Donnerstag, 25. Januar 2018

Hartz IV: Nur selten Extrageld für Arztbesuche

Hartz-IV-Bezieher bekommen meist kein Extra-Geld für Arztbesuche
LSG Stuttgart: Mehrbedarf nur bei ungewöhnlich hohen Fahrtkosten


15.01.2018

Fahrten zum Arzt oder ins Krankenhaus begründen in der Regel keinen leistungserhöhenden „Mehrbedarf“ bei Hartz-IV-Empfängern. Anderes gilt nur, wenn die Fahrtkosten den im Regelbedarf für Verkehr enthaltenen Betrag deutlich übersteigen, wie das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Freitag, 12. Januar 2018, veröffentlichten Beschluss entschied (Az.: L 7 AS 3405/17).
Es wies damit einen Arbeitslosen aus dem Raum Heilbronn ab. Im Streit um die Höhe seiner Leistungen hatte er unter anderem einen sogenannten Mehrbedarf für Arzt- und Klinikbesuche geltend gemacht. Er selbst habe im Juni und Juli 2015 insgesamt viermal eine Arztpraxis aufgesucht. Zudem habe er im Mai und Juli 2015 insgesamt fünfmal seine Lebensgefährtin und die Anfang Juli 2015 geborene gemeinsame Tochter im Krankenhaus besucht.

Das Jobcenter lehnte hierfür einen Mehrbedarf ab. Örtliche Arzt- und Krankenhausbesuche seien nicht ungewöhnlich, und im Streitfall sei der Bedarf hierfür auch nicht besonders hoch gewesen.

Dem folgte nach dem Sozialgericht Heilbronn nun auch das LSG. „Aufwendungen für gelegentliche Fahrten zu den Ärzten aufgrund ambulanter Behandlungen sind auch dem Grunde nach nicht außergewöhnlich, sondern betreffen eine Vielzahl von Menschen in gleicher Weise“ betonten die Stuttgarter Richter.

Ein Mehrbedarf setze aber voraus, „dass dieser von einem durchschnittlichen Bedarf in nicht nur unbedeutendem wirtschaftlichen Umfang abweicht“, betonte das LSG unter Hinweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts in Kassel zu den Fahrtkosten zum Kind getrennt wohnender Eltern (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 11. Februar 2015, Az.: B 4 AS 27/14 R). Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

Im Regelbedarf sei ein Betrag in Höhe von 22,78 (heute 34,66) Euro für „Verkehr“ enthalten gewesen. Der Kläger habe für Arztbesuche im Juni 2015 12,30 Euro und für Juli 2015 38,40 Euro geltend gemacht. Das seien im Durchschnitt 25,35 Euro und damit kaum mehr als im Regelbedarf vorgesehen. Zudem habe der Hartz-IV-Empfänger 30 Cent je Kilometer abgerechnet, nur 20 könnten aber anerkannt werden.

Die Besuche der Lebensgefährtin im Krankenhaus seien wegen Schwangerschaftskomplikationen notwendig geworden. Ein Mehrbedarf scheide hier schon deshalb aus, „weil es sich nicht um einen laufenden Bedarf handelt“. Gerade die Besuche nach der Geburt der gemeinsamen Tochter seien eine nur kurze und vorübergehende „Bedarfsspitze“ gewesen.

In seinem ohne mündliche Verhandlung ergangenen Beschluss vom 19. Dezember 2017 weist das LSG Stuttgart darauf hin, dass Hartz-IV-Empfänger ein Darlehen beantragen können, wenn sie die Kosten eines akut notwendigen Arztbesuchs nicht aufbringen können. Einen solchen Antrag habe der Kläger aber nicht gestellt. mwo/fle

Bild: Marco2811-fotolia

Die Staatsanwaltschaft Magdeburg schafft ein Bedrohungsszenario

Wir teilen diese Erklärung, die vom Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen veröffentlicht wurde:
Zu den Fakten - Auf Grund eines vermeintlichen "Böllerwurfes" zum G20 in Hamburg kam es heute, 23.01.2018, zu einem massiven Polizeieinsatz vor den Türen des Sozialen Zentrums und in einer Wohnungen der Alexander Puschkinstraße 20, 39108 Magdeburg.
Die gesamte Puschkinstraße wurde abgesperrt und mit mindestens einer Hundertschaft der Polizei . wurde die "Maßnahme" begleitet. Während des gesamten Zeitraumes kreisten und kreisen Polizeihubschrauber über den Haus.
Voran gegangen war eine brutale Verhaftung von von einem Menschen, in der Gotheanlage, in Magdeburg, Stadtfeld /Ost. Der eigentliche Tatvorwurf besteht in dem vermeintlichen Wurf eines "Böllers" während des G20 Gipfel in Hamburg.
Das massive Polizeiaufgebot und die Durchführungen der Verhaftung, als auch der Hausdurchsuchung steht in keinem Verhältnis zu den vermeintlichen Tatvorwurf.
Offensichtlich soll mit dieser Art und Weise Stimmung für die Räumung des Sozialen Zentrums und die Kriminalisierung seines Umfeldes gemacht werden. Hier wird bewusst ein Bedrohungsszenario geschaffen.
Wir rufen die Bürgerinnen und Bürger auf, sich davon nicht beirren zu lassen und sich mit dem Sozialen Zentrum und den Menschen, die es nutzen, zu Solidarisieren.

Gewollter Kontrollverlust


Über die Naziverstrickungen des frühen Bundesnachrichtendienstes unter Reinhard Gehlen wird mittlerweile in aller Öffentlichkeit gesprochen – das »Stay-behind«-Netzwerk aber bleibt weiter außen vor

Von Wolf Wetzel
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Beim Anschlag auf das Oktoberfest am 26. September 1980 starben 13 Menschen. Ob der Täter, der Verbindungen zur faschistischen ›Wehrsportgruppe Hoffmann« unterhielt, zum »Stay-behind«-Netzwerk der NATO zählte, ist bis heute unklar (München am Tag des Attentats)
Wolf Wetzel schrieb an dieser Stelle zuletzt am 31. August 2017 über den NSU-Prozess.
Wenn ein Nachrichtendienst, der eigentlich als Auslandsgeheimdienst fungieren soll, Kriegsverbrecher deckt, weil seine Mitarbeiter am »Dritten Reich« nichts auszusetzen haben (bis auf dessen Zusammenbruch), wenn er bereit ist, im eigenen Land einen »illegalen Apparat« zu etablieren, »um alle Elemente zu bekämpfen, die eine pro-sowjetische Politik befürworten«1, wenn er den Außenminister der eigenen Regierung »beobachtet wie einen Staatsfeind«2 und Spitzel im Umfeld der eigenen Regierung, diverser Ministerien, den Parteien und den großen Medien unterhält, wenn er den »Parteigeheimdienst«3 der regierenden Partei mit Dossiers über politische Konkurrenten versorgt, dann nennt man das dahinter stehende System einen »tiefen Staat«. In der Bundesrepublik Deutschland aber wird der Hinweis darauf zunächst als »Verschwörungsphantasie« denunziert und wenn es sich nicht mehr widerlegen lässt, achselzuckend zur Kenntnis genommen. Der Geheimdienst, von dem hier die Rede ist, nennt sich Bundesnachrichtendienst (BND) und ist, zumindest dem Gesetz nach, im Ausland tätig. Sein Vorläufer wurde bereits 1946 aufgebaut und trug den Namen »Organisation Gehlen«. Reinhard Gehlen (1902–1979) war Generalmajor der Naziwehrmacht und Leiter des Armeegeheimdienstes »Abteilung Fremde Heere Ost«. Kurz vor der Niederlage des Faschismus ergab er sich und bot den Vereinigten Staaten seine Dienste an. So entstand, kontrolliert von den US-amerikanischen Besatzungsbehörden die »Organisation Gehlen«, für die das ehemalige NSDAP-Mitglied auf manche seiner ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter zurückgreifen konnte. Damit wurde, wie eine interne Studie der CIA 1954 freimütig einräumte, »ein braunes Sammelbecken« geschaffen. Zu den Mitarbeitern des westdeutschen Nachrichtendienstes zählten u. a.: Klaus Barbie, der berüchtigte Gestapo-Chef von Lyon, Alois Brunner, ein führender Mitarbeiter Adolf Eichmanns, Franz Rademacher, Leiter des sogenannten Judenreferats im Auswärtigen Amt, Walther Rauff, auf den die Verwendung mobiler Gaswagen zurückgeht, sowie viele andere »ehemalige« Nazis. Der neue Geheimdienst, so könnte man sagen, bestand aus Nazizellen. Die Mehrheit derer, die zu Beginn der 1950er Jahre in Westdeutschland politische Verantwortung innehatten, störte das nicht. Die »Organisation Gehlen« ging 1956 komplett im neu gegründeten BND auf. Und der Chef dieses Auslandsgeheimdienstes wurde – Reinhard Gehlen.

Faschistische Spezialtruppe

In seine Amtszeit fällt der Aufbau und die Führung einer staatsterroristischen Vereinigung namens »Stay-behind«. Unter konspirativen Umständen und Ausschaltung aller demokratischen ­Kontrollgremien wurden ab den 1950er Jahren in vielen NATO-Staaten unter Führung des Militärbündnisses neonazistische Gruppen angeworben und bewaffnet. In Deutschland war damit die »Organisation Gehlen« beauftragt. Das auf NATO-Ebene angesiedelte Stay-behind-Programm diente der Abwehr der »roten Gefahr«. Im Fall einer »sowjetischen Invasion« sollten Faschisten als irreguläre Truppen hinter den feindlichen Linien Aufklärung betreiben und Sabotageaktionen durchführen, daher die Bezeichnung Stay-behind. Zu ihrer Aufgabe zählte auch das Ausschalten von »Kollaborateuren«, die man bis in linke SPD-Kreise hinein sowie in der Friedensbewegung vermutete. Doch der »Tag X«, die militärische Invasion der Sowjetunion, blieb aus.
Als in den 1960er und 1970er Jahren die außerparlamentarische Opposition wuchs, und sich europaweit die politischen Kräfteverhältnisse nach links verschoben, veränderte sich auch der operative Auftrag dieses staatsterroristischen Netzes: Der Feind wurde fortan nicht mehr außen, sondern innen verortet. An die Stelle der Sowjetunion traten linke und kommunistische Parteien sowie militante Gruppen außerhalb des parlamentarischen Parteienspektrums. Zahlreiche Angriffe auf linke Zentren und Morde an Linken in verschiedenen Ländern, die selbstverständlich nie aufgeklärt werden konnten, gehen mutmaßlich auf das Konto der Stay-behind-Truppe.
Gleichzeitig orientierten die Verantwortlichen auf eine »Strategie der Spannung«: Mit Terroranschlägen, die auf den ersten Blick wahllos und sinnlos erschienen (wie der Bombenanschlag in Bologna am 2. August 1980 oder der auf das Oktoberfest in München am 26. September 1980), sollte ein Klima der Angst erzeugt werden, in dem die Bevölkerung bereitwillig weitere Einschränkungen von Freiheits- und Schutzrechten bis hin zur Ausrufung des Staatsnotstandes hinnehmen würde. Gleichzeitig nutzte man diese verheerenden Attentate, indem man linke Gruppierungen (in Italien die Roten Brigaden, in Deutschland die Rote Armee Fraktion) dafür verantwortlich machte, um so weitere repressive Maßnahmen gegen diese bewaffneten Organisationen zu legitimieren. Im Prinzip ging es darum, militante linke Gruppen mit extralegalem Terror zu bekämpfen. In Italien trug diese Verbindung von neofaschistischen Kadern, militärischen Führungsstäben und Geheimdiensten den Namen »Gladio«. Der Staat legte sich auf diese Weise, neben dem existierenden Gewaltapparat, eine Struktur zu, die von Gerichten ungestört operieren konnte.
Das schier Unvorstellbare, dass nach der militärischen Niederlage des Faschismus Regierungen in Europa und militärische Kommandostellen der NATO mit neofaschistischen Gruppierungen zusammenarbeiteten, war über 30 Jahre ein gutgehütetes Geheimnis. Die Aufklärung wurde behindert, wo es nur ging: Akten verschwanden, Beweismittel wurden vernichtet, Zeugen verstarben, und Aussagewillige nahmen sich das Leben. Bis heute wird behauptet, es habe sich bei den Terroranschlägen um Einzeltäter gehandelt. Dass es eine deutsche Stay-behind-Truppe gegeben hat, ist aber zumindest seit dem Jahr 2013 offiziell bekannt. Auf eine parlamentarische Anfrage des Linkspartei-Abgeordneten Andrej Hunko antwortete der Staatsminister Eckart von Klaeden: »Infolge der weltpolitischen Veränderungen hat der Bundesnachrichtendienst in Abstimmung mit seinen alliierten Partnern zum Ende des 3. Quartals 1991 die Stay-behind-Organisation vollständig aufgelöst.«4

Schwierige Reform

In letzter Zeit schreibt die Süddeutsche Zeitung (SZ) auffallend oft über den BND – und das äußerst kritisch. Da ist ungeschönt von faschistischen Kontinuitäten die Rede. Man nennt den BND ein »Schattenreich«, in dem Nazis Zuflucht, Anstellung und Schutz gefunden haben und dessen Mitarbeiter »außerhalb jeder parlamentarischen Kontrolle« agierten. Auch wird bemerkt, dass die parlamentarische Kontrolle des Nachrichtendienstes bis heute ein Witz ist und dass eine »Reform« her müsse. Der Ruf nach einer solchen wurde besonders laut, als der BND erst bestritt, dann log und schließlich zu dem Vorwurf schwieg, er sei Teil des globalen Überwachungssystems des US-Auslandsgeheimdienstes National Security Agency (NSA).
Nachdem der »NSA-Skandal« im Jahr 2013 für einigen Unmut und »verfassungsrechtliche« Bedenken sorgte, wollte man den Geheimdienst fortan an die kurze Leine nehmen und aus der rechtsfreien Zone herausholen – hieß es. Im Oktober 2016 kam dann die Reform – und wie! Was früher nicht explizit verboten war, wurde jetzt ausdrücklich erlaubt: »An diesem Freitag hat der Bundestag nun die größte BND-Reform aller Zeiten verabschiedet. Das Gesetz verpasst dem Dienst neue Regeln. Regeln, die für Transparenz und Klarheit sorgen, schwärmt die große Koalition. Kritiker schimpfen: Das Gegenteil ist der Fall, frühere Rechtsbrüche werden für die Zukunft legitimiert«, hieß es in einem Kommentar im Spiegel.5 Sicher ist jedenfalls eines: Die über 6.000 Arbeitsplätze beim BND sind gerettet, die Mitarbeiter können wieder ruhig schlafen: »Die frühere Rechtsgrundlage, die fast nichts verboten habe, habe die BND-Mitarbeiter verunsichert«, so der damalige Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Clemens Binninger (CDU).
Auch die SZ zeigte sich empört und ließ nicht locker. In der Ausgabe vom 8. Dezember 2017 war zu lesen: »Die Kontrolle des Bundesnachrichtendienstes (BND) gestaltet sich trotz aller Reformen weiter sehr schwierig. Ein erst im Frühjahr installiertes neues ›Unabhängiges Gremium‹, das aus zwei Bundesrichtern und einem Bundesanwalt besteht, kommt in seinem ersten geheimen Bericht zu einem für Befürworter von Kontrollen des Bundesnachrichtendienstes deprimierenden Ergebnis.«6 Wie das Blatt weiter berichtet, hatte die Datenschutzbeauftragte des Bundes, Andrea Voßhoff, bereits im September 2016 massive Vorwürfe gegen den Auslandsnachrichtendienst erhoben und von »systematischen Gesetzesverstößen« gesprochen. Der BND habe ihre »Kontrolle rechtswidrig mehrmals beschränkt. Eine umfassende, effiziente Kontrolle« sei ihr nicht möglich gewesen. Die Schlussfolgerung in der SZ: »Im Grunde macht das neue Gremium die Erfahrungen, die schon die früheren Kontrolleure gemacht haben. Was wirklich wichtig sein kann, ist von irgend jemand geschwärzt worden. Vier Jahre ist es her, dass der Whistleblower Edward Snowden die Massenausspähung der amerikanischen National Security Agency (NSA) enthüllt hat. Dann kam heraus, dass BND und NSA eng zusammengearbeitet hatten und schließlich stand fest, dass auch der BND Ausländer wie Freiwild behandelte und sie kräftig ausspionierte. Schärfere, strengere Kontrollen wurden gefordert. Ein neues BND-Gesetz wurde verabschiedet. So wurde auch das neue Unabhängige Gremium geschaffen. Aber es scheint so zu sein, wie es immer war.«

Gehlens Archiv

Auch mit Blick auf die Geschichte des BND blieb die Zeitung aus München kritisch. Im Laufe des Jahres 2017 wurde der Redaktion Reinhard Gehlens Geheimarchiv zugespielt. In einer Reportage von Uwe Ritzer und Willi Winkler heißt es: »Die Vergangenheit kommt in zwei Pappkartons. Schmale Ordner, ein paar Schnellhefter, Stapel eng mit Maschine beschriebenes Papier (…). 46 Blechdosen, in Leinensäckchen oder gelben Kodak-Schachteln, in jeder Filmdose eine Spule mit meterlangem Zelluloidstreifen (…). Mehr als 100.000 Dokumente, sauber abfotografiert, systematisch auf Zelluloid archiviert, oft ›geheim‹ oder ›streng geheim‹ gestempelt.«7 Über die Herkunft des Materials schweigt die SZ sich aus, »aus vertraulicher Quelle zugespielt«, schreiben die beiden Journalisten. Inhaltlich findet sich manches Neue in dem Material, aber doch nichts Sensationelles. Das Gehlen-Archiv enthält die Lebensläufe zahlreicher Nazis, die in der BRD neben und mit Ex-Generalmajor Gehlen eine »demokratische« Karriere machen: den des Mitverfassers und Kommentators der »Nürnberger Rassengesetze«, Staatssekretär Hans Globke, Adenauers rechte Hand. Man erfährt, was auch nicht besonders neu ist, dass der BND alle bespitzelte, die man für »links« hielt, was damals noch die SPD einschloss. So wurde auch der Politologe Wolfgang Abendroth überwacht, weil er sich gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands ausgesprochen hatte. Er war dem BND ein eigenes Dossier wert. Und der Geheimdienst verfügte über einen Spitzel »ganz oben an der Spitze der SPD«, den Informationsdirektor Fried Wesemann. Die Reportage endet mit den Worten Gehlens, der bis zum letzten Atemzug ein Antikommunist und Nazi blieb: »Hitlers Entschluss, in die Sowjetunion einzufallen, war militärisch und politisch richtig, nur die Art, wie er den Feldzug führte, war falsch.«8
Das von der SZ über mehrere Artikel verteilte Material aus dem Privatarchiv zeigt, dass der BND tatsächlich ein eigenes »Schattenreich« aufgebaut hat, dass also in der BRD eine Form des »tiefen Staates« existiert. Es zeigt auch, dass all dies bis heute nicht aufgearbeitet, geschweige denn aufgelöst wurde. Man sollte sich fragen: Warum lassen Parlament und Regierung dies zu? Warum stärken sie dieses »Schattenreich« noch? Und eine weitere Frage stellt sich: Warum bekommt ausgerechnet die SZ das Privatarchiv Gehlens zugespielt?
Wer die Geschichte des BND kennt, und die kennt natürlich auch die SZ, wundert sich, dass in den Dokumenten aus Gehlens Privatarchiv über das Mitte der 1950er Jahre aufgebaute »Stay-behind«-Netzwerk nichts zu finden ist. Oder berichtete das Blatt nur nicht darüber? Schließlich erscheint es mehr als unwahrscheinlich, dass Gehlen darüber nichts archiviert hat. Und selbst wenn, warum erwähnt die SZ nicht wenigstens, dass Gehlen ein Gründungsvater dieses staatlichen Terrornetzes war? Warum verliert sie darüber kein einziges Wort?

