Dossier
“Mit der Sorge um die kleinen Leute begründen die Unionsparteien ihre Absage an die angeblich unsoziale CO2-Steuer. Wer genauer hinschaut, kann erkennen: Eine intelligente CO2-Bepreisung könnte Einkommensschwächeren zum Vorteil gereichen. (…) Die Auseinandersetzung legt wieder einmal bloß, wie verkrampft in Deutschland über Umweltkosten debattiert wird. Führende Medien rechneten bei jeder neuen Nachricht zum CO2-Preis gleich aus, was das die Bürger so kostet. So würde sich laut der Süddeutschen Zeitung bei dem von den Grünen geforderten Preis von 40 Euro je Tonne eine Autofahrt von München nach Berlin um 3,50 Euro verteuern. Viel ist das nicht. (…) Die “Berechnung” ist von offensichtlich bestechender Einfachheit: Auf den aktuellen Preis fürs Produkt oder die Dienstleistung wird entsprechend des jeweiligen CO2-Fußabdrucks die Steuer anteilig draufgepackt – als würde alles schon am morgigen Tag gelten (was nicht einmal die jungen Aktivisten verlangen). (…) Die Stimmungsmache gegen einen CO2-Preis passt aber gut ins bekannte Schema, nach dem in Deutschland vor allem Umweltsteuern mit der scharfrichterlichen Frage nach sozialer Gerechtigkeit traktiert werden. Eine ähnliche Rigorosität sucht man bei anderen, viel stärker in die Verteilung eingreifenden Steuern wie bei denen auf Erbschaften und Vermögen vergebens. (…) Eine andere Idee wäre, Haushalten, die von Stromsperren bedroht oder betroffen sind, aus der CO2-Steuer einen Teil ihrer Stromrechnung zu finanzieren – und den Umstieg auf Ökostrom gleich mit. Wer könnte etwas dagegen haben?…” Kommentar von Jörg Staude vom 6. Mai 2019 bei den Klimareportern und weitere Kommentare/Konzepte:
- Die Groko hinterlässt uns 1 Billionen € Klimaschulden. 5 Gründe, warum der Co2-Preis des Klimapakets ein schlechter Witz ist
“Die Bundesregierung hat ihr Klimapaket vorgestellt und einen Co2-Preis von 10€ pro Tonne über einen Zertifikatenhandel ab 2021. Es wird nahezu wirkungslos sein und hinterläßt bis 2050 circa 1 Billionen (!) € Klimaschulden für unsere Generation zurück. Hier fünf Fakten, die aufzeigen, warum dieser Co2-Preis sinnlos ist. (…) Ein Zertifikatehandel, der ohnehin schon viel länger braucht als eine Co2-Abgabe, um Wirkung zu zeigen, der erst 2021 beginnt und dann auch nur bei 10€/Tonne ansetzt, ist faktisch wirkungslos. Anfangs führt dieser nur zu einer Verteuerung von 3 Cent pro Liter Benzin, am Ende gerade einmal 9 Cent. Das sind Schwankungen, die von Tag zu Tag und von Tankstelle zu Tankstelle bemerkbar sind. Einsparungen dürften davon keine zu merken sein. Expert*innen fordern zum Einstieg mindestens einen Co2-Preis von 35€-50€. Und im Vergleich zu dem Co2-Preis, den das Bundesumweltamt fordert – 180€/Tonne – ist 10€ ein Tropfen auf den heißen Stein. Das ist auch der Preis, den FridaysForFuture fordern. Selbst die US-Ölindustrie fordert einen Preis von 36€. Auch die meisten EU-Länder haben schon seit Jahren deutlich höhere Co2-Preise und planen teilweise, diese weiter zu erhöhen. (…) Bei der eigentlich notwendigen, jährlichen Reduktion um 6% dürften wir theoretisch ab 2035 nichts mehr emittieren. Das Bundesumweltministerium hat diese Rechnung übrigens bestätigt. (Quelle) Je später wir mit der Reduktion anfangen, umso teurer wird die Reduktion für die Zukunft. Es ist ein gigantischer Schuldenberg, der der nächsten Generation überlassen wird. Und die Folgen für Klima, Wetter, Wirtschaft und Landwirtschaft sind dort noch nicht einmal eingerechnet…” Analyse von Thomas Laschyk vom 21. September 2019 beim Volksverpetzer
- Lizenz zum Klima-Killen. Warum der Glaube an die CO2-Steuer illusionär ist und es keine „ökologische Marktwirtschaft“ geben kann
“Von der CO2-Steuer zu sagen, sie erziele nicht die versprochenen Wirkungen, ist eine Verharmlosung. Aufs Ganze betrachtet, wird sie weder eine nennenswerte Reduktion der klimaschädlichen Emissionen bewirken, noch gar eine „ökologische Transformation“ der Marktwirtschaft einleiten, sondern ist vielmehr ein Freibrief, den sich die Gesellschaft ausstellt, um genauso weitermachen zu können wie bisher. Um das zu verstehen, braucht es nicht viel Phantasie. Ein wenig Erfahrungswissen genügt. Selbst wenn die Steuer hier und dort gewisse Einspareffekte beim CO2-Ausstoß bewirken mag, ist doch völlig absehbar, dass diese durch einen gesteigerten Ressourcenverschleiß an anderer Stelle konterkariert werden. Dieser Mechanismus ist längst bekannt und wurde in der Postwachstums-Literatur breit diskutiert. So werden etwa relative Einsparungen beim Energieerbrauch (z.B. effizientere Motoren) durch eine Ausdehnung des absoluten Verbrauchs überkompensiert (z.B. größere Autos und höhere Stückzahlen). Das ist der sogenannte materielle Rebound-Effekt. Des Weiteren liefern politische Maßnahmen mit einem ökologischen Anstrich die Legitimation dafür, die bestehende Produktions- und Lebensweise aufrechtzuerhalten und das Wirtschaftswachstum weiter anzukurbeln; denn schließlich wurde ja vorgeblich bereits