Dossier
“Zukunftsgerecht… ist das Motto des 5. Ordentlichen ver.di-Bundeskongresses, der vom 22. bis zum 28. September in Leipzig stattfinden wird. Derzeit dominieren zwei Franks die Berichterstattung über das kommende Ereignis: Der bisherige Vorsitzende Frank Bsirske, der angekündigt hat, dass er nach 18 Jahren an der ver.di-Spitze nicht mehr kandidieren will, zieht in Interviews in zahlreichen Medien Bilanz. Der designierte Vorsitzende Frank Werneke wird in Interviews gefragt, wie er sein neues Amt gestalten möchte, wenn er denn am 24. September gewählt wird. Dabei geht fast ein bisschen unter, dass die rund 1000 Delegierten auch über mehr als 1000 Anträge diskutieren und abstimmen werden, mit denen sie das ver.di-Handeln der kommenden Jahre bestimmen. Im Internet stehen unter bundeskongress.verdi.de ab dem Kongressbeginn am 22. September aktuelle Berichte, Fotos und Filme vom Kongressgeschehen. Auch die Anträge können hier nachgelesen und der Kongress im Livestream verfolgt werden. Auf Socialmedia-Kanälen wie Facebook, Twitter oder Instragram ist der Kongress präsent unter dem Hashtag #5BK19.” So weit die ver.di-Ankündigung. Siehe hier dazu v.a. Forderungen/Anträge gegen Tarifverträge zur Leiharbeit und für die 30-Stunden-Woche sowie für Tarifverträge für Beschäftigte der ver.di und weitere Infos:
- Weitere wichtige Anträge: E 003: Für das Recht auf politischen Streik / H 116: Karl Marx, ein großer Denker! (Empfehlung der Antragskommission: “Erledigt durch Praxis/Zeitablauf” !!!)
- E 003: Für das Recht auf politischen Streik
“Der Bundeskongress beschließt: ver.di fordert die komplette Legalisierung des politischen Streiks und des Aufrufes zu diesem. Außerdem soll ein weitgehender Schutz der Beteiligten vor Kündigung oder Schadensersatzansprüchen installiert werden. Dazu soll sich ver.di europaweit für ein Recht auf politischen Streik einsetzen. Zusätzlich soll der politische Streik als politisches Mittel ausdrücklich in die ver.di-Satzung aufgenommen werden (auch bei keiner vorherigen umfassenden Legalisierung durch den Staat).
Begründung: Der politische Streik hat sich international als eine der wirksamsten Methoden erwiesen, eine sozialere und demokratischere Politik durchzusetzen. Auf dieses mächtige Instrument soll und kann die deutsche Gewerkschaftsbewegung auf Dauer nicht verzichten. Hinzu kommt, dass von den 27 Staaten der Europäischen Union der politische Streik nur in England, Österreich und Deutschland verboten ist.” Antrag der Bundesjugendkonferenz - H 116: Karl Marx, ein großer Denker!
“Der Bundeskongress beschließt: ver.di erkennt das geistige Erbe Karl Marx´ als eine wichtige Grundlage für gewerkschaftliches Denken, Handeln und als Leitgedanken der Bildungsarbeit für Ehren- und Hauptamtliche an.
Begründung: Der 200. Geburtstag Karl Marx´ ist eine gute Gelegenheit, das geistige Werk des Autors, Philosophen, Journalisten und aktiven Kämpfer für eine gerechte Welt anzuerkennen. Selbstverständlich ist es geboten, seine Werke kritisch zu lesen und differenziert zu betrachten – so hätte er selbst es gewollt. Die grundlegende Erkenntnis, dass die Interessen der Arbeiterklasse und der Besitzer der Produktionsmittel sich unvereinbar gegenüber stehen, ist heute jedoch so aktuell wie nie. Seine Analyse des frühen Kapitalismus bringt Verständnis für komplexe Vorgänge und wie diese sich auf die konkreten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen weltweit auswirken. Als Gewerkschaft treten wir alltäglich für die Interessen der Beschäftigten im Betrieb und darüber hinaus ein. Doch auch das „große Ganze“ ist uns wichtig; wir stehen für eine sozial gerechte, solidarische Welt. Deshalb sagen wir, wie die ver.di-publik Ausgabe 3.2018 so treffend titelte: Nicht ohne meinen Marx!” Antrag der Landesbezirkskonferenz Rheinland-Pfalz-Saarland – Empfehlung der Antragskommission: “Erledigt durch Praxis/Zeitablauf” !!!