Ein Dilettantenverein?

Wenn es nach dem Blatt aus München geht, so ist der BND bei keiner im Bundestag vertretenen Partei wohlgelitten – bis auf die CSU. Hans Leyendecker schreibt in der Ausgabe vom 1. Juni 2017: »Mit Verachtung, Spott und Misstrauen reagierte viele Jahre die Politik außerhalb Bayerns auf Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes (…). CDU-Kanzler Ludwig Erhard verwies den Verbindungsstab der Geheimen aus der Dachstube des Kanzleramts, weil er ›mit solchen Leuten‹ nichts zu tun haben wollte. Der SPD-Kanzler Helmut Schmidt höhnte über den ›Dilettantenverein‹«. In den 1990er Jahren soll der BND dann im Zuge der sogenannten Plutonium-Affäre auch »die letzten Getreuen« aus den Reihen der bayrischen Christsozialen verloren haben.9
Sollte all das stimmen, bliebe die Frage, warum dann der BND nach wie vor »unkontrollierbar« sein soll. Wenn das Parlament wollen würde, hätte es die Macht im Handumdrehen: Es müsste nur ein Gesetz verabschieden, das den BND dazu verpflichtet, das zu tun, was er bis heute torpediert. Die Rede vom zahnlosen Parlament, von hintergangenen Parlamentariern ist mehr als verschleiernd. Es handelt sich um eine falsch gelegte Fährte. Wer 60 Jahre vom Geheimdienst »hintergangen« wird, ist nicht hilflos, sondern Pate, Partner und Komplize.
Es gibt für diese Annahme keinen besseren Zeugen als Klaus-Dieter Fritsche (CSU). Ein Mann, dessen »Laufbahn« für sich spricht: Von 1996 bis 2005 war er Vizechef des Inlandsgeheimdienstes, genannt Verfassungsschutz. Um zu klären, wie versehentlich wichtige Akten von V-Leuten im Nahbereich des NSU vernichtet werden konnten, wurde er am 18. Oktober 2012 als Zeuge vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages befragt. Im Gegensatz zu vielen anderen Bediensteten seiner ehemaligen Behörde war von ihm kein Bedauern zu hören und er täuschte auch keine Erinnerungslücken vor. Er machte vielmehr klar, warum die Behörde so gehandelt hat und warum dies richtig war: »Es dürfen keine Staatsgeheimnisse bekannt werden, die ein Regierungshandeln unterminieren. Es darf auch nicht so weit kommen, dass jeder Verfassungsfeind und Straftäter am Ende genau weiß, wie Sicherheitsbehörden operativ arbeiten und welche V-Leute und verdeckten Ermittler im Auftrag des Staates eingesetzt sind. Es gilt der Grundsatz ›Kenntnis nur wenn nötig‹. Das gilt sogar innerhalb der Exekutive. Wenn die Bundesregierung oder eine Landesregierung daher in den von mir genannten Fallkonstellationen entscheidet, dass eine Unterlage nicht oder nur geschwärzt diesem Ausschuss vorgelegt werden kann, dann ist das kein Mangel an Kooperation, sondern entspricht den Vorgaben unserer Verfassung. Das muss in unser aller Interesse sein.«10
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Er baute im Auftrag der USA die Vorläuferorganisation des BND auf – Reinhard Gehlen (1902–1979), Generalmajor der Naziwehrmacht und Leiter des Armeegeheimdienstes »Abteilung Fremde Heere Ost« (Aufnahme aus dem Jahr 1944)
Nach seiner Tätigkeit beim Inlandsgeheimdienst arbeitete Fritsche von 2005 bis 2009 als Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt. Von Dezember 2009 bis 2013 war er Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Im Januar 2014 stieg er zum Staatssekretär im Bundeskanzleramt und zum Beauftragten für die Nachrichtendienste des Bundes auf. Er wurde damit zum ranghöchsten Beamten im Bereich »Innere Sicherheit«. Eine Traumkarriere. In dieser Funktion zeigte er Ende des vergangenen Jahres auch den Mitgliedern des Parlamentarischen Kontrollgremiums ihre Grenzen auf. In der SZ war zu lesen, er habe die Kontrolleure des Parlamentarischen Kontrollgremiums zu absoluter Vertraulichkeit im Zusammenhang mit dem Bericht des Unabhängigen Gremiums ermahnt (…). Sollte der Bericht an die Öffentlichkeit dringen, könne dies auch strafrechtliche Konsequenzen haben«.11

Kein Vertrauensverlust

Der immer wieder behauptete Vertrauensverlust zwischen Geheimdienst und politischer Führung existiert im Kern nicht. Sonst wäre Klaus-Dieter Fritsche nicht da, wo er heute ist. Tatsächlich schweißen die von ihm angesprochenen »Staatsgeheimnisse« alle zusammen: die Parteien und die Medien, die sich um sie scharen. Das betrifft ganz besonders die »Staatsgeheimnisse« in den Zuständigkeitsbereichen des BND und des Verfassungsschutzes. Denn wer möchte ernsthaft als regierungsbereite Partei das Fass »Stay-behind« aufmachen und sich damit möglicherweise selbst belasten? Wer will die »Staatsgeheimnisse« im Kontext der NSU-Terror- und Mordserie lüften, die dann nicht nur den Verfassungsschutz belasten würden, sondern auch all jene, die diesen politisch und dienstrechtlich führen? Wenn also die SZ über das, wofür »Gehlen« steht, nur die halbe Wahrheit schreibt, dann tut sie den Geheimdiensten trotz aller anderen Enthüllungen einen großen Gefallen. Und genau hier, bei den Geheimdiensten, darf man wohl auch die »vertrauliche Quelle« vermuten, die die SZ so reichlich beschenkt hat.
Anmerkungen:
1 Uwe Ritzer/Willi Winkler: »Jäger, Sammler, Vogelfreund. Blick ins Schattenreich des berüchtigten BND-Chefs Reinhard Gehlen«, Süddeutsche Zeitung, 2.12.2017
2 Ebd.
3 »Kanzler Adenauer ließ Willy Brandt bespitzeln«, Der Spiegel 15/2017
4 Stenografischer Bericht der 236. Bundestagssitzung vom 24.4.2013 (Plenarprotokoll 17/236, S. 29.634), ­http://dip21.­bundestag.de/dip21/btp/17/17236
5 Annett Meiritz: »Spionage-Affäre bequem abgeräumt«, Spiegel online, 21.10.2016
6 Hans Leyendecker/Reiko Pinkert: »BND behindert Kontrollgremium bei der Arbeit«, Süddeutsche Zeitung, 8.12.2017
7 Uwe Ritzer/Willi Winkler: »Jäger, Sammler, Vogelfreund, a. a. O.
8 Ebd.
9 Hans Leyendecker: »Ein Geheimdienst wie aus einem schlechten Agentenfilm«, Süddeutsche Zeitung, 1.6.2017
10 Hans Leyendecker/Reiko Pinkert, a. a. O.
11 Ebd.

