Bald nur noch Luxuswohnungen in Berlin?
12.02.2017
Der ehemalige Staatssekretär Andrej Holm warnt: „Berlin entwickelt sich zur Hartz-IV freien Zone.“ Laut dem ND leben zwar noch 85 % der Berliner zur Miete, doch das Angebot von Eigentumswohnungen vergrößerte sich von 2007 auf 2015 von 70.000 auf 140.000, zugleich sank die Zahl der angebotenen Mietwohnungen in der gleichen Zeit von 200.000 auf 85.000.
12.02.2017
Der ehemalige Staatssekretär Andrej Holm warnt: „Berlin entwickelt sich zur Hartz-IV freien Zone.“ Laut dem ND leben zwar noch 85 % der Berliner zur Miete, doch das Angebot von Eigentumswohnungen vergrößerte sich von 2007 auf 2015 von 70.000 auf 140.000, zugleich sank die Zahl der angebotenen Mietwohnungen in der gleichen Zeit von 200.000 auf 85.000.
Wohnraum wird knappMit anderen Worten: Wohnraum wird in Berlin
immer knapper – und immer teurer. Zwar steigen seit vielen Jahren die Mieten in
ehemals günstigen Vierteln wie Prenzlauer Berg, Berlin-Kreuzberg oder
Friedrichshain, weil diese einstigen Arbeiterquartiere als „Szeneviertel“
Menschen aus der ganzen Welt anziehen. Wohnraum wird auch seit langem knapp,
weil immer mehr Eigentümer ehemals günstige Mietwohnungen als Ferienapartments
vermieten und so ein Vielfaches an Profiten heraus schlagen.
In Berlin gab es NischenLange nach der Wende noch hatte Berlin aber im Vergleich zu Großstädten wie München, Köln oder Hamburg den Vorteil seiner Weitläufigkeit. Die Mittellosen zogen weiter – von Kreuzberg 61 nach Kreuzberg 36, von Kreuzberg nach Neukölln oder Friedrichshain und dann von Friedrichshain nach Lichtenberg. Bis weit in die 1990er Jahre galt Berlin als eine der ganz wenigen deutschen Großstädte, wo Hartz-IV-Abhängige noch Möglichkeiten hatten, eine Wohnung zu finden.
Die heutige Situation kommentierte Gaby Delgado, der Sänger der Band DAF folgendermaßen: „In den 1990er Jahren lebte ich am Prenzlauer Berg in einer großen Wohnung mit Kohleofen und Toilette im Hof für 140,00 Euro. Heute hat die Wohnung Heizung und ein Bad, dafür kostet sie das zehnfache.“
Absurde RäumungsklagenHolm spricht von Räumungsklagen mit absurden Begründungen wie Schuhen im Treppenhaus, oder weil Bewohner nach mehrmaligem Wechsel des Vermieters die Miete auf ein falsches Konto überwiesen.
2007 gab es, laut ND, noch über 100.000 angebotene Wohnungen über der von den Jobcentern erlassenen Mietobergrenze, 2015 waren es noch 9575. Die durchschnittliche Miete lag bei 9,05 Euro netto und kalt pro qm, der Höchstsatz für Einpersonenhaushalte auf Hartz-IV liegt hingegen bei 5,84 Euro. 2015 hätten 131.000 Wohnungen gefehlt, die sich Menschen mit geringem Einkommen leisten konnten.
Stadtteil wechseln ist keine Lösung mehrHolm sagt: „Inzwischen kann niemand mehr an den Rand gedrängt werden, weil auch der schon voll ist.“
Das Berliner „Wohnnomadentum“ ist also an seine Grenzen gelangt. Mehr noch: Selbst aus „Problem-Stadtteilen“ wie den Plattenbauten in Berlin-Marzahn müssen Hartz-IV-Abhängige inzwischen weg ziehen, weil sie sich die dortigen Mieten nicht mehr leisten könnten.
Die Armen verlieren ihr soziales UmfeldDie Armen werden so aus der Stadt gedrängt. In Stadtteilen wie Kreuzberg oder Neuköln ist derweil die Hartz-IV-Quote im bundesweiten Vergleich sehr hoch. In manchen Straßen rund um das Kottbusser Tor lebt fast jeder zweite von Mitteln des Jobcenters.
Zugleich engagieren sich gerade in Brennpunkten wie Kreuzberg unzählige Menschen in Erwerbsloseninitiativen, das städtische und private Angebot an Weiterbildungen ist umfangreich und somit gibt es Chancen, dem Hartz-System zu entkommen.
„Kreuzberger Geschichten“ handeln zwar nicht vom Tellerwäscher, der zum Millionär wird, sehr wohl aber vom Hartz-IV-Abhängigen, der erfolgreich einen T-Shirt-Shop gründet oder ein Sozialarbeiter wird, der weiß, wo der Schuh drückt.
Werden jetzt Hartz-IV-Abhängige aus sozialen Brennpunkten vertrieben, die zugleich eine ausgebaute Struktur haben, um die Probleme von Hartz-IV-Abhängigen anzugehen, verlieren sie nicht nur ihr soziales Umfeld, sondern auch die Möglichkeit, sich effektiv gegen Schikanen der Jobcenter zur Wehr zu setzen. Die Chance, den Mühlen eines unmenschlichen Systems zu entkommen, verschwindet am Horizont. (Dr. Utz Anhalt)
In Berlin gab es NischenLange nach der Wende noch hatte Berlin aber im Vergleich zu Großstädten wie München, Köln oder Hamburg den Vorteil seiner Weitläufigkeit. Die Mittellosen zogen weiter – von Kreuzberg 61 nach Kreuzberg 36, von Kreuzberg nach Neukölln oder Friedrichshain und dann von Friedrichshain nach Lichtenberg. Bis weit in die 1990er Jahre galt Berlin als eine der ganz wenigen deutschen Großstädte, wo Hartz-IV-Abhängige noch Möglichkeiten hatten, eine Wohnung zu finden.
Die heutige Situation kommentierte Gaby Delgado, der Sänger der Band DAF folgendermaßen: „In den 1990er Jahren lebte ich am Prenzlauer Berg in einer großen Wohnung mit Kohleofen und Toilette im Hof für 140,00 Euro. Heute hat die Wohnung Heizung und ein Bad, dafür kostet sie das zehnfache.“
Absurde RäumungsklagenHolm spricht von Räumungsklagen mit absurden Begründungen wie Schuhen im Treppenhaus, oder weil Bewohner nach mehrmaligem Wechsel des Vermieters die Miete auf ein falsches Konto überwiesen.
2007 gab es, laut ND, noch über 100.000 angebotene Wohnungen über der von den Jobcentern erlassenen Mietobergrenze, 2015 waren es noch 9575. Die durchschnittliche Miete lag bei 9,05 Euro netto und kalt pro qm, der Höchstsatz für Einpersonenhaushalte auf Hartz-IV liegt hingegen bei 5,84 Euro. 2015 hätten 131.000 Wohnungen gefehlt, die sich Menschen mit geringem Einkommen leisten konnten.
Stadtteil wechseln ist keine Lösung mehrHolm sagt: „Inzwischen kann niemand mehr an den Rand gedrängt werden, weil auch der schon voll ist.“
Das Berliner „Wohnnomadentum“ ist also an seine Grenzen gelangt. Mehr noch: Selbst aus „Problem-Stadtteilen“ wie den Plattenbauten in Berlin-Marzahn müssen Hartz-IV-Abhängige inzwischen weg ziehen, weil sie sich die dortigen Mieten nicht mehr leisten könnten.
Die Armen verlieren ihr soziales UmfeldDie Armen werden so aus der Stadt gedrängt. In Stadtteilen wie Kreuzberg oder Neuköln ist derweil die Hartz-IV-Quote im bundesweiten Vergleich sehr hoch. In manchen Straßen rund um das Kottbusser Tor lebt fast jeder zweite von Mitteln des Jobcenters.
Zugleich engagieren sich gerade in Brennpunkten wie Kreuzberg unzählige Menschen in Erwerbsloseninitiativen, das städtische und private Angebot an Weiterbildungen ist umfangreich und somit gibt es Chancen, dem Hartz-System zu entkommen.
„Kreuzberger Geschichten“ handeln zwar nicht vom Tellerwäscher, der zum Millionär wird, sehr wohl aber vom Hartz-IV-Abhängigen, der erfolgreich einen T-Shirt-Shop gründet oder ein Sozialarbeiter wird, der weiß, wo der Schuh drückt.
Werden jetzt Hartz-IV-Abhängige aus sozialen Brennpunkten vertrieben, die zugleich eine ausgebaute Struktur haben, um die Probleme von Hartz-IV-Abhängigen anzugehen, verlieren sie nicht nur ihr soziales Umfeld, sondern auch die Möglichkeit, sich effektiv gegen Schikanen der Jobcenter zur Wehr zu setzen. Die Chance, den Mühlen eines unmenschlichen Systems zu entkommen, verschwindet am Horizont. (Dr. Utz Anhalt)
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