- E 003: Für das Recht auf politischen Streik
- ver.di-Bundeskongress in Leipzig: Interview mit drei der Delegierten über ihre Erwartungen
“… Jürgen Senge: Wir müssen uns mehr um Themen bemühen, die die Gesellschaft bewegen. Hierzu zählt der Klimawandel und Umweltschutz. Die Belastungen am Arbeitsplatz sind gravierend. Eine Arbeitszeitreduzierung, die Vereinbarung von Familie und Beruf gehört dazu. (…) Jan Schulze-Husmann: Bei der Arbeitszeitverkürzung muss eine wöchentliche Verkürzung her. Wir brauchen eine offensive gesellschaftspolitische Herangehensweise mit einer bundesweiten Kampagne, wie es in vielen Anträgen deutlich gefordert wird. Hier besteht Nachholbedarf bei ver.di. Da waren wir über Jahrzehnte zu defensiv. Martin Körbel-Landwehr: In den Betrieben ist es nötig, wieder über Arbeitszeitverkürzung zu reden. Gesellschaftspolitisch brauchen wir dazu eine ver.di-Kampagne. Dabei muss klargemacht werden, dass die Frage der Arbeitszeitverkürzung immer mit einer gleichzeitigen Personalbemessung verknüpft sein muss, da sie ohne einen entsprechenden Personalausgleich wirkungslos ist. (…) Jan Schulze-Husmann: Ganz wichtig sind Frieden und Abrüstung. Hier müssen alle Gewerkschaften stärker nach außen wirken. Eine konsequente Aufklärung und Mobilisierung gegen Rechts entwickeln und nicht nachlassen, dies auch immer wieder zu diskutieren und dafür auf die Straße gehen. Hierzu gehört zu analysieren, warum prozentual mehr Gewerkschaftsmitglieder AfD wählen als der Durchschnitt der Menschen. (…) Jürgen Senge: Den Rechten keinen Raum gewähren. Sie haben in ver.di nichts zu suchen. ver.di muss in dieser Richtung sich noch mehr an Aktionen beteiligen. Das Thema gehört stärker durch Personal- und Betriebsräte wieder in die Betriebe. Da sitzt ein nicht geringer Teil der Wähler. (…) Jan Schulze-Husmann: Aus dem Hut gezaubert wurde wieder die Verlängerung der Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre. obwohl die vor vier Jahren auf dem Bundeskongress 2015 schon abgelehnt wurde. Auch heute gelten immer noch dieselben Argumente…” Herbert Schedlbauer im Gespräch mit drei Delegierten am 20. September 2019 bei der UZ
- Ver.di Bundeskongress 2019: Gegen das Weiter so! Fünfter Gewerkschaftskongress muss die Weichen für kommende Kämpfe stellen
“Der nunmehr fünfte Kongress der zweitgrößten deutschen Gewerkschaft mit fast zwei Millionen Mitgliedern findet an der Schwelle gesellschaftlicher Umbrüche statt. Ungefähr 1.000 Teilnehmer*innen werden über mindestens genauso viele Anträge beraten und die Weichen für die Politik der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft stellen. Die kapitalismusgemachte Zerstörung des Klimas, die drohende Wirtschaftskrise und das Erstarken der Rechten stellen die Arbeiter*innenbewegung vor existentielle Herausforderungen. Die Gewerkschaften als deren größte Organisationen müssen darauf eine klare Antwort geben und ihre Mitglieder auf die kommenden Auseinandersetzungen vorbereiten und der zunehmenden Spaltung ein Programm und ein Kampfangebot für alle nicht-organisierten Arbeiter*innen entgegensetzen. (…) Diese Aussichten für eine nicht rosige Zukunft erfordern Antworten. Die Hauptfrage, die sich ver.di und der Kongress stellen sollten sind: Wie können wir mit unserer Organisation konsequent die Interessen der Arbeiter*innenklasse ob mit Facharbeiterlohn, prekär beschäftigt oder arbeitslos vertreten? Die Haltung, die der Gewerkschaftsrat als höchstes ehrenamtliches Gremium von ver.di bezieht, kommt in mehreren Leitanträgen zum Kongress zum Ausdruck. Im Antragstext „Nachhaltige Wirtschaft und aktiver Staat“ kommt die Frage der