Montag, 31. August 2020

Die Covid-Zahlen steigen bei den Arbeiter*innen in Italien am stärksten – und ein neuer Coronavirus-Herd in der Fleischindustrie


Streikaufruf für Betriebsschliessungen wegen Corona in ItalienVor knapp einem Monat wurden in einem Schweineschlachthof und in einer Fleichverarbeitungsfabrik in der Provinz Mantova zwei Coronaviurs-Herde entdeckt. Das Virus verbreitet sich nun weiter in der Fleichindustrie. In Treviso wurden gestern von 700 Arbeiter*innen eines Hähnchenschlachthofs des Unternehmens Aia (Agricola Italiana Alimenentare) 560 Personen getestet, 182 waren positiv, obwohl sie keine Symptome aufweisen. Die ungetesteten Arbeiter*innen befinden sich zurzeit im Urlaub und sollen getestet werden, sobald sie wieder zur Arbeit zurückkehren. Die Behörden (Präfektur von Treviso, Gesundheitsbehörden und Gewerkschaften) haben die umgehende Einführung von neuen Schutzmassnahmen entschieden: Die Produktion wird um 50% reduziert, die Zahl der Arbeiter*innen pro Arbeitsschicht verringert und die physische Distanz zwischen den Arbeitsschritten erhöht werden. Zudem sollen die Arbeiter*innen im Wochenrhythmus neu getestet werden. Der Betrieb bleibt jedoch weiterhin geöffnet. Die tiefen Raumtemperaturen, das feuchte Klima und die enge Zusammenarbeit an den Fliessbändern machen es dem Virus besonders einfach, sich zu verbreiten. Zudem handelt es sich bei den Arbeiter*innen des Sektors oft um migrantische Menschen, die in überfüllten Wohnsituationen leben (beispielsweise in Asylunterkünften) und auf keine angemessene Gesundheitsfürsorge zählen können.” Mitteilung von Maurizio C. am 26.8.2020 – siehe eine weitere zur allgemeinen Betroffenheit der Arbeiter*innen in Italien:
  • “#ItalienNews. Neuer #COVID__19-Herd in der #Fleischindustrie. Bei Treviso wurde im Hähnchenschlachthof von #Aia 182 von 700 Arbeiter positiv getestet. Neue Sicherheitsmassnahmen werden eingeführt (-50% Produktion, wengier Arbeiter pro Schicht), der Betrieb bleibt aber offen!...” Thread zum Thema von Maurizio C. am 26.8.2020 bei Twitter externer Link
  • Die Covid-Zahlen steigen bei den Arbeiter*innen am stärkstenItalien scheint auf eine “zweite Welle” der Corona-Krise zuzusteuern. In der letzten Woche ist die Zahl der Neuansteckungen stetig gestiegen, gestern Sonntag erreichte sie 1.210 Fälle. Verändert hat sich jedoch das Durchschnittsalter der betroffenen Person und die Sterblickheit: Es sind vor allem jüngere Menschen zwischen 30 und 35 Jahren, die sich das Virus bekommen, u.a. darum ist das Virus auch weniger tödlich (die Zahl der Toten liegt jedoch weiterhin zwischen 5 und 20 Personen täglich). Die am stärksten vom Anstieg der neuen Fälle betroffenen Region ist Sardinien. Die zweitgrösste Insel Italiens blieb während der ersten Welle praktisch unbetroffen vom Virus, doch mit der Wiedereröffnung des Tourismus trifft es nun auch die Inselbewohner*innen. So mussten in den letzten Wochen in Santo Stefano 500 Menschen unter Quarantäne gesetzt und der Nachtclub Billionaire von Flavio Briatore in Arzachena an der Costa Smeralda geschlossen werden, nachdem positive Fälle entdeckt wurden. Ein genauerer Blick auf die Situation zeigt: Von den 26 positiv getesteten Personen in Santo Stefano handelt es sich nur bei einer Person um einen Touristen, die restlichen 25 Personen sind Kellner*innen, Reinigungsarbeiter*innen und Küchenpersonal des Resorts. Im Nachclub Billionaire wurden hingegen 11 von rund 100 Angestellte des Clubs positiv getestet und kein*e Tourist*in. Alle Angestellten wurden in Quarantäne gesetzt. Die Region Sardinien hat versprochen, in allen touristischen Strukturen nun flächendeckend Tests durchzuführen. Dies wird jedoch nicht einfach sein, da zahlreiche saisonal im Sektor angestellten Personen irregulär – d.h. ohne Arbeitsvertrag – arbeiten und sich nun aus Angst vor einem längerfristigen Jobverlust “verstecken”. Sie waren schon während der ersten Phase (März-Mai) von der Kurzarbeit ausgeschlossen und riskieren nun, trotz Wiederbelebung des Tourismus kein Einkommen zu erhalten. Diese gesundheitlich und sozial allarmierende Situation der Saisonarbeiter*innen auf Sardinien zeigt einmal mehr, dass sich hinter den Glitzerlichtern des Urlaubs der Reichen prekäre Arbeit und heftige Ausbeutung verstecken.” Mitteilung von Maurizio C. vom 24.8.2020 – wir danken!
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=177397

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