Lehrer sind knapp, überfordert und schlecht bezahlt. Doch vielerorts regt sich Protest
Von Ralf Wurzbacher
Lehrerinnen werden laut: Immer wieder gehen sie
für bessere Bezahlung und anständige Arbeitsbedingungen auf die Straße
wie hier am 12. Mai 2016 in Berlin
Foto: Christian-Ditsch.de
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Sachsen: Mehr Geld gefordert
Kein »Brandbrief«, aber so ähnlich. Anfang Februar hatte eine Delegation des Sächsischen Lehrerverbandes (SLV) Landeskultusministerin Brunhild Kurth (CDU) eine Resolution überreicht und darin bessere Arbeitsbedingungen sowie eine Gleichstellung des Grundschullehramts mit denen anderer Schulformen gefordert. Wie das Internetportal New s4teachers berichtete, lernen an sächsischen Grundschulen mehr als 4.000 Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Dazu kämen in der Primarstufe besondere Herausforderungen durch die Integration von Flüchtlingskindern.Wie überall in Deutschland fehlt es aber auch im Freistaat an qualifiziertem Nachwuchs. Die Lücken schließen zunehmend Quereinsteiger ohne pädagogische Expertise, deren Einarbeitung zusätzliche Belastungen für die ausgebildeten Lehrkräfte mit sich bringt. In ihrem von 4.255 Pädagogen aus 474 Grundschulen unterzeichneten Appell mahnen die Initiatoren, eine fundierte Grundschulausbildung sei entscheidend für das erfolgreiche Absolvieren der weiterführenden Einrichtungen.
Auch angesichts dessen sei es nicht nachvollziehbar, dass Grundschullehrer weniger Geld bekommen als ihre Kollegen. Derzeit erhalten sie in Sachsen abhängig von den Berufsjahren monatlich zwischen rund 3.000 und 4.500 Euro brutto. Sie verdienen also mitunter mehrere hundert Euro weniger als Gymnasiallehrer. »In den Köpfen der Menschen und nicht zuletzt der politischen Akteure dürfen Grundschullehrer nicht länger als Lehrer zweiter Klasse gesehen werden«, erklärte SLV-Vizechefin Katlen Worotnik. Besonders zuversichtlich, dass ihr Anliegen in absehbarer Zeit von der Politik umgesetzt wird, ist sie indes nicht: »Da haben wir noch dicke Bretter zu bohren!« (rwu)
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In Klassen mit bis zu 25 Schülern hätten oft mehr als 80 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund, heißt es in dem Schreiben an Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU). Aber nicht nur in den Brennpunktbezirken mit hohem Ausländeranteil drückt der Schuh. Dafür spricht schon, dass zwei Drittel aller Frankfurter Grundschulen den Appell unterstützen. Viele der Missstände haben sich durch eine seit Jahrzehnten verfehlte Schul- und Sozialpolitik immer weiter zugespitzt und mit dem jüngsten Zulauf an Flüchtlingskindern einen Punkt erreicht, an dem es mit dem üblichen Aussitzen von Problemen nicht mehr getan ist.
Die Politik verfällt ob der Engpässe in Aktionismus. Hessen, Nordrhein-Westfalen oder auch Brandenburg holen derzeit pensionierte Lehrkräfte und Seiteneinsteiger mit kräftigen Zuschlägen in den Schuldienst (zurück). In Bremen wird nach GEW-Angaben jede elfte Stunde von einer nicht voll ausgebildeten Lehrkraft gegeben, sofern der Unterricht nicht ganz ausfällt. Der Stadtstaat behilft sich unter anderem mit sogenannten Feuerwehrkräften, die ihr Lehramtsstudium (noch) nicht abgeschlossen und kein Referendariat vorzuweisen haben. Der Berliner Senat macht ob der Notlage sogar den Kalten Krieg vergessen. Dort hat man im Vorjahr DDR-Lehrer reaktiviert, die seit der »Wiedervereinigung« lediglich in Schulhorten als Erzieher tätig sein durften.
Bayern versucht sich neuerdings daran, die Möglichkeit von Teilzeitarbeit für die Lehrkräfte an Grund-, Förder- und Mittelschulen einzuschränken. Vor zwei Wochen erreichte ein Brief des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sowie die Abgeordneten des Münchner Landtags. Die Schulleiter des Freistaats sähen sich »angesichts mieser Arbeitsbedingungen außerstande, ihre Aufgaben gut zu erledigen«, schreiben die Initiatoren im Namen von 5.000 Volksschulleitern. »So kann es nicht weitergehen«, äußerte sich BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann: »Wir brauchen keine Zuckerl. Wir brauchen eine echte Reform.« Vor jeder neuen Anforderung müsse künftig gesagt werden, welche andere dafür entfällt.
Schließlich ist da noch der Brandbrief der Eltern von Schülern der Friedrich-Ludwig-Jahn-Grundschule in Wittenberge an Brandenburgs Bildungsminister Günter Baaske (SPD). Jedes Jahr seien »immer wieder die gleichen Lehrer dauerkrank. Klassen werden aufgeteilt, mit Stillarbeit beschäftigt, oder es werden zwei Klassen gleichzeitig unterrichtet, Stunden bzw. ganze Unterrichtstage für einzelne Klassen fallen aus.« Dies sei nur noch eine »Verwaltung von Mangel«. Das Ministerium gab daraufhin laut örtlicher Presse zu verstehen, das Problem sei nicht schlimmer als anderswo. Also: Kein Grund zur Aufregung.
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