Ukraine: Linke Partei ist Repression ausgesetzt. Forderung nach Frieden bringt ihr Popularität. Ein Gespräch mit Alexander Solowjow
Interview: Franziska Lindner
Alexander Solowjow, Vorsitzender der ukrainischen Partei »Rosumna Syla«
Foto: Rozumna Syla
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Alexander Solowjow ist Vorsitzender der ukrainischen Partei »Rosumna Syla
Unsere Prinzipien sind Antifaschismus, Pazifismus und soziale Gerechtigkeit. Die für uns wichtigste Frage ist die nach dem Frieden in unserem Land.
Was unternehmen Sie für den Kampf um Frieden in der Ukraine?
Am 14. September 2018 haben wir eine Konferenz abgehalten, auf der wir die sogenannte Erklärung des Volkes für den Frieden verabschiedet haben. Tags darauf sind die Vizevorsitzenden unserer Partei, Anna Lewtschuk und Alexander Sawtschenko, nach Lugansk gefahren – in das Gebiet, das sich nicht unter Kontrolle der ukrainischen Regierung befindet. Sie trafen dort Friedensaktivisten – keine Offiziellen, sondern gewöhnliche Bürger wie Studenten, Gewerkschafter und Arbeiter. Bei diesen Treffen unterzeichneten viele Menschen unsere Erklärung. Damit waren wir die erste politische Partei in der Ukraine, die ein nicht von der Regierung kontrolliertes Gebiet besucht und dort offen agiert hat.
Sie sind Repressionen ausgesetzt. Von wem?
Wir fühlen uns sehr stark unterdrückt von staatlichen Autoritäten wie der Polizei oder dem Geheimdienst, aber auch von rechten Nationalisten. Sie verletzen regelmäßig unsere Menschen- und Bürgerrechte, indem sie uns versteckt, teilweise sogar offen angreifen. Sie blockieren oder stürmen unsere Büros, führen Razzien durch und beschlagnahmen unsere technische Ausstattung. Sie nutzen von der Regierung kontrollierte Medien, um den Ruf unserer Partei schwer zu schädigen. Dafür verbreiten sie falsche Informationen über unsere Aktivitäten, Positionen und Ziele. Wir arbeiten aber legal und wollen die rechtliche Ordnung nicht verletzen.
Bei Ihrer Rückkehr in die Ukraine droht Ihnen und Ihren Genossen die Verhaftung. Was wird Ihnen vorgeworfen?
Sie sagen, wir seien Dissidenten. Und das nur, weil wir Frieden fordern. Es scheint für sie sehr einfach zu sein, einen Grund zu erfinden, um unsere Aktivitäten zu behindern. Wir seien Separatisten und von Putins Stiftung finanziert, heißt es etwa. Oder sie sagen, wir seien Anti-Ukrainer. Staatliche Behörden zu kritisieren, bedeutet bei uns sofort, anti-ukrainisch zu sein.
Was kann passieren, wenn Sie verhaftet werden sollten?
Wenn sie das tun, dann nur aus Angst vor uns. Dass viele Leute uns unterstützen und in unsere lokalen Organisationen eintreten könnten, versetzt die Regierung in Panik. Wir hoffen, dass unsere Popularität uns zugleich schützen wird.
Wie haben Sie diese Popularität gewonnen?
Wir gehen Wege, die andere Parteien nicht mutig genug waren zu gehen. Sie sprachen nur über das, was wir taten. Wir forderten zum Beispiel den Frieden in den nicht kontrollierten Gebieten. Außerdem haben wir in unserer Partei Mitglieder und Führungspersonen, die niemals vorher Politik gemacht haben, die ohne politische Vorgeschichte sind. Das mögen die Leute. Es ist in der Ukraine gewünscht, neue Gesichter ohne korrupte und dunkle Vergangenheit zu sehen.
Wie schätzen Sie die Entwicklung der politischen Situation in der Ukraine vor dem Hintergrund der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Jahr 2019 ein?
Dahingehend sind wir sehr optimistisch, weil unsere Ideen gefragt sind. Studien zufolge unterstützen 70 Prozent der Ukrainer die Forderung nach Frieden. Unsere Popularität nimmt immer weiter zu, jeden Tag haben wir Tausende Klicks auf unserer Website. Wir werden an der Wahl teilnehmen und ins Parlament einziehen. Dort werden wir für den Frieden kämpfen, in der Ukraine und in ganz Europa!
Der sowjetische Ausdruck »Miru Mir« heißt Frieden für die Welt. Als wir Kinder waren, haben wir darüber gelacht – wir hielten das für sowjetische Propaganda. Durch unsere Erfahrungen verstehen wir jetzt die Bedeutung dieses Ausdrucks. Und wir hoffen, dass sich das, was sich bei uns ereignet, in keinem anderen Land der Welt wiederholt!
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