ein relevanter Beitrag zur Erhaltung von Natur und Umwelt geleistet. Man spricht hier von dem politischen Rebound-Effekt. Typisches Beispiel dafür war die Einführung der Abgaskatalysatoren in den 1980er-Jahren, welche die PKWs „umweltfreundlich“ machen sollte, tatsächlich aber lediglich das Alibi dafür lieferte, den Autoverkehr weiter auszubauen (seitdem hat er sich in Deutschland verdoppelt). Und schließlich gibt es auch noch den psychologischen Rebound-Effekt, der darin besteht, den Konsumenten ein gutes Gewissen zu verschaffen, damit sie weiterhin ungehemmt den massenhaft produzierten Warenschrott kaufen. Bedürfte es irgendwelcher Belege, dass die CO2-Steuer genau auf diese Weise wirken wird, die laufende Debatte liefert sie frei Haus. Alle politisch Verantwortlichen quer durch das gesamte Parteienspektrum überschlagen sich förmlich in der Anpreisung der erwarteten Einspareffekte, um dann sogleich hinterherzuschieben, die Steuer dürfe selbstverständlich die Gesellschaft nicht über Gebühr belasten. Am absurdesten sind die Vorschläge, die Einnahmen aus der neuen Steuer sogleich wieder an die Bevölkerung auszuschütten. (…) Sollte die CO2-Steuer tatsächlich ökologisch einen nennenswerten Effekt haben, müsste sie hoch genug sein, um den Konsum aller energieintensiven Waren und Dienstleistungen massiv einzuschränken. Das beträfe dann allerdings fast die gesamte Palette des Konsums, angefangen beim Autoverkehr und der Heizung, über den Flugverkehr bis hin zu den meisten Industrie- und Agrarprodukten. Natürlich wird das nicht geschehen. Und zwar nicht einfach deshalb, weil die Interessenverbände der Industrie und der Wirtschaft das mit allen Mitteln zu verhindern suchen (das tun sie selbstverständlich). Sondern weil keine relevante politische Partei sich an der inneren Logik eines Wirtschafts- und Gesellschaftssystems versündigen wird, das seinem Wesen nach auf dem Imperativ des endlosen ökonomischen Wachstums beruht. (…) Ein konsequenter und zeitnaher Umbruch der energetischen Basis wäre ein so gravierender Einschnitt, dass er sich insbesondere in den kapitalistischen Zentren gar nicht ohne schwerste ökonomische, soziale und politische Verwerfungen durchsetzen ließe. (…) Wenn also die Gegner der CO2-Steuer diese als „unsozial“ brandmarken, dann haben sie durchaus starke Argumente auf ihrer Seite. Natürlich sind das ganz überwiegend Leute, denen die „soziale Frage“ sonst vollkommen egal ist und die sie hier nur aus durchsichtigen politischen und ideologischen Motiven instrumentalisieren. Dennoch verweisen sie auf ein durchaus ernst zu nehmendes Problem. Die ohnehin bestehenden sozialen und regionalen Disparitäten würden sich zweifellos deutlich vergrößern, und damit verschärften sich auch die gesellschaftlichen Verteilungskonflikte, wie jetzt schon an den Protesten der Gelbwesten deutlich wurde. Hinzu kommt noch, dass der Streit um die Klimapolitik längst schon ideologisch und identitätspolitisch aufgeladen ist und die Gesellschaft polarisiert. Die Leugnung oder totale Relativierung des Klimawandels gehört nicht zufällig zum Kernbestand der rechtspopulistischen Ideologie. Denn diese stellt wesentlich eine regressive Reaktionsform auf die Erfahrung dar, dass die westlich-weiße Vorherrschaft auf der Welt an ihre Grenzen stößt. Deshalb hasst die rechtspopulistische Gefolgschaft mit besonderer Inbrunst alle jene, die sie an den Verlust ihrer vermeintlich selbstverständlichen Privilegien erinnern. Neben den Flüchtlingen sind das nicht zuletzt die Klimaschützer*innen, die sich dagegen wenden, die Kosten des Lebensstils in den kapitalistischen Zentren auf die übrige Welt und die kommenden Generationen abzuwälzen lassen. Aus dieser angespannten politischen und gesellschaftlichen Situation erklärt sich, weshalb der politische Diskurs unter dem Druck der Fridays for Future-Bewegung die Forderung nach einer CO2-Steuer zwar aufgegriffen hat, aber nur, um sie sogleich wieder auf ein homöopathisches Maß herunter zu dimensionieren. (…) Wenn überhaupt, sind es innerhalb der kapitalistischen Logik immer nur solche direkten staatlichen Vorgaben, die eine gewisse Wirkung erzielen können. Dagegen bedeutet der Versuch, beim Preismechanismus anzusetzen, immer nur einen Umweg zu nehmen, der bestenfalls minimale Wirkungen und immer negative Nebenwirkungen erzeugt. Das gilt für die CO2-Steuer und die Emissionszertifikate genauso wie für die Vorstellung, die Produktionsweise ließe sich durch eine mit moralischem Druck bewirkte Veränderung des individuellen Konsumverhaltens verändern. (…) Grundsätzlich ist die Vorstellung einer „ökologischen Marktwirtschaft“ nichts anderes als eine Seifenblase. (…) Befinden wir uns also in einer Sackgasse? Ist die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen unvermeidlich? Ja, aber nur, wenn wir die Logik des kapitalistischen Systems als unumstößlich akzeptieren…” Artikel von Norbert Trenkle vom 01.09.2019 bei krisis
- Umweltschutz – ja! Massensteuer – nein!
“Ein Kommentar zur Diskussion um die Einführung neuer „grüner Umweltsteuern“. In wessen Interesse sind diese, und warum müssen wir entschieden dagegen opponieren? Sowohl die Diskussion um eine CO²-Steuer als auch um eine sogenannte Fleischsteuer, mit denen unser Konsumverhalten staatlich gesteuert werden soll, sind Nebelkerzen, die die Regierung wirft, um von den wahren Verantwortlichen der Umweltzerstörung abzulenken. (…) Die PolitikerInnen von Grünen bis CDU jedoch versuchen mit Diskussionen über die Einführung neuer „grüner Massensteuern“, den Fokus bei der Suche nach den Verantwortlichen auf uns als KonsumentInnen zu lenken. Eine CO²-Steuer nämlich würde nur bedeuten, dass wir ArbeiterInnen mehr für praktisch Alles zahlen müssten, während die größten Unternehmen Mehrkosten durch eine solche Steuer leicht verschmerzen, beziehungsweise sie an uns als EndkonsumentInnen weitergeben könnten. Gleiches gilt für eine sogenannte höhere Fleischsteuer, also die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19% für Fleisch-Produkte. Wieder würden die Ärmsten getroffen. Gleichzeitig spricht nichts dafür, dass eine solche Steuer wirklich zu einer geringeren Fleischproduktion führen würde – schon jetzt wird in Deutschland weit mehr Fleisch produziert als hier konsumiert wird. Große Teile der Produktion werden in die ganze Welt exportiert. (…) Die Umwelt wird nicht in erster Linie durch unseren Konsum zerstört, sondern durch die kapitalistische Produktionsweise. Hier müssen effektive Maßnahmen für die Rettung der Umwelt ansetzen. Dies geht jedoch faktisch nur, wenn der Kampf um den Erhalt der Umwelt verbunden wird mit dem Kampf gegen den Kapitalismus als ausbeuterisches und zerstörerisches Wirtschafts- und Gesellschaftssystem…” Kommentar von Clara Bunke vom 24. August 2019 bei Perspektive Online
- [gestaffelte Mehrwertsteuer] CO2-Steuer? Steuer auf Fleisch? Eine flexibler Lösungsvorschlag
“… Wie soll die CO2-Steuer also realisiert werden? (…) Das Ziel ist und bleibt, mit einer Steuer die Energiewirtschaft und den Konsum so zu steuern, dass die Erdatmosphäre und die Umwelt besser weg kommen und dass die Erzeuger und Verbraucher sich bewusster und disziplinierter verhalten, weil sie finanziell belastet werden. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es aber ein besseres Modell: Eine Steuer, die nicht erst neu zu schaffen und schwierig zu definieren ist. Wie wäre es mit einer Steuer, die bereits existiert und dann die Erzeugung und Emission von CO2 als Sonderfall enthält. Im Klartext: Man kann die erprobte Mehrwertsteuer als eine generelle Verbrauchssteuer so erweitern, dass sie eine gesonderte CO2-Steuer überflüssig macht und die gewünschten Ziele im Umweltschutz nicht nur durch Belastung von CO2, sondern auf sehr vielfältige Weise erreicht. Diese flexibilisierte Verbrauchssteuer ist eine gestaffelte Mehrwertsteuer. (…) Einfacher als eine neu zu konstruierende CO2-Steuer wäre es also, die Besteuerung von CO2 als Sonderfall in die Mehrwertsteuer zu integrieren. Das ist möglich durch eine Staffelung, so dass die MWSt für verschiedene Produkte, die mehr oder weniger CO2-Ausstoß bewirken, höher oder niedriger ausfällt. (…) Die gestaffelte Mehrwertsteuer ist ein flexibles Werkzeug, ähnlich wie eine Flex. Das kann auch Nachteile haben. So eine Flex kann Unheil anrichten, wenn sie in falsche Hände gerät. Die gestaffelte Mehrwertsteuer kann in Händen der falschen Politiker dazu verleiten, das Steueraufkommen beliebig zu erhöhen und, was besonders nachteilig ist, schon die Idee kann dazu führen, dass Politikerinnen und Politiker sich in Debatten über Waren, Warengruppen und Dienstleistungen verheddern, so dass ein Beschluss für die Staffelung der MWSt erst gar nicht zustande kommt. Das ist im heutigen Politbetrieb leider der Normalfall, insbesondere dann, wenn Experten aus der Wirtschaft (Lobbyisten) hinzugezogen werden, etwa die Hersteller von Sozial unverträglichen Vehikeln (SUVs) aus der Automobilindustrie. Dieses letztere Problem wird aber die CO2-Steuer, die jetzt in vieler Munde ist, in gleichem Maße treffen. Die angepeilte CO2-Steuer muss je nach Menge des CO2-Gases, das für ein Produkt freigesetzt wird, ja auch irgendwie gestaffelt sein und möglichst gerecht auf die Endkunden (nicht nur auf die Verbraucher!) verteilt werden. Mit einem klaren und transparenten System aus einfachen Zahlen ist dies besonders einfach und übersichtlich…” Beitrag von Rob Kenius vom 9. August 2019 bei Telepolis – Das Prinzip der gestaffelten MWSt entstammt dem Taschenbuch “Leben im Geldüberfluss. Umwelt und Politik im Griff der Finanzwelt” von Rob Kenius (192 Seiten, Preis 9,99 Euro).
- Die gefährlichen Verteilungswirkungen der Klimapolitik
“Auch die geplante Rückzahlung von CO²-Steuern durch eine Klimaprämie wird zu sozialen Verwerfungen führen. Deutschland droht damit eine Klimarevolte wie in den Nachbarländern, von der vor allem die AfD profitieren wird. Für linke Parteien stellt die soziale und politische Polarisierung durch die geplante Intensivierung des Klimaschutzes mittels CO²-Verteuerung ein großes Problem dar. Während die Grünen sehr gut damit leben können, die sozioökonomisch oder in Bezug auf formale Bildung besser gestellten Bevölkerungsgruppen hinter ihrer Position zu versammeln, werden SPD und Linkspartei belastet durch den Konflikt zwischen ihren akademisch geprägten Funktionärskreisen mit einer starken Präferenz für einen entschiedeneren Kampf gegen den Klimawandel einerseits und ihrem klassischen Wählerpotential von Arbeitern und unterer Mittelschicht andererseits. Letztere stehen einem deutlich intensivierten Kampf gegen den Klimawandel über CO²-Steuern oder Klimazertifikate skeptisch gegenüber und haben sehr gut begriffen, dass mit großer Wahrscheinlichkeit sie diejenigen sein werden, die überproportional durch diese Maßnahmen belastet werden. (…) Der Politikwissenschaftler René Cuperus spricht am Beispiel der letzten Wahlen in den Niederlanden sogar von einer „Klimarevolte“ der unteren Schichten, die sich vor allem in der Wahl einer neuen rechtspopulistischen Partei (Forum für Demokratie) äußerte und für Sozialdemokraten und insbesondere Sozialisten sehr ungünstige Folgen mit sich brachte. Eine solche Revolte ist auch in Deutschland gut vorstellbar – wenn sie nicht schon begonnen hat.” Beitrag Andreas Nölke vom 6. August 2019 bei Makroskop – Deshalb keine Klimapolitik, weil das die Rechten stärkt??? Nicht die Klimapolitik hat eine gefährliche Verteilungswirkung (wie die Überschrift suggeriert), sondern der fehlende Kampf gegen die globale kapitalistische Wertverteidigung hat wesentlich erst zur Notwendigkeit einer deutlich anderen Klimapolitik geführt. Andreas Nölkes “linker” Nationalismus mag damit Probleme haben. Aber vielleicht sollte er da eher mal seinen Nationalismus überprüfen. Eine linke Klimapolitik ist nicht zufällig etwas, was für Nölke offensichtlich undenkbar ist. “Begonnen hat” vor allem eine andere Revolte: Der Klimastreik – siehe unser Dossier: “Fridays for Future”: Schulstreiks für mehr Klimaschutz
- Die CO2-Steuer erlöst uns nicht – Eine Abgabe als Rettung vor dem bösen Klimawandel? So wird die Umweltkrise als Feind von außen inszeniert. Dabei ruft unser System sie hervor
“… Jetzt beschränkt sich die klimapolitische Debatte weitgehend auf die Forderung nach einer CO₂-Steuer – die wird zum Allheilmittel aufgeblasen. Sie soll klimaschädliches Produzieren und Konsumieren teuer machen und dafür sorgen, dass Industrie und Bürger von selber Kohlendioxid reduzieren, während Verbote von Kurzstreckenflügen oder SUVs, der radikale Umbau des Verkehrs- und Energiesektors oder der Landwirtschaft als nicht verhandelbar gelten. Darüber hinaus soll die CO₂-Steuer als Umverteilungmechanismus wirken: Während die Vermögen und Privilegien der Reichen unangetastet bleiben, sollen Ärmere durch eine Art Trickle-down-Effekt von der CO2-Steuer profitieren, indem die Abgabe wieder ausbezahlt wird. Eine seltsame Vorstellung von Gerechtigkeit, schließlich beträgt der CO2-Fußabdruck der Reichen mehr als 130 Tonnen pro Kopf und Jahr. Zehn Mal mehr als der Durchschnittsdeutsche und so viel wie 400 Bangladescher pro Jahr ausstoßen. Die Beschränkung auf das Marktinstrument CO2-Steuer setzt am Ende einer langen Kette der Zerstörung an und ist Teil einer Entpolitisierung, wie ihn der belgische Geograf Erik Swyngedouw beschreibt: Der Klimawandel würde als ein Feind von außen inszeniert, der den Kapitalismus bedrohe. „Die Probleme erscheinen deswegen nicht als Ergebnis des Systems, eines Ungleichgewichts von Macht, einflussreichen Netzwerken der Kontrolle, zügelloser Ungerechtigkeit oder von fatalen Fehlern, die diesem System eingeschrieben sind – stattdessen wird ein Außenseiter verantwortlich gemacht.“ Dieser Eindringling könne nur von innen heraus, mit den Mitteln des Kapitalismus, bekämpft werden. „Mit anderen Worten: Wir müssen uns radikal ändern, aber im Rahmen der bestehenden Umstände, sodass sich nichts wirklich ändern muss“, schreibt Swyngedouw…” Beitrag von Kathrin Hartmann vom 17. Juli 2019 aus der Freitag 26/2019
- CO2-Bepreisung: Feigenblatt oder Allheilmittel im Kampf gegen den Klimawandel?
“… Spricht man mit Volkswirten über den Klimawandel, fällt mit Sicherheit innerhalb weniger Minuten der Begriff »Externalität«. Als Externalitäten werden Kosten (oder Nutzen) bezeichnet, die nicht bei den Produzenten und Konsumenten eines bestimmten Guts anfallen, sondern bei Außenstehenden. Wenn ein Chemieunternehmen zum Beispiel seine giftigen Abfälle kostengünstig im nächsten Badesee entsorgt, kann es seine Produkte billiger anbieten und sowohl das Unternehmen als auch seine Kunden freuen sich. Die Kosten werden von den Badenden am See getragen, die nun beim Schwimmen Gesundheitsschäden riskieren. Da das Chemieunternehmen jene jedoch nicht entschädigen muss, spielt das in seinen kaufmännischen Entscheidungen keine Rolle. Eine Art, Externalitäten (die man nicht komplett verbieten will) zu reduzieren, ist sie mit einem Preis zu versehen: So könnte man zum Beispiel von dem Chemieunternehmen verlangen, für die Reinigung des Sees aufzukommen. Damit würde die Beseitigung des negativen Nebeneffekts (des verschmutzten Seewassers) Teil der kaufmännischen Kalkulation des Chemieunternehmens. Die Kosten wären internalisiert. Wie viele klassische volkswirtschaftliche Ideen ist die »Internalisierung von Externalitäten« ein in der Theorie bestechend elegantes Konzept: CO2-Bepreisung könnte den sonst auf altruistischem Verzicht basierenden Klimaschutz individuell rational machen. Soziale Kontrolle oder staatliche Eingriffe in die Konsumentscheidungen des Einzelnen wären unnötig. Gleichzeitig garantiert ein einheitlicher Preis für CO2, dass Einsparungen dort stattfinden, wo sie am wenigsten kosten. (…) Politisch bleibt das Thema allerdings problematisch: selbst wenn eine Reform der CO2-Bepreisung in Summe zu keiner Mehrbelastung der Bürger führt, wird es unvermeidlich sein, dass einzelne Haushalte durch sie besser oder schlechter gestellt werden. Dabei ist bereits das aktuelle System der expliziten und impliziten CO2-Bepreisung kaum sozial gerecht: Flug-Fernreisen, die zweifelsohne eher von wohlhabenden Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden, unterliegen keiner impliziten CO2-Besteuerung, die Deutsche Bahn dagegen schon. Wer sich ein modernes Auto oder eine neue Heizung leisten kann, zahlt weniger, als diejenigen, die ihre alte Heizung immer wieder reparieren lassen, da das Kapital für die Ersatzinvestition fehlt. Eine durchdachte Reform der CO2-Bepreisung in Deutschland setzt daher nicht kontextlos bei Klimafragen an, sondern bezieht die weiteren Zielsetzungen unserer ökonomischen Ordnung mit ein… “ Beitrag von Johanna Schiele und Hanns Koenig vom 18. Juli 2019 bei Blickpunkt WiSo
- Mieterbund: “CO2-Bepreisung nicht auf Mieter umlegen”
“… Nach der Empfehlung der Wirtschaftsweisen, mit einer CO2-Bepreisung das Heizen in Gebäuden zu verteuern, warnt der deutsche Mieterbund vor höheren Belastungen für Mieter. Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, die dadurch entstehenden Kosten dürften nicht auf die Mieter umgelegt werden. Mieter hätten “keinen Einfluss darauf, wie ihre Wohnung geheizt wird”. Das entschieden die Vermieter, weshalb diese auch die zusätzlichen Kosten einer CO2-Steuer im Heizungsbereich zahlen sollten. Um Wohnungseigentümer dazu zu bewegen, auf klimafreundliche Heizungen umsteigen, schlug Siebenkotten “substanzielle Investitionskostenzuschüsse” vor. (…) Eine steuerliche Förderung für energiesparende Gebäudesanierungen forderte auch der Eigentümerverband Haus und Grund. Ohne Beteiligung der Mieter könnten die Kosten der Energiewende aber nicht finanziert werden, so Verbandspräsident Kai Warnecke. “Hier eine Lösung mit Augenmaß zu finden, wird das Entscheidende sein, wenn die CO2-Bepreisung kommt.” Sicher sei, dass im Falle einer CO2-Bepreisung das Wohnen in Deutschland teurer werde. Der Chef des Bundesverbandes Verbraucherzentrale, Klaus Müller, betonte, für Verbraucher sei die soziale Ausgestaltung der CO2-Bepreisung wichtig. “Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung müssen vollständig an die Gruppe der privaten Haushalte zurückfließen”, sagte er der “Rheinischen Post”…” Meldung vom 13. Juli 2019 bei tagesschau.de
