Montag, 6. Februar 2017
Arbeitsmarkt: Vier von zehn arbeiten atypisch
"Atypische Beschäftigung stagniert auf hohem Niveau.
Arbeitsmarktforscher können die Entwicklung recht präzise beschreiben,
doch eine generelle Erklärung für die Verbreitung von Teilzeit,
Befristung, Minijobs, Leiharbeit oder Solo-Selbstständigkeit fehlt
noch. Deutschland steht nicht allein da. Überall in Europa haben sich
in den vergangenen beiden Jahrzehnten Arbeitsverhältnisse
ausgebreitet, die vom traditionellen Muster des sogenannten
Normalarbeitsverhältnisses abweichen. Vollzeit, unbefristet,
sozialversichert – so arbeiten nur noch gut 60 der Beschäftigten in
der EU. Die übrigen sind atypisch beschäftigt. Der europäischen
Erhebung über die Arbeitsbedingungen zufolge müssen sie sich meist mit
unterdurchschnittlichen Konditionen zufriedengeben. Besonders, was
Arbeitsplatzsicherheit, Entlohnung, berufliche Weiterbildung und
betriebliche Interessenvertretung betrifft. (...) Welche Schlüsse
lassen sich aus den persönlichen Merkmalen atypisch Beschäftigter
ziehen? Dieser Frage sind Sperber und Walwei anhand von
Befragungsdaten des Statistischen Bundesamtes nachgegangen. Ihr
Ergebnis: Sozialversicherungspflichtige Teilzeit sei in der Regel
familiären Verpflichtungen geschuldet, Minijobs würden häufig von
Menschen mit Ausbildungsdefiziten versehen und befristet beschäftigt
sind vor allem Jüngere. Offen bleibt stets, inwieweit die jeweiligen
Beschäftigungsbedingungen selbst gewählt sind. Kaum jemand dürfte sich
aus freien Stücken für einen befristeten Vertrag entscheiden, wenn er
auch einen unbefristeten bekommen könnte. Selbst bei der weithin als
unproblematisch angesehenen Teilzeitarbeit von Müttern lässt sich
nicht mit Sicherheit sagen, inwieweit es um frei gewählte
Arbeitszeiten geht und inwieweit der Mangel an Betreuungsangeboten den
Ausschlag gibt. In jedem Fall, da sind sich der frühere WSI-Experte
Seifert und die IAB-Forscher einig, dürfte die Marktmacht der
Unternehmen eine entscheidende Rolle spielen. Sie setzen mit den
angebotenen Arbeitsverträgen ihre Vorstellung von Flexibilität durch."
Beitrag aus Böckler Impuls Ausgabe 02/2017 bei der Hans-Böckler-Stiftung
http://www.boeckler.de/107127_107135.htm
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