Montag, 24. Juni 2019

Widerstand gegen Industriepark Ostelbe (IPO)


In einer Zeit, wo die deutsche Wirtschaft stagniert, wollen die drei Gemeinden Pirna, Heidenau und Dohna beim Pirnaer A 17-Zubringer einen 140 ha großen Industriepark Oberelbe entwickeln. Dabei gibt es bereits vier kurzfristig erschließbare Flächen in Dresden-Südost, Heidenau, Pirna und Königstein mit zusammen 105 ha, die bisher nicht genutzt werden. Auch fertig erschlossene Gewerbegebiete sind nur teilweise belegt.
Hatte man bei Beginn des Projektes Kosten von 60 Mio. Euro angegeben, sind die geplante Kosten in eineinhalb Jahren (!) auf 140 Mio. Euro angestiegen, ohne dass auch nur ein Spatenstich erfolgt ist. Bis zur Realisierung in 10 Jahren (!) werden die Kosten weiter ansteigen.
Neben erhofften Zuschüssen und Fördermitteln sollen die beteiligten Gemeinden für die Kosten haften. Dieses Geld wird bei anderen, sozialen Projekten fehlen. Dann wird es – wie so oft – heißen, „dafür ist kein Geld da“.
Hauptargument der Befürworter sind „Arbeitsplätze“, die mit dem IPO in die Region kommen sollen. Doch bisher hat keiner der Planer gesagt, wer und was sich dort ansiedeln soll oder will. Das ist intransparent und unglaubwürdig. Denn wenn man konkret Interessenten hätte, könnte man die rasch auf den bereits fertig erschlossenen Gewerbeflächen ansiedeln. Oder man hat etwas in der Hinterhand und verschweigt es den Menschen, weil man Ansiedlungen im Auge hat, die von den Bewohnern wegen ihrer Umweltschädlichkeit oder aus anderen Gründen abgelehnt werden könnten. Zudem werden in der Umgegend von Dresden aktuell Arbeitsplätze abgebaut. Der Umstieg auf E-Autos, die Digitalisierung der Industrie wird auch vor der Region nicht Halt machen. Viele glauben daher nicht an einen Riesenboom, nur weil man für viel Geld neue Industrieflächen schafft, wo bereits bestehende ungenutzt sind.
Die Gegner bezweifeln daher zurecht, dass ein solches Projekt ernsthaft zu mehr Arbeitsplätzen führt. Dagegen sehen sie viele Nachteile für die Menschen (Lärm, mehr Verkehr, Luftverschmutzung) und die Umwelt (Zerstörung einer Frischluftschneise, Versiegelung der Landschaft, Erhöhung der Hochwassergefahr, Gefährdung von Tier- und Pflanzenarten).
Zudem wird damit ein landschaftlich sehr schönes Gebiet zerstört. In der Region leben viele Menschen vom Tourismus. Nach der Zerstörung der Industrie, als Westdeutschland die DDR in Besitz nahm, haben sich viele Menschen eine neue Existenz im Bereich Tourismus aufgebaut. Das wäre durch ein riesiges Industriegebiet gefährdet. Und natürlich würden eine wunderbare Landschaft zerstört, statt die Flächen zu nutzen, die man bereits für die Industrie ausgewiesen hat.
Dazu gibt es ausführliche Stellungnahmen eines Bürgerbegehrens gegen den IPO, der Kirchengemeinde Pirna und anderer. Mehrere Protestaktionen wie eine Fahrraddemo, eine Menschenkette, Infostände haben bereits stattgefunden.

Hier geht es zur Seite des Bürgerbegehrens:
Klar ist, dass die Grünen gegen den IPO mobilisieren. Das ist ihr Thema. Klar ist ebenso, dass die sächsische Staatsregierung sowie CDU und SPD den IPO befürworten.
Interessant ist, wie die Linkspartei herumeiert. In ihrer Zeitung für die Region „Links der Elbe“ Nr. 108 vom März 2019 erklärt ihre Stadträtin Daniela Lobe, ihr „’grünes Herz‘ sagt nein zum IPO“ und ihr „‚linkes Herz‘ ja zum IPO“, weil das „vernünftige Industriearbeitsplätze“ bringen könne.Dann dürfen Pro und Kontra aus ihren Reihen zu Wort kommen. Da steht dann unter anderem: „Aber bei der zu erwartenden Ansiedlung von Gewerbebetrieben auf dem in Zukunft erstehenden IPO-Gewerbeparks gegen die Ansiedlung von Firmen zu sein, die Rüstungsgegenstände produzieren, ist in meinen Augen blauäugig.“ Also: Für Rüstungsproduktion! Beschwichtigend wird dann angefügt, dass ja sowieso nicht zu erwarten sei, dass dort eine Panzerfabrik gebaut werde. Wie tröstlich! Die Linke will es sich mit niemandem verscherzen und nach allen Seiten hin „bündnisfähig“ sein, inzwischen wohl auch hin zur Rüstungsindustrie.
Natürlich sind auch Rechte aktiv. Vor allem die neoliberale und „blaue“ Liste „Pirna kann mehr“, die eng mit Frauke Petrys Partei „Die Blauen“ verbandelt ist, tut so, als ob sie für Umweltschutz sei. Sie stellen sich gegen den IPO, weil viele in der Bevölkerung empört sind. Real bezweifeln ja gerade die „Blauen“ von Frauke Petry, AfD und andere Rechte eine Klima- und Umweltkatastrophe. Hier aber lassen sie ihr Fähnchen mit dem Winde wehen und hoffen auf Wählerstimmen. Wie weit die Verbandelung dieser rechten Kräfte mit den alten „bürgerlichen“ Parteien geht, zeigt ein wenig bekanntes Ereignis: Für die CDU war bis dato Klaus Brähmig Direktkandidat bei Bundestagswahlen, ein übler Sudetenfunktionär. Er führte mit der NPD (!!) eine „Patriotismus-Debatte“ durch, wobei er meinte, er käme nicht aus Warschau mit durchgerutschten Hosenknien wieder wie einst Willy Brandt. Es ist klar, dass unter solchen Umständen die „Blauen“ in der Region bereits als „bürgerlich“ eingeordnet und als Partner angesehen werden.
Trotz all dieser Kräfte, die den Widerstand ausnutzen und vor ihren Karren spannen wollen, ist der Widerstand real und berechtigt. Die Menschen werden dabei lernen, wer wirklich für ihre Interessen eintritt und wer sie ausnutzt. Am besten ist es jedoch, wenn sie selbst, unabhängig von diesen Kräften aktiv werden und für ihre eigenen Interessen kämpfen.

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