Klimazerstörung ausführlich zum tragen. Ohne Zweifel ist sie für das Überleben der Menschheit auf diesem Planeten eine Existenzfrage. Sie wird jedoch – wie alles andere – ohne Bezug auf die Wirtschaftsentwicklung vorgestellt und Lösungen innerhalb des Kapitalismus angestrebt. Es gibt jedoch wichtige Anknüpfungspunkte, die eine Verbindung von Gewerkschafts- und Umweltbewegung sein könnten. (…) Da auch den Antragsteller*innen klar ist, dass dieses Wirtschaftssystem nicht von allein für eine Lösung sorgen wird, sie aber dessen Logik nicht verlassen wollen, verstricken sie sich in unauflösbare Widersprüche. Sie erkennen richtig, dass die Profitorientierung nicht für eine bedarfsgerechte Daseinfürsorge und Infrastruktur sorgen wird und dafür öffentliche Investitionen notwendig sind. Die Schuldenbremse und das Ziel der schwarzen Null für Bund und Kommunen wird zwar im Antrag ebenfalls abgelehnt, aber direkt hinterher durch eine geforderte Begrenzung des Spardiktats wieder akzeptiert. Auch hier ist eine klare Haltung notwendig! Dagegen spricht aber das Bekenntnis zum Markt und Privateigentum, das ganz zu Anfang des Antrages steht. (…) Dessen ungeachtet gibt es einige Reformforderungen, deren Umsetzung einen Schritt nach vorn für uns bedeuten würde. Neben staatlichen Investitionen sind das zum Beispiel die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, Erhöhung der Gewerbesteuer und Erbschaftssteuer. Doch selbst diese begrenzten Maßnahmen würden auf den erbitterten Widerstand der besitzenden Klasse stoßen. Daher sollte der Kongress die Frage beantworten: Wie können wir das erkämpfen? Es gibt eine Reihe von Anträgen, die erneut die Realisierung des politischen Streiks fordern, dessen Durchsetzung der ver.di Kongress schon einmal 2011 beschlossen hatte. Dieser Streik wird Realität, indem er in Deutschland durchgeführt wird. (…) Es darf nicht bei einem abstrakten Bekenntnis bleiben, sondern muss ein praktischer Auftrag sein; in Verbindung mit Forderungen wie die Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Stunden bei vollem Lohn- Personalausgleich, die Erhöhung des Mindestlohns auf 13 Euro, die Abschaffung von Hartz IV und andere dringende Maßnahmen. (…) Nachdem der letzte ver.di Bundeskongress keine konkrete Forderung für eine kürzere Arbeitswoche beschließen wollte, liegen ihm nun erneut rund fünfzig Anträge mit der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung vor. Viele von ihnen fordern eine 30 Stunden Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich, manche gehen sogar noch weiter und fordern die 20 Stunden Woche, wie der Antrag der Bundesjugendkonferenz. (…) In einzelnen Betrieben kann vielleicht ein guter Haustarifvertrag abgeschlossen werden, jedoch wird dieser durch ein schlechteres Niveau in der Branche oder anderswo immer wieder von der Unternehmerseite in Frage gestellt werden. Die Beschränkung auf einzelne Häuserkämpfe und Teilstreiks schwächen die Arbeiter*innenklasse als Ganzes und verhindern, dass die volle Kampfkraft mobilisiert wird – schwächere Bereiche bleiben ganz außen vor. Die Forderungen, die Vorbereitung, die Taktik und die Auswertung für jede Auseinandersetzung muss auf Streikdelegiertenkonferenzen breit diskutiert und entschieden werden, damit die gemachten Erfahrungen kollektiviert und nötige Schlussfolgerungen gemeinsam gezogen werden können. Gleiches gilt für die Annahme von Tarifergebnissen. (…) Allein machen sie dich ein! Wir brauchen branchenweite und übergreifende Streiks für den Flächentarif und die Allgemeinverbindlichkeit. Hierfür muss eine breite Kampagne der Gewerkschaften organisiert werden. Eine allgemeine Forderung nach der 30 Stunden Woche mit vollem Lohn- und Personalausgleich ist dafür ein guter Hebel. Der Klassenkampf von oben hat schon längst begonnen…” Beitrag vom 20. September 2019 von Alexandra Arnsburg, Mitglied im ver.di-Landesfrauenrat Berlin-Brandenburg* und René Arnsburg, Mitglied im Landesbezirksfachbereichsvorstand 8, Berlin-Brandenburg mit einer Reihe konkreter Forderungen bei Solidarität.info der SOL
- Antrag A074: Der DGB und die jeweiligen Einzelgewerkschaften werden aufgefordert, die Tarifverträge zur Leiharbeit nicht zu verlängern (und Flugblatt zur Unterstützung des Antrags)
- Antrag A074: “Der Bundeskongress beschließt: Der DGB und die jeweiligen Einzelgewerkschaften werden aufgefordert, die Tarifverträge zur Leiharbeit nicht zu verlängern
Begründung: Im Gesetz zur Leiharbeit steht: Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit. Im Gesetz steht außerdem, dass per Tarifvertrag, also mit Zustimmung der Gewerkschaften, schlechtere Löhne für Leiharbeiter*innen abgeschlossen werden können. Der DGB hat seit Jahren geringere Tarife gegen die Leiharbeiter*innen mit den Leiharbeitsfirmen abgeschlossen. Das muss sofort ein Ende haben! Keine weitere Unterstützung für diese Spaltung zwischen Leiharbeiter*innen und Festbeschäftigten! Durch die Kündigung der Tarifverträge gilt dann das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Und dann gilt für die Leiharbeiter*innen der gesetzliche Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Die erheblichen Lohnverluste der Leiharbeiter*innen durch die Nichtanerkennung des Equal-Pay-Grundsatzes sind ein wesentlicher Grund für den geringen Organisationsgrad von Leiharbeiter*innen. Gewerkschaften müssen gegen die gewollte Spaltung der Belegschaft kämpfen und nicht mit Verweis auf ihre Tarifverträge jegliche wirksame Selbstorganisation verhindern. Der Gesamtschutz der Beschäftigen muss schnellstmöglich hergestellt werden und der Kampf gegen jegliche Unterlaufung der Ermächtigungsgrundlage durch gelbe Gewerkschaften muss politisch auch in der Gewerkschaft ver.di geführt werden.” - Prekär Beschäftigte und Ausgegrenzte lassen sich nur schwer organisieren – Wer setzt sich für die Leiharbeiter ein?
“… Wer sitzt in den Tarifkommissionen Leiharbeit? Im Dezember 2018 gab es einen Initiativantrag von Teilnehmern der Fachbereich 13 Landesbezirkskonferenz in ver.di sat. Ziel war die Verhinderung der Besetzung der TaKo durch Kollegen die keine Leiharbeiter sind. Die Antragsberatungskommission vertreten durch einen hauptamtlichen Geschäftsführer eines CDU-Landkreises in Sachsen-Anhalt empfahl die Nichtbefassung des Antrags. Gewerkschaftliche Vertreter in TaKos sollten die Interessen der Masse der Prekären vertreten und nicht die Interessen der Union- Buster und Job-Killer des Kapitals. (…) Equal Pay statt Spaltung der Belegschaften durch einen Tarifvertrag der Equal Pay verhindert! Es darf kein Tarifvertrag abgeschlossen werden, der den gesetzlichen Equal Pay Grundsatz als Mindestes unterläuft! Notfalls müssen die Verhandlungen abgebrochen werden! Unterstützt den Antrag A 074!” Flugblatt zur Unterstützung des Antrags A074 - siehe zum Hintergrund auch unser Dossier Nix dazu gelernt: IG Metall startet Tarifrunde Leiharbeit 2019/2020 mit einer “aktivierenden Befragung” – wir erinnern an die Kündigungstermine der Tarifverträge
- Antrag A074: “Der Bundeskongress beschließt: Der DGB und die jeweiligen Einzelgewerkschaften werden aufgefordert, die Tarifverträge zur Leiharbeit nicht zu verlängern
- [Antrag S 048: Tarifverträge für Beschäftigte der ver.di] GdG: Will ver.di weiterhin keine Tarifverträge?
