“Im Jahre 2010 überschritt die Anzahl an Autos auf der Erde die Milliardengrenze. Anfang 2019 lag diese schon über eine viertel Milliarde höher. Bis 2030 wird bei bleibender Steigerungsrate der Weltbestand an Autos auf 1,6 Milliarden anwachsen. Besonders im aufstrebenden asiatischen Raum wird der private Besitz von Autos stark zunehmen. (…) Wer diese Zahlen immer noch mit einer damit einhergehenden Mehrung des Wohlstands assoziiert, der das prognostizierte Wachstum der Autozahlen erst ermögliche und deshalb eine hell erscheinende Zukunft zu erwarten sei, mag sich nicht ernsthaft vorstellen, wie eine Welt auszusehen hat, welche die doppelte Anzahl der heute bereits existierenden Autos bewältigen soll. Das freie Spiel der Marktkräfte, welches uns bis 2050 möglicherweise eine Verdoppelung der Autozahlen von heute bereits 1,3 Milliarden Stück und damit einher gehend eine absehbar inakzeptable Verschärfung klimatischer, ökologischer, gesundheitlicher sowie Verkehrs- und Infrastrukturprobleme bescheren würde, erweist sich in dieser Schätzung als apokalyptisches Wahnbild, welches nur von sozialen Rücksichtserwägungen befreiten Technokratenhirnen entspringen kann! (…) Autos stehen beispielhaft für eine auf freier Konkurrenz basierende Wirtschaftsform, die – ihrer inneren Entwicklungsdynamik folgend – sämtliche politischen, kulturellen und natürlichen Schranken zu überwinden trachtet. Die Selbstverständlichkeit, mit der heutzutage ganze Länder und Kontinente den Anforderungen des Autoverkehrs unterworfen und tiefgreifend umgestaltet werden, lässt Zweifel an der systembedingten Zwangsläufigkeit einer derartigen Entwicklung gar nicht erst aufkommen. Die Autoindustrien gelten als kapitalistische Schlüsselindustrien und für das Wohl und Wehe der damit verbundenen Nationen als unverzichtbar. Dem Alltagsverstand erscheint dieser Sachverhalt als quasi naturgegeben und deshalb als zwingend hinnehmbar. (…) Die automobilen Bürger nehmen die mit dem Verkehr einhergehenden Schädigungen und Belastungen zwar widerwillig, aber mehr oder weniger widerspruchslos auf sich. Allerdings scheint sich mittlerweile in Teilen der Bevölkerung ein Bewusstsein über die nicht nur potenziellen, sondern mittlerweile ganz real spür- und erkennbaren Schädigungen einzustellen, die mit der Vermassung des Autoverkehrs einhergehen…” Artikel von Richard Winterstein vom 21. September 2019 bei telepolis
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