Ein vernichtendes Urteil über den geplanten Betrug, den das BMJV mit der Reform des Betreuungsrecht abzuziehen versucht:
Stellungnahme des Arbeitskreises der ChefärztInnen und Chefärzte der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankenhäusern (ackpa) zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 23.06.2020
Ackpa engagiert sich für eine integrative und ganzheitliche Krankenhausbehandlung psychisch kranker Menschen auf der Grundlage regionaler Verantwortung und Versorgungsverpflichtung. Zitate (fett von uns hinzugefügt) daraus:
Zusammenfassung:
- Die kontrovers diskutierten Punkte hinsichtlich ersetzender versus unterstützter Entscheidung bleiben in dem Referentenentwurf auf dem bisherigen Stand.
- Die Fehlentwicklungen im Betreuungsrecht (eine Vielzahl von Betreuungen für junge Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen und komplexen Hilfebedarfen werden dazu verwendet, diese Menschen durch Unterbringungen in Kliniken oder geschlossenen Heimen für Jahre aus der Gesellschaft auszuschließen) werden mit der Reform nicht angegangen. Die Reform stärkt damit die Exklusion und setzt kaum Anreize, um Inklusion zu fördern.
- Die vorgesehene gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge schwächt die Autonomie der Betroffenen. Vorgesehen ist, dass für drei Monate ein Ehepartner für seinen Partner, der aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit seine Angelegenheiten rechtlich nicht besorgen kann, Entscheidungen treffen kann, obwohl er vom Betroffenen nicht bevollmächtigt wurde. Nach der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen soll jedoch gerade bei Menschen mit psychischen Erkrankungen nach Wille und Präferenzen der Betroffenen gehandelt werden.
- Die Stärkung der Rolle der Berufsbetreuer geht in die falsche Richtung. Dies widerspricht dem Grundsatz der Subsidiarität der rechtlichen Betreuung.
- In der Gesamtbewertung kommt ackpa zu dem Schluss, dass der Referentenentwurf das Ziel verfehlt, die Autonomie der Betroffenen zu stärken.
Im Einzelnen:
- An den Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung, für eine freiheitsentziehende Unterbringung, freiheitsentziehende Maßnahmen und medizinische Zwangsmaßnahmen (Zwangsbehandlungen) hat sich durch die Reform außer durch eine neue Nummerierung der Paragraphen (§§ 1814-1832) nichts geändert. Damit wird eine Chance vertan, das Betreuungsrecht in ein modernes Unterstützungsrecht zu überführen....
- Der Entwurf belässt es bei dem vom Fachausschuss der Vereinten Nationen zu Recht kritisierten Nebeneinander von unterstützter und ersetzender Entscheidung (CRPD/C/DEU/CO/1 und CRPD/C/GC/1). Der von der Bundesregierung selbst postulierte Vorrang der unterstützenden Entscheidungsfindung wird im Entwurf nicht eingelöst. Insbesondere ist problematisch, dass den Personen, die unterstützen sollen, den rechtlichen Betreuer, die Befugnis eingeräumt wird, gegen den Willen der Betroffenen Entscheidungen zu treffen, ohne dass Wille und Präferenz des Betroffenen ausreichend Berücksichtigung finden....
- Der Entwurf lässt Ansätze vermissen, um bekannten Fehlentwicklungen entgegen zu wirken. Häufig werden junge schwer psychisch kranke Menschen mit komplexem Hilfebedarfen auf Antrag der Berufsbetreuern von den Gerichten monate- oder jahrelang in geschlossenen Heimen untergebracht, die kaum rehabilitative Ansätze verfolgen oder Teilhabe fördern....
- Im Entwurf ist eine Ehegattenvertretungsregelung (§ 1358) vorgesehen, die dem Ehepartner auch bei psychischen Erkrankung die Möglichkeit einräumt, zeitlich begrenzt für drei Monate weitreichende Entscheidungen für den Partner, der krankheitsbedingt nicht in der Lage ist seine Angelegenheiten rechtlich zu erledigen, zu treffen. Diese Entscheidungsbefugnisse umfassen (mit Genehmigung des Betreuungsgerichts) auch freiheitsentziehende Maßnahmen und weiterführende Zwangsmaßnahmen bei Menschen mit psychischen Erkrankungen....
...ackpa sieht diese vorgesehene Regelung außerordentlich kritisch und lehnt sie in der Gesamtbewertung ab. - Mit den Berufsbetreuern wird eine Gruppe gestärkt, die mit gezielter Lobbyarbeit ihren Einfluss im psychosozialen Hilfssystem stärken möchte (z.B. https://www.niccc.de/bdb-rechte-der-betreuten-staerken, https://www.niccc.de/bdb-reform-der-betreuung-ein-notwendiger-schritt, https://www.niccc.de/bdb-reform-ist-ergebnis-eines-kompromisses). Die Justizministerkonferenz hatte sich im Juli 2018 kritisch zur Qualifizierung der Berufsbetreuer positioniert....
Uns hat zwar überrascht, dass ein Arbeitskreis psychiatrischer ChefärztInnen unsere Kritik (siehe die gemeinsame Stellungnahme von Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener und Bundarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener) so erfreulich klar und deutlich im Kern teilt, aber das freut uns um so mehr. Nun handelt das BMJV nicht nur gegen den Willen der Betroffenen, sondern auch der psychiatrisch Behandelnden die verstanden haben, welche Misshandlung, eigentlich ein Verbrechen, eine erzwungene rechtliche Stellvertretung durch eine irreführend "Betreuung" genannte Entmündigung ist und mit der "Reform" auch bleibt, gar sich verschlimmert.
Das ist der zweite Betrug eines Justizministeriums, bzw. der Bundesregierung mit der Behindertenrechtskonvention. Die Chronik dieses ersten Betrugs 2008/9 ist en Detail hier dokumentiert: http://www.zwangspsychiatrie.de/2009/06/chronik-eines-betrugs(Der Vorstandsprecher des ackpa, Dr. Christian Kieser, ist auch Vorstandsmitglied der DGPPN. Die vollständige Stellungnahme des ackpa ist hier im Internet veröffentlicht: https://tinyurl.com/yyktuyal)
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Dies ist eine Nachricht des Werner-Fuß-Zentrums
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http://www.psychiatrie-erfahrene.de
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