Der Aufstand der Würde - Die Rebellion der Zapatisten in Mexiko jährt sich zum 25. Mal - (Termin: 1. Januar) - (mit Bild) Von Wolf-Dieter Vogel (epd)
bep504 3 pl 615 vvvvb epd 181226027 Mexiko/Ureinwohner/KORR/ Der Aufstand der Würde - Die Rebellion der Zapatisten in Mexiko jährt sich zum 25. Mal - (Termin: 1. Januar) - (mit Bild) Von Wolf-Dieter Vogel (epd) = Vor genau 25 Jahren machten die Zapatisten mit einem Aufstand im mexikanischen Bundesstaat Chiapas von sich hören. Bis heute hat der Kampf der indigenen Rebellen große Bedeutung. Oaxaca (epd). Das Schild vor dem bunt bemalten Holzhaus lässt keinen Zweifel: «Hier regiert das Volk und die Regierung gehorcht.» Der Slogan, mit dem die südmexikanische Gemeinde Oventic ihre Besucher empfängt, gehört zu den wichtigsten Regeln des Zusammenlebens in dem indigenen Dorf. Denn das im Hochland des südmexikanischen Bundesstaates Chiapas gelegene Oventic befindet sich, wie ein weiterer Hinweis klarstellt, auf «rebellischem zapatistischem Gebiet». Vor genau 25 Jahren sind die aufrührerischen Angehörigen von Maya-Völkern erstmals öffentlich in Erscheinung getreten. Damals, am 1. Januar 1994, betraten sie mit einem Paukenschlag die Bühne der Weltgeschichte. Bewaffnet mit einfachen Gewehren, ihre Gesichter hinter schwarzen Masken versteckt, besetzten Einheiten des Zapatistischen Heers der Nationalen Befreiung (EZLN) sieben Städte in Chiapas. Es war der Tag, an dem der Nordamerikanische Freihandelsvertrag Nafta inkraft trat - ein Abkommen, das die Zapatisten als neoliberales Projekt ablehnten. «Wir sind das Produkt von 500 Jahren Kämpfen», erklärten die Rebellen und verwiesen auf den Krieg gegen die spanischen Eroberer, die mexikanische Revolution und ihren Namensgeber, den Bauernführer Emiliano Zapata. «Es reicht», erklärten sie und forderten «Arbeit, Land, Wohnen, Nahrung, Gesundheit, Bildung, Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit und Frieden.» Die Gefechte mit den Soldaten endeten bereits nach zwölf Tagen. Damit ihr später mit der Regierung ausgehandeltes Abkommen auch umgesetzt wird, machten die Zapatisten jahrelang Druck. Auf «Interkontinentalen Treffen» diskutierten sie mit Linken aus allen Weltregionen über Alternativen zum Kapitalismus, mit einer Karawane zogen sie nach Mexiko-Stadt. Vor der Abstimmung über ein «Indigenen-Gesetz» 2001 sprach erstmal eine Angehörige der Ureinwohner vor dem Parlament, Kommandantin Esther. Die Guerillera forderte ein Ende des Rassismus, der Erniedrigungen, der Verfolgung. Dennoch verabschiedeten die Abgeordneten ein Gesetz, das weit hinter dem zurücklag, was die Zapatisten im Abkommen von San Andrés ausgehandelt hatten. Damit hatten die Zapatisten ihre wichtigste Schlacht verloren - trotz der internationalen Bedeutung, die die Rebellen mittlerweile etwa für die globalisierungskritische Bewegung hatten. Und trotz ihres weltberühmt gewordenen Sprechers, Subkommandant Marcos, der es mit poetischen Worten vermochte, städtische linke Kritik und traditionelle indigene Ansätze miteinander zu vereinbaren. Seither kümmern sich die Zapatisten vor allem um ihre basisdemokratischen Strukturen. Sie bauen Schulen und Gesundheitsstationen, gründen Betriebe und kümmern sich um die direkte Vermarktung ihres Kaffees. 2003 schufen sie fünf «Caracoles» - Regierungssitze, in denen sie ihre 27 «rebellischen Gemeinden» basisdemokratisch verwalten. Eines dieser «Schneckenhäuser» ist Oventic. Dort treffen sich die streng rotierenden Vertreter dörflicher Gemeinschaften, um das Zusammenleben zu koordinieren. Wer mit den «Räten der guten Regierung» sprechen will, muss viel Zeit mitbringen. Denn alles will unter allen diskutiert sein. Obwohl die Zapatisten in der Öffentlichkeit heute weniger präsent sind, spielen sie weiterhin eine wichtige Rolle. In ihrer Skepsis gegenüber den politischen Parteien treffen sie sich mit vielen indigenen Gemeinden, die sich staatlicher Bevormundung verweigern. Und wenn es gilt, Repression zu verurteilen, sind sie ein verlässlicher Partner. Tausende Zapatisten gingen auf die Straße, um Aufklärung über das Verschwinden von 43 Lehramtsstudenten 2014 einzuklagen. Längst ist in den zapatistischen Dörfern im Lakandonischen Urwald und im Hochland von Chiapas eine zweite Generation herangewachsen, die den