“Der 5. Bundeskongress der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) findet vom 22. bis zum 28. September im Congress Center Leipzig (CCL) in Leipzig statt. Er muss unter anderem auch über die pikante Frage entscheiden, ob die Arbeitsbedingungen und die Gehälter der ver.di-Beschäftigten künftig in Tarifverträgen festgelegt werden. Ein entsprechender Antrag eines ehrenamtlichen Gremiums liegt dem Kongress zur Beratung vor. Die bisherige Praxis, die Arbeitsbedingungen lediglich in Betriebsvereinbarungen zu regeln, soll geändert werden. Dazu ist eine Änderung der ver.di-Satzung erforderlich. Denn die bisherige Fassung der Satzung legt den ver.di-Bundesvorstand als Arbeitgeber der ver.di-Beschäftigten auf das Aushandeln von Betriebsvereinbarungen mit den – nicht zu Arbeitskampfmaßnahmen befugten und daher nicht auf Augenhöhe agierenden – Betriebsräten bei ver.di fest. Die Gewerkschaft der Gewerkschaftsbeschäftigten (GdG) unterstützt diese Forderung nach Abschluss von Tarifverträgen und informiert die Delegierten und die Öffentlichkeit an einem Informationsstand vor dem Congress Center Leipzig (CCL), Messe-Allee 1, 04356 Leipzig am Sonntag, 22.09.2019 von 16.00 bis 18.30 Uhr und am Montag, 23.09.2019 von 08.00 bis 09.30 Uhr über diese aus Sicht der GdG sowohl gewerkschafspolitisch als auch verfassungsrechtlich höchst problematischen Zustand…” Pressemitteilung der Gewerkschaft der Gewerkschaftsbeschäftigten vom 18.09.2019 samt Antrag S 048 sowie den beiden Flugblättern, die in Leipzig verteilt werden sollen.Siehe zum Hintergrund auch unser Dossier ver.di lehnt Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft der Gewerkschaftsbeschäftigten (GdG) ab
- Für die 30-Stunden-Woche! Ver.di muss den Kampf für die Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich aufnehmen!
“… Das Thema Arbeitsbelastung brennt den meisten Kolleg*innen unter den Nägeln. Auch im öffentlichen Dienst wurden über Jahrzehnte hunderttausende von Stellen abgebaut. (…) In Bereichen, in denen Arbeitsplätze abgebaut werden, ist die Forderung nach radikaler Verkürzung der Wochenarbeitszeit ein zentrales Mittel, um Kolleg*innen zu mobilisieren. Sie werden aber nur bereit sein zu kämpfen, wenn ihnen dabei nicht eine Lohnkürzung oder weitere Arbeitsverdichtung droht. Deshalb muss klar formuliert werden: Weil durch kürzere Arbeitszeit das Leben nicht günstiger wird, brauchen wir den vollen Lohnausgleich. Weil wir in 30 Stunden nicht die gleiche Arbeit wie in 40 Stunden verrichten können, brauchen wir den vollen Personalausgleich. (…) Die Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden nicht nur auf tariflicher, sondern auch gesetzlicher Ebene, würde die Bedingungen für alle Beschäftigten verbessern. Als Gegenargument wird auch innerhalb von ver.di darauf verwiesen, dass dieses Modell zu starr wäre. Doch das Argument der „Arbeitszeitsouveränität“ ist eher eine Ablenkung von der Realität. Souveränität bedeutet, selbst über seine Zeit zu verfügen. Doch unter den Bedingungen einer kapitalistischen Wirtschaft entscheiden nicht die Beschäftigten, sondern die Chefs. (…) Im Leitantrag des Gewerkschaftsrats steht das Ziel einer „kurzen Vollzeit mit Lohn- und Personaulausgleich.“ Während die generelle Absicht zu befürworten ist, hat die Sache einige Haken. 