesstrafe würde man auch die Pressefreiheit bedrohen und einschränken, weil dann jeder riskieren müsste, dasselbe Schicksal zu erleiden…” Artikel von Florian Rötzer vom 05. September 2019 bei telepolis
- Gerichtsurteil: WikiLeaks ist durch den Ersten Verfassungszusatz geschützt
“Die Demokraten scheitern mit einer Klage gegen Assange und der Trump-Kampagne wegen einer angeblichen Verschwörung, gehackte Dokumente zu Ungunsten von Hilary Clinton verbreitet zu haben
Julian Assange (47), der Mitbegründer von WikiLeaks, sitzt seit der Festnahme im April noch immer isoliert im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Ihm droht weiterhin die Auslieferung an die USA, wo man ihn als Spion anklagen und lebenslang wegsperren will. Ob Großbritannien ihn ausliefern wird, ist noch nicht entschieden, man muss es vermuten, zumal wenn der Brexit erfolgt und die britische Regierung noch näher an die USA heranrücken wird, um wieder zum Pudel der USA zu werden. Das Verfahren soll nächstes Jahr im Februar stattfinden – genügend Abstand zum Brexit. Assange ist krank, wie im Mai bekannt wurde, als seine Anwälte erklärten, dass er nicht an einer Vernehmung der schwedischen Staatsanwaltschaft mittels einer Videokonferenz teilnehmen könne und in die Krankenabteilung des Gefängnisses verlegt wurde. Sein Anwalt Per Samuelson sagte, er sei nicht imstande, ein normales Gespräch zu führen. Schon während seines siebenjährigen Aufenthalts in der ecuadorianischen Botschaft ging es ihm gesundheitlich immer schlechter. Genutzt hat auch nichts, dass Nils Melzer, der Sonderberichterstatter des Hochkommissariats für Menschenrechte bei den Vereinten Nationen, der Assange mit zwei Medizinern am 9. Mai im Gefängnis besucht hatte, in der am 31. Mail 2019 bekannt gegebenen Beurteilung zum Schluss kam, dass seine Einsperrung als “psychologischen Folter” gelten müsse. (…) Auszuschließen sei nicht, schreibt Melzer, dass nicht noch weitere Anklagen erfolgen könnten, beispielsweise nach der Auslieferung, um ihn doch noch mit der Todesstrafe zu liquidieren. Nachdem die USA auch Foltervorwürfen nicht nachgegangen seien, gebe es auch Sorgen, dass Assange Folter ausgesetzt werde könnte. Melzer hatte einen entsprechenden Brief an die amerikanische, britische, ecuadorianische und die schwedische Regierung geschickt. Ende Juli kamen die Antworten, die Regierungen (Schweden, USA) hatten nichts zu beanstanden und geht alles seinen Rechtsweg. (…) In den USA wurde Assange gerade vom Bezirksgericht des Southern District of New York von Vorwürfen entlastet. 2018 hatte das Democratic National Committee (DNC) eine Klage gegen Donald Trump und einige Wahlkampfhelfer, Russland und Assange/WikiLeaks eingereicht. Russland wird vorgeworfen, in Computer der Demokraten gehackt und die gestohlenen Emails vor allem über WikiLeaks veröffentlicht zu haben, was Hilary Clinton geschadet habe. Vermutet worden war, dass Assange dabei mit den russischen Hackern konspiriert haben könnte und dass das Trump-Wahlkampfteam, vielleicht auch Trump selbst, damit mit im Spiel waren oder vorab davon wussten. Richter John G. Koeltl, der seiner Zeit von Bill Clinton berufen worden war, kam in seinem Urteil zu dem Schluss, dass die primären Täter “unzweifelhaft” die Russische Föderation gewesen sei. Zahlreiche gestohlene Informationen seien aber nicht weitergegeben werden…” Artikel von Florian Rötzer vom 03. September 2019 bei telepolis
- »Vergesst ihn nicht«. Ein Aufruf zur internationalen Solidarität mit Julian Assange
“Vergesst Julian Assange nicht. Sonst verliert ihr ihn – mit diesem dramatischen Appell hat sich der australische Journalist John Pilger am 7. August nach einem Besuch des Wikileaks-Mitbegründers im Hochsicherheitsknast in London per Twitter zu Wort gemeldet. »Ich habe ihn im Belmarsh-Gefängnis gesehen, und sein Gesundheitszustand hat sich verschlechtert. Er wird schlimmer behandelt als ein Mörder, er ist isoliert, steht unter Einfluss von Medikamenten, und man enthält ihm das Werkzeug vor, mit dem er die falschen Anklagen in Verbindung mit der Auslieferung an die USA abwehren könnte. Ich bange um sein Leben. Vergesst ihn nicht.« In weiteren Beiträgen präzisierte der international bekannte Publizist die Vorwürfe. Assange habe keine ausreichende Bewegung, keinen Zugang zur Gefängnisbibliothek und keinen Laptop. Selbst Anrufe bei seinen US-Anwälten würden ihm von den britischen Behörden verweigert. (…) Auf nur gut 60 Seiten hebt Bröckers die immense Bedeutung von Wikileaks für den investigativen Journalismus hervor, er skizziert die Geschichte und wichtigsten Enthüllungen der Plattform sowie seit Jahren anhaltenden Verfolgungsdruck gegen deren Gründer. Die australische Bloggerin Caitlin Johnstone macht sich im zweiten Teil des Buches an »die Wiederlegung sämtlicher Verleumdungen Julian Assanges«, etwa die Behauptungen, er sei ein Vergewaltiger, ein russischer Agent oder Trump-Fan…” Rezension von Rüdiger Göbel in der jungen Welt vom 29.08.2019 von Mathias Bröckers: Freiheit für Julian Assange. Don’t kill the messenger! Mit einem Beitrag von Caitlin Johnstone, Westend-Verlag, Frankfurt am Main 2019, 128 Seiten, 8 Euro
- Es klemmt – Kampagne gegen Julian Assange: UN-Sonderberichterstatter beklagt »psychologische Folter«. Solidaritätsbewegung stockt
“Am 16. August jährte sich der Tag, an dem Ecuador Julian Assange 2012 Asyl gewährte. (…) Nils Melzer, der Sonderberichterstatter der UN in Sachen Folter, besuchte Assange (…) im Mai und macht sich seitdem ernsthaft Sorgen um die Gesundheit des Inhaftierten. In einem Bericht informierte er die Vereinten Nationen über die Situation. Melzer spricht darin von »psychologischer Folter«, der Assange seit Jahren ausgesetzt sei. (… ) Doch die internationalen Medien ignorieren das Thema mittlerweile fast flächendeckend. »Während im Westen Dissidenten aus China, der Türkei oder Russland wie Maskottchen verehrt werden, klemmt vielen westlichen Intellektuellen plötzlich die Tastatur, wenn es um Publizisten wie Julian Assange geht«, beklagte am Freitag der polnische Jurist und Publizist Milosz Matuschek in einem Kommentar für den Deutschlandfunk Kultur. »Wo bleibt der Aufschrei für Assange?