Kampf ihrer Eltern fortführt. Im Sommer organisierten Zapatistinnen einen Frauenkongress, an dem 6.000 Mitstreiterinnen aus aller Welt teilnahmen. Wenige Monate später fand in Oventic ein Filmfestival statt, an dem der weltberühmte mexikanische Schauspieler Gael Garcia Bernal ebenso teilnahm wie eine Vielzahl von Bauern aus den Gemeinden. Zum 1. Januar laden die Zapatisten in ein «Schneckenhaus» ein, um den 25. Jahrestag des Aufstands zu feiern. Mexikos neuer Präsident Andrés Manuel López Obrador hat unterdessen angekündigt, das Abkommen von San Andrés umzusetzen. Und das, obwohl die Zapatisten dem als links geltenden Staatschef sehr kritisch gegenüberstehen. Einmal mehr sollte sich damit bestätigen, was die Rebellen mit Blick auf alle Urvölker an jenem Neujahrstag 1994 erklärt hatten: «Nie mehr ein Mexiko ohne uns!» epd vog jup # epd-Service ## Redaktionelle Hinweise Hierzu verbreitet epd-bild Fotos «Zapatisten» über mecom-Bildfunk; auch abrufbar unter www.epd-bild.de * * * * Die folgenden Informationen sind nicht zur Veröffentlichung bestimmt. ## epd-Kontakt Natalia Matter: 069/58098-151 Jürgen Prause: 069/58098-127 260938 Dez 18 +++++
(Interview) Adveniat-Experte zum Zapatisten-Aufstand in Mexiko vor 25 Jahren «An den Ursachen hat sich wenig geändert» Von Alexander Pitz (KNA) (Mit Bild)close
27. Dezember 2018 10:38
Bereich: Politik »Priorität: 4 »Agentur: KNA »Thema: Mexiko/Konflikte/Hilfsorganisationen...
(Interview) Adveniat-Experte zum Zapatisten-Aufstand in Mexiko vor 25 Jahren «An den Ursachen hat sich wenig geändert» Von Alexander Pitz (KNA) (Mit Bild)
bkn017 4 pl 845 vvvvb KNA 181227-89-00013#2 Mexiko/Konflikte/Hilfsorganisationen/Kirche/Geschichte/ (Interview) Adveniat-Experte zum Zapatisten-Aufstand in Mexiko vor 25 Jahren «An den Ursachen hat sich wenig geändert» Von Alexander Pitz (KNA) (Mit Bild) = Essen (KNA) In der Silvesternacht 1993/94, als das Nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA in Kraft trat, rebellierten vermummte indigene Guerilleros aus dem Urwald im mexikanischen Bundesstaat Chiapas gegen die Obrigkeit. 25 Jahre später kämpft die «Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung» (EZLN) immer noch gegen Neoliberalismus und für bessere Lebensbedingungen. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erklärt Reiner Wilhelm, Mexiko-Experte des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, warum der Konflikt - inzwischen weitgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit - weiter andauert. KNA: Herr Wilhelm, was waren vor einem Vierteljahrhundert die Ursachen für den Aufstand der Dschungel-Guerilleros in Chiapas? Reiner Wilhelm: Eigentlich hat sich an den Ursachen von damals wenig geändert: Es handelt sich nach wie vor um eine der ärmsten Regionen in ganz Mexiko. Schon in den 70er-Jahren kam es zu vehementen Verteilungskonflikten, weil die Regierung dort Menschen aus anderen Teilen des Landes ansiedelte. Die heimische Bevölkerung - in der Regel Indigene - steht am Rande der Gesellschaft. Sie haben kaum Einkünfte und werden in vielerlei Hinsicht benachteiligt und diskriminiert. Anfang der 90er-Jahre wurde obendrein eine Landreform zulasten vieler Ureinwohner beschlossen. Das sind alles Faktoren, die letztlich zu der Revolte führten. KNA: Wie erklären Sie sich, dass diese regional begrenzte Bewegung lange Zeit eine solch große internationale Aufmerksamkeit erfuhr? Bis heute hat die EZLN erheblichen Einfluss in linken Netzwerken. Wilhelm: Ein Grund für die Popularität ist die Globalisierungskritik, die im Protest der Zapatisten zum Ausdruck kommt. Wie stark dürfen Freihandelsabkommen wie NAFTA in Gesellschaft und Politik eingreifen. Das ist eine aktuelle Frage von grundsätzlicher Bedeutung. In Chiapas wurde der Weltöffentlichkeit deutlich vor Augen geführt, welch negative Folgen der Neoliberalismus haben kann. KNA: Wie kann es sein, dass der Chiapas-Konflikt 25 Jahre nach Beginn des militärischen Aufstands immer noch nicht beigelegt ist? Wilhelm: 1996 wurde auf Vermittlung des damaligen Bischofs von San Cristobal de las Casas, Samuel Ruiz, das vielversprechende Abkommen von San Andres unterzeichnet. Es sieht unter anderem eine Aufnahme von Autonomierechten für die indigene Bevölkerung in die Verfassung vor. Die Vereinbarung