Dossier
“… Die Zahl der im Rahmen der EU-Mission “Sophia” aus dem Mittelmeer geretteten Menschen ist im ersten Halbjahr 2018 drastisch gesunken. Der Rückgang betrage 83 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum, berichtete das Internet-Portal “Buzzfeed” unter Berufung auf Antworten der Bundesregierung auf Anfragen der FDP-Fraktion sowie auf einen vertraulichen EU-Bericht. (…) Die an der Mission “Eunavfor Med Operation Sophia” beteiligten Bundeswehreinheiten retteten im Mai und im Juni “Buzzfeed” zufolge niemanden. In sechs von sieben Monaten habe die Bundeswehr keinen einzigen Menschen aus Seerot gerettet. Zugleich sind in dem Zeitraum viele Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. Mehr als 1500 Menschen starben während der Flucht über das Meer 2018, davon allein 629 im Juni. Das ergeben Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR). (….) Die steigende Zahl von Toten im Mittelmeer wird in dem Bericht mit der Politik vor allem Italiens und Maltas in Verbindung gebracht. Die Länder versuchten, Einsätze privater Hilfsorganisationen zur Rettung von Menschen aus dem Mittelmeer zu verhindern…” Meldung vom 21. August 2018 bei tagesschau.de . Siehe nun dazu:
- Neue Libyen-Mission macht “Sophia” den Garaus – diesmal ohne “Pull-Faktor”
“Rund 45.000 Bootsflüchtlinge hat die “Sophia”-Mission vor der libyschen Küste gerettet. Damit ist nun endgültig Schluß. Die EU-Außenminister starten einen neuen Marineeinsatz – aber diesmal ohne “Pull-Faktor”. Die EU plant einen neuen Marineeinsatz vor der libyschen Küste. Er soll das Waffenembargo überwachen und den Friedensprozess unterstützen, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Die frühere Mission „Sophia“, die viele Bootsflüchtlinge gerettet hat, werde nicht fortgeführt. Die Entscheidung kam überraschend. Vor allem Österreich hatte sich gegen eine Verlängerung von „Sophia“ gesträubt und einen neuen Einsatz blockiert. Die alte EU-Mission habe Schlepper begünstigt und Flüchtlinge angezogen, hieß es in Wien. Er habe Verständnis für diese „legitimen Bedenken“, sagte Borrell. Es dürfe keinen „Pull-Faktor“ geben. Nach einer kontroversen Debatte einigten sich die EU-Außenminister darauf, „Sophia“ durch eine neue, vorwiegend militärisch ausgerichtete Mission zu ersetzen. Sie soll nicht mehr unmittelbar vor der Küste Libyens tätig werden – sondern weiter im Osten, wo die Routen der Waffenhändler etwa aus der Türkei vermutet werden. Bundesaußenminister Heiko Maas sprach von einem „positiven Grundsatzbeschluss“. (…) Sollte die neue EU-Mission dazu führen, dass wieder mehr Bootsflüchtlinge den Weg nach Europa suchen, so werde der Einsatz beendet. Fast könnte man meinen, dass die EU mehr Angst vor Flüchtlingen hat als vor Waffenschmugglern…” Meldung vom 18. Februar 2020 von Eric Bonse in Lost in Europe , siehe auch unser Dossier: [Libyen-Deal] Absurde EU-Politik im Mittelmeer: Rettungsmissionen sollen zukünftig von libyschen Schleusern koordiniert werden - Flüchtlingsrettung im Mittelmeer: Auch künftig kein „Sophia“-Einsatz
“Die EU-Operation im Mittelmeer wird vorerst nicht wieder aufgenommen. Die EU-Staaten können sich nicht auf die Verteilung Geretteter einigen. Die EU-Anti-Schlepper-Mission „Sophia“ im zentralen Mittelmeer wird vorerst nicht wieder aufgenommen. Bei einem Treffen in Zagreb konnten sich die EU-Innenminister nicht auf die Voraussetzungen für eine Verlängerung einigen. Die Welt berichtet, vor allem Österreich und Italien lehnten einen Neustart der „Sophia“-Operation ab. Auch Griechenland und Ungarn hätten Bedenken gezeigt. Für die Wiederbelebung von „Sophia“ wäre eine einstimmige Entscheidung notwendig gewesen. Grund für die Ablehnung ist, dass die EU-Staaten sich nicht auf ein System zur Verteilung Geretteter einigen konnten. Der „Sophia“-Einsatz hatte ab 2015 zehntausende Flüchtlinge aus Seenot gerettet und nach Europa gebracht. So müsste bei einem Neustart auch die Flüchtlingsaufnahme und -verteilung geklärt werden. Insbesondere osteuropäische Länder lehnen beides bisher kategorisch ab…” Artikel von Christian Jakob vom 25.1.2020 in der taz online - Nach Aus für Sophia: UNHCR fordert neue Rettungsmission im Mittelmeer und Aufhebung der Beschränkungen für private Retter
“Die Kritik wegen dem Aus der EU-Seenotrettungsmission „Sophia“ reißt nicht ab. UNHCR fordert den Aufbau neuer Rettungsmissionen. Dem EU-Flüchtlingskommissar zufolge hat die EU-Rettungsmission seit 2015 zur Rettung von fast 730.000 Flüchtlingen beigetragen. (…) „Die Entscheidung der EU-Mitgliedsstaaten, die Operation ‚Sophia‘ faktisch zu beenden, ist ein bedrückender Rückschlag für ein Europa der Humanität, sagte Dominik Bartsch, der Leiter des UNHCR in Deutschland, der „Welt am Sonntag“. Zugleich forderte er neue Maßnahmen zur Rettung von Migranten zwischen Libyen und Europa aus Seenot. (…) Ohne Schiffe könne „Sophia“ weder ihr Mandat – den Kampf gegen Schlepper und Menschenhändler – erfüllen, noch Menschen aus Seenot retten, kritisierte der deutsche UNHCR-Vertreter Bartsch. Er verlangte den Aufbau neuer Rettungsmissionen, um die Kapazitäten für die Seenotrettung zu erhöhen. „Das heißt, es braucht mehr Schiffe, egal, wer sie stellt – in den Gewässern zwischen Libyen und Europa, dort wo Menschen ertrinken“, sagte Bartsch. Zudem müssten Beschränkungen für private Retter aufgehoben werden. „Die Rettung von Menschen aus Seenot ist ein humanitärer und rechtlicher Imperativ, der in internationalen Übereinkommen festgeschrieben ist“, betonte Bartsch…” Meldung vom 1. April 2019 beim Migazin
- EU will offenbar Marineeinsatz vor libyscher Küste beenden
“Die Mission Sophia hat Zehntausenden Menschen im Mittelmeer das Leben gerettet. Einem Bericht zufolge sollen die Schiffe abgezogen werden. Die EU könnte die Rettungsaktion für Migranten vor der Küste Libyens vorerst beenden. Weil sich die Mitgliedstaaten nicht auf ein neues System zur Verteilung von aus Seenot geretteten Menschen einigen konnten, sollen die Aktivitäten von Schleusernetzwerken bis auf Weiteres nur noch aus der Luft beobachtet werden, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa) unter Berufung auf EU-Kreise. Die Ausbildung libyscher Küstenschützer soll jedoch fortgesetzt werden. Entsprechend berichtete auch Politico. Eine weitere Verlängerung des Einsatzes von Schiffen scheiterte laut dpa am Veto Italiens. Seit die populistische Regierung in Rom im Amt ist, hat Italien einen scharfen Anti-Migrations-Kurs eingeschlagen. Mehrfach wurden Schiffe mit geretteten Menschen im Mittelmeer blockiert…” Agenturmeldung vom 27. März 2019 bei der Zeit online – Andrej Hunko meldet bei Twitter: “In EUNAVFORMED sollen “Schleusernetzwerke bis auf Weiteres nur noch aus der Luft beobachtet werden”. Die Agenturen schreiben nicht, was gemeint ist: Aufklärung mit Drohnen des italienischen Militärs. Die Predator flogen letztes Jahr mehrmals testweise.”
- Abzug aus dem Mittelmeer: Bundeswehr stoppt Seenotrettung
“Georg Restle: „Fast vier Jahre lang rettete die Bundeswehr Flüchtlinge, die im Mittelmeer in Seenot gerieten. Doch damit ist es jetzt erstmal vorbei. Am Freitag lief das letzte deutsche Schiff der europäischen Mission Sophia in seinem Heimathafen in Wilhelmshaven ein. Wie wichtig die Bundeswehr für die Rettung von Menschenleben war, zeigt sich aber nicht nur in der Zahl der Geretteten, sondern auch in den Aussagen von Bundeswehrsoldaten, die jetzt in erstaunlicher Offenheit in einem Bundeswehrmagazin nachzulesen sind. Aussagen, die zeigen, dass es einen großen Unterschied macht, ob man die Lage im Mittelmeer vom sicheren Sofa aus oder unmittelbar vor Ort erlebt. (…) Eigentlich war die Aufgabe der deutschen Soldaten vor allem eins: Schleuser aufspüren und bekämpfen. Die Praxis aber sah anders aus. Etwa 22.500 Flüchtlinge haben deutsche Soldaten nach Angaben der Bundeswehr in den letzten vier Jahren vor dem Ertrinken gerettet. In einem Bundeswehrmagazin bekommt man jetzt einen seltenen Einblick: Eindrücke von deutschen Soldaten, wie von Oberbootsmann Jan Hodam, die bei Rettungseinsätzen dabei waren. Jan Hodam: „Das waren kriegsähnliche Szenen. Da waren Leute nackt im Wasser, die um ihr Leben kämpften, schrien, weil ihr Boot im Begriff war, zu sinken.“ Sie hätten viel Leid gesehen. Aber auch viel Dankbarkeit erlebt. Jan Hodam: „Als Operateur wusste ich, dass es primär darum ging, Schleusernetzwerke aufzuklären und zu stören. Dass die Hauptaufgabe faktisch dann darin bestand, Menschen zu retten, war für die Besatzung positiv, weil man das Gefühl bekam, etwas Gutes zu tun.“ Menschen, die ertrinken, nicht zu retten. Einfach vorbeizufahren, um andere von der Flucht abzuschrecken, sei für sie keine Option gewesen. (…) Jan Hodam: „Für mich ist das Bild, das wir in Deutschland von Flüchtlingen haben, falsch. Die Menschen, die wir gerettet haben, waren in einer akuten Notsituation. Wie sind sie da reingeraten? Dafür sind auch wir mit der europäischen Wirtschaftspolitik mitverantwortlich.“ Ein politischer Appell eines Bundeswehrsoldaten. Ein Appell, die Not der Flüchtlinge zu sehen – und dafür Verantwortung zu übernehmen. Georg Restle: „Schade nur, dass das Verteidigungsministerium den Soldaten keine Genehmigung zum Interview erteilte. Dabei gibt’s hier doch wirklich nichts zu verbergen.“ Bericht von Shafagh Laghai bei Monitor vom 21. Februar 2019 (Videolänge: 4:20 Min., in der ARD-Mediathek abrufbar bis zum 21. Februar 2020)
- “Sophia”: Rettungsmission im Mittelmeer vor dem Aus
“Fast 45 000 schiffbrüchige Flüchtlinge konnten bei der EU-Mission “Sophia” in den vergangenen drei Jahren gerettet werden. Nun zieht Berlin seine Fregatte ab, Italien will Flüchtlinge anders verteilen. Der Mittwoch war ein Tag für Wortklauber. “Das Schicksal von Operation ‘Sophia’ ist noch nicht besiegelt”, sagte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos bei der mittäglichen Pressekonferenz. Nur wenige Augenblicke später sagte er aber auch: “Operation ‘Sophia’ war erfolgreich”, und er wiederholt es sogar noch einmal: “Operation ‘Sophia’ war erfolgreich.” War, nicht ist. Die Soldaten der EU-Rettungsmission im Mittelmeer haben seit 2015 insgesamt fast 45 000 Schiffbrüchige aus dem Meer gerettet; 22 500 von ihnen wurden von deutschen Soldaten geborgen. Nun droht der Mission das Ende: Italien, das entsprechend den Vereinbarungen der Mission das Kommando hat und bislang alle Geretteten selbst aufnehmen soll, knüpft die Fortführung der Mission an die Bedingung, dass diese Last künftig auf mehrere Schultern verteilt wird; die Mitgliedstaaten können sich aber nicht einigen. Zuletzt wurde das Mandat noch einmal um drei Monate verlängert, bis Ende März. Auch mit der Ankündigung der Bundesregierung, die Fregatte Augsburg aus der Mission abzuziehen und nicht sofort ein anderes Schiff an deren Stelle zu entsenden, ist eine Verlängerung unsicher geworden…” Artikel von Cerstin Gammelin, Karoline Meta Beisel und Oliver Meiler vom 23. Januar 2019 bei der Süddeutschen Zeitung online , siehe dazu:
- Von der Leyen attackiert Salvini
“In der “Friedensunion” EU herrscht Unfrieden – nun auch zwischen Deutschland und Italien. Verteidigungsministerin Von der Leyen attackiert Italiens Innenminister Salvini – es geht um die EU-Mission “Sophia”. Von der Leyen übte scharfe Kritik am italienisch geführten Oberkommando der Mission. Dieses habe das deutsche Schiff “in die entlegenste Ecke des Mittelmeers geschickt, wo es überhaupt keine Schmuggelrouten gibt und auch keine Flüchtlingswege”. Die deutschen Soldaten seien dort seit Monaten “ohne eine sinnvolle Aufgabe” gewesen, so Von der Leyen auf dem Weltwirtschafts-Forum in Davos. Mit der scharfen Kritik begründet die CDU-Politikerin den – überraschenden – deutschen Rückzug aus der Marinemission “Sophia”, die gegen Schlepper vorgehen soll, früher aber auch Flüchtlinge rettete. (…) Salvini pochte derweil erneut auf eine Änderung der bisherigen Einsatzregeln, wonach aus Seenot gerettete Menschen zunächst in einen italienischen Hafen gebracht werden sollen. Andernfalls müsse “Sophia” beendet werden, sagte er…” Beitrag von Eric Bonse vom 23. Januar 2019 bei LostinEU
- Siehe auch unser Dossier: Italienische Flüchtlingspolitik
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