« (…) Sollte der Australier Assange tatsächlich vor ein US-amerikanisches Gericht gestellt werden, würde das bedeuten, »dass jeder Journalist, der wahrheitsgemäß Informationen ans Licht bringt und veröffentlicht, in die USA zur Strafverfolgung ausgeliefert werden kann«, heißt es in einer Petition, die im Mai auf der Internetseite »Change.org« gestartet wurde. (…) Die Resonanz auf die Petition ist nicht gerade überwältigend. Im Moment haben 331.000 Leute unterschrieben. Dreimal so viele wollen ein traditionelles Hundefleischfestival in China verhindern. Die Welt hat anscheinend wichtigere Probleme als einen verfolgten Journalisten. Auch ein Indikator: Die immer gut informierte Unterstützerseite »#Unity4J« hat bei Twitter nur rund 12.000 Follower. Zum Vergleich: Cristiano Ronaldo freut sich über 79 Millionen. Deshalb bekam vermutlich auch kaum jemand mit, dass Twitter im Juli »#Unity4J« blockierte. »Twitter nannte uns keinen Grund«, erklärten die Betreiber auf Facebook. Es habe auch keine Warnung gegeben. Eine Woche später revidierte Twitter die Entscheidung. Es ist nicht das erste Mal, dass die Plattform die Solibewegung behindert. Im März traf der Bannstrahl bereits zeitweise die Mutter des Whistleblowers.” Kommentar von Gerrit Hoekman bei der jungen Welt vom 22. August 2019 , siehe auch:- Mahnwachen für Julian Assange nötiger denn je und auch Chelsea Manning weiterhin in Haft“… Die Leute, die hinter der momentanen Einkerkerung von Julian Assange stecken bzw. diese weiter aufrechterhalten, kann man leider eigentlich nicht integer nennen. Es handelt sich hier z.B. um den britischen Premierminister Boris Johnson, den ehemaligen Außenminister Jeremy Hunt, dessen Kampagne für den Tory-Vorsitz von einem engen Vertrauten des saudischen Journalistenfreunds Bin Salman finanziert wurde, und den ehemaligen Innenminister Sajid Javid, der in vorauseilendem Gehorsam Julian Assange mehrmals öffentlich vorverurteilte. Auch die Richterin, die mit dem Auslieferungsgesuch der USA befasst ist, könnte man laut diesem Artikel als befangen bezeichnen. Die US-Politiker bzw. -Maschinerie, die hinter dieser ganzen Sache zu stecken scheinen und die in den USA dafür sorgen, dass Chelsea Manning weiter in Beugehaft bleibt, mit dem Ziel einer Aussage gegen Julian Assange, ist Teil dieser unheilvollen Allianz. Zu erwähnen sind auch die schwedischen Behörden, die nun nach Jahren der Voruntersuchungen und Verlautbarungen, nach der Verhaftung von Julian Assange auch sehr laut, nun da sie ihn im britischen Hochsicherheitsgefängnis auf dem Präsentierteller haben, ihr Interesse an ihm nunmehr anscheinend verloren haben. (…) Was uns Bürgern bleibt, wenn wir nicht wollen, dass an Julian Assange ein Exempel statuiert wird, ist unser persönlicher Einsatz. Laden Sie sich den Artikel von Herrn Melzer als PDF herunter und verteilen Sie ihn als Flugblatt. Oder man geht auf die Mahnwache morgen in Düsseldorf (…) Von dieser Möglichkeit werde ich Gebrauch machen und es gibt noch die weiteren Mahnwachen in Berlin, jeden Mittwoch von 19:00-21:00, auf dem Pariser Platz vor der US-Botschaft…” Beitrag von Moritz Müller 23. August 2019 bei den NachDenkSeiten
- Die Causa Julian Assange: Ist die westliche Wertegemeinschaft von allen guten Geistern verlassen?
“Der Fall Assange ist ein Kristallisationspunkt für die Dekadenz der Demokratie (…) In der echten Demokratie ist jeder Bürger ein Fürst, auch und gerade der Dissident. Der Bürger hat als Souverän die Entscheidungsmacht. Entscheidungen kann er jedoch nur auf Basis von wahren Informationen treffen. Werden ihm diese vorenthalten, verwandelt sich Demokratie in eine Plutokratie und der Bürger in ein unter Kuratel stehendes Kind, einen Untertan mit Konsumrecht. Der Staat darf Feinde belügen, nicht aber den eigenen Bürger – ausser, er betrachtet ihn als Feind. Man mag von Assange und seinen Methoden halten, was man will: Er ist zum Paria unserer Zeit geworden, ein Aussätziger, bei dessen Verteidigung man sich als Journalist nur die Finger schmutzig machen kann. Und doch: Assange, der auch auf fragwürdige Verbündete setzt, verkörpert den Anspruch eines jeden Bürgers auf ungefilterte, echte Information, die heute zur Mangelware geworden ist. (…) Der Fall Assange bringt die Krise der westlichen Wertegemeinschaft nicht nur ans Licht, sondern stellt die Frage, ob es diese Wertegemeinschaft überhaupt noch gibt. Wo bleibt der Aufschrei? Vermutlich meinte Dante uns, als er schrieb: «Der heisseste Platz der Hölle ist für jene bestimmt, die in Zeiten der Krise neutral bleiben.»” Kolumne von Milosz Matuschek vom 23. Juli 2019 bei der Neuen Züricher Zeitung online
- Präzedenzfall WikiLeaks
“… Der Sonderberichterstatter des Hochkommissariats für Menschenrechte bei den Vereinten Nationen, der Schweizer Nils Melzer, der zusammen mit zwei medizinischen Experten Julian Assange im Gefängnis besuchen konnte, hatte in seinem Gutachten am 31. Mai 2019 von der massiven “psychologischen Folter” gesprochen, der Assange seit Jahren ausgesetzt werde und ein sofortiges Ende der “kollektiven Verfolgung” des Wikileaks-Gründers gefordert. “In 20 Jahren Arbeit mit Opfern von Krieg, Gewalt und politischer Verfolgung”, so Nils Melzer, “habe ich noch nie erlebt, dass sich eine Gruppe demokratischer Staaten zusammenschließt, um ein einzelnes Individuum so lange Zeit und unter so geringer Berücksichtigung der Menschenwürde und der Rechtsstaatlichkeit bewusst zu isolieren, zu verteufeln und zu missbrauchen”. Klarer und deutlicher als in dem Statement des UN-Folterexperten kann man kaum benennen, welchem menschenunwürdigen Unrecht Julian Assange seit Jahren ausgesetzt ist, doch abgesehen von einigen alternativen Medien erregten diese Anklagen kein größeres Aufsehen. Sie verschwanden sofort wieder aus den Nachrichten und der britische Außenminister Jeremy Hunt verbat sich die “hetzerischen Anschuldigungen” des UN-Berichterstatters. Zur Klarstellung seiner Position und seiner Argumente hatte Nils Melzer dann im Juni einen Artikel verfasst und ihn dem Guardian, der Times, der Financial Times, dem Sydney Morning Herald, dem Australian, der Canberra Times, dem Telegraph, der New York Times, der Washington Post, der Thomson Reuters Foundation und Newsweek zur Veröffentlichung angeboten. Keine dieser Zeitungen wollte ihn veröffentlichen und er erschien dann online auf medium.com (Demasking the Torture of Julian Assange). (…) Und wenn wir uns vorstellen, was im hiesigen “Werte”-Westen multimedial los wäre, wenn mit einem Journalisten in Russland oder China, der Kriegsverbrechen und Korruption der Regierungen öffentlich gemacht hat, nur ansatzweise so umgegangen würde wie mit Julian Assange, dann wird deutlich, wie schändlich und niederträchtig dieses Schweigen ist…” Beitrag von Mathias Bröckers vom 1. Juli 2019 bei Telepolis