Alles Kriminelle?


Erneut 19 Männer nach Afghanistan abgeschoben. Betroffene wurden einmal mehr zu Straftätern, »Gefährdern« und »Identitätstäuschern« erklärt

Von Jana Frielinghaus
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Büro der Hilfsorganisation Save The Children im afghanischen Dschalalabad am Mittwoch nach einem Angriff von Islamisten: Afghanistan ist einem UN-Bericht vom Dezember zufolge derzeit das nach Syrien zweitgefährlichste Land der Welt. Die BRD schiebt weiter dorthin ab
Erst am Sonntag wurde in Kabul erneut ein schwerer Anschlag auf ein Hotel verübt. Mindestens 22 Menschen wurden dabei getötet. Trotzdem wurden am Dienstag abend vom Düsseldorfer Airport aus erneut 19 Männer in Afghanistans Hauptstadt geflogen. Ihre Ankunft bestätigte am Mittwoch morgen der Vertreter der Internationalen Organisation für Migration (IOM) am dortigen Flughafen, Schah Saman, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Nur Stunden später griffen Bewaffnete in der ostafghanischen Provinz Nangarhar das Büro einer internationalen Hilfsorganisation »Save the Children« an, mindestens zwei Menschen kamen dabei ums Leben, mindestens zwölf wurden verletzt.
Die Bundesregierung wie auch die an der Sammelabschiebung am Dienstag abend beteiligten Länder rechtfertigten diese erneut mit der angeblicher Kriminalität der Betroffenen. Abgeschoben werden seit dem schweren Anschlag auf die deutsche Botschaft Ende Mai in Kabul nämlich erklärtermaßen »nur« Straftäter sowie »Gefährder« und Personen, die »hartnäckig die Mitwirkung an der Feststellung ihrer Identität« verweigern. Gerade die beiden letzten Kategorien sind schon formaljuristisch höchst fragwürdig. Die Erfahrungen der letzten Monate haben gezeigt, dass insbesondere letztere vollkommen willkürlich gegen Menschen verwendet wird.
Nach Angaben einer Sprecherin des Bundesinnenministeriums haben Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland Pfalz, Schleswig-Holstein, aber auch das von Linkspartei, SPD und Grünen regierte Thüringen Personen nach Düsseldorf bringen lassen. 13 Passagiere der Maschine nach Kabul sind demnach Straftäter, der aus Thüringen geschickte ein »Gefährder«, die restlichen fünf sogenannte Identitätstäuscher. Ursprünglich hatten rund 80 Personen nach Kabul geflogen werden sollen. 57 Beamte der Bundespolizei, ein Arzt, ein Dolmetscher und ein Mitarbeiter der EU-Grenzschutzbehörde Frontex waren mit an Bord der Maschine.
Beim jüngsten Abschiebeflug handelte es sich um den neunten innerhalb der letzten 13 Monate. 174 Afghanen wurden auf diese Weise in ihr Herkunftsland zurückgebracht. Mehrere Hundert Menschen demonstrierten am Dienstag abend am Düsseldorfer Airport gegen die Maßnahme, die sie als völkerrechtswidrig verurteilten.
Acht Passagiere und damit die große Mehrheit kamen erneut aus Bayern. Nach Angaben der Staatsregierung in München sind drei verurteilte Straftäter und fünf »Mitwirkungsverweigerer«. Insgesamt hatte Bayern, das regelmäßig die meisten Kandidaten auf die Listen für die Abschiebeflüge setzt, 15 Menschen abschieben wollen. Bei sieben von ihnen wurde dies aber nach Angaben von Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrates, verhindert. Bei vier von ihnen sorgten Gerichtsentscheidungen für Verschonung, bei den anderen Krankheit und Einsprüche gegen die Zwangsmaßnahme. Einer der von Abschiebung Bedrohten war der 20jährige Zia Rahman Z., der derzeit eine Ausbildung absolviert. Er sollte schon am 6. Dezember nach Kabul gebracht werden, saß seitdem in Abschiebehaft und stand jetzt erneut auf der Passagierliste des Freistaats (siehe jW vom 18.1.). In seinem Fall stoppte am Dienstag, quasi in letzter Minute, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Rückführung, wie Dünnwald am Mittwoch im Gespräch mit jW berichtete. Der gegen Z. erhobene Vorwurf der Mitwirkungsverweigerung sei nicht ausreichend begründet, hätten die Richter moniert; außerdem hätte sein Antrag auf Duldung wegen eines Ausbildungsverhältnisses berücksichtigt werden müssen.
Unterdessen berichtete Die Welt am Mittwoch unter Berufung auf Daten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Behörde habe seit 2015 bis Ende 2017 mehr als 82.000 Asylanträge von Afghanen abgelehnt. Von den abgelehnten Asylbewerbern aus dem Land sind nach Angaben der Behörde 14.416 ausreisepflichtig. Die meisten von ihnen – 10.257 – verfügten aber über eine sogenannte Duldung, weil die Rückführung auf absehbare Zeit nicht möglich ist. (mit dpa)

Beihilfe zum Angriffskrieg


Die deutsche Rüstungsindustrie konnte sich auf die große Koalition verlassen: Sie genehmigte mehr brisante Waffenexporte als ihre Vorgänger

