“… Die Europäische Union kann und darf sich ihrer menschen- und völkerrechtlichen Verpflichtung nicht entziehen. (…) Um diese Verpflichtungen umzusetzen, muss sich eine Koalition aufnahmebereiter EU-Staaten zusammenfinden, die den Notfallplan für die Aufnahme von Bootsflüchtlingen untereinander organisiert. Die einzelnen ineinander greifenden Schritte des Plans: 1. Die Europäische Union muss unverzüglich einen eigenen flächendeckenden Seenotrettungsdienst aufbauen. 2. Die Blockade und Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung muss ein Ende haben. 3. Die Zusammenarbeit mit der »libyschen Küstenwache« und der damit verbundene fortlaufende Völkerrechtsbruch im Mittelmeer muss sofort gestoppt werden. In Libyen festsitzende Flüchtlinge müssen umgehend evakuiert und in der EU in Sicherheit gebracht werden. 4. Es dürfen keine Abkommen mit Staaten außerhalb der EU geschlossen werden, um Flüchtlinge dort festzusetzen oder von der EU aus zurückzuschieben. Ausschiffungen in nordafrikanische Häfen darf es nicht geben. 5. Es müssen sichere und legale Fluchtwege nach Europa geschaffen werden (humanitäre Visa, Resettlementprogramme, Familienzusammenführung, etc.) – dies gilt auch für die Familienangehörigen von Kriegsflüchtlingen. 6. Bootsflüchtlingen ist nach der Anlandung in einem sicheren europäischen Hafen eine menschenwürdige Aufnahme und der Zugang zu einem fairen Asylverfahren in einem EU-Mitgliedsstaat zu gewähren. Dies gilt auch für alle Schutzsuchenden, die auf anderen Wegen Zugang zur Europäischen Union finden. 7. Hotspots und Transitzentren an den Außengrenzen der EU sind Orte der Inhumanität und Rechtlosigkeit, sie müssen geschlossen werden. Die Inhaftierung schutzsuchender Menschen ist sofort zu beenden. 8. Die Verteilung angekommener Flüchtlinge in den kooperierenden EU-Staaten muss einem festgelegten Solidarmechanismus folgen und darf nicht mehr von Fall zu Fall ausgehandelt werden. Schutzsuchenden mit familiären Bindungen wird die Weiterreise zu ihren Angehörigen ermöglicht. 9. Zahlreiche Städte, Regionen und Gemeinden in Deutschland und Europa haben bereits ihre Aufnahmebereitschaft signalisiert. Für sie muss die Möglichkeit geschaffen werden, Bootsflüchtlinge in Rahmen eines Relocation-Programms aufzunehmen…” Aktionsaufruf von Pro Asyl vom 9. September 2019 mit Bestellmöglichkeit einer eine Protestpostkartenaktion an die designierte Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen. Siehe dazu im Vorfeld des Treffens der EU-Innenminister in Malta:
- Europa braucht einen umfassenden Plan statt Teillösungen!
“Am kommenden Montag findet auf Malta ein Minigipfel zur sogenannten Ausschiffungskrise im Mittelmeer statt. Offene Häfen für Bootsflüchtlinge sind dringend notwendig. Die bisher kommunizierten Vorschläge greifen jedoch zu kurz. Europa braucht einen umfassenderen Rettungsplan. Im Vorfeld des Treffens auf Malta wurde bereits kommuniziert, wie der Verteilungsmechanismus aussehen soll: Deutschland und Frankreich werden je 25 Prozent derjenigen Menschen aufnehmen, die im zentralen Mittelmeer vor Malta und Italien aus Seenot gerettet wurden. Die Aufnahme der restlichen 50 Prozent teilen sich andere Mitgliedstaaten. Seit Juni 2018 wird immer wieder Schiffen mit Geretteten die Einfahrt in maltesische und italienische Häfen verweigert. Stattdessen harren sie zum Teil über Wochen vor der Küste aus. Es ist zu begrüßen, dass ein Versuch unternommen wird, dem unerträglichen Umgang mit zivilen Seenotrettungsorganisationen ein Ende zu bereiten. Ein umfassender und nachhaltiger Ansatz um die humanitäre Katastrophe im Mittelmeer zu beenden, zeichnet sich jedoch nicht ab. (…) Wenn