- Die radikale Preiswahrheit – Dank Klimaprämie ist eine soziale und faire CO2-Bepreisung möglich, sagt DIW-Ökonomin Claudia Kemfert
” …[Der] Klimaschutz kostet uns gar nicht mehr. Im Gegenteil. Wir brauchen nur dringend die bereits genannte radikale Preiswahrheit – und eine faire Belastung der wahren Verursacher. Die Wahrheit? Klimaschäden kosten nicht erst, wenn wir einen CO2-Preis erheben. Der Klimawandel hat schon immer gekostet. Permanent geben wir Millionen an Steuergeld aus, weil wir uns nicht vom Haupttreiber des Klimawandels, den fossilen Energien, verabschieden. (…) Doch bis heute weigern sich die Verantwortlichen, diese Wahrheit auszusprechen; sie ist nämlich verdammt unbequem. Denn den Preis bezahlen ausgerechnet die, die am wenigsten zum Klimaschaden beitragen. Menschen mit geringem Einkommen, egal ob Pflegekraft, Friseur oder Rentnerin, haben nämlich in der Regel einen vergleichsweise kleinen CO2-Fußabdruck. Und trotzdem zahlen sie für die Emissionen, ohne es zu wissen. Mit ihren Steuern werden ausgerechnet die belohnt, die einen völlig anderen Lebensstil pflegen: die Besserverdienenden mit großzügig bemessenem Einfamilienhaus, mit Erst- und Zweitwagen und mit Urlaubsreisen in ferne Länder. Man stelle sich vor, alle Menschen müssen fortan den Schaden bezahlen, den sie anrichten. Man stelle sich vor, man würde die derzeit oft steuerbefreiten Klimaschädlinge wie Kerosin, Diesel, Benzin und Heizöl an den verursachten Klimawandel-Folgekosten realistisch beteiligen. Und am selben Tag würde man damit beginnen, den Menschen das Geld, das ihnen jahrzehntelang heimlich aus den Taschen gezogen wurde, zurückzugeben – als Klimabonus oder Klimaprämie! Was würde dann passieren? Ja, genau: Arme Menschen hätte plötzlich mehr Geld in der Tasche. Die Reichen dagegen müssten für ihr rücksichtsloses Flug-, Fahr – und Heizverhalten in Zukunft deutlich mehr bezahlen oder sich einen anderen Lebensstil zulegen…” Beitrag von Claudia Kemfert bei neues Deutschland vom 10. Juli 2019
- Schulterschluss mit den Schülerdemos. Die CO2-Steuer wäre eine gemeinsame Forderung, wenn sie hoch genug ausfällt
“Bekommt der Ausstoß von CO2 endlich einen Preis? Eine Tonne des mit Abstand wichtigsten Treibhausgases aus menschlicher Aktivität verursacht Schäden in Höhe von 180 Euro, schätzt das Umweltbundesamt. Die Schülerbewegung Fridays for Future mit ihren inzwischen rund 500 Ortsgruppen im ganzen Land fordert die Besteuerung der Emissionen, wobei die Höhe der CO2-Steuer schrittweise, aber rasch auf 180 Euro pro Tonne angehoben werden soll. Neu ist die Diskussion nicht. Schon seit den 1980er Jahren wird sie international geführt und eine entsprechende Steuer von einem Teil der Ökonomen sowie der Umweltbewegung gefordert. Zuletzt hat selbst der Internationale Währungsfonds eine weltweite Besteuerung der Klimagase angemahnt. Einige Länder wie Dänemark, Großbritannien, Australien, Südafrika oder Schweden haben sie bereits in der einen oder anderen Form eingeführt, allerdings keines auch nur annähernd in der genannten Höhe. In Deutschland ist sie seit den 80er Jahren umstritten und derzeit, wie Meinungsumfragen zeigen, nicht besonders populär. Eine Mehrheit der Bevölkerung lehnt sie ab, offenbar aufgrund eines tiefen und alles andere als unberechtigten Misstrauens gegenüber der Regierung. Ansonsten wird die CO2-Steuer nicht zuletzt vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bekämpft. Mitte der 90er Jahre brachte der Verband die seinerzeitige schwarz-gelbe Regierung unter Helmut Kohl dazu, ein bereits vorbereitetes Gesetzesverfahren zu stoppen. Der BDI argumentiert mit den Energiekosten und fürchtete damals wie heute um seinen Wettbewerbsvorteil vor der ausländischen Konkurrenz, der den deutschen Konzernen seit Jahrzehnten satte Handelsbilanzüberschüsse und Profite im Exportgeschäft beschert. Entsprechend ist die Union zerrissen. (…) In der Tat könnte eine CO2-Steuer in Höhe von 180 Euro pro Tonne nämlich nicht nur unter den gegebenen marktwirtschaftlichen Verhältnissen – die wir nicht mögen, aber nicht so bald los werden – einen wichtigen Beitrag zur Verdrängung der Kohle und des motorisierten Individualverkehrs leisten, sie könnte auch ein Instrument der dringend nötigen Umverteilung von oben nach unten sein. Wie das? In dem die jährlich 144 Milliarden Euro, die sie, konsequent umgesetzt, zunächst einbringen würde, einerseits zu etwa der Hälfte von der Industrie aufgebracht werden müssten und andererseits so eingesetzt werden könnten, dass sie vor allem den weniger gut gestellten Teilen der Gesellschaft zugute kommen…” Artikel von Wolfgang Pomrehn in der Soz Nr. 06/2019