Von Claudia Wangerin
War Sigmar Gabriel (SPD) über den geplanten Einmarsch der türkis
War Sigmar Gabriel (SPD) über den geplanten Einmarsch der türkischen ­Armee in Nordsyrien vorab informiert? Sagte er seinem türkischen ­Amtskollegen ­Mevlüt Cavusoglu dennoch die Nachrüstung deutscher Panzer zu? Washington und Moskau wurden im Vorfeld der völkerrechtswidrigen ­Invasion von Ankara über den geplanten Angriff in Kenntnis gesetzt. Was wusste ­Regierungschefin Angela Merkel (CDU)?
Bei solchen Erfahrungswerten kann sich die deutsche Rüstungswirtschaft nur wünschen, dass wieder eine große Koalition zustande kommt: Die letzte »Groko« hat in den vergangenen vier Jahren deutlich mehr Rüstungsexporte genehmigt als die Vorgängerregierung von Union und FDP.
Der Gesamtwert der Ausfuhren lag von 2014 bis 2017 bei 25,1 Milliarden Euro und damit 21 Prozent höher als in den Jahren der »schwarz-gelben« Koalition von 2010 bis 2013. Die noch vorläufigen Zahlen teilte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage der Linksfraktion mit, die Aufstellung lag am Mittwoch der Deutschen Presseagentur vor. Lieferungen in Drittstaaten außerhalb von EU und NATO – darunter auch Kriegsparteien wie das absolutistische Königreich Saudi-Arabien – nahmen demnach sogar um 47 Prozent auf 14,48 Milliarden Euro zu.
Als Wirtschaftsminister gab dafür die meiste Zeit Sigmar Gabriel (SPD) grünes Licht, bis er im Januar 2017 das Amt des Außenministers übernahm. Als solcher stellte er noch vor zwei Wochen seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu in Aussicht, bereits gelieferte Leopard-2-Kampfpanzer aus deutscher Produktion mit Minenschutz nachzurüsten.
Dagegen sprach sich am Mittwoch selbst Gabriels Parteifreund Rolf Mützenich aus: »Ich glaube, das wäre zum jetzigen Zeitpunkt das falsche Signal«, sagte der SPD-Außenexperte am Mittwoch im Deutschlandfunk. Fotos dieser Panzer im Einsatz gegen den selbstverwalteten Kanton Afrin in Nordsyrien waren Anfang der Woche um die Welt gegangen. Dass sich der türkische Angriff, der am Samstag begann, nicht gegen die Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) richtet, war offensichtlich – das Gebiet wird von den überwiegend kurdischen Volks- und Frauenverteidigungskräften YPG und YPJ kontrolliert.
Die Fraktionschefin der Partei Die Linke im Bundestag, Sahra Wagenknecht, stellte am Mittwoch klar, dass es sich um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg handelt und bezeichnete den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als Despoten. »Was für eine dreiste Lüge, wenn Außenminister Gabriel für den geplanten Panzerdeal mit der Türkei den gemeinsamen Kampf gegen Terrorismus ins Feld führt. Denn die Panzer kommen nicht etwa gegen die Terrormilizen des IS zum Einsatz, sondern gegen kurdische Selbstverteidigungseinheiten in Syrien, die den Terror des IS seit Jahren mutig bekämpfen«, erklärte Wagenknecht. Ihre Fraktionskollegin Sevim Dagdelen hatte vergangene Woche deutsche Rüstungsexporte in die Türkei als »Beihilfe zum Mord an kurdischen Anti-IS-Kämpfern« bezeichnet. Die Bundesregierung müsse sofort alle Waffenlieferungen an das Land stoppen, die dort stationierten Soldaten der Bundeswehr abziehen und die Weitergabe von Zieldaten aus deutschen AWACS-Aufklärungsmaschinen unterbinden, so Dagdelen.
Albert Recknagel, Vorstandsmitglied der Menschenrechtsorganisation »Terre des Hommes«, wies am Mittwoch in einer Stellungnahme darauf hin, dass »alle 14 Minuten irgendwo auf der Welt ein Mensch mit einer deutschen Waffe getötet wird«.
Auch der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripur kritisierte den Anstieg der Rüstungsexporte. Es sei eine »Bankrotterklärung«, wenn die vorgesehene Einzelfallprüfung letztendlich mehr Ausfuhren bedeute, sagte Nouripur am Mittwoch im ARD-»Morgenmagazin«.
Allerdings hatten die Grünen selbst als Juniorpartner der SPD mitregiert, als Ende 2005 die Verteidigungsministerien Deutschlands und der Türkei die Lieferung von 354 »Leopard 2 A4«-Panzern besiegelten – ohne den Verwendungszweck auf Landesverteidigung zu begrenzen. Der Türkei wurde lediglich untersagt, die Panzer ohne Zustimmung der Bundesregierung an Dritte zu verkaufen oder zu verschenken.

Jobcenter treiben Menschen auf die Straße


Jobcenter treibt immer mehr Menschen auf die Straße

17.01.2018

In Deutschland gibt es immer mehr Arbeitslose. Einen Teil der Schuld tragen dabei die Jobcenter, denn mit ihrer mangelhaften Arbeit und ungerechtfertigten Sanktionen treiben sie reihenweise Bezieher von Hartz 4 auf die Straße.
Obdachlos dank JobcenterBis 2018 werden etwa 1,2 Millionen Menschen in Deutschland obdachlos sein. Wesentliche Treiber dieser Entwicklung sind die Jobcenter, die durch ihre fehlerhafte Arbeit mehr und mehr Menschen in Not bringen. Durch Zwangsräumungen werden so immer mehr Bezieher von Hartz 4 aus den Innenstädten verdrängt, während Immobilienhaie immer mehr Raum einnehmen. Allein in Berlin beträgt die Zahl der Zwangsräumungen 5.000 bis 7.000 pro Jahr.

Wie weit darf das Jobcenter gehen?Sind die Jobcenter Mitarbeiter gezwungen so zu handeln, weil ihnen die Rechtslage keinen Handlungsspielraum gibt. Oder handeln sie aus Kalkül um die Hilfsbedürftigen gezielt in Notlagen zu versetzen?

Fakt ist, dass die Ausbildung der Jobcenter Mitarbeiter schlecht ist, wodurch sie komplexe Sachverhalte oft nicht verstehen und beurteilen können. Fakt ist aber auch, dass die Mitarbeiter durch Anweisungen durch die Jobcenter Bosse gezwungen werden oft hart zu sanktionieren auch wenn dafür jegliche rechtliche Grundlage fehlt. Schlicht und einfach gesagt: Hartz 4-Bescheide sind absichtlich falsch.