Seehofer nun vor dem Treffen auf Malta mit Aussagen wie »Wir lassen niemanden ertrinken« von sich Rede macht, ist das ein wohlklingender Satz. Die Realität sieht anders aus: Auf dem Sondertreffen wird es nicht um ein ganzheitliches europäisches Programm zur Seenotrettung gehen. Diese leisten zurzeit vor allem die zivile Seenotretter*innen. (…) Dass kein Umdenken in Sicht ist, zeigt auch die Mandatsverlängerung der EU-Militärmission »Sophia«. Erneut ist kein Einsatz von Schiffen vorgesehen. Schiffseinsatz im Mittelmeer würde dazu führen, dass im Rahmen der Operation Schutzsuchende in Seenot gemäß Seerecht auch gerettet und nach Europa gebracht werden müssten. Daran scheint die EU nicht interessiert. Kampf gegen »irreguläre Migration« ja, Seenotrettung nein. (…) Neueste Pläne sehen die Evakuierung nach Ruanda vor. Der UNHCR möchte dort verschiedene Lösungen für die Betroffenen finden. Ruanda droht zur Sackgasse zu werden. Stattdessen müssen andere Möglichkeiten zur Umsiedlung Schutzsuchender aus Libyen genutzt werden. Einige Länder wie Italien und Kanada nehmen Schutzsuchende direkt aus Libyen auf. Die deutschen Behörden sollten verstärkt auf diese Strukturen zurückgreifen. Es muss endlich eine europäische Initiative zur Rettung & Aufnahme von Flüchtlingen geben! Europäischen Seenotrettungsdienst schaffen; Ende der Kooperation mit Libyen; Solidarische Aufnahme und Verteilung von Bootsflüchtlingen auch aus Griechenland, Zypern und Spanien!” Aufruf vom 22.09.2019 von und bei Pro Asyl , siehe auch:
- »Abschreckung durch Ertrinken lassen«: Hilfsorganisationen fordern von EU Umdenken bei Umgang mit Mittelmeer-Flüchtlingen“Mit Blick auf das Treffen der EU-Innenminister in Malta am kommenden Montag haben deutsche Hilfsorganisationen ein Umdenken bei der Flüchtlingskrise im Mittelmeer gefordert. Der Dresdner Seenotrettungsverein »Mission Lifeline« verurteilte am Freitag eine Strategie der »Abschreckung durch Ertrinken lassen« in der europäischen Flüchtlingspolitik und forderte eine Überarbeitung des Dublin-Abkommens. Die Frankfurter Menschenrechtsorganisation »Medico International« kritisierte unter anderem eine »Kooperation mit Unrechtsregimen«. Eine Überarbeitung des Dublin-Abkommens würde nach Ansicht von Mission Lifeline die Mittelmeerländer, insbesondere Italien, Malta und Griechenland, entlasten und könnte zu einer Wende in der humanitären Krise im Mittelmeer führen. »Wir würden uns wünschen, dass Frontex und die italienische Küstenwache mit uns kooperieren, so dass wir gemeinsam Geflüchteten in Seenot helfen könnten«, teilte Axel Steier, Mitgründer von »Mission Lifeline«, mit. (…) In Libyen ist ein Migrant aus dem Sudan vor den Augen von UN-Helfern erschossen worden, wie die Deutsche Presseagentur berichtete. Die UN-Organisation für Migration (IOM) und das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) verurteilten den Vorfall am Freitag in Genf scharf. Es sei ein neuer Beweis dafür, dass das Bürgerkriegsland Libyen kein sicheres Land sei und Migranten unter keinen Umständen dorthin zurückgebracht werden dürften, sagte UNHCR-Sprecher Charlie Yaxley in Genf. Eine solche Tragödie sei nur eine Frage der Zeit gewesen, sagte IOM-Sprecher Leonard Doyle. Der Mann sei in einer Gruppe von 103 Menschen gewesen, die die Küstenwache bei der versuchten Flucht Richtung Europa abgefangen und nach Libyen zurückgebracht hatte, berichtete eine IOM-Sprecherin. Die Menschen, überwiegend Frauen und Kinder, hätten sich gewehrt, weil sie in ein Internierungslager gebracht werden sollten…” Bericht von und bei neues Deutschland vom 20. September 2019
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen