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Seenotretter trotzen Salvini
Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch will sich nicht von den verschärften Gesetzen der Regierung in Rom abschrecken lassen. Am Mittwoch teilte die Organisation mit, dass sie mit ihrem Schiff in italienische Gewässer fahren werde. Zwei Wochen nach der Rettung von 53 Geflüchteten vor der libyschen Küste gerate die Situation an Bord außer Kontrolle, erklärte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer. »Wir hatten schon die ganze Zeit die Situation, dass Menschen über Bord springen wollten.«
Das Rettungsschiff »Sea-Watch 3«, das unter niederländischer Flagge fährt, befand sich am Mittwochnachmittag in der Nähe von Lampedusa. Die italienische Insel war das Ziel von Kapitänin Carola Rackete. Sie hatte am Dienstag in der Zeitung »La Repubblica« angekündigt, die Geflüchteten aus verschiedenen afrikanischen Staaten notfalls ohne Erlaubnis »an einen sicheren Ort auf Lampedusa« zu bringen. Bislang wurden nur elf Schutzsuchende, darunter Kinder und schwangere Frauen, unter anderem wegen ihres Gesundheitszustands in Italien an Land gebracht. Ein Geflüchteter hatte in einem Video, das am Montag über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet wurde, erklärt, dass sich auf dem Schiff Menschen befinden würden, die erst vor kurzem aus libyschen Haftlagern geflohen seien. Dort werden nach Berichten der Vereinten Nationen schwerste Menschenrechtsverletzungen begangen.
Die italienische Regierung hatte kürzlich ein Dekret verabschiedet, wonach Strafen zwischen 10 000 und 50 000 Euro drohen, wenn private Schiffe mit Geretteten an Bord unerlaubt in die italienischen Gewässer fahren. Der Kapitän, der Schiffsbetreiber und der Besitzer des Schiffes müssen die Strafe bezahlen. Für Rackete könnte es sogar noch schlimmer kommen, wenn sie in Italien wegen der »Beihilfe zur illegalen Immigration und wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung« angeklagt werden sollte.
Die rechte Lega von Innenminister Matteo Salvini regiert in Rom zusammen mit der Fünf-Sterne-Bewegung. Salvini höhnte, dass die »Sea-Watch 3« aus seiner Sicht vor Lampedusa bis »Weihnachten und Neujahr« ausharren könne. In der Vergangenheit hatte der Politiker auch gesagt, dass Geflüchtete zurück nach Libyen gebracht werden sollten. In dem nordafrikanischen Land drohen den Menschen Folter, Vergewaltigung oder der Tod.
Der italienische Innenminister hatte zudem damit gedroht, Schiffe zu beschlagnahmen, die wiederholt gegen den Erlass seiner Regierung verstoßen. Die »Sea-Watch 3« war bereits am 20. Mai zwischenzeitlich beschlagnahmt worden, nachdem die Schiffsbesatzung 65 Migranten vor der Küste Libyens aus Seenot gerettet und nach Italien gebracht hatte.
Sea-Watch hatte zunächst versucht, auf gerichtlichem Weg eine Anlandung in Italien zu erreichen. Doch am Dienstagabend scheiterte ein entsprechender Eilantrag vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Das Gericht erklärte in einer Mitteilung, dass die Situation an Bord des Schiffes derzeit keinen Zwang gegen Italien rechtfertige.
Die Richter bezogen sich auf Artikel 39 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Demnach seien »einstweilige Maßnahmen« nur vorgesehen, wenn es ein »unmittelbares Risiko für irreparablen Schaden« gebe. Der EGMR betonte, dass die italienischen Behörden gesundheitlich anfälligen und anderweitig verwundbaren Menschen an Bord beizustehen hätten.
Sea-Watch hatte in den vergangenen Tagen auch an die Europäische Union und an die Bundesregierung appelliert, die Aufnahme der Flüchtlinge durch europäische Städte zu ermöglichen. Mehr als 60 Kommunen hätten sich dazu bereit erklärt. Die Bundesregierung hatte aber keine große Motivation gezeigt, in dem Fall zu handeln. Man verschließe sich einer Aufnahme von Geretteten nicht, setze sich aber für eine Lösung in gemeinsamer europäischer Verantwortung ein, hieß es zuletzt aus dem Bundesinnenministerium.
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