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Mehr als das ABC zur Integration
»Ich möchte mich mit den Menschen unterhalten können, ich möchte die Leute auf dem Amt und die Lehrer und Erzieher meiner Kinder verstehen«, schildert die Teilnehmerin eines Sprachkurses für geflüchtete Frauen ihre Motivation, die deutsche Sprache zu lernen. Dafür könnten die Grundkenntnisse, die in den Deutschkursen für Geflüchtete an den Volkshochschulen bislang vermittelt werden, noch ausreichen. Doch für einen Zugang zu Arbeit und Ausbildung braucht es mehr als das. Für ihre Mitschülerin etwa, die ihren Schulabschluss machen und Krankenschwester werden möchte, reicht das nicht.
Damit Geflüchtete in Zukunft über die Basisförderung hinaus an Aufbaumodulen teilnehmen und im besten Fall mit einem erfolgreichen Sprachtest abschließen können, wurden nun die Deutschkurse ausgeweitet. Statt wie bisher 400, sind nun 1000 Unterrichtseinheiten pro Person möglich. »Die Sprachkurse tragen enorm dazu bei, dass die Menschen, die in diese Stadt kommen, sich ein eigenes Leben aufbauen können, denn dafür ist die deutsche Sprache zentral«, sagte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (LINKE) am Montag bei der Unterzeichnung einer entsprechenden Vereinbarung zwischen Senatsverwaltung und Volkshochschulen (VHS) in einem Bildungszentrum in Pankow.
Seit 2014 bietet das Land Berlin auch für diejenigen Geflüchteten Sprachkurse an, die keinen Zugang zu den Integrationskursen und Sprachfördermaßnahmen des Bundes haben, etwa weil sie einen unsicheren Aufenthaltstitel haben oder aus einem vermeintlich sicheren Herkunftsland stammen. »Auch Menschen ohne sicheren Aufenthaltsstatus werden hier eine ganze Weile bleiben und sollten daher Zugang zu Integrationsmaßnahmen haben«, findet Breitenbach.
Dafür erhalten die Volkshochschulen finanzielle Mittel von Senat und Bezirken. Die Kurse werden jedoch nicht nur in den Schulen, sondern auch an externen Orten wie in Stadtteilzentren oder in den Flüchtlingsunterkünften selbst angeboten. Auch weil es in den VHS nicht genügend Räumlichkeiten gibt, wie Pankows Bürgermeister Sören Benn (LINKE) einräumt. Auch ausreichend Kursleiter zu finden sei aufgrund der großen Nachfrage gar nicht so einfach. »Die Leute rennen uns die Bude ein und wollen Deutsch lernen«, so Benn.
Rund 7000 Menschen besuchen die Sprachkurse pro Jahr, weiß der Leiter der Volkshochschule Mitte, Michael Weiß. Allein in diesem Jahr waren es schon mehr als 4000 Geflüchtete. Die kommen aus aller Welt: 126 verschiedene Herkunftsländer haben die Volkshochschulen im vergangenen Jahr gezählt. Sechs bis acht Wochen dauern die einzelnen Module, in denen 15-18 Leute deutsch pauken können. Doch nicht nur das, auch andere Themen wie Bildungsberatung und Arbeitsschutz werden dort thematisiert. »Viele Geflüchtete werden Opfer von Arbeitsausbeutung. Um sie davor zu schützen, ist es umso wichtiger, dass die Menschen ihre Rechte kennen«, sagt Breitenbach, die auch Arbeitssenatorin ist.
Nach fünf Jahren sei es jedoch an der Zeit, um nachzusteuern. »Nach 400 Stunden hat man quasi das Seepferdchen der deutschen Sprache - das reicht nicht aus«, meint Volkshochschulleiter Michael Weiß. Auch weil nicht alle die gleichen Voraussetzungen haben, einige Flüchtlinge müssen erst einmal Alphabetisierungskurse besuchen, während andere schnell mit der neuen Sprache zurechtkommen. Doch auch diese brauchen für das Sprachniveau B2, das für viele Studiengänge und Jobs Voraussetzung ist, mehr Zeit. Standardkurse helfen da oft nicht weiter: »Man muss auf die einzelnen Lebenslagen der Geflüchteten eingehen«, erklärt Benn.
Neben der Ausweitung der Unterrichtsstunden wird es noch eine weitere Neuerung geben, die dazu beitragen soll, dass die Sprachkurse wirklich allen Geflüchteten in Berlin offenstehen: »Wir haben festgestellt, dass viele Frauen, die die Kurse besuchen wollen, Kinderbetreuung brauchen«, sagt Breitenbach. Damit auch geflüchtete Frauen die Möglichkeit bekommen, sich ein eigenes Leben aufzubauen, gebe es nun eine kursbegleitende Kinderbetreuung. Für die Leiterin des Sprachkurses für geflüchtete Frauen ein großer Fortschritt: »Die Frauen werden in ihren Herkunftsländern oft auf ihre Rolle als Mutter beschränkt. Umso wichtiger ist es, dass das hier anders ist.«
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