Der Auftritt selbst ernannter islamistischer Sittenwächter in Wuppertal als „Scharia-Polizei“ hat ein Nachspiel vor Gericht. Die Beweislage scheint klar, die Rechtslage nicht.
Von Frank Christiansen
Sieben Männer im Alter von 25 bis 34 Jahren sitzen auf der Anklagebank. Ihnen wird ein Verstoß gegen das Uniformverbot vorgeworfen. Vier von ihnen sind arbeitslos. Zum Tatvorwurf wollen sie sich nicht äußern. Der ist selbst unter Juristen umstritten. Der Staatsanwaltschaft geht es darum, grundsätzlich zu klären, ob solche Auftritte geahndet werden können oder nicht - notfalls vor dem Bundesgerichtshof.
Die Kammer des Landgerichts hatte die Anklage zunächst nicht zugelassen. Erst das Oberlandesgericht in Düsseldorf sprang der Staatsanwaltschaft bei und kippte diesen Beschluss. Der Staatsanwalt sagt, den Angeklagten sei es als Teil der salafistischen Szene darum gegangen, das Rechtssystem der Bundesrepublik abzuschaffen und es durch das islamische Recht Scharia zu ersetzen.
Fünf der sieben Angeklagten sollen im September 2014 mit orangefarbenen „Shariah-Police“-Warnwesten durch Wuppertal patrouilliert sein. Zwei weiteren wird Beihilfe vorgeworfen: Einer trug keine Weste, einer eine Weste ohne die Aufschrift.
Der bekannteste Westenträger und mutmaßliche Initiator der Aktion, Sven Lau, fehlt in Wuppertal auf der Anklagebank. Ihm wird wegen Terrorverdachts einige Kilometer weiter in Düsseldorf der Prozess gemacht. Im Vergleich dazu ist die Straferwartung in Wuppertal eine Petitesse - das Verfahren gegen ihn wurde deshalb vorläufig eingestellt.
Einer der Verdächtigen gab später bei der Polizei zu Protokoll, die Gruppe habe nur für ihre Religion werben wollen. Er schien dabei allerdings in Glaubensfragen selbst nicht besonders sicher zu sein. „Ich glaube, dass in der Scharia Glücksspiel verboten ist“, sagte er.
Lau war, als die Aktion Wellen schlug, zurückgerudert: „Der Name war vielleicht sehr provokant. Vielleicht war es auch ein Fehler von uns“, sagte er damals in einer Video-Botschaft.
Die Polizei schien zunächst unsicher, was sie von den Gestalten, die aus einer Hinterhof-Moschee kamen, halten sollte. „Die waren nicht zu übersehen, selbstbewusst, aber kooperativ“, erinnert sich die Beamtin, die als Streifenpolizistin damals die Gruppe angesprochen hatte. Ihre Westen durften die Männer erst einmal behalten.
Damals kursierten gelbe Flyer mit der Aufschrift „Shariah Controlled Zone“(Scharia-kontrollierte Zone). Auf ihnen waren Verhaltensregeln der radikalen Muslime festgehalten: Kein Alkohol, kein Glücksspiel, keine Musik und Konzerte, keine Pornografie und Prostitution, keine Drogen. Der Prozess geht am 21. November weiter. (dpa)
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