1. Es braucht ein konkretes Ziel, um mobilisieren zu können und die Maßnahmen müssen diesem angemessen sein. Eine Arbeitszeitverkürzung in geringem Maße lässt sich unter Zugeständnissen beim Lohn am Verhandlungstisch durchsetzen. Eine umfassende Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche ohne Lohnverlust benötigt dagegen eine umfassende Mobilisierung der Gewerkschaftsbewegung bis hin zum politischen Streik . 2. Anspruch und Wirklichkeit stimmen nicht überein. Statt Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich wird in Tarifrunden über Lohnverzicht bei Arbeitszeitverkürzung verhandelt. Diese alle betreffende Frage wird individualisiert und einzelne Kolleg*innen sollen selbst entscheiden, ob sie auf Lohn verzichten, um geringe Absenkungen bei der Arbeitszeit umzusetzen. In einer von ver.di groß angelegten Befragung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst gab es die Auswahlmöglichkeit der Arbeitszeitverkürzung bei Lohn- und Personalausgleich erst gar nicht. Damit wurde das Ergebnis schon vorweggenommen! (…) In Wirklichkeit ist es eine Frage der Kräfteverhältnisse, wie viel durch gewerkschaftliche Kämpfe erreicht werden kann. Anstatt in der Tarifrunde 2020 über Lohnverzicht bei Arbeitszeitverkürzung zu verhandeln, sollte diese genutzt werden, um endlich einen realen Schritt zu gehen und mit der Forderung nach 30 Stunden bei vollem Lohn- und Peronalausgleich in die Offensive zu kommen. (…) Der Bundeskongress findet zu einer Zeit statt, an der sich gesellschaftliche Umbrüche abzeichnen. Um die Interessen der Beschäftigten konsequent zu vertreten, braucht es eine Gewerkschaftspolitik, die bereit ist, sich mit den Unternehmen anzulegen und den von Beginn an gescheiterten sozialpartnerschaftlichen Kurs aufgibt. Gegen Rechtsruck, Klimawandel und Massenentlassungen hilft uns keine Gewerkschaft, die im Parlament Lobbypolitik betreibt, sondern die auf der Straße und im Betrieb mit den Kolleg*innen kämpft. Der Leitantrag des Gewerkschaftsrats ist dafür keine Weichenstellung, sondern steht für ein grundlegendes Weitermachen mit gescheiterten Rezepten, trotz punktueller Verbesserungsvorschläge. Es gibt eine Vielzahl von Anträgen, die eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Wochenstunden fordern – von Bezirksbis zu bundesweiten Konferenzen. Die Bundesjugendkonferenz und der Landesbezirk Hessen geben gar die Losung der 20-Stunden-Woche aus. Für uns haben sich diese Anträge weder durch den Leitantrag des Gewerkschaftsrats erledigt, noch geben wir uns mit einer Annahme als „Arbeitsmaterial“ zufrieden, was nur bedeutet, dass die Sachen bis zum nächsten Kongress in der Schublade verschwinden. (…) Wenn ihr mit uns über diese und anderen Fragen diskutieren wollt, kommt zu unserem Vortreffen am Sonntag, 22. September 2019 um 21 Uhr am Eingang in der Glashalle. Ein weiteres Treffen für Delegierte wird noch zu Beginn des Kongresses angekündigt…” Flugblatt vom Arbeitskreis Arbeitszeitverkürzung in Hamburg und dem Netzwerk für eine demokratische und kämpferische ver.di , welches auch zum Bundeskongress verteilt wird – siehe zum Hintergrund auch unser Dossier ver.di-Umfrage zur Arbeitszeit im TVöD
- Ver.di zukunftsgerecht? Bundeskongress tagt in Leipzig
“Auf dem 5. Ordentlichen ver.di Bundeskongress vom 22. bis 28. September 2019 steht eine arbeitsreiche Woche bevor. Das gesellschaftspolitische Umfeld, in dem der Kongress stattfindet, ist alles andere als gut. So hat sich seit dem letzten Kongress vor vier Jahren nicht nur die Klassenauseinandersetzung in allen Bereichen verschärft. Auch die Angriffe von Seiten des Kapitals auf die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di) haben zugenommen. Rund 1000 Delegierte liegen über 1100 Anträge vor. Dabei werden die Vertreter der zweitgrößten Einzelgewerkschaft Schwerpunkte für Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, Bildungs-, Sozial- und Rentenpolitik, Jugend und Friedenspolitik setzen. Kritisch einschätzen müssen, was in den letzten vier Jahren nicht erreicht wurde. (…) Ob und wie weit es gelingt, die zwischen Kapital und Arbeit unüberbrückbaren Gegensätze mit einer offensiveren Gangart zu beantworten, könnte der Bundeskongress maßgeblich entscheiden. Setzt man weiter auf Sozialpartnerschaft und Lobbyismus, wie bisher? Oder besinnt man sich wieder mehr auf die eigene Kraft? Dazu benötigt man einheitliche Konzepte und Analysen, welche Rolle Gewerkschaften im Kapitalismus einnehmen müssen. Entscheidende Fragen, deren Antworten maßgeblich dazu beitragen werden, ob die Dienstleistungsgewerkschaft wirklich zukunftsgerecht aufgestellt ist.” Artikel von Herbert Schedlbauer vom 19.9.2019 – wir danken!
- Beraten wohin es geht: Ver.di Parlament ringt um offensivere Gewerkschaftspolitik
“Die Aufgaben von Gewerkschaften in unserer Gesellschaft sind gewaltig. Sie sind geprägt von ständigen Abwehrkämpfen. Aufgrund dieser Erfahrungen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, aus den Niederlagen im den Klassenkämpfen der vergangenen Jahre muss eine Gegenwehr entwickelt werden. Dazu gehört, dass die Gewerkschaften die Illusion bei Seite legen, durch Sozialpartnerschaft auf gleicher Augenhöhe mit Regierung und Wirtschaft verhandeln zu können. Erste Ansätze, wie es anders gemacht werden kann, zeigen zahlreiche Anträge, die dem 5. Ordentlichen ver.di Bundeskongress vorliegen. Viele davon nennen konkrete Forderungen, Antworten und Ziele, wie auf die Angriffe des Kapitals reagiert werden muss. Diese positive Entwicklung, entstanden aufgrund inhaltlicher Diskussionen bei ehrenamtlich Aktiven, wurden auf Bezirks- Fachbereichs- und Landeskonferenzen mit großer Mehrheit bestätigt. Das wäre insgesamt eine gute Arbeitsgrundlage auch für den Bundeskongress. Für die Richtung der nächsten Jahre. Gäbe es da nicht von Seiten des Gewerkschaftsrates und durch Einfluss von Hauptamtlichen, zahlreiche weichgespülte Leitanträge zu den einzelnen Antragsblöcken. Betroffen davon sind Anträge, die das Thema Arbeitszeitverkürzung, Sozialpolitik, Tarifpolitik, Demokratieabbau, Frieden und Abrüstung, Bildung und Jugend beinhalten. (…) Da die Unternehmer ständig bemüht sind, Arbeit so billig wie möglich zu machen, bleibt die Frage, wie die Einzelgewerkschaften und der DGB aus der Defensive herauskommen und wie sie anderseits dafür mobilisieren. Mit einer „Arbeitszeitverkürzung mit vollem Personal- und Lohnausgleich“ könnte ver.di wieder in eine Offensive gegenüber den Herrschenden und deren Angriffe auf Löhne, Arbeitszeitgesetz und Vernichtung von Arbeitsplätzen kommen. Ehrenamtliche Kolleginnen und Kollegen aus vielen Bezirken und Landesverbänden diskutieren und fordern deshalb seit 2011 eine großangelegte Kampagne, ähnlich wie beim Mindestlohn. Um so unverständlicher ist der„Leitantrag“ A001 „Gute Arbeit und Gute Dienstleistungen zukunftsgerecht gestalten – betrieblich, tariflich und politisch“ des Gewerkschaftsrates. Genau diese „bundesweite gesellschaftspolitische ver.di Kampagne“ fehlt. Im Leitantrag sollen 