Die privaten Vermögen in Deutschland wachsen und wachsen. Doch die Mehrheit der Bürger hat nichts davon. Vielmehr steigt die Zahl derer, die erhebliche Entbehrungen hinnehmen müssen. Mit der Lage der finanziell Benachteiligten in Deutschland befasst sich der Armutsbericht 2018 des Paritätischen Gesamtverbandes, den dessen Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider am Donnerstag in Berlin vorstellte.
Mindestens 13,7 Millionen Menschen beziehungsweise 16,8 Prozent der Bevölkerung sind arm. Das heißt, sie haben weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung. Das entspricht für einen Single-Haushalt etwa 1080 Euro netto. Zum Vergleich: Ende der 1990er Jahre lag der Anteil der Armen bei elf Prozent.
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Die reale Zahl der aktuell Betroffenen dürfte bei mindestens 15 Millionen liegen. Denn, so Schneider, in die genannte Quote seien die 800 000 bis eine Million Wohnungslosen ebenso wenig eingerechnet wie die 400 000 Bewohner von Pflegeheimen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, oder die mehr als 200 000 Menschen mit Behinderungen in Wohnheimen, die ebenfalls meist Transferleistungen beziehen.
Auf der Grundlage der Daten des Sozio-ökonomischen Panels haben die Verfasser des Berichts ermittelt, »wer die Armen sind«, sagte Schneider. Sie haben dabei festgestellt, dass viele Klischees nicht stimmen. So sind drei Viertel der Betroffenen nicht etwa »bildungsfern«, sondern haben ein mittleres bis hohes Qualifikationsniveau. Und auch die Zahl der »Working Poor« steigt. Ein Drittel der Betroffenen ist erwerbstätig, also mehr als 4,5 Millionen Menschen. Mehr als zwei Drittel von ihnen sind mehr als geringfügig beschäftigt, 41 Prozent sind gar in Vollzeit berufstätig.
Zugleich ist der Anteil der Armen an den Erwerbslosen (63 Prozent), Alleinerziehenden (40), Geringqualifizierten (30), Migranten (27,5) und Rentnern weiterhin besonders hoch.
Die gleichzeitige Zunahme des gesellschaftlichen Reichtums und der Ungleichheit sei Ergebnis der Regierungspolitik der vergangenen Jahrzehnte, sagte der Chef des Paritätischen. Der Verband bleibt deshalb einerseits bei seiner Forderung nach höheren Regelsätzen bei den Sozialleistungen und einer Kindergrundsicherung. Weitere Maßnahmen seien aber »unaufschiebbar«, betonte Schneider. So müsse das Rentenniveau umgehend wieder auf 53 Prozent des Nettoeinkommens, der Mindestlohn auf 12,63 Euro angehoben, und sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen verboten werden. Schneider erläuterte zur Mindestlohnforderung, die damalige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) habe im vergangenen Jahr mitgeteilt, dass erst ab diesem Einkommen ein Beschäftigter nach 40 Berufsjahren auf eine Rente oberhalb des Sozialhilfeniveaus kommen würde.
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