Jobcenter handelt oft illegalDie Methoden, mit denen das Jobcenter agiert, sind dabei unterschiedlich. Das Wohngeld wird nicht auf das korrekte Konto überwiesen oder die Kosten für die Wohnung werden nicht genehmigt. Oft werden Leistungsbezieher mehrfach aufgefordert dem Jobcenter Unterlagen zuzuschicken, obwohl dies schon geschehen ist oder das Jobcenter leugnet einfach den Eingang der Dokumente. Ein besonders perfides Mittel ist das Vernichten eingegangener Unterlagen.

Wichtig: Bei Abgabe der Dokumente immer eine Quittung ausstellen lassen.

Endstation ObdachlosigkeitAll das führt am Ende dazu, dass die Miete nicht rechtzeitig überwiesen wird. Die Konsequenzen für die Hartz 4-Bezieher sind fatal, denn sie haben mit Räumungsklagen und Zwangsräumen zu kämpfen. Das Ende vom Lied ist dann die Obdachlosigkeit. Lass dir von deinem Jobcenter nicht alles gefallen und finde hier Hilfe, damit du alle Leistungen erhältst.

40 Prozent der Hartz IV Klagen erfolgreich

18.01.2018
„Wie die Bundesagentur für Arbeit mir auf Anfrage hin mitgeteilt hat, wurden im Jahr 2017 35,74 Prozent der Widersprüche gegen Entscheidungen der Jobcenter und 39,98 Prozent der Klagen teilweise oder vollständig zugunsten der Widerspruchführenden bzw. Klagenden entschieden. Das ist wie schon 2016 ein erfreulich hoher Anteil und zeigt: Es lohnt sich, den Rechtsweg einzuschlagen“, erklärt Katja Kipping, Sozialpolitikerin der Fraktion DIE LINKE und Parteivorsitzende. Kipping weiter:
„Hartz IV bedeutet Armut und Ausgrenzung – und es ist der Grund für massenhaft rechtswidrige Entscheidungen der Jobcenter. Wer sich rechtlich dagegen wehrt, lebt nicht verkehrt und hat gute Aussichten auf Erfolg. Diese hohe Fehleranfälligkeit ist ein Grund mehr, Hartz IV abzuschaffen. DIE LINKE schlägt stattdessen die Einführung einer sanktionsfreien individuellen Mindestsicherung in Höhe von derzeit 1.050 Euro im Monat sowie einer eigenständigen Kindergrundsicherung in Höhe von 573 Euro vor.“

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Dann keine Sperrzeit nach Job-Kündigung

Keine Sperrzeit nach Job-Kündigung wegen Umzugs zum Lebensgefährten
LSG Celle stellt sich gegen ältere BSG-Rechtsprechung


22.01.2018

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) darf bei der Verhängung einer Sperrzeit auf das Arbeitslosengeld I keinen Unterschied zwischen verheirateten und nicht verheirateten Paaren machen. Kündigt eine ledige Arbeitslose wegen des Umzugs zu ihrem Lebensgefährten ihr Beschäftigungsverhältnis, gilt dies als „wichtiger Grund“, der die Verhängung einer Sperrzeit ausschließt, entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem am Montag, 22. Januar 2018, veröffentlichten Urteil (Az.: L 7 AL 36/14). Die Celler Richter stellten sich damit gegen die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel und ließen daher die Revision zu.
Im konkreten Fall hatte die zunächst in Schleswig-Holstein lebende ledige Klägerin ihr Arbeitsverhältnis als Einzelhandelsverkäuferin gekündigt. Sie wollte zu ihrem Lebensgefährten ziehen, der im Landkreis Nienburg als Hausmeister und Gärtner arbeitet.

Als die Frau sich arbeitslos meldete, verhängte die BA wegen der Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses vom 1. Dezember 2013 bis zum 22. Februar 2014 eine zwölfwöchige Sperrzeit auf das Arbeitslosengeld I. Die Gründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Partner stelle keinen „wichtigen Grund“ für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar. Die Behörde verwies auf die Rechtsprechung des BSG. Danach liege ein wichtiger Grund beim erstmaligen Zusammenziehen nur vor, wenn ein Paar sich verlobt hat und bald heiraten will.

Doch das ist nicht mehr zeitgemäß, meinte das LSG in seinem Urteil vom 12. Dezember 2017. Dass ein Umzug aus „wichtigem Grund“ eine Sperrzeit ausschließt, sei kein Privileg von Ehegatten, sondern gelte „uneingeschränkt für alle Arbeitslosen in ihrer aktuellen und spezifischen Lebenssituation“. Es seien „gewichtige Gründe“ denkbar, wie die finanzielle Situation, gesundheitliche Gründe, der Wohnungsmarkt oder Schwangerschaft, „die unabhängig vom familiären Status einen Umzug zum Partner als vernünftig erscheinen lassen“.

In der Vergangenheit habe auch das BSG seine Rechtsprechung bereits mehrfach gelockert, betonte das LSG. So hatte es 2007 einen Umzug wegen einer „nichtehelichen Erziehungsgemeinschaft“ als wichtigen Grund anerkannt, weil das Zusammenleben beider Eltern mit dem Kind dem Kindeswohl diene (Urteil vom 17. Oktober 2007, Az.: B 11a/7a AL 52/06 R).

Nach Einschätzung des LSG Celle könnte der neue Fall Anlass zu einer weiteren Lockerung und Modernisierung geben. Es bestehe hier kein öffentliches Interesse, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin „als versicherungswidriges Verhalten zu sanktionieren“. Die Partnerschaft der Frau sei erkennbar durch Kontinuität, Verantwortung und Fürsorge geprägt. Die Verhängung der Sperrzeit sei daher zu Unrecht erfolgt. fle/mwo

Bild: Gina Sanders/fotolia

Jobcenter fordert Hartz IV-Leistungsverzicht!

Hartz IV: Jobcenter Essen fordert Aufstocker aktiv zum Leistungsverzicht auf
22.01.2018

Wir haben heute Unterlagen erhalten, die uns sprachlos machten. Eine alleinerziehende Mutter hatte das Glück, endlich einen Job zu finden. Daraufhin erhielt sie vom Jobcenter Essen eine Aufforderung zur Mitwirkung (diese liegt der Redaktion vor), in welcher sie aufgefordert wird, sie solle sich überlegen und unverzüglich mitteilen, ob sie trotz Job weiterhin ALG II beziehen wolle. Ohne diese Mitteilung würde man die Leistung einstellen.
Zwar ist es möglich, auf ALG II zu verzichten, jedoch darf das Jobcenter einen dazu nicht auffordern, geschweige denn die Leistung einstellen, wenn man auf diese unstatthafte Anfrage nicht antwortet.

Dieses Vorgehen ist besonders dreist und rücksichtslos, da dem Jobcenter Essen bekannt ist, dass das zukünftige Einkommen nicht mal ansatzweise ausreicht, um den Existenzbedarf der Familie zu decken. Somit hätte diese automatisch per Gesetz weiterhin Anspruch auf einen nicht unerheblichen Betrag, den die Familie auch dringend zur Deckung ihres Existenzminimums benötigt. Diese Ausgaben will sich die Stadt Essen offenbar sparen. Dazu verkehrt sie mit einer unzulässigen Aufforderung zur Mitwirkung diesen Anspruch ins Gegenteil und setzt damit diese Familie vollkommen grundlos und massiv unter Druck.

Wir fordern die Stadt und das Jobcenter Essen auf, diese unzulässige und menschenverachtende proaktive Vorgehensweise zur Einsparung von Haushaltsmitteln sofort einzustellen! F.M.

Jobcenter verbaut vorsätzlich Existenzen

Dass das Jobcenter oft nicht nachvollziehbar handelt ist ja nichts Neues. Was aber einer Frau aus Mainz wiederfahren ist, überbietet alles. Also wandte sie sich an hartz4widerspruch.de und bekam Hilfe.
24.01.2018

Annegret Fischer ist Hartz IV-Leistungsberechtigte, engagiert sich ehrenamtlich und hat große Pläne. Sie hat studiert, ihr Leben lang gearbeitet und dabei sogar Personalverantwortung übernommen. Ihr großer Traum ist es sich selbstständig zu machen und endlich nicht mehr dem Jobcenter ausgeliefert zu sein.
Ein Traum wird wahrDer Plan ist es ein Center für Telefoncalls zu eröffnen. Die Idee ist definitiv rentabel. Auch erste Kunden konnte sie bereits gewinnen und die Schulungen für die Mitarbeiter, auch bisher Arbeitslose, waren ebenfalls organisiert. Sogar die Räumlichkeiten, ein leerstehendes Hotel, waren für 30.000€ gefunden - ein Schnäppchen bei einer Versteigerung. „Was sollte da eigentlich noch schiefgehen?“, fragte sich Annegret und machte sich mit allen nötigen Anträgen und Dokumenten auf zum Jobcenter sich den lang ersehnten Traum endlich zu erfüllen.

Abgelehnt wegen Unfähigkeit des MitarbeitersDoch es kam alles anders. Man lehnte ihren Antrag auf Selbstständigkeit ab. Sie solle ihren Bankkredit in Höhe von 30.000€ für ihren Lebensunterhalt verwenden. Das dieser Kredit zweckgebunden und nicht für den privaten Gebrauch zur Verfügung stand, schien der Sachbearbeiter nicht zu verstehen. Das Jobcenter handelte also in diesem Fall absolut illegal. Annegret war frustriert und erschrocken über ihre Machtlosigkeit gegenüber der Willkür einer einzelnen Person. Die Frist für die Auktion verstrich und damit auch ihr Traum vom eigenen Unternehmen.

Jobcenter Schikane darf man sich nicht bieten lassenAnnegret blieb nichts weiterübrig als gegen das Jobcenter vor Gericht zu ziehen. Das Unfassbare: Der Jobcenter Mitarbeiter gab als Grund seines Handelns die Anweisung seines Vorgesetzten an, der Frau Fischers Vorhaben vorsätzlich scheitern ließ. Eine Antwort nach dem ‚Warum‘ blieb er jedoch schuldig.

Natürlich entschied das Gericht zu Gunsten von Annegret. Das Jobcenter muss neben den Prozesskosten auch Schadenersatz an Annegret zahlen. Es weigert sich aber die Zahlung aufzunehmen. Bis heute hat sich eine Summe von 650.000€ angesammelt. Annegret hat derweil Untätigkeitsklage eingereicht. Vom Jobcenter lässt sie sich nichts mehr gefallen.

Du kannst dir auch Hilfe gegen das Jobcenter holen, denn du stehst nicht alleine da. Hier kannst du deinen Bescheid überprüfen lassen.

Wien: „Akademikerball“-Demo wird laut Polizei „Vergeltung“ von G20!

Bereits zum 10. Mal treffen sich heuer am 26. Jänner offene Faschisten, Nazis und Austrofaschisten zum “Akademikerball“ (früher WKR-Ball) in der Wiener Hofburg.
Die Polizei erwartet dieses Jahr eine große Beteiligung von AntifaschistInnen, die aus allen Bundesländern, sowie aus den Nachbarländern wie Deutschland, Tschechien, Slowakei, Italien und Ungarn zur Demonstration anreisen.

Aufgrund des im Juli stattgefundenen G20-Gipfels, an dem sich auch die österreichische Polizei beteiligte, rechnen die Veranstalter und die Polizei mit einer Menge gewaltbereiter Demonstranten. Die „staatspolizeiliche Einschätzung“ hat bisher ergeben, dass die Demonstranten „Vergeltung gegen die österreichische Polizei“ üben werden, so Polizeipräsident Gerhard Pürstl und heizen somit die Stimmung schon im Vorfeld des Balls massiv auf.

Es werden insgesamt ca. 3000 Polizisten bei dieser Demo den Faschistenball schützen. Es wird aber auch auf Bundesebene von der Polizei rekrutiert und so sind schon 900 Beamte aus den verschiedenen Bundesländern angefordert.
Trotz dieser großen Mobilmachung der Polizei dürfen sich die RevolutionärInnen, AntifaschistInnen und DemokratInnen nicht einschüchtern lassen, denn es ist gerechtfertigt gegen diesen kleinen dekadenten Haufen von Faschisten zu demonstrieren. Denn sie sind es, die auf dem Rücken der Massen ihre Profite immer weiter steigern. Sie sind es, die am meisten Interesse an der Erhaltung dieses unterdrückenden und ausbeuterischen Systems haben.

Wehrt euch und kämpft!
Tod dem Faschismus! Freiheit dem Volk!

[Chiapas98] Erneut Journalist in Mexiko ermordet, internationaler Druck wächst (amerika21 v. 20.1.18)

[Chiapas98] Kommuniqué über die Aggressionen gegen die Karawane des Indigenen Regierungsrates CIG

[Chiapas98] Morenas fragwürdige Allianz für Präsidentschaftswahl 2018 (Weltexpress v. 23.1.18)

Mexiko und die sechste Nafta-Verhandlungsrunde in Montreal: auf dünnem Eis

[Chiapas98] „Die Zeit der Frauen ist gekommen“ - Marichuy an der UNAM (Poonal v. 17.1.18)

Welle von Verfassungsklagen gegen umstrittenes Sicherheitsgesetz