Freitag, 2. November 2012
„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“ (aus: „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ von Bertolt Brecht)
Von whs
Arbeiterkorrespondenz auf Kommunisten-online vom 30. Oktober 2012 – Nun geht es mir nicht um das Brecht’sche Erbe, obwohl auch dies einer Erwähnung wert wäre; es geht um den „aufhaltsamen Aufstieg“, nicht des Arturo Ui sondern des NSU, dem wieder einmal bei Jauch Respekt gezollt wurde. Wobei ich mich immer wieder frage, ist dieses Breittreten der braunen Eiterbeule wirklich wichtig? Natürlich muss über so etwas berichtet werden. Ein Aufdecken ist notwendig und unbedingt erforderlich, nur, geschieht dies auch? Oder geht es um Vernebelungstaktik? Letzteres ist zwar nicht direkt nachweisbar, aber die Indizien häufen sich.
Herr Jauch lässt es sich am Sonntagabend wieder einmal angelegen sein, die bundesdeutsche Öffentlichkeit über den NSU (Nationalsozialistischer Untergrund [anders ausgedrückt: das Mordtrio Zschäpe, Böhnhardt, Mundlos]) „aufzuklären!“. Um es vorweg zu nehmen, viel blieb von diesem Vorhaben nicht übrig. Nun stellt sich die Frage, war daran Herr Jauch schuld, die ARD oder beide?
Schon in seiner Einführungsrede versuchte der Herr Jauch immer wieder die DDR dafür verantwortlich zu machen, dass drei Neonazis das Image der ach so freiheitlichen und einwandererfreundlichen BRD beschädigten. An der BRD konnte es ja nicht liegen, die hatte ja die Ausländer gewollt, zumindest um die Drecksarbeiten zu erledigen. Also muss die Ursache dafür woanders gesucht werden. Leider wurde er nicht so fündig.
Da half auch die Schützenhilfe von Herrn Zimmermann (MdI) nichts, der immer wieder versicherte, dass man „dies im Auge behalten“ muss. Er bescheinigte dem Verfassungsschutz auch immer wieder, dass er eine phantastische Arbeit leiste. Auch der Einwurf, dass ein Tilo Brandt auf diese Weise 200 T DM (in Worten zweihunderttausend Deutsch Mark) als V-Mann-„Lohn“ in die rechte Szene eintragen konnte, ficht Herrn Zimmermann nicht an, darüber ist der Mann erhaben. Denn: „Unsere Männer und Frauen leisten eine phantastische Arbeit. Sie müssen sich in die … Szene begeben, um V-Leute anzuwerben.“
Das selbst Politiker und Journalisten, die sich dem System verpflichtet fühlen (Özdemir, Vorsitzender Bündnis 90/Die Grünen; Kiyak, freie Journalistin „Frankfurter Rundschau“) den Sicherheitskräften Versagen auf der ganzen Linie vorwerfen, bringt Herrn Zimmermann nicht aus der Spur: Polizei und Verfassungsschutz leisten eine „phantastische Arbeit“.
Der Anwalt einer der betroffenen Familien bestätigte, dass seither nichts passiert sei. Die Anwälte bekommen kaum Akteneinsicht, wenn sie welche bekommen, ist ein Großteil der Akten geschwärzt. Denn: es geht um die Sicherheit der Bundesrepublik. Sind wir tatsächlich wieder soweit? Sind die Braunen schon wieder für die „Sicherheit“ zuständig? Arme Bundesrepublik!
Ein Journalist in der Runde (Kuban genannt, weil er seit Jahren versteckt in der rechten Szene ermittelt und seinen Namen nicht preisgeben will), machte darauf aufmerksam, dass die Polizei bei rechtsradikalen Veranstaltungen zwar präsent sei, aber nichts unternehme, auch wenn eindeutig strafbare Handlungen begangen würden. Er sagte: „Die Neonazis müssen sich den konfliktfreien Raum nicht erkämpfen, er wird ihnen gewährt.“
Auf die tatsächlichen Hintermänner machte auch Frau Kiyak aufmerksam. Sie bestätigte, dass trotz Hinweisen auf rechtsradikalen Hintergrund zuerst die Familien der Opfer verdächtigt wurden. Nur weil sie einen Migrationshintergrund haben, wurden sie verdächtigt. Welch grandioser Einfallsreichtum der Polizei, des BKA, der LKA, des VS und des MAD.
Polizei und Bundesbehörden ermittelten aneinander vorbei, hielten sich gegenseitig Ermittlungsergebnisse vor. Ermittlungen wurden willkürlich auf Regionen beschränkt. So ließe sich die Liste noch eine ganze Weile fortsetzen. Was entgegnete der Innenminister? Jetzt habe man doch die Voraussetzungen geschaffen. Und immerhin gäbe es seit September eine bundesweite Rechtsextremismus-Datei. Gab es vorher keine Rechtsradikalen? Oder waren die alle in der Linksradikalen-Datei erfasst? Frei nach dem Motto, rechts = links, Faschismus = Kommunismus? Wollte man da eventuell auch nur eine Fliege mit einer Klappe schlagen? Braucht man die andere Fliege vielleicht noch?
Nachdem man sich diese Sendung zu Gemüte geführt hat, nachdem man sich die Gesprächsführung von Herrn Jauch auf der Zunge zergehen ließ, nachdem man die Ausführungen von Herrn Zimmermann mal genauer durchleuchtete, drängte sich dieser Verdacht sehr wohl auf. Und es dürfte bei der gegenwärtigen „Aufarbeitung“ sehr schwer (wenn nicht gar unmöglich) werden, diesen Verdacht zweifelsfrei aus der Welt zu schaffen.
Herr Zimmermann, ARD, Herr Jauch, Sie alle sind gefordert, zusammen mit Polizei, den Kriminalämtern auf allen Ebenen und zusammen mit allen Schlapphüten Deutschlands, diesen Verdacht auszuräumen. Geben Sie sich dabei bitte jede erdenkliche Mühe. Ich weiß, die meisten vergessen recht schnell, einige aber haben ein gutes Gedächtnis, gerade wenn es um Vorteilsnahme und Benachteiligung geht. Und darum geht es nicht erst seit heute.
Rot Front
Werner
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