Sonntag, 28. Juli 2013

"Stop watching us" – weltweit Demonstrationen gegen staatliche Überwachung

27.07.13 - Weltweit fanden heute Demonstrationen unter dem Motto "Stop watching us!" statt. In Deutschland gingen in annähernd 40 Städten mehrere tausend Menschen gegen PRISM, Tempora und andere Geheimdienst-Überwachungsprogramme auf die Straße. Ein breites Bündnis hatte sich zusammen gefunden, um die Proteste zu organisieren, unter anderem das "Bradley Manning Support Network" oder in Deutschland der "Chaos Computer Club". Anfang Juni hatte Edward Snowden, ehemaliger Mitarbeiter einer Firma, die mit der US-amerikanischen "National Security Agency" (NSA) und dem FBI zusammen arbeitet, aufgedeckt, dass die Geheimdienste der USA die Kommunikation der Menschen weltweit ausspionieren. Demnach wurden bereits seit September 2007 schrittweise die größten Internet-Provider mit Firmensitz in den USA verpflichtet, sämtliche über ihre Server laufenden Kommunikationsdaten den US-Geheimdiensten in Echtzeit zu übermitteln. Aufgezeichnet und durchforstet werden sämtliche E-Mails, Foren-Beiträge, Videos, Bilder, Gespräche, Videokonferenzen, Suchanfragen sowie alle Benutzer-, Login- und Verbindungsdaten. Aufgedeckt wurde die Zusammenarbeit mit google, googlemail, facebook, microsoft, yahoo, apple, skype, youtube, aol-mail, pal-talk, sowie mindestens 40 weiteren Anbietern, insbesondere im Internet-Zahlungsverkehr. Bill Gates' Konzern Microsoft machte dabei den Vorreiter. Der Nimbus des bürgerlichen Grundrechts auf Privatsphäre und Briefgeheimnis löste sich in Nichts auf. Auch deutsche Geheimdienste machten mit bei der Bespitzelung der Massen. Bundeskanzlerin Merkel will von all dem nichts gewusst haben und ihr Kanzleramtschef Ronald Pofalla, zuständig für die Geheimdienste, hat nach eigener Aussage alles zu 100 Prozent richtig gemacht. Und überhaupt, die Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten – die es also doch gibt! - gehe zurück auf die "rot-grüne" Bundesregierung unter Gerhard Schröder und dessen Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier (SPD). Womit Pofalla wiederum recht hat, was aber nur zeigt, was die bürgerliche Scheinopposition taugt. In der Bespitzelung der Massen sind sie sich einig. Bereits 2010 hatte der damalige US-Gefreite Bradley Manning schwerste Menschenrechtsverletzungen des US-Militärs im Irak und auf Guantanamo aufgedeckt. Während die Herrschenden und ihr Apparat Menschenrechte missachten, verfolgen sie diejenigen, die das aufdecken mit unerbittlicher Härte: Bradley Manning (23) drohen Jahrzehnte Gefängnis. Auch Edward Snowden hätten die USA gerne in der Hand, um ihn aburteilen zu können. Großzügig hat die US-Regierung jetzt der russischen Regierung zugesichert, dass er nach einer Auslieferung nicht gefoltert (!) würde und keine Todesstrafe zu erwarten habe. International sind sich die Geheimdienste und bürgerlichen Politiker einig: Was ihr Machtapparat tut, ist Recht – wer dessen Machenschaften aufdeckt, ist ein Verräter. Innenminister Friedrich hat sogar das "Supergrundrecht auf Sicherheit" entdeckt, dem andere Grundrechte untergeordnet werden müssten. Dabei hat er keinesfalls die Sicherheit der Massen im Blick, deren Existenzbedingungen weltweit immer unsicherer werden: Leiharbeit, Billigjobs, Entlassungen, Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen. Es geht um die Sicherheit der Ausbeuterordnung und der derer, die davon profitieren. Die Demonstrationen "Stop watching us!" zeigen den breiten Unmut der Massen über die Bespitzelung. Dabei beschränken sich die Forderungen noch zu sehr auf das Thema Internet und Internetfreiheit. Sicher würde eine Verbindung zu sozialen Fragen die ganze Brisanz der Totalüberwachung aufzeigen und auch deutlich machen, vor wem die Herrschenden eigentlich solche Angst haben. Immer wieder warnen ihre Analytiker vor der wachsenden "Gefahr sozialer Unruhen". Zum Teil werden von den Unterstützern des Bündnisses auch illusionäre Forderungen aufgestellt, so, wenn gerade die EU zum Gralshüter der Internetfreiheit gemacht werden soll. Andererseits sind Forderungen gegen die Vorratsdatenspeicherung und ihre Varianten ("Bestandsdatenauskunft") durchaus berechtigt.

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