- Die CO2-Steuer – ein unzureichendes Lenkungsinstrument für den Klimaschutz
“Der Gedanke einer Steuer auf alle Treibhausgasemissionen, oder vereinfacht: eine CO2-Steuer, wird intensiv diskutiert. Ein bestechender Gedanke: Wir wollen die klimaschädigenden Emissionen reduzieren, also verteuern wir einfach alle Aktivitäten, die solche Emissionen erzeugen, durch einen Kostenaufschlag. Die Preise sagen dann die „ökologische Wahrheit“, ein Lieblingsschlagwort der Grünen. Und schon erscheint das marktwirtschaftliche Spiel von Angebot und Nachfrage als der Weg der Wunscherfüllung von Emissionsreduzierung. Wird ein Gut teurer, wird weniger davon nachgefragt und infolgedessen dann auch weniger davon produziert. Für die eingefleischten Markttheoretiker, die an Effizienz, Optimalität, Stabilität der Märkte glauben wie der Papst an die leibhaftige Himmelfahrt Mariens, ist das der beste und kostengünstigste Weg zur Reduzierung klimaschädlicher Emissionen (neben Emissionszertifikaten). Mehr noch: Es darf in der Marktwirtschaft nur der einzig mögliche Weg sein, denn alle anderen denkbaren Wege bestehen aus Verboten und Geboten bei Produktion und Verbrauch, sind also der klare Bruch marktwirtschaftlicher Regeln. Nur das freie Spiel der Preise darf die Mengen bestimmen. Nun muss ich sagen, dass es für einen Besorgten wohl ziemlich selbstverständlich ist, in einem Wirtschaftssystem, in dem wirtschaftliche Aktivitäten ausschließlich nur dann durchgeführt bzw. unterlassen werden, wenn sie privat rentabel bzw. unrentabel sind, verheerend schädliche Aktivitäten richtig teuer zu machen. Die Frage ist aber: Reicht das zur Abwehr der Klimazerstörung? Kann man dann die Hände ruhig in den Schoß legen und dem Markt zuschauen? Ist alles Weitere neben der CO2-Steuer nur zweitrangiges Beiwerk? (…) Wie urteilte der bekannte Klimaökonom Nicholas Stern: Die Klimaänderung ist das größte Marktversagen aller Zeiten. Und Albert Einstein: Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.” Beitrag von Franz Garnreiter vom 24. Mai 2019 beim isw München
- CO2-Steuer: Wichtig, aber nicht ausreichend
“Eines ist schon jetzt klar. Deutschland wird die Klimaschutzziele für das Jahr 2020 verfehlen. Ohne weitere Maßnahmen gilt das auch für die Ziele für 2030, zu denen sich Deutschland gegenüber der EU verpflichtet hat. In den kommenden Jahren drohen daher milliardenschwere Strafzahlungen. Selbst der im Januar vorgelegte Kompromiss zum Kohleausstieg reicht nicht aus, um die Lücke zu schließen und den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens gerecht zu werden. Nach zehn Jahren am Rande der politischen Aufmerksamkeit scheint sich nun jedoch eine Chance für eine neue und verschärfte Klimapolitik in Deutschland zu eröffnen. Die Frage ist, mit welchen Maßnahmen Deutschland kurzfristig die Emissionen senken kann. Langfristig müssen nicht nur die Stromwirtschaft, sondern alle Sektoren inklusive Verkehr, Gebäudewirtschaft und Industrie dekarbonisiert werden – also keinen Kohlenstoffausstoß mehr produzieren. Ein flächendeckender CO2-Preis gilt seit vielen Jahren als ein essenzieller Baustein der Klimapolitik, war bisher jedoch offensichtlich politisch nicht mehrheitsfähig. Dies scheint sich nun zu ändern. (…) Ein Großteil der Probleme liegt jedoch dort, wo Akteure nur in sehr begrenztem Rahmen auf Kostenoptimierung achten oder vor sonstigen Hürden stehen. Dies ist zum Beispiel im Gebäudebereich der Fall. (…) Ein CO2-Preis allein wird daher wenig Einfluss darauf haben, wie viele Gebäude in Deutschland jedes Jahr energetisch saniert werden. Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, muss die Renovierungsrate jedoch deutlich steigen – von etwa einem Prozent pro Jahr im Jahr 2015 auf jährlich mindestens drei Prozent in den nächsten Jahrzehnten. (…) Im Verkehrsbereich ist die Preissensibilität gering. Gleichzeitig sind die Vermeidungskosten besonders hoch. Viele Wege mit dem Auto lassen sich kurzfristig nicht verhindern – etwa der Weg zur Arbeit. Wo Menschen auf das eigene Fahrzeug angewiesen sind, müssen sie zwar die höheren Kosten tragen, haben aber nur wenig Möglichkeiten, ihr Fahrverhalten anzupassen. (…) Für die Dekarbonisierung des Verkehrssektors reicht es aber nicht nur aus, die Fahrzeugemissionen zu senken und ansonsten mit einer auf motorisierten Individualverkehr ausgerichteten Verkehrspolitik weiterzumachen. Mindestens ebenso wichtig wäre es, sich auf die Vermeidung von Verkehr und die Verlagerung auf klimafreundliche Verkehrsmittel wie den öffentlichen Nahverkehr zu fokussieren. (…) Eine mutige CO2-Bepreisung ist ohne Zweifel überfällig. Sie ist aber nicht das ultimative Instrument der Klimapolitik. Das Pariser Klimaabkommen gibt das Ziel vor: Alle Sektoren müssen Beiträge leisten und umgehend auf einen Pfad zur vollständigen Dekarbonisierung einschwenken. Um die Potenziale zu erschließen und einen entsprechenden Handlungsdruck zu erzeugen, braucht es verbindliche Zielsetzungen in allen Bereichen…” Gastbeitrag von Lukas Hermwille, Manfred Fischedick und Johannes Thema vom 7. Mai 2019 bei Zeit online
- Noch eine Verbrauchssteuer? Die seltsame Einheitsfront pro CO2-Steuer“… Ein konkretes CO2-Steuer-Modell gibt es bislang nicht. Das macht die Debatte zweifellos schwierig. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Ska Keller, erklärte, Kohlendioxid „muss einen Preis bekommen, den diejenigen zahlen müssen, die CO2 freisetzen.“ Zu fragen ist, ob es sich nicht deutlich anders verhält. Diesen Preis müssen dann diejenigen zahlen, die Dienstleistungen in Anspruch nehmen (müssen) und Produkte konsumieren (müssen), die CO2 enthalten. Diejenigen, die CO2-intensive Dienstleistungen anbieten und die CO2-intensive Produkte erstellen, werden mit einer solchen „Oben-drauf-Steuer“ gut leben können. Am CO2-Output wird sich grundsätzlich nichts oder viel zu wenig ändern. Vielmehr wird dieser CO2-intensiven Wirtschaftsweise ein neues grünes Mäntelchen umgehängt. Pikant dabei ist: Vor genau zwei Jahrzehnten gab es eine maßgeblich von den Grünen angeführte „Ökosteuer“-Debatte. Und es wurde im März 1999 das „Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform“ beschlossen. Dies erfolgte unter der SPD-Grünen-Regierung. Das Gesetz wurde, nicht zuletzt von den Grünen, gepriesen als eine wirksame Maßnahme gegen den CO2-Emissionen und die Klimaerwärmung. Tatsächlich sind auch die Einnahmen aus dieser Steuer enorm. Damit sind auch die Belastungen für die Verbraucher beträchtlich. Doch die Wirkung erwies sich als höchst begrenzt. Die CO2-Emissionen sind seither weiter gestiegen. Die Wirkung dieser Ökosteuer ist sogar derart bescheiden, dass sie in den aktuellen Debatten nicht einmal erwähnt wird. Stattdessen wird vorgeschlagen … so ziemlich genau dasselbe zu machen wie vor zwei Jahrzehnten. Unter den gegebenen Bedingungen erscheint trotz der größtmöglichen CO-2-Steuer-Koalition (und auch wegen derselben) die Forderung nach einer allgemeinen CO2-Steuer bei Beibehaltung der gegebenen Besteuerungen, Subventionierungen und Regulierungen ausgesprochen problematisch. (…) Wer die Klimakatastrophe aufhalten, wer für „all days for future“ kämpfen will, der muss letzten Endes den Wachstumszwang und die Profitmaximierung der bestehenden Wirtschaftsweise in Frage stellen. Also system change. Wer kleinere Brötchen backen und nicht gleich DGB – Die Ganze Bäckerei – erkämpfen will (oder es nicht für opportun hält, eine solche aus meiner Sicht heute absolut berechtigte, wenn nicht erforderliche „Maximalforderung“ zu stellen), der sollte für sinnvolle Sofort- und Minimalforderungen eintreten…” Beitrag von Winfried Wolf vom 5. Mai 2019 bei den NachDenkSeiten
- Siehe auch die Homepage von CO2 Abgabe e.V.
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