Dienstag, 12. Dezember 2017
„Die Lufthansa will uns aushungern“ – Ein Air Berliner packt aus
"... Die Übernahme, die offiziell keine sein darf, geht auf Kosten von
rund 4.000 Mitarbeitern, deren Schicksal Politik und Medien
gleichgültig zu sein scheint. Kein medialer Aufschrei wie bei den
Schlecker-Mitarbeiterinnen (nicht, dass es denen genützt hätte), keine
aufgebrachte Andrea Nahles wie beim kürzlich bekannt gegebenen
Siemens-Stellenabbau. Nein, es ist doch „unsere“ Lufthansa, die den
Wettbewerber schlucken durfte. Glas Wein dazu? Die Öffentlichkeit
bekam schnell den Eindruck, dass die Air Berlin-Mitarbeiter bei den
Verhandlungen um eine Übernahme am unwichtigsten waren. (...) Ein Air
Berlin-Pilot war bereit, mit Büronymus über das Ende der
Fluggesellschaft und die Stimmung bei seinen Ex-Kolleginnen und
-Kollegen (und natürlich bei ihm selbst) zu sprechen. Hans (Name
geändert) ist seit 20 Jahren in der Fliegerei, davon knapp 10 Jahre
als Pilot bei Air Berlin. (...) Entgegen der Ankündigungen und
Versprechen der Politik, dass die Mitarbeiter neue Arbeitsplätze
bekommen, hat keiner bisher ein Angebot auf Übernahme seines
Arbeitsverhältnisses bekommen. Stattdessen sollen sich die Leute auf
ihre alten Jobs neu bewerben, zu weitaus schlechteren Konditionen, und
ein kompliziertes Testverfahren mit unsicherem Ausgang über sich
ergehen lassen. Das kann der neue Arbeitgeber als „Filter“ nutzen, um
die weniger beliebten Arbeitnehmer auszusortieren..." Interview vom
10.12.2017 von und bei Büronymus - sehr lesenswert!
https://bueronymus.wordpress.com/2017/12/10/die-lufthansa-will-uns-aushungern-ein-air-berliner-packt-aus/
Auch interessant darin wider die beliebte Spaltung der
"Priviligierten": "... „Die Solidarität unter den Piloten ist sehr
groß, erstmals in der Geschichte der Luftfahrt. Denn jetzt ahnt jeder,
dass er das nächste Opfer sein könnte. Wir haben ein Pilotenforum, in
dem 2.000 Leute zusammengeschaltet sind, die sich gegenseitig
bestärken, auf diese Bedingungen nicht einzugehen. Wir haben eine
Übereinkunft, dass sich Piloten dort nicht bewerben. Die Lufthansa
wird spätestens im Sommer große Probleme kriegen, ihre Flugzeuge zu
besetzen. Durch unsere Weigerung wird sich die Situation noch
verschärfen. Wir haben sogar Mitglieder von anderen
Fluggesellschaften, die für notleidende Air Berliner Geld sammeln,
damit die sich nicht bewerben. Unser Motto ist: ,Stay united’.“ (...)
Aber auch das Kabinenpersonal der Air Berlin ist sehr gut ausgebildet
– das ist weltweit der höchste Industriestandard. Und jetzt bietet man
ihnen die weltweit schlechteste Bezahlung! Im Ausland würde sie man
sie mit Kusshand nehmen, zu besseren Konditionen, sogar in Ländern mit
einem insgesamt niedrigeren Lebensstandard. Aber die Leute wollen
nicht weg, die haben ihr Leben hier, ihre Kinder.“ (...) Wir Piloten
erfahren auch Zynismus und Häme: ,Ihr habt immer gut verdient, jetzt
kommt Ihr runter vom hohen Ross.’ Aber die Verdienstmöglichkeiten sind
nicht so hoch. Und die jungen Copiloten haben hohe Schulden von der
Ausbildung bei geringem Gehalt. Die Kabinenmitarbeiter, die ja den
größten Teil ausmachen, sind erst recht keine Einkommensmillionäre.“..."
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