Mittwoch, 15. Februar 2017

Umzugsaufforderung: Oft Erfolg bei Hartz IV Klagen

14.02.2017

Der häufigste Grund für Klagen und Widersprüche gegen Bescheide der Jobcenter waren Kosten für die Unterkunft. Die Kläger bekommen zu 40 % Recht. Das Bundessozialgericht forderte von den Kommunen längst ein „schlüssiges Konzept“ dafür, was angemessene Mieten sind.

Umzug in RandgebieteStudien zeigen hingegen, dass die meisten kommunalen Konzepte explodierende Mieten und mangelnden Wohnraum in ihre Berechnungen nicht einbeziehen. Hartz-IV-Abhängige müssten notgedrungen Wohnungen in Randgebieten suchen.

Das erschwert erstens die Jobsuche, die das Hartz-IV-Konzept angeblich fördern soll. Stellen wir uns eine allein erziehende Mutter vor, die auf Hartz-IV angewiesen ist, und wegen zu hohen Mietkosten gezwungen ist, von Hamburg-Ottensen in einen Außenbezirk an der Grenze zu Schleswig-Holstein zu ziehen.

Fehlende InfrastrukturDie schöne Natur bringt ihr herzlich wenig, weil es vor Ort weder eine großstädtische Infastruktur noch Arbeit gibt. Nehmen wir jetzt an, sie ist gelernte Altenpflegerin, hat keinen Führerschein und versuchte, zuvor in Ottensen als Aushilfskraft in der Behindertenbetreuung wieder Fuß zu fassen.

Um unterschiedliche Kunden zu betreuen, ist sie auf ein funktionierendes System öffentlicher Verkehrsmittel angewesen. Bisher war es kein Problem, in gesamt Altona bis nach Hamburg-Zentrum mit Bahn, Bus und U-Bahn pünktlich die Kunden zu erreichen. In ihrem neuen Wohnort fährt aber nur ein mal pro Stunde ein Bus, die Kunden leben weit verstreut in Vororten. Logistisch ist es unmöglich, in der mobilen Betreuung ohne Auto und Führerschein zu arbeiten.

Behält sie aber ihre Wohnung in Ottensen wachsen die Mietschulden immer weiter an, und irgendwann folgt die Räumungsklage.

Paradies für KriminelleDie unrealistischen Mietobergrenzen sind zudem ein Paradies für kriminelle Vermieter. Die bieten jetzt unsanierte Löcher zu einem Preis an, der noch unter die Obergrenze fällt, die aber kein Mensch, der nicht auf Mittel vom Jobcenter angewiesen ist, nehmen würde. Es entstehen „Hartz-IV-Ghettos.“

Durch Mieterhöhungen doppelt bestraftMietsteigerungen treffen die Betroffenen doppelt: Wenn die Vermieter die Miete über die Obergrenze erhöhen, was bei explodierenden Mietpreisen immer mehr die Regel wird, nötigt die Behörde die Hartz-IV-Abhängigen zur Kostensenkung.

Sie sollen Heiz- und Wasserkosten einschränken, untervermieten oder umziehen. In realitas bedeutet das meistens: Umzug. Bleiben die Betroffenen in der Wohnung, kürzen die Jobcenter meist nach einigen Monaten die Mittel. (Dr. Utz Anhalt)

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