Montag, 15. Januar 2018

Anti-Atom-Jahreswechsel

so ein Jahreswechsel bietet immer die Gelegenheit, zurückzublicken auf das vergangene Jahr und eine Vorausschau auf das kommende Jahr zu wagen.
Diesmal bot es sich an, mit dem Jahresrückblick zu warten, bis 2017 wirklich zu Ende war. Denn so ist der Höhepunkt des letzten Jahres noch mit drin: Am Sonntag, den 31. Dezember, so um die Mittagszeit, wurde Block B des AKW Gundremmingen endgültig abgeschaltet. Wenn man sich bewusst macht, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung 2010 beschlossen hatte, diesen Reaktor noch bis 2028 zu betreiben, dann wird klar, wie wichtig es war, dass so viele Menschen nach dem Beginn der Fukushima-Katastrophe auf die Straße gegangen sind – und auch in den Jahren seither nicht lockergelassen haben.
Ein Atommeiler weniger am Netz – das ist ein Anlass zu großer Freude. Und gleichzeitig, da erzähle ich Dir nichts Neues, ist es empörend, dass der baugleiche und gleichalte Schwester-Reaktor in Gundremmingen, Block C, noch vier Jahre weiterlaufen soll. Viele waren in den letzten Monaten aktiv, um dies zu verhindern. „Wer B sagt, muss auch C sagen“ war unsere Parole, gemeinsam mit Bündnispartnern. Mit zahlreichen Aktionen haben wir übers Jahr immer wieder auf unser Anliegen aufmerksam gemacht.
Noch haben wir gemeinsam das Ziel nicht erreicht; mit dem Abschalten von Block B aber immerhin einen Etappensieg. Was Block C und die anderen noch laufenden Atomkraftwerke in Brokdorf, Grohnde, Lingen, Philippsburg, Neckarwestheim und Ohu angeht, ist es dringend nötig, weiter aktiv zu bleiben.

Was hat .ausgestrahlt 2017 noch beschäftigt?
50.000 Menschen demonstrierten Hand in Hand für einen europäischen Atomausstieg, organisiert von örtlichen Anti-Atom-Gruppen mit tatkräftiger Unterstützung von .ausgestrahlt. Die 90 Kilometer lange Menschenkette durch drei Länder, vom belgischen Skandalmeiler Tihange über Lüttich und Maastricht bis nach Aachen war ein beeindruckendes grenzüberschreitendes Zeichen des Protests.
25.000 .ausgestrahlt-Infoblätter zum Thema „Freigemessen und vergessen“ (über den verantwortungslosen Umgang mit AKW-Abrissmaterial) haben Initiativen von betroffenen Deponiestandorten verteilt. Und natürlich haben wir auch zu vielen anderen Themen Infomaterial erstellt und über den .ausgestrahlt-Shop verbreitet.
200 Mahnwachen rund um den Fukushima-Jahrestag brachten den Anti-Atom-Protest auch in vielen kleinen Städten erneut auf die Straße. .ausgestrahlt hat die Organisator*innen unterstützt und zur Mobilisierung beigetragen.
40 Jahre Protest im Wendland hat .ausgestrahlt im Februar zusammen mit den Initiativen in Lüchow-Dannenberg gefeiert und mit einer Ausstellung und einem Flyer über die aktuelle Situation in Gorleben informiert.
15 Castor-Behälter hat die EnBW in fünf Schiffs-Transporten auf dem Neckar zwischen Juni und Dezember von Obrigheim nach Neckarwestheim gebracht. Gemeinsam mit vielen Bündnispartnern hat .ausgestrahlt den Protest dagegen organisiert.
2 Atomkraftwerke liegen in Norddeutschland in sogenannten Netzengpassgebieten, in denen der Ausbau der Windenergie wegen angeblich fehlender Leitungen eingeschränkt wurde. Obwohl die AKW selbst dann durchlaufen, wenn der Wind kräftig weht, wird öffentlich behauptet, die Stromleitungen würden für die Erneuerbaren Energien nicht ausreichen. .ausgestrahlt streitet dafür, dass die nuklearen Netzverstopfer früher abgeschaltet werden.

Was kommt 2018 auf uns zu?
Die Auseinandersetzung um die Netzverstopfer wird uns weiter beschäftigen. Wird eine neue Bundesregierung so vernünftig sein und Atomkraftwerke früher abschalten, damit die Netze frei werden für den Ausbau der Erneuerbaren Energien?
Das Atomgesetz muss nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den AKW-Laufzeiten bis Juni 2018 novelliert werden, da für zwei Reaktoren Ausgleichsmaßnahmen für ihr frühes Abschalten anfallen. Wie diese Maßnahmen aussehen, ist noch offen. Im schlimmsten Fall könnten es sogar begrenzte Laufzeitverlängerungen sein. 
Rund um den Fukushima-Jahrestag am 11. März ist wieder eine gute Gelegenheit, mit atompolitischen Forderungen öffentlich laut zu werden. .ausgestrahlt ruft zu Mahnwachen und zu regionalen Demonstrationen auf und stellt Infomaterial zur Verfügung. Wir bieten lokalen Gruppen Veranstaltungen mit dem Anfang März in die Kinos kommenden Dokumentarfilm Furusato – Wunde Heimat an, der über Menschen in der verstrahlten Zone von Fukushima berichtet. Und .ausgestrahlt startet eine Foto-Montage-Aktion mit den schwarzen Atommüll-Säcken, die überall rund um Fukushima in der Landschaft gestapelt werden. Dazu demnächst mehr im Newsletter und im gedruckten Magazin.
Vorgenommen haben wir uns für 2018 auch, dass wir schneller vor Ort aktionsfähig werden, wenn eine Atomanlage aufgrund von Skandalen oder Störfällen in die Schlagzeilen gerät. Dazu werden wir unser Aktionsmaterial-Lager ausbauen.
Zum Thema Atommüll wird uns im angefangenen Jahr einerseits die Debatte um die Zwischenlager für Castor-Behälter beschäftigen, denn inzwischen wird immer klarer, dass die 40 Jahre, für die die Behälter und Hallen genehmigt sind, nicht ausreichen – und gleichzeitig gibt es an der Sicherheit der Lager größte Zweifel. Es braucht neue Konzepte für die Atommüll-Lagerung in der zweiten Jahrhunderthälfte – und es ist zu befürchten, dass die Konzepte, die aus den Behörden kommen werden, die Sicherheit nicht an erste Stelle setzen.
Das Standortauswahlverfahren für ein langfristiges Atommüll-Lager wurde bereits im letzten Jahr gestartet. .ausgestrahlt hat eine Menge Kritik daran und wir wollen deshalb im neuen Jahr gemeinsam mit den potentiell Betroffenen dafür sorgen, dass diese kritischen Anmerkungen auch an die Öffentlichkeit kommen. Dazu planen wir entsprechendes Infomaterial und wollen auch direkt in den möglicherweise betroffenen Regionen aufklären.
Dazu kommt unsere umfangreiche alltägliche Infoarbeit: Newsletter, Regional-E-Mails, .ausgestrahlt-Magazin, Podcast, Twitter, Facebook, Presseerklärungen, .ausgestrahlt-Blog, Nachrichtenauswertung, Infoveranstaltungen, Online-Shop, Hintergrundgespräche und und und …

Falls es Dir möglich ist, wäre es natürlich toll, wenn Du zusätzlich zu Deiner finanziellen Unterstützung auch zu dem einen oder anderen genannten Thema aktiv wirst (oder bleibst). Wir werden Dich auf dem Laufenden halten, wann es bei den einzelnen Themen Zeit ist zu Handeln.
Als ich im Herbst angefangen habe, um Spenden für den .ausgestrahlt-Basishaushalt 2018 zu bitten, da wusste ich, dass uns noch etwa 235.000 Euro fehlen, um unsere laufenden Kosten im neuen Jahr abzudecken. Inzwischen sind fantastische 188.783 Euro eingegangen, mit einer tollen Mischung aus sehr vielen kleinen, einigen mittleren und ein paar richtig großen Spenden. Gleichzeitig ist die Zahl unserer Förderinnen und Förderer um 120 auf jetzt 3.445 gestiegen. Das alles zeigt mir, wie groß die Wertschätzung für unsere Arbeit weiterhin ist und das motiviert nicht nur mich, sondern das ganze .ausgestrahlt-Team ungemein.
Bleibt jetzt also noch eine Lücke von 46.217 Euro. Falls Du also etwas entbehren kannst, damit wir sorgenfrei dieses Jahr angehen können, dann darfst Du unsere Arbeit hier gerne unterstützen.
Natürlich hast Du alle Freiheit, jede unserer Spendenbitten zu ignorieren. Wir müssen halt immer wieder um Geld fragen, um unabhängig arbeiten zu können, denn .ausgestrahlt ist ausschließlich durch Spenden finanziert. Auch wenn wir den Basishaushalt gedeckt haben, werden wir übers Jahr immer wieder Spendenaufrufe starten, um für unsere aktuellen Aktionen und Kampagnen zu sammeln, denn die sind vom Basishaushalt nicht abgedeckt. Ich bitte um Dein Verständnis.

Nun bleibt mir nur noch, Dir für das noch recht junge Jahr 2018 viel Glück zu wünschen. Und uns allen gemeinsam den ein oder anderen atompolitischen Erfolg.
Herzliche Grüße
Jochen Stay
und das ganze .ausgestrahlt-Team

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen