Der türkische
Präsident Erdogan erklärte Mitte September, dass die Türkei ein 5000 km²
großes Gebiet im Norden Syriens (Rojava) besetzen will
Erdogan will ein vereintes Rojava
verhindern und einen Brückenkopf schaffen, um der Türkei einen
vorherrschenden Einfluss im Nahen und Mittleren Osten zu sichern.
Hintergrund für dieses aggressive
Vordringen ist die Entwicklung der Türkei zu einem neuimperialistischen
Land, dessen international agierenden Monopole vehement expandieren.
Größtes Monopol ist die Koç Holding, die als Erste den Aufstieg in die
Riege der weltmarktbeherrschenden 500 größten internationalen
Übermonopole geschafft hat. In der Liste des Fortune-Magazins der 500
größten Konzerne stand sie 2015 auf Platz 420 mit einem Umsatz von 25,5
Milliarden US-Dollar und weltweit 91.304
Beschäftigten. Weitere elf türkische Monopole gehören zu den 2.000
größten der Welt. Darunter befindet sich die Sabançi Holding mit 63.281 Beschäftigten und einem Umsatz von 11,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015, sowie die Işbank,
die größte Bank der Türkei mit zahlreichen Niederlassungen im Ausland,
unter anderem in Deutschland und Russland. Sie brachte es 2015 auf einen
Umsatz von 14,6 Milliarden US-Dollar bei 54.579 Beschäftigten.1
Die Entwicklung der 1926
gegründeten Koç Holding, die besonders durch die Privatisierung vormals
staatlicher Konzerne sprunghaft wuchs, ist beispielhaft. Ihr gehören
unter anderem 51 Prozent an Tüpra. Tüpraş hat als einzige
Raffinerie-Gesellschaft der Türkei eine Monopolstellung und beherrscht
60 Prozent des Marktes bei Benzin, Diesel, Heizöl und Flugzeugbenzin.2 Zur Holding gehören auch Autoindustrie und weitere Produktionszweige.
Den türkischen Monopolen wurde bald der
einheimische Markt zu eng. Es reichte ihnen nicht, immer mehr Waren zu
exportieren. Als ein klassisches Merkmal imperialistischer Entwicklung
hat die Türkei deshalb ihren Kapitalexport zwischen 1990 und 2015
dreimal so schnell gesteigert wie den Warenexport. Er wurde von 1,15 auf
44,7 Milliarden Dollar um fast das 40-Fache gesteigert!
Die Koç Holding beutet so in
wachsendem Umfang auch Arbeiterinnen und Arbeiter anderer Länder aus.
Ihr Teilkonzern Arçelik ist heute das drittgrößte Unternehmen für
Haushaltsgeräte in Europa und Marktführer in der Türkei, Rumänien und
Südafrika. Arçelik beutet insgesamt über 27 000 Beschäftigte aus, davon Tausende in Produktionsbetrieben in Russland, Thailand, China, Südafrika und Rumänien.3 Er hat Kundschaft in 130 Ländern.
Die größte Fluglinie Turkish
Airlines hat in kurzer Zeit die Zahl ihrer Zielflughäfen in Afrika von
zwei auf 48 erweitert. Ihr Passagieraufkommen hat sich seit 2011 fast
verdoppelt auf 61,2 Millionen.4
Dabei versucht der Konzern, Marktanteile auf Kosten der bisher
dominierenden Gesellschaften wie Air France, British Airways oder
Lufthansa zu erobern, insbesondere in den westafrikanischen Staaten
Ghana, Benin, Kamerun, Nigeria.
Seit 2003 weiten türkische Monopole im Nahen Osten – insbesondere im Irak – ihren Einfluss ständig aus5.
Der Irak wurde 2012 zum zweitgrößten Abnehmer türkischer Waren.
Türkische Banken wie die Isbank finanzieren Bauprojekte auf Kreditbasis.
Die Türkiye Petrolleri A. O. (TPAO), das
führende türkische Monopol in der Erkundung und Förderung von Öl und Gas
im In- und Ausland, hat allein im Jahr 2011 sechs Milliarden US-Dollar
im Irak investiert.6 Türkische
Unternehmen planen eine weitere Steigerung ihrer Kapitalanlagen im Irak
um jährlich mehr als zwei Milliarden US-Dollar. Dieses Vorgehen sichert
die Türkei auch militärisch ab und hat gegen den Willen der irakischen
Zentralregierung Truppen im Nordirak stationiert. Dazu arbeitet sie mit
dem Barzani-Clan im Nordirak zusammen.
Die Türkei will
„Energiedrehscheibe“ insbesondere für Europa werden – und Russland dabei
ausstechen. Dazu gehört die Beteiligung der TPAO am Erdgasfeld
Shah-Deniz und an der Südkaukasus-Pipeline in Aserbaidschan.
Aserbaidschan war 2014 mit 1,9 Milliarden US-Dollar wichtigstes Zielland
türkischer Direktinvestitionen.7
Die Armee der Türkei rangiert mit 493.000 Soldaten nach NATO-Angaben zurzeit auf Platz zehn in der Welt und in der Nato auf Platz zwei hinter den USA.8
Das jährliche Militärbudget wurde 2015 gegenüber 2007 um fast 45
Prozent auf 22,5 Milliarden US-Dollar erhöht. Das türkische Militär soll
bis 2023 mit 70 Milliarden US-Dollar auf neuestes Niveau modernisiert
und die türkischen Streitkräfte hin zu einer kleineren, aber
professionellen Interventions-Armee umgerüstet werden.9
Um seine aggressive Außenpolitik
eigenständiger betreiben zu können, baut die Türkei verstärkt eigene
Rüstungsindustrie auf. Sie wächst seit fünf Jahren jährlich um 21
Prozent.10 Das Unternehmen Otokar,
zu 45 Prozent im Besitz der Koç Holding und zu 25 Prozent in dem des
Familienkonzerns Ünver Holding, ist federführend im Bau von Kampfpanzern
und Militärfahrzeugen. Die Waffenexporte der Türkei sind inzwischen auf
1,67 Milliarden US-Dollar gestiegen und sollen in den nächsten sieben
Jahren 25 Milliarden US-Dollar betragen11 – ein „bewährtes Mittel“, um Länder abhängig zu machen.
1 Forbes 2000, Angaben für 2015
2 Koç Holding Annual Report 2015
3 www.tagesspiegel.de, Arçelik bei UN-Klimakonferenz in Paris, 21. 12. 2015, Geschäftsbericht
4 Turkish Airlines Annual Report 2015, S. 26
5 Alle Zahlen dazu aus: GTAI Germany Trade and Invest, Türkische Wirtschaft verstärkt Engagement in Irak, 1. 7. 2013
6 www.hurriyetdailynews.com
7 GTAI Türkei im Fokus 2015, S. 6
8 Global Firepower: Türkei hat zehntstärkste Streitmacht der Welt, DTJ-ONLINE , 23. Mai 2015
9 https://deruwa.wordpress.com/2015/05/06/turkei-strebt-nach-unabhangiger-rustungsproduktion/
10 http://eurasianews.de/blog/tuerkische-ruestungsindustrie-waechst-jaehrlich-um-21-prozent-auftragsvolumen-bei-11-mrd-us-dollar/
11 http://eurasianews.de/blog/tuerkische-ruestungsindustrie-will-eigenbau-luftabwehrsystem-nato-kompatibel-machen/
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