- Bahn frei für Repression.Die Jagd auf Julian Assange markiert eine Zeitenwende: Journalisten werden auch im »liberalen« Westen zum Feind erklärt. Mit allen Konsequenzen
“… Diese Vorgänge sind bezeichnend für die sich nicht nur in den USA verschärfende Verfolgung von allen, die öffentlich die gesellschaftlichen Verhältnisse kritisieren. Verfemt und verfolgt wird, wer in Medien berichtet, was Realität ist und Dokumente über kriminelle Machenschaften von Behörden und Unternehmen veröffentlicht. Im Brennpunkt dieser weltweiten Auseinandersetzung steht weiterhin der Wikileaks-Gründer Julian Assange. (…) Inzwischen haben sogar bürgerliche Zeitungen erkannt, dass es künftig auch ihnen an den Kragen gehen könnte. Darunter auch der britische Guardian und die New York Times (NYT), die zwar Wikileaks-Dokumente für ihre Zwecke nutzten, sich aber gleichzeitig nicht scheuten, »Fake News« über Assange zu kolportieren und ihm den Status als Journalist abzusprechen. Eine veränderte Haltung zeigen aktuelle Äußerungen von James Goo da le, dem ehemaligen Chefsyndikus der NYT. Sollte die US-Regierung mit ihrer Verfolgung von Assange Erfolg haben, bedeute dies, »dass der Prozess des Sammelns von Fakten zur Berichterstattung in der Presse unter Strafe gestellt wird«, warnte Goodale. (…)Der Präzedenzfall Assange sei »anders als alles, was wir erlebt haben«. Die USA wollten ihn nicht nur wegen der Enthüllungen in die Hände bekommen, sondern »weil er seine Quelle schützt«...” Artikel von Jürgen Heiser in der jungen Welt vom 27.06.2019
- Assange festgenommen – US-Auslieferungsantrag liegt vor / Pressefreiheit gilt auch für Assange
“Assange lebte in der ecuadorianischen Botschaft in London, um seiner Auslieferung in die USA zu entgehen. Nun ist klar, seine Sorge war nicht unbegründet. Wikileaks-Gründer Julian Assange ist nach fast sieben Jahren Asyl in der Londoner Botschaft Ecuadors festgenommen worden. Die US-Justiz hatte einen Auslieferungsantrag für den Enthüllungsaktivisten gestellt, wie die britische Polizei bestätigte…” Meldung vom 11.04.2019 beim ZDF – siehe auch:- Großbritannien lässt US-Auslieferungsersuchen für Assange zu
“Die Entscheidung über die Auslieferung liegt nun bei der Justiz, bei der nächsten Anhörung soll Julian Assange per Videoschalte aus dem Gefängnis teilnehmen. (…) Assanges Anwälte bestätigten, dass dieses Vorgehen des Justizminsters ein normaler Vorgang in dem laufenden Prozess sei. An diesem Freitag soll die nächste Anhörung in dem Fall stattfinden. Erwartet wird, dass Assange daran per Videoschalte aus dem Gefängnis teilnehmen wird. Mit einer Entscheidung wird aber noch nicht gerechnet…” Beitrag von Jürgen Kuri vom 13.6.2019 bei heise news - Julian Assange zu krank für Gerichtstermin
“Julian Assange konnte den gestrigen Gerichtstermin, an dem er per Video teilnehmen sollte, nicht wahrnehmen, denn er ist in den letzten Tagen in den Krankenhaustrakt des Belmarsh-Gefängnisses verlegt worden. Es ist nicht ganz klar, wann dies geschah, denn die Nachrichten hierzu sickerten nur tröpfchenweise an die Öffentlichkeit, und wurden zuerst nur in wenigen skandinavischen Zeitungen kolportiert. Assanges schwedischer Rechtsanwalt Per Samuelson sagte, dass er seinen Mandanten letzten Freitag in Belmarsh getroffen habe und dieser zu schwach gewesen sei, um eine sinnvolle Unterhaltung zu führen. Die daraufhin beantragte Verlegung eines Gerichtstermins in Uppsala, über eine Auslieferung an Schweden am 3. Juni wurde von den schwedischen Behörden abgelehnt. (…) Ein pikantes Detail hierzu ist auch, dass die relevanten juristischen Dokumente noch nicht in englischer Sprache an Julian Assange übermittelt worden sind und dies wohl auch erst am 10. geschehen soll. Die stellvertretende schwedische Generalstaatsanwältin Eva-Marie Persson sagte in der Upsala Nya Tidning, Julian Assange müsse nur den Inhalt des Haftbefehls kennen, aber man müsse ihm keine Fassung übermitteln, die er lesen könne. (…) Derweil wurde die gestrige Verhandlung in London auf den 12. Juni vertagt. Den Worten der Richterin zufolge vielleicht sogar in das Belmarsh-Gefängnis, da dies bequemer für alle Beteiligten sei. Hiermit meint sie wahrscheinlich vor allem Julian Assanges Gesundheitszustand, der den Berichten zufolge wohl besorgniserregend ist. Seinem englischen Rechtsanwalt Gareth Peirce zufolge hat Julian Assange erheblich an Gewicht verloren, seit er in den letzten sieben Wochen in Belmarsh einsitzt…” Beitrag von Moritz Müller vom 31. Mai 2019 bei den NachDenkSeiten - Spionageanklage gegen Assange: US-Justiz verschärft Anklage gegen Wikileaks-Gründer / Haftstrafe bis an das Lebensende droht
“Die US-Justiz hat Wikileaks-Gründer Julian Assange wegen Spionage angeklagt. Dem derzeit in Großbritannien inhaftierten 47-Jährigen droht damit im Fall seiner Auslieferung eine Haftstrafe bis an sein Lebensende. In der am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlichten 37-seitigen Anklageschrift heißt es, Assange habe auf seiner Plattform Geheimdokumente veröffentlicht und mögliche Informanten aufgefordert, Dokumente zu stehlen. Medienverbände in den USA äußerten sich entsetzt. Die Anklage sei ein furchterregender Angriff auf die Pressefreiheit, erklärte die in San Francisco ansässige »Stiftung für Pressefreiheit«. Die Regierung von Präsident Donald Trump wolle Journalismus zu Fragen der nationalen Sicherheit kriminalisieren. Letztendlich könnten Dutzende Reporter der »New York Times«, »Washington Post« und anderer Medien in Gefahr geraten…” Meldung vom 24.05.2019 beim ND online - Julian Assange bekommt fast die Höchststrafe für Verstoß gegen die Kautionsauflagen in einer Sache, in der nie Anklage erhoben wurde.
“Ein Richterin in London hat Julian Assange gestern zu 50 Wochen Haft verurteilt – dafür, dass er sich der Auslieferung nach Schweden entzogen hat und im Juli 2012 in die Londoner Botschaft von Ecuador geflüchtet war. (…) Als die Nachricht von der Verurteilung zur in diesem Falle möglichen Maximalstrafe nach draußen dringt, macht sich doch Verwunderung breit bzw. es herrscht Ernüchterung, dass das Gericht in diesem Fall überhaupt keine mildernden Umstände in Betracht gezogen hat. So äußert sich zumindest kurze Zeit später Julian Assanges Rechtsanwältin Jennifer Robinson. Es seien weder die fast sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft, die eine UN-Arbeitsgruppe 2016 als willkürliche Inhaftierung bezeichnet hat, noch der schlechte Gesundheitszustand von Assange in die Höhe des Urteils eingeflossen. Dem Wikileaks-Sprecher Kristinn Hrafnsson zufolge machte sich die Richterin Deborah Taylor im Gerichtssaal sogar über die UN lustig und gab zu erkennen, dass die UN für sie in diesem Falle keine Rolle spiele. Hrafnsson zeigt sich hierüber und über die generelle Attitüde des Gerichts ehrlich schockiert und lässt durchscheinen, dass sein Vertrauen in die britische Justiz weiter abgenommen hat. Auf die Frage, was zu tun sei, antwortet er, dass es an jedem Einzelnen läge, in diesem Fall aktiv zu bleiben, weil hier fundamentale Prinzipien der Pressefreiheit und Freiheit eines jeden Menschen berührt würden. Auf den gesundheitlichen Zustand von Julian Assange befragt, antwortet Jennifer Robinson, dass sie tief besorgt sei, und die Jahre in der Botschaft nicht spurlos an ihm vorbeigegangen sind; genau wie die letzten drei Wochen im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, wo er zusammen mit verurteilten Schwerverbrechern einsitzt. Im Volksmund wird Belmarsh auch das Guantanamo Englands genannt…” Bericht aus London von Moritz Müller vom 2. Mai 2019 bei den NachDenkSeiten - Siehe für aktuelle Proteste Diem25 , auf die auch das Whislerblower-Netzwerk hinweist…
- Assange kann nach US-Antispionagegesetz hingerichtet werden. Neue Details über lange geheime Anklageschrift der USA. Proteste gegen Inhaftierung in Großbritannien
“Die USA werfen dem Publizisten und Mitbegründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, Julian Assange, Hacking vor. Die Anklage der US-Behörden gegen den 47-Jährigen lautet aber auch “Erhalt und Verbreitung geheimer Informationen”. Das geht aus einem Brief des US-Justizministeriums hervor, den zuerst das Onlineportal netzpolitik.org veröffentlichte. (…) Dieser Vorwurf kann nach dem Espionage Act von 1917 zur Anklage führen. Die Höchststrafe für Verurteilungen nach dem Espionage Act ist die Todesstrafe. (…) Assange sitzt im berüchtigten Belmarsh-Gefängnis im Südosten von London ein, das in der Presse in Anspielung auf das US-Gefangenenlager auf Kuba mehrfach als “britisches Guantánamo Bay” bezeichnet wurde. Die Besuchsregeln in der Haftanstalt sind äußerst strikt. Assange darf nach vorheriger Anmeldung nur dienstags für wenige Stunden Besuch empfangen. Die drohende Auslieferung an die USA sorgt indes weiter für Proteste. Führende lateinamerikanische Politiker, Aktivisten und Intellektuelle haben in einer gemeinsamen Erklärung ihre Solidarität mit Assange bekräftigt. Sie wandten sich zugleich gegen eine Auslieferung an die USA, wo dem Mitbegründer von WikiLeaks eine langjährige Haftstrafe oder gar die Todesstrafe droht. Die USA wollen Assanges habhaft werden, weil er Dokumente über Kriegsverbrechen von US-Truppen im Irak und in Afghanistan publik gemacht hat. (…) Der US-Ökonom und Whistleblower Daniel Ellsberg bezeichnete den 11. April indes als “keinen guten Tag für die (US-)amerikanische Presse oder für die (US-)amerikanische Demokratie”. Vor 48 Jahren sei er als erste journalistische Quelle in den USA angeklagt worden. “Seitdem gab es vielleicht ein Dutzend Anklagen, neun davon unter Präsident (Barack) Obama.” Aber Julian Assange sei der erste Journalist, der angeklagt wurde. “Wenn er in die USA ausgeliefert und verurteilt wird, wird er nicht der Letzte sein”, so Ellsbergs Prognose.” Beitrag von Harald Neuber vom 26. April bei Telepolis - WikiLeaks: USA ermitteln gegen Assange wegen Verbreitung geheimer Informationen
“Die USA werfen Julian Assange offiziell Hacking vor, eine Straftat wie gemacht für eine Auslieferung. Die Behörden ermitteln aber auch wegen „Erhalt und Verbreitung geheimer Informationen“, darauf droht die Todesstrafe. (…) Nur einen Tag nach Verfassen der Anklageschrift gab die US-Staatsanwaltschaft zu, auch wegen „unerlaubten Erhalts und der Verbreitung geheimer Informationen“ zu ermitteln. Das schreibt das US-Justizministerium in einem Brief an die Anwälte des ehemaligen WikiLeaks-Sprechers Daniel Domscheit-Berg, den wir in Volltext veröffentlichen. (…) Mit Briefkopf vom US-Justizministerium bittet die Staatsanwältin um eine „freiwillige Vernehmung“ des Deutschen, und zwar „über mögliche Rechtsverstöße gegen Bundesstrafgesetze der Vereinigten Staaten hinsichtlich des unerlaubten Erhalts und der Verbreitung geheimer Informationen“ – ein drastischer Vorwurf nach dem Espionage Act. Die Staatsanwältin stellt Domscheit-Berg einige Bedingungen. Er soll alle Fragen der Ermittler beantworten, die USA dürfen alle Aussagen für andere Verfahren und ein Kreuzverhör verwenden. Im Gegenzug werden seine Aussagen nicht für eine Strafverfolgung gegen ihn genutzt. Verstößt Domscheit-Berg gegen die Abmachungen, darf er dafür angeklagt werden. Beiden Seiten dürfen die Existenz dieser Vereinbarung nicht offenlegen. Domscheit-Berg hatte WikiLeaks bereits im September 2010 verlassen. Mit den Ermittlern wollte er aber nicht zusammenarbeiten. Seine Anwälte beantragten Akteneinsicht, daraufhin zogen die US-Ermittler ihr Angebot zurück. Über die Details der Ermittlungen wollte man nichts verraten. (…) Bis zum 12. Juni müssen die USA ihren Auslieferungsantrag begründen. Dann müssen sie offen sagen, was sie Assange vorwerfen: Hacking oder Journalismus…” Beitrag von Andre Meister vom 25. April 2019 bei Netzpolitik - Auslieferung von Julian Assange an die USA: Es geht ums Ganze!