204 Anträge, entwickelt und zustande gekommen von den Mitgliedern, aus dem Block A aufgehen. Dies wird, wie schon 2015, zu größeren Diskussion auf dem Kongress führen. (…) Im A001 findet man auch nichts zur fachbereichsübergreifenden Solidarität in Tarifauseinandersetzungen. Obwohl die Forderung nach einer Zusammenfassung und Koordinierung von Arbeitskämpfen, von gemeinsamen Mobilisierungen zu Streikdemonstrationen und Kundgebungen, ebenfalls immer wieder in Fachgruppen und vor Ort diskutiert wird. Wie richtig diese Forderung und Orientierung wäre, zeigen die Teilerfolge im Kampf um mehr Personal in den Krankenhäusern und bei der Pflege. (…) Klarere Positionen fehlen auch in den Leitanträgen in Richtung Bundes- und Landesregierungen. Der in den vergangenen Jahren praktizierte Demokratieabbau, das durchpeitschen von schärferen Polizeigesetzen wird wiederum nur in Anträgen der unteren Ebenen behandelt. Gleiches gilt für die Durchsetzung von politischen Streiks. Geht es nach der Antragsberatung, soll alles wieder als Material an den Bundesvorstand weitergereicht werden. Eine Beerdigung erster Klasse, die sich ver.di nicht leisten sollte…” Artikel von Herbert Schedlbauer vom 19.9.2019 – wir danken!
- Mindeststandards für »Gute Arbeit«. Verdi-Bundeskongress: Gewerkschaft will prekäre Beschäftigung zurückdrängen
“In der kommenden Woche findet der fünfte Bundeskongress der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi statt. Rund 1.000 Delegierte werden dort über die gewerkschaftspolitische Ausrichtung in den nächsten vier Jahren diskutieren. Unter dem Motto „Zukunftsgerecht“ beschäftigen sich 1.018 Anträge mit einer »zukunftsgerechten Gestaltung der Arbeitswelt und der Gesellschaft«. Der Leitantrag des Gewerkschaftsrats, des höchsten ehrenamtlichen Gremiums in der Zeit zwischen den Bundeskongressen, behandelt das Thema »Gute Arbeit«. Um »Gute Arbeit voranzubringen« und dem durch die »Agenda-Reformen befeuerten Unterbietungswettlauf« Grenzen zu setzen, bedürfe es Mindeststandards, heißt es einleitend in dem Antrag. Dazu gehöre unter anderem ein Mindestlohn von zwölf Euro die Stunde ohne Ausnahmeregelungen. Um prekären Beschäftigungsverhältnissen entgegenzuwirken, fordert Verdi unfreiwillige Teilzeit zurückzudrängen, sachgrundlose Befristungen abzuschaffen und Kettenbefristungen zu unterbinden. Kleinstarbeitsverhältnisse wie Mini- und Midijobs sollten in das allgemeine Besteuerungssystem eingegliedert, Scheinselbständigkeit und Scheinwerkverträge wirksam unterbunden werden. Leiharbeit soll dem Antrag des Gewerkschaftsrates zufolge allerdings nicht abgeschafft, aber gleich bezahlt, Leiharbeiter sollen gleich behandelt werden…” Artikel von Susanne Knütter in der jungen Welt vom 17.09.2019 (im Abo)
- Übersicht der Anträge zum 5. Bundeskongress
Alle Anträge können online auf unserer Kongress-Plattform eingesehen werden – sortiert nach Sachgebieten A-S. Während des Kongresses werden Entscheidungen zu den jeweiligen Anträgen auch online entsprechend aktualisiert. Zugangslink zur Kongress-Plattform: https://5bk19.openslides.verdi.de . Nach Aufruf des Links bitte die folgenden Anmeldedaten eingeben: Benutzername: Gastzugang / Passwort: ver.di
- Wir erinnern an unser Dossier: ver.di-Umstrukturierung: Ist die Auflösung der Matrix die Lösung aller Probleme?
- Siehe zuletzt: ver.di-Bundeskongress 2015: “Stärke. Vielfalt. Zukunft.”
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