Donnerstag, 10. November 2016

Menschenrechte als Propagandawaffe

Daß deren Evakuierung Aleppos immer wieder daran scheitert, daß die Islamisten die Leute nicht gehen lassen, weil sie sie noch als »menschliche Schutzschilde« brauchen, wird dabei ignoriert

Assad_(cropped)

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek vom 4. November 2016

Zum ersten Mal seit nach dem Ende der Sowjetunion westlich inspirierte – und finanzierte – »Regime-Changes« in Mode gekommen sind, läuft eine solche Operation zum Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad nicht ab wie geplant. Der Grund ist kein Geheimnis: Rußland und sein Präsident Wladimir Putin. Seitdem das Land 2011 im UNO-Sicherheitsrat im Falle Libyens vom Westen über den Tisch gezogen wurde, ist man in Moskau deutlich vorsichtiger mit vermeintlichen »Flugverbotszonen zum Schutz der Zivilbevölkerung« geworden.
Durch sein – vom Völkerrecht gedecktes – militärisches Eingreifen in Syrien macht Rußland deutlich, daß es sich künftig nicht mehr mit Reden vor der UNO-Vollversammlung oder bei der Münchner »Sicherheitskonferenz« begnügen wird, sondern seine Gegnerschaft zur Umwälzung der Verhältnisse nach Drehbüchern aus Washington auch praktisch deutlich macht. Daß das nicht ohne Blutvergießen abgeht, liegt in der Natur der Sache.
Vier Jahre Terror von seiten islamistischer Halsabschneider in Syrien vor dem Eingreifen der russischen Armee sollen vergessen werden, um Krokodilstränen über die Zerstörung Aleppos und das Leid der Zivilbevölkerung vergießen zu können. Daß deren Evakuierung immer wieder daran scheitert, daß die Islamisten die Leute nicht gehen lassen, weil sie sie noch als »menschliche Schutzschilde« brauchen, wird dabei ignoriert.
Wie sehr die Menschenrechte heute zu einer Propagandawaffe verkommen sind, zeigt die Abstimmung in der UNO-Vollversammlung am Freitag vergangener Woche: Zum ersten Mal in der zehnjährigen Geschichte des Menschenrechtsrates wurde Rußland nicht wieder in das Genfer Gremium gewählt. Statt dessen bekamen Viktor Orbáns Ungarn und Kroatien die Osteuropa zustehenden Sitze.
Die in Zagreb wieder an den Schalthebeln sitzenden Erben der Nazikollaborateure sind in Genf in guter Gesellschaft. Denn in der Asiengruppe wurde Saudi-Arabien in seiner Mitgliedschaft bestätigt. Einer der Finanziers der »Regime-Change«-Kämpfer in Syrien hat schon Erfahrung mit der Förderung des Terrorismus gemacht – nicht nur an »Nine-Eleven«.
Auch auf anderem Gebiet hat Saudi-Arabien erstklassige Referenzen für Menschenrechtsfragen vorzuweisen. So ist die Todesstrafe dort u.a. bei Hochverrat, Drogenhandel und Ehebruch, aber auch bei Delikten wie »Gotteslästerung« und »Hexerei« vorgesehen. Laut Amnesty International sind im Königreich im vergangenen Jahr 158 Todesurteile vollstreckt worden.
Doch in Washington, Brüssel und Berlin wird noch immer der Sturz Assads als Hauptziel in Syrien ausgegeben. Dazu werden dschihadistische Milizen wie »Al-Nusra« als »gemäßigte Rebellen« unterstützt und Rußland wird kritisiert, weil es die Hochburgen dieser Milizen angreift, statt allein den »Islamischen Staat« zu bekämpfen.
Gleichzeitig unterhält man privilegierte Beziehungen zu den Erdölexporteuren der Arabischen Halbinsel, aus denen eben auch die Ressourcen und Ideologien kommen, die das Terrornetzwerk stützen. Man hat noch nicht einmal ernsthaft etwas dagegen getan, daß die Golfdiktaturen seit Jahren die Entstehung eines Netzwerks von Moscheen in Europa finanzieren, in denen der Wahhabismus gepredigt wird, der den Islam vergiftet und der die ideologische Basis aller dschihadistischen Gruppen ist.
Oliver Wagner

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