“Nicht nur Assanges Leben steht auf dem Spiel ‒ auch der Fortbestand der Pressefreiheit und damit ein Grundpfeiler der Demokratie. Während ein Großteil der US-Medien gute Miene zum bösen Spiel macht, warnen Kritiker vor einer Anklage Assanges als “offensichtliches” Täuschungsmanöver mit versteckten Gefahren. Das US-Justizministerium hat am Donnerstag Wikileaks-Gründer Julian Assange wegen einer “Verschwörung zu einem Hackerangriff” beschuldigt, eine Anklage, die einige Sprechköpfe und Reporter der Konzernmedien sofort als Beweis dafür anpriesen, der Journalismus sei nicht in Gefahr. “Die Anklage gegen Assange legt ihm Hacking, nicht die Veröffentlichung zur Last, ein entscheidender Unterschied hinsichtlich der Bedenken wegen des First Amendment” twitterte David Lauter, Washingtoner Bürochef der Los Angeles Times. Aber Befürworter der Pressefreiheit, Assanges Anwälte, Wikileaks-Mitarbeiter und andere Kritiker warnten davor, dass das genaue Gegenteil der Fall sei und argumentieren, dass die Auslieferung Assanges an die USA einen gefährlichen Präzedenzfall für Journalisten überall schaffen würde. (…) In einer Erklärung verurteilte das Zentrum für Verfassungsrechte (Center for Constitutional Rights, CCR) Assanges Verhaftung und mögliche Auslieferung an die USA als “einen besorgniserregenden Schritt in Richtung eines Dammbruchs zur Bestrafung eines jeglichen Journalisten, den die Trump-Administration als Verbreiter von ‘Fake News’ verspottet”. “Die Verhaftung ist ein gefährlicher Präzedenzfall, der sich auf andere Medienunternehmen wie die New York Times erstrecken könnte, insbesondere unter einer rachsüchtigen und rücksichtslosen Regierung”, sagte das CCR. “Die Vereinigten Staaten sollten endlich versuchen, sich mit den Kriegsverbrechen im Irak auseinanderzusetzen, die sie begangen haben, anstatt diejenigen anzugreifen und zu verhaften, die versucht haben, die Wahrheit darüber zu enthüllen.”…” Beitrag von Jake Johnson vom 23. April 2019 bei amerika21 (übersetzt von Ullrich Mies) - Wikileaks: Der investigative Journalismus sitzt auf der Anklagebank
“Selbst wenn sich Julian Assange des Hackens eines Passwortes schuldig gemacht hat, kann die Anklage eine einschüchternde Wirkung entfalten und die Pressefreiheit gefährden. Davor warnen Journalistenverbände und Bürgerrechtsorganisationen. (…) Der Chaos Computer Club zeigte sich in einer Pressemitteilung besorgt: „Die drei jüngsten Festnahmen von prominenten Aktivisten aus der Whistleblower-Szene, Chelsea Manning, Julian Assange und Ola Bini, stellen einen frontalen Angriff auf die Pressefreiheit dar. Der Chaos Computer Club (CCC) ruft zur Unterstützung auf.“ Der CCC verurteile diese Angriffe auf Journalisten, Whistleblower und deren Unterstützer scharf. Es handele sich um schockierende und koordinierte Verletzungen von Menschenrechten und Pressefreiheit, heißt es weiter. Reporter ohne Grenzen forderte Großbritannien auf , Assange nicht an die USA auszuliefern: „Großbritannien sollte in Einklang mit seinen Gesetzen und internationalen Menschenrechtsverpflichtungen handeln und Assange nicht wegen seiner Journalismus-ähnlichen Aktivitäten an die USA ausliefern.“ Das Committee to Protect Journalists sieht in dem jetzigen Anklagepunkt aus den USA ebenfalls eine Gefahr für die Pressefreiheit …” Artikel von Markus Reuter vom 16.04.2019 bei Netzpolitik - »Ein mehrfacher Skandal«. Noam Chomsky über die Festnahme von Assange
“Amy Goodman, Moderatorin des US-Internetsenders Democracy Now!, interviewte am Freitag Noam Chomsky. In dem Gespräch, das in Boston stattfand, äußerte sich der Linguist und Bürgerrechtsaktivist auch zur Festnahme von Wikileaks-Gründer Julian Assange am vergangenen Donnerstag: Die Inhaftierung von Assange ist in mehrfacher Hinsicht ein Skandal. Zum einen wegen der bloßen Anstrengungen, die Regierungen hier an den Tag legten – und nicht nur die der USA. Die Briten kooperieren, Ecuador natürlich, und die Schweden taten dies bereits zuvor. Im Grunde geht es darum, einen Journalisten zum Schweigen zu bringen, der Material in Umlauf gebracht hat, von dem die schimpfliche Menge dem Willen der Herrschenden nach nichts wissen sollte. So etwas mögen sie nicht, also wird es abgestellt. Dergleichen passiert leider immer wieder. (…) Der andere Skandal betrifft den extraterritorialen Einfluss der USA, der schockierend ist und über den kein anderer Staat verfügt. Warum sollten die Vereinigten Staaten die Macht haben zu kontrollieren, was anderswo in der Welt passiert? Das geschieht die ganze Zeit, und wir nehmen das kaum zur Kenntnis. Zumindest wird es nicht kommentiert…” Übersetzung von Stefan Huth in der jungen Welt vom 15.04.2019 , siehe auch das Video bei Democracy Now! - Wikileaks-Gründer in Haft: „Eine maßgeschneiderte Anklage gegen Assange“
“Der Weg für eine Auslieferung von Julian Assange an die USA sei frei, sagte der Strafrechtler Nikolaos Gazeas im Dlf. Die Anklage der USA gegen den Wikileaks-Gründer sei gezielt dafür erhoben worden. Auch ein Asyl-Angebot eines europäischen Staates könne Assange nicht helfen. (…) Und wenn man sich die Anklage anschaut, die hier gegen Herrn Assange erhoben wurde – sie ist vor kurzem gestern auch vom Departement of Justice, dem zuständigen Justizministerium veröffentlicht worden –, dann hat man den Eindruck, dass dies eine maßgeschneiderte Anklage ist, gezielt nur für diese Auslieferung. Denn es fehlen dort Straftatbestände, die alle mal die letzten Jahre im Raum kursierten, vor allem Delikte, die in den Bereich des Staatsschutzes, des Spionage-Act gehen, Spionagedelikte. All diese Delikte sind herausgenommen. Das mag den einen oder anderen wundern. Bei Licht betrachtet ist das jedoch ein ganz kluger Schachzug der Amerikaner, denn das wären alles Delikte, die entweder große rechtliche Fragen aufgeworfen hätten, oder nicht auslieferungsfähige Taten wären, weil sie als politische Straftaten zu beurteilen wären. Das, worum es jetzt geht in der Anklage, der Straftatbestand, der ihm vorgeworfen wird, das ist eine auslieferungsfähige Tat. Konkret wird Assange hier beschuldigt, er habe Chelsea Manning geholfen, das Passwort eines Computernetzwerks zu knacken. Diese Tat ist kein politisches Delikt und öffnet insoweit den Weg für eine Auslieferung. (…) Der Zustand des Journalisten möglicherweise in einzelnen Teilen durchaus, denn da ginge es dann um Fragen der Pressefreiheit, des ersten Zusatzartikels der US-amerikanischen Verfassung, und das könnte eine gewisse Auswirkung auf die Frage der Strafbarkeit haben. Die US-Behörden stellen sich indes auf den Standpunkt, dass er kein Journalist sei, auch und vor allem, weil der maßgebliche Unterschied zum Journalismus darin bestehen solle, dass ein Journalist analysiert, kritisiert und kommentiert, und Julian Assange über seine Plattform Wikileaks, wenn Sie so wollen, unreflektiert einfach nur das gesamte geleakte Material öffentlich macht. Das sei kein Journalismus. Was den Whistleblower-Status anbelangt ist zu sagen, dass Whistleblowing in gewisser Hinsicht und in ganz vielen unterschiedlichen Gesetzen in den USA zwar unter Schutz steht und Whistleblower geschützt werden, der Fall von Herrn Assange aber nicht darunter fällt, denn er ist kein Regierungsmitarbeiter, kein staatlicher Mitarbeiter gewesen, der unter irgendeines der vielen Gesetze dort fallen könnte und entsprechenden Schutz genieße…” Nikolaos Gazeas im Gespräch mit Christoph Heinemann am 12.4.2019 beim Deutschlandfunk – Nikolaos Gazeas ist Anwalt für internationales Strafrecht und Lehrbeauftragter an der Universität Köln - [Petition] Verhindert die Auslieferung von Julian Assange an die USA!“Assange hat einen weltweit wichtigen Beitrag geleistet, der für uns alle von Interesse ist. Er half dabei, hochsensible, geheime US-Dokumente an die Öffentlichkeit zu bringen. Seine Leaks deckten Menschenrechtsverletzungen und Spionageversuche der US-Regierung an Verbündeten auf. Darum fordere ich die britischen Behörden dazu auf: Verhindern sie unter allen Umständen die Auslieferung Assanges an die USA! Dort wäre er einem politisch motivierten und unfairen Prozess ausgesetzt. Egal ob Sie Assanges Meinung sind, ihn unterstützen, ihm zustimmen oder nicht: Sollte er an die USA ausgeliefert werden, würde dies einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen. Es würde bedeuten, dass jeder Journalist, der wahrheitsgemäße Informationen ans Licht bringt und veröffentlicht, in die USA zur Strafverfolgung ausgeliefert werden kann. (…) Das britische Innenministerium hat bestätigt, dass er in Verbindung mit einem Auslieferungsersuchen aus den USA verhaftet wurde. Diese Auslieferung an die US-Regierung müssen wir jetzt verhindern! Bitte unterstützen Sie mich mit Ihrer Unterschrift und teilen Sie diese Petition. Nur gemeinsam schaffen wir es, die britischen Behörden davon abzuhalten, Julian Assange an die USA auszuliefern…” Petition vom April 2019 bei change.org
- Nach Festnahme von Wikileaks-Gründer: Linke stellt Asylantrag für Assange
“Politiker der Linkspartei fordern, Julian Assange Asyl in Deutschland zu gewähren. Derweil wurde ein weiterer Wikileaks-Mitarbeiter festgenommen. Führende Politiker der Linkspartei fordern Deutschland auf, den am Donnerstag in Großbritannien festenommenen Wikileaks-Gründer Julian Assange in Deutschland Asyl zu gewähren. (…) Nach der Verhaftung von Wikileaks-Gründer Julian Assange in London nehmen die Behörden in Ecuador nun auch dessen Umfeld ins Visier. Ein Vertrauter von Assange sei am Flughafen von Quito festgenommen worden, als er nach Japan ausreisen wollte, teilte Innenministerin María Paula Romo mit. Ein hoher Beamter identifizierte den Festgenommenen später als einen schwedischen Software-Entwickler mit Wohnsitz in Quito…” Artikel von Anna Lehmann vom 12.4.2019 bei der taz online - Fall WikiLeaks: Es geht um mehr als nur Assange
“Die Festnahme von Julian Assange mag wie das Ende einer langen Geschichte wirken – dabei ist sie erst der Anfang. Denn jetzt gilt es, ganz genau hinzusehen. (…) Es ist völlig egal, ob man Julian Assange als Held oder Aufschneider sieht, ihn für einen Star hält oder für einen Schuft. Man darf sich nicht dazu hinreißen zu lassen, wieder die Person Assange ins Zentrum des Geschehens zu stellen. Denn jetzt sind seine etwaigen persönlichen oder politischen Verfehlungen Nebensache, wichtig ist allein, was legal ist und was nicht – und wie welches Recht durchgesetzt wird. Das ist nicht nur für Assange und WikiLeaks von Interesse, sondern kann auch Weichen stellen für die künftige Arbeit investigativer Journalisten weltweit, für ihre Informanten, für Whistleblower und Hacktivisten. Schließlich steht hier nicht das “Lebenswerk des Julian Assange” vor Gericht. Es gibt bisher ein Auslieferungsgesuch der USA und eine Anklageschrift mit einem konkreten Vorwurf, nämlich dem der Verschwörung von Julian Assange mit Chelsea Manning (damals noch Bradley Manning). Die Anklageschrift wirft Assange unter anderem vor, Manning im Jahr 2010 technisch geholfen zu haben, an bestimmte Informationen zu kommen, und sie animiert zu haben, nach weiteren Informationen zu suchen. Diese Anklageschrift wirft viele Fragen auf. Geht es wirklich allein um die darin erhobenen Vorwürfe oder sind sie nur Vorboten? In welchem Maße war das in der Anklageschrift beschriebene Vorgehen Assanges von der Pressefreiheit gedeckt? Kriminalisiert die Anklage legitimen investigativen Journalismus? Die größte Frage aber ist: Wie wird die Weltöffentlichkeit mit diesem Fall umgehen?...” Kommentar von Judith Horchert vom 12.04.2019 beim Spiegel online - USA wollen Assange – die EU schweigt
“Wikileaks-Gründer Julian Assange wurde in London in der Botschaft Ecuadors festgenommen – allein das schon ein fragwürdiger Vorgang. Doch nun wird bekannt, dass – neben dem britischen Haftbefehl – ein Auslieferungsgesuch der USA vorliegt. Und die EU schweigt. (…) Kann man das Ernst nehmen? Wenn es um die Justiz in Polen oder Rumänien geht, nimmt die EU-Kommission kein Blatt vor den Mund. Junckers Vize Frans Timmermans mischt sich regelmäßig ein, wenn er Verstöße gegen den Rechtsstaat wittert. Doch in UK, dem Brexit-Land? Nichts! Dabei ist die drohende Auslieferung in die USA nun wirklich ein Casus belli. Die EU kann und darf es nicht erlauben, dass Assange in ein Land ausgeliefert wird, in dem ihm die Todesstrafe droht. Das hätte sie auch schon längst klarmachen müssen. Doch statt für die Rechte Assanges einzutreten, haben Juncker & Co. lieber weggeschaut…” Kommentar vom 11.4.2019 von und bei Eric Bonse - Pressefreiheit gilt auch für Assange
“Am Donnerstag morgen hat die britische Polizei Julian Assange festgenommen. Zuvor hatte ihm Ecuador den Asylstatus aberkannt, in Großbritannien liegt ein Haftbefehl gegen den Australier vor. Sollte der hochumstrittene Assange nun wegen der Veröffentlichungen von Wikileaks an die USA ausgeliefert werden, verdient er den Schutz durch die Pressefreiheit. Man kann Assange wegen mutmaßlicher sexueller Übergriffe gegen Frauen ein Arschloch nennen. Man kann Julian Assange für einen politisch Irrlichternden halten, der im US-Präsidentschaftswahlkampf zu Gunsten von Trump agierte. Man kann ihn für einen rücksichtlosen Egomanen halten, dem andere egal waren. Man muss Assange dafür kritisieren, dass Wikileaks Informationen oftmals unredigiert veröffentlichte und damit Menschen in Gefahr brachte. All das ist richtig. Was man allerdings nicht kann, ist ihn für seine offensichtlich relevanten Leaks sowie die Etablierung einer neuen digitalen Veröffentlichungskultur zu verurteilen. Hier hat sich Julian Assange verdient gemacht. Laut seinem Anwaltsteam soll ein US-Auslieferungsantrag eine Rolle gespielt haben – ein Gerücht, das mittlerweile die britische Polizei bestätigt hat. Noch ist die Grundlage des Auslieferungsgesuches der USA nicht bekannt. Sollte diesem jedoch die Wikileaks-Veröffentlichungen zugrundeliegen, dann verdient Assange den gleichen Schutz, den auch die Journalisten genießen, die mit ihm zusammenarbeiteten und die Informationen von Wikileaks in angesehenen Medien veröffentlichten. Er sollte mit Hinblick auf die Pressefreiheit und den Quellenschutz nicht an die USA ausgeliefert werden…” Kommentar von Markus Reuter vom 11.04.2019 bei Netzpolitik
- Großbritannien lässt US-Auslieferungsersuchen für Assange zu
- Julian Assanges Lage spitzt sich zu
“Gestern Abend hat Wikileaks einen Tweet verbreitet, demzufolge zwischen den Regierungen von Ecuador und Großbritannien eine Vereinbarung ausgehandelt worden ist. Diese beinhaltet angeblich den Rauswurf von Julian Assange aus der Ecuadorianischen Botschaft, in den „nächsten Stunden oder Tagen“ und die darauf folgende Festnahme von Assange durch die britischen Behörden. Eine Auslieferung an die USA scheint in diesem Fall sehr wahrscheinlich…” Bericht von Moritz Müller vom 05. April 2019 bei den Nachdenkseiten
- Seit 2010 steht Julian Assange mehr oder weniger offensichtlich unter dem Druck der britischen Justiz
“… Im November 2018 entdeckten die Medien nach einem Fehler eines Staatsanwalts von Virginia, dass die amerikanische Bundesjustiz geheime Anklage gegen Julian Assange, den Chef von WikiLeaks, erhoben hatte. Dieses amerikanische Ausnahmeverfahren ist durch die Schwierigkeit bedingt, den Angeklagten zu fassen, da er sich seit 2012 als Flüchtling in der ecuadorianischen Botschaft in London aufhält. (…) Sechseinhalb Jahre später lebt Assange immer noch in der Botschaft, da das Vereinigte Königreich sich völlig unflexibel zeigt und bisher alle Kompromisslösungen ablehnte. Wir wissen jetzt, dass die englischen Staatsanwälte seit Beginn des Falles alles getan haben, um die Freilassung von Julian Assange zu verhindern. Dank der Beharrlichkeit der Italienerin Stefania Maurizi, einer Journalistin der Tageszeitung La Repubblica, wurden vertrauliche Verhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich und Schweden, wenn auch spät, aufgedeckt. (…) Wir wissen, dass bereits 2011 ein englischer Staatsanwalt seinem schwedischen Amtskollegen dringend empfohlen hat, nicht nach London zu kommen, um Julian Assange zu befragen, obwohl diese übliche Vorgehensweise es ermöglicht hätte, die Dinge voranzubringen: „Glauben Sie nicht, dass wir diesen Fall wie einen gewöhnlichen Auslieferungsantrag behandeln“, sagte der Brite. Dann, 2013, plante der schwedische Staatsanwalt, die Anklage fallen zu lassen, aber derselbe englische Staatsanwalt tat alles, um ihn davon abzuhalten: „Sie werden doch wohl nicht kneifen?“ (…) Auf internationaler Ebene ist der Wunsch der Briten, Julian Assange in der Botschaft weiterhin gefangen zu halten, seit Ende 2015, als eine Kommission der Vereinten Nationen zu dem Schluss kam, dass er willkürlich festgehalten wurde und seine Freilassung forderte, schon fast offiziell geworden. Die britische Regierung legte gegen die Entscheidung der UNO Berufung ein und als diese von einem anderen UN-Gremium bestätigt wurde, beschloss sie, unter Missachtung ihrer internationalen Verpflichtungen, sie zu ignorieren…” Beitrag von Yves Eudes in der Übersetzung von Marco Wenzel bei den NachDenkSeiten vom 15. Februar 2019
- Ecuadors Außenminister fordert Julian Assange zur Aufgabe auf
“… Ecuadors Außenminister Jose Valencia hat den Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, Julian Assange, erneut aufgefordert, sich den britischen Behörden zu stellen. “Wir sehen in dieser Situation für Herrn Assange nur zwei Auswege: endloser Aufenthalt (in der ecuadorianischen Botschaft) oder Kapitulation. Und unserer Meinung nach ist die zweite Möglichkeit die beste für ihn”, sagte er im Gespräch mit dem ecuadorianischen Radiosender FM Mundo Radio. Ein entsprechender Tweet des Außenministeriums des südamerikanischen Landes provozierte allerdings heftige Reaktionen. “Wir haben diesem Mann so viel zu verdanken, aber ihr behandelt ihn schlicht unfair”, schreibt User Ranalthe Herbert Zometa. Der Ecuadorianer Jesús Velez Loor kritisiert ein “unprofessionelles Statement” des Außenministers. Mehrere User rufen zum Boykott Ecuadors auf. (…) Zum Internationalen Tag der Menschenrechte Mitte Dezember hatten Parlamentarier aus neun europäischen Staaten die sofortige Freilassung des Publizisten gefordert. “Über sechs Jahre nach Beginn des erzwungenen Botschaftsasyls von Julian Assange drängen wir auf einen nachhaltigen Schutz des Gründers der Enthüllungsplattform Wikileaks, die über von Regierungen begangene Kriegsverbrechen und andere schwerwiegende Missbräuche berichtet hat”, heißt es in dem Schreiben, das an die britische Premierministerin Theresa May, den ecuadorianischen Präsidenten Lenin Moreno und den UN-Generalsekretär António Guterres gerichtet ist” Beitrag von Harald Neuber vom 11. Januar 2019 bei Telepolis
- Endspiel für Assange. Die Regisseurin Angela Richter besuchte den Wikileaks-Gründer in Ecuadors Botschaft in London. Zum letzten Mal, fürchtet sie“Julian Assange sieht sehr blass aus. „Blass“ trifft es eigentlich nicht ganz, seine Haut sieht pergamenten, fast durchscheinend aus. Er hat seit bald sieben Jahren keine Sonne mehr gesehen. Er sitzt mir gegenüber im sogenannten Meeting Room der Ecuadorianischen Botschaft in London, die schlohweißen Haare, sein Markenzeichen, sind schulterlang und er trägt einen langen Bart. Wir machen Witze darüber, dass er aussieht wie der Weihnachtsmann. Er trägt eine dicke Daunenjacke und isst ein Stück von dem Sushi, das ich zum Mittagessen mitgebracht habe. Es ist kalt in dem Raum und ich bereue, dass ich meinen Wintermantel am Empfang abgegeben habe. Es ist kurz vor Weihnachten, und Julian Assange hat gerade die wahrscheinlich schlimmste Zeit seines Aufenthaltes in der Botschaft hinter sich. Seit März 2018 war er praktisch in Isolation, kein Telefon, kein Internet und keine Besuche. Vor allem das Internetverbot muss für ihn schwierig sein, es war bisher nicht nur sein Arbeitsfeld, sondern sein einziger Zugang zur Welt. Die Stimmung in der Botschaft ist angespannt, der neue Botschafter wird erwartet. Man hat Assange die Heizung abgestellt und das Bett genommen, er schläft auf einer Yogamatte. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass man alles tut, um ihm den Aufenthalt so zu erschweren, dass er sich schließlich geschlagen gibt und die Botschaft freiwillig verlässt. Doch was erwartet ihn dann? Er sieht zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, wirklich mitgenommen aus, sein ehemals jungenhaftes Gesicht, das zu den silberweißen Haaren immer eigenartig wirkte, hat sich ihnen altersgerecht angepasst. Die neun Monate der Isolation haben ihn sichtlich geschwächt, er ist magerer geworden, aber im Gespräch wirkt er geistig sehr klar und entschlossener denn je…” Bericht von Angela Richter vom 11. Januar 2019 bei ‘der Freitag’ Ausgabe 01/2019
- Mairead Maguire nominiert Julian Assange für den Friedensnobelpreis
“Mairead Maguire hat heute an das Friedensnobelpreisträgerkomitee in Oslo geschrieben und das Komitee ersucht, Julian Assange, den Chefredakteur von Wikileaks, für den Friedensnobelpreis 2019 zu ernennen” Aus dem Brief an das Friedenskomitee bei pressenza vom 8. Januar 2019 : “…Julian Assange erfüllt alle Kriterien für den Friedensnobelpreis. Durch die Veröffentlichung verborgener Informationen an die Öffentlichkeit haben wir mehr Einblick in die Gräuel des Krieges bekommen, sind nicht mehr so naiv, und sind uns der Zusammenhängen zwischen Wirtschaft, dem Erwerb von Ressourcen und der Kriegsbeute bewusster geworden. Da seine Menschenrechte und seine Freiheit in Gefahr sind, würde der Friedensnobelpreis Julian viel mehr Schutz vor den Kräften der Regierung bedeuten…“
- Die neue Regierung Ecuadors möchte „ins Geschäft kommen“: Assange als Bauernopfer?
„Die Regierung von Ecuador plant offenbar, den Journalisten und Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, aus ihrer Botschaft in London zu verweisen, um ihn an die britischen Behörden auszuliefern. Assange befindet sich seit sechs Jahren in der diplomatischen Vertretung des südamerikanischen Landes, um einer drohenden Auslieferung an die USA zu entgehen. Seit einigen Tagen kursierende Gerüchte aus dem Wikileaks-Umfeld über eine mögliche Auslieferung bestätigten nun die Chefredakteurin des russischen Auslandsenders RT, Margarita Simonyan, und der US-Journalist Glen Greenwald vom Investigativ-Portal The Intercept sowie die britische Tageszeitung The Times. “Ich wünschte, dass sich meine Quellen irrten”, fügte Simonyan über den Kurznachrichtendienst Twitter an. Laut Greenwald hat Ecuadors Präsident Lenín Moreno bereits vor einem Besuch in Großbritannien und Spanien ab diesem Wochenende eine bilaterale Vereinbarung mit der Regierung von Premierministerin Theresa May verhandeln lassen, um die Übergabe Assanges zu regeln…“ – aus dem Beitrag „Ecuador plant offenbar Rauswurf von Assange aus Botschaft in London“ von Harald Neuber am 23. Juli 2018 bei amerika21.de über die diesbezüglichen Konsequenzen des Kurswechsels der Regierung Moreno. Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Beitrag zur Position der britischen Regierung – und einen weiteren über die – seit langem laufenden – Vorbereitungen der USA:- „Ecuador will Julian Assange aus der Londoner Botschaft werfen“ von Lutz Labs am 22. Juli 2018 beim heise newsticker berichtet zu Reaktionen: „Bereits seit rund zwei Monaten hat Assange keinen Zugang zum Internet mehr. Die Botschaft hatte den Zugang gesperrt, nachdem sich Assange öffentlich unter anderem kritisch zu der Inhaftierung des ehemaligen Regierungschefs von Katalonien, Carles Puigdemont, durch die deutsche Bundespolizei geäußert hatte. Damit soll Assange laut dem Außenministerium des südamerikanischen Landes gegen die Vereinbarung verstoßen haben, sich mit seinen öffentlichen Kommentaren nicht in Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen. (…) Die Ermittlungen wegen Vergewaltigungsvorwürfen gegen Assange wurden zwar im Mai vergangenen Jahres eingestellt. Assange könnte dennoch in Haft genommen werden, weil er laut einer Erklärung der britischen Behörden durch die Flucht in die ecuadorianische Botschaft gegen britische Gesetze verstoßen hätte.“
- „USA bereiten Anklage gegen Assange vor“ von Marcus Pindur am 21. April 2017 beim Deutschlandfunk , worin bereits damals berichtet wurde: „US-Justizminister Jeff Sessions hat angekündigt, den Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, vor Gericht zu stellen. Dasselbe hatte die Obama-Administration versucht, das Vorhaben dann aber fallengelassen. Assange könnte wegen Verschwörung, Diebstahls von Regierungseigentum und Verstößen gegen das Spionagegesetz angeklagt werden…“
- Siehe auch #Unity4J – die Soli-Aktion bei youtube
- Julian Assange sechs Jahre in Botschaft von Ecuador in London – Linke fordert Freilassung des Aktivisten und verweist auf Drohungen aus dem USA
“Die Linke hat am sechsten Jahrestag des Botschaftsasyls von WikiLeaks-Gründer Julian Assange am Dienstag die Freilassung des Internetaktivisten und Publizisten gefordert. Der Gesundheitszustand des 46-Jährigen biete Anlass zu zunehmender Sorge, schrieb die Vizevorsitzende der Linksfraktion, Heike Hänsel (…) Die Lage des politisch Verfolgten ist aus zwei Gründen dramatisch: Zum einen hat die Regierung von Ecuador unter dem amtierenden Präsidenten Lenín Moreno gegenüber Vorgänger Rafael Correa einen radikalen Politikwechsel vollzogen und mit vielen Prinzipien der Correa-Regierung gebrochen – und dazu zählt offenbar auch das politische Asyl für Assange (Deal mit London). Zum anderen bezeichnete US-Justizminister Jeff Sessions die Festnahme des WikiLeaks-Gründers unlängst als eine seiner “Prioritäten”. Zur Begründung sagte Sessions, seine Sicherheitsexperten seien “von der Zahl der undichten Stellen schockiert”, weshalb man den Kampf gegen solche “Leaks” verstärke und versuche “ein paar Leute ins Gefängnis zu stecken, wann immer ein Fall vor Gericht gebracht werden kann”. Hänsel bezeichnete diese Äußerungen nun als “alarmierend”: “Die Gefahr einer Auslieferung an eine unberechenbare Regierung in den USA ist daher größer denn je.” Hinzu komme, dass die Arbeitsgruppe zum Thema willkürliche Inhaftierungen der Vereinten Nationen “die verschiedenen Formen der Freiheitsberaubung, denen Julian Assange ausgesetzt wurde, als eine Form der willkürlichen Inhaftierung” verurteilt habe, ohne dass Großbritannien oder auch die deutsche Bundesregierung daraus politische Konsequenzen gezogen hätten.” Beitrag von Christian Kliver vom 20. Juni 2018 bei Telepolis – Ergänzend der Hinweis, worum es hier inhaltlich letztlich geht: Um die Bestrafung der Aufdeckung krimineller und demokratiefeindlicher Machenschaften angeblich rechtstaatlicher und demokratischer Regierungen.
- Wikileaks-Gründer Assange bietet NSA-Untersuchungsausschuss Hilfe an
“Julian Assange, Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, hat sich dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages als Zeuge angeboten. “Ich würde mich freuen, wenn die Abgeordneten zu mir kämen, um ihre Fragen zu stellen”, sagte Assange dem Spiegel. Er könne ihnen insbesondere über die US-Listen mit überwachten deutschen Politikern inklusive Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) Auskünfte erteilen. Ausschussmitgliedern würde er die unlängst von Wikileaks veröffentlichten Listen auch ungeschwärzt übergeben, sagte Assange…” Beitrag von Andreas Wilkens bei heise online vom 17. Juli 2015
- Deutsche Whistleblower, zeigt euch!
Whistleblower ja, aber nicht bei uns. Den eigenen Staat bloßzustellen, halten die Deutschen offenbar für unanständig. Kommentar von Eric T. Hansen in der Zeit online vom 02.07.2013 . Aus dem Text: “… Ein wenig übertreibe ich schon. Hin und wieder gibt es natürlich deutsche Whistleblower. Gerade neulich hat die Mitarbeiterin der Hamburger Arbeitsagentur Inge Hannemann auf den unmenschlichen Umgang der dortigen Mitarbeiter mit den Hartz-IV-“Kunden” hingewiesen und wurde dafür umgehend freigestellt. Das ist schon eine große Sache, auch wenn Ecuador sich immer noch nicht dazu geäußert hat, ob sie dort politisches Asyl bekommt oder nicht. Doch die Whistleblower, die einen ganzen Staat bloßstellen, kommen nicht aus Deutschland...”
- Siehe für die Anfänge Wikileaks im LabourNet-Archiv
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