wurde allerdings nie umgesetzt. Auch sonst gab es bislang keine substanziellen Verbesserungen, die zu einer Lösung hätten führen können. Hinzu kommt die unklare Regierungslinie: Einerseits wollte man die Zapatisten vereinnahmen, andererseits hat man immer versucht, sie zu kriminalisieren und zu verfolgen. Es fehlte stets die Grundlage für eine politische Annäherung. KNA: Eine militärische Lösung gab es ebenfalls nicht. Wieso? Wilhelm: Es kam zwar zu bewaffneten Auseinandersetzungen, auch in der jüngsten Geschichte. Aber die Konfliktregion mit den sogenannten befreiten Dörfern hat eine Sonderstellung und ist immens stark militarisiert. Ich war selbst dort: Sie fahren da durch die Straßen, und überall stehen Kontrollposten. Viele Menschen im EZLN-Gebiet sehen aufgrund ihrer prekären Lage einfach keine andere Möglichkeit als den Widerstand. KNA: Sicher spielt auch die Entlegenheit des Gebiets eine Rolle. Wilhelm: Richtig. Das ist tiefster Urwald mit nahezu idealen Rückzugsmöglichkeiten. Schwierigkeiten bereiten außerdem die unübersichtlichen Loyalitätsverhältnisse. Es ist keineswegs eindeutig, wer nun zu den Zapatisten gehört und wer nicht. So geschah das berüchtigte Massaker von Acteal, bei dem paramilitärische Einheiten kurz vor Weihnachten 1997 ein ganzes Dorf mit angeblichen EZLN-Sympathisanten überfielen. 45 Menschen, darunter Frauen und Kinder, wurden völlig wahllos ermordet. Bis heute beeinflusst dieses traumatische Ereignis die Gefühlslage in der Region. KNA: Nun amtiert seit Anfang Dezember der neue linksgerichtete mexikanische Präsident Andres Manuel Lopez Obrador. Könnte sich mit dieser veränderten Ausgangslage endlich etwas bewegen? Immerhin sollte der prominente Menschenrechtler und Priester Alejandro Solalinde der EZLN einen Brief mit einem Dialogangebot des neu gewählten Präsidenten übergeben. Wilhelm: Dazu muss man wissen, dass zwischen AMLO und den Zapatisten nicht erst seit gestern eine tiefe gegenseitige Abneigung herrscht. Die Sache mit dem Brief war größtenteils fingiert. Entsprechend brüsk fiel die Stellungnahme der Zapatisten aus: Sie haben klargestellt, dass sie sich auch künftig nicht politisch vereinnahmen lassen wollen. Das hatte AMLO bereits im Wahlkampf immer mal wieder versucht. Aber die EZLN wollte sich seiner Kampagne nicht anschließen. KNA: Das heißt, der Dialog liegt jetzt weiter auf Eis? Wilhelm: Absolut. Fortschritte sind nur dann vorstellbar, wenn die neue Regierung einen Politikwechsel einleitet und die Vorgaben des Abkommens von San Andres erfüllt. Die - durchaus nachvollziehbaren - Forderungen der Zapatisten liegen jedenfalls auf dem Tisch. Und AMLO hätte die Macht, darauf einzugehen. KNA: Welche Rolle spielt die katholische Kirche in dieser Gemengelage. Zählt sie zu den Unterstützern der EZLN? Wilhelm: So einfach kann man das nicht sagen. Die Kirche hat eine besondere Rolle. Die Zapatisten bezeichnen sich selbst als antiklerikal, sie haben die Kirche aber immer als Vermittler gebraucht. In diesem Zusammenhang sind die Jesuiten zu nennen, die sich seit Jahren in der Indigenenpastoral engagieren. Adveniat hat schon etliche derartige Initiativen begleitet. Was das anbelangt, ist die Kirche unheimlich stark. KNA: Was meinen Sie, müssen wir 2024 über 30 Jahre Chiapas-Konflikt sprechen? Wilhelm: Das halte ich für sehr wahrscheinlich. In der mexikanischen Öffentlichkeit spielt die Angelegenheit derzeit keine allzu große Rolle. Ebenso wenig ist der Fokus der Weltöffentlichkeit auf Chiapas gerichtet. Entsprechend gering ist der Druck auf Mexikos Regierung, eine Einigung mit den Aufständischen zu erzielen. Irgendwie läuft es ja auch so. Hinweis: Fotos finden Sie in der KNA-Bild-Datenbank auf www.kna-bild.de oder direkt mit folgendem Link: http://kna-bild.de/paket/181221-89-00032 # KNA-Notizblock ## Redaktionelle Hinweise - Stichtag: 01.01. (25. Jahrestag des Zapatisten-Aufstandes) ## Internet - [Fotos von Reiner Wilhelm in der Adveniat-Bilddatenbank] (https://www.medien.adveniat.de/marsAdveniat/instance/ko/Alle-anzeige n.xhtml?oid=51&conversationId=62635) * * * * Die folgenden Informationen sind nicht zur Veröffentlichung bestimmt ## KNA-Kontakte - redaktion@kna.de, +49 (228) 26 00 02 66 KNA/api/ala 271037 Dez 18
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