Mittwoch, 26. September 2018
Online-Zeitschrift "IMI-List" Nummer 0520 .......... 21. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos).. https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,
in dieser IMI-List findet sich
1.) die neue Ausgabe des IMI-Magazins AUSDRUCK (August 2018);
2.) der Hinweis auf zwei Artikel über die Rüstungsunternehmen Renk und
Rheinmetall (und auf das Camp „Rheinmetall entwaffnen“).
1.) AUSDRUCK (August 2018)
Die ganze Ausgabe zum Download:
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-4-2018-Web.pdf
RÜSTUNGSINDUSTRIE
-- Das Cyber Valley in Tübingen und die Transformation zum
Rüstungsstandort (Christoph Marischka)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-4-2018-CyberValley.pdf
-- Rheinmetall - Gegenwind für ein Rüstungsunternehmen (Jacqueline Andres)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-4-2018-Rheinmetall.pdf
-- Heron TP für die Bundeswehr - Erstmal überwachen, töten später?
(Marius Pletsch)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-4-2018-HeronTP.pdf
DEUTSCHLAND UND DIE BUNDESWEHR
-- Drehscheibe Deutschland: NATO-Aufmarsch in Osteuropa (Tobias Pflüger)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-4-2018-Drehscheibe.pdf
-- Verschärfung der Polizeigesetze. Militärische und
nachrichtendienstliche Technologien gegen Zivilist*innen (Alexander Kleiß)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-4-2018-Polizeigesetz.pdf
EU-MILITARISIERUNG
-- Fragwürdige EU-Waffenexportpolitik. Das Beispiel Ägypten (Jascha
Rittmann)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-4-2018-EuWaffenexportpolitik.pdf
-- Meseberger Erklärung: Deutsch-französische
EU-Militarisierungsambitionen (Jürgen Wagner)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-4-2018-MesbergerErklärung.pdf
WEITERE ARTIKEL
-- Operation „Roundup“: Der IS steht vor der Niederlage, aber niemand
redet darüber (Bernhard Klaus)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-4-2018-OperationRoundup.pdf
-- NATO-Gipfel in Brüssel: Extrem kostspielige Eskalation (Jürgen Wagner)
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-4-2018-NATOgipfel.pdf
2.) Rüstungskonzerne: Rheinmetall und Renk
Die Aufrüstung in Deutschland nimmt immer Besorgnis erregendere Züge an.
Aus diesem Grund wollen wir uns mit diesem Thema auch intensiv beim
nächsten IMI-Kongress am 8./9. Dezember beschäftigen (Details folgen noch).
Zum Thema sind kürzlich auch zwei neue IMI-Analysen erschienen: Einmal
zum Rüstungskonzern Renk:
IMI-Analyse 2018/20
Renk: Profil eines Top-Rüstungskonzerns
http://www.imi-online.de/2018/07/23/9051/
Peter Feininger (23. Juli 2018)
Zum anderen wird vom 29.8. bis zum 4.9. das Camp „Rheinmetall
entwaffnen“ stattfinden. Weitere Details:
https://rheinmetallentwaffnen.noblogs.org/
Siehe dazu auch:
IMI-Analyse 2018/22
Rheinmetall – Gegenwind für ein Rüstungsunternehmen
http://www.imi-online.de/2018/08/03/rheinmetall-gegenwind-fuer-ein-ruestungsunternehmen/
Jacqueline Andres (3. August 2018)
Seit geraumer Zeit rückt Rheinmetall vermehrt in den Fokus zahlreicher
friedenspolitischer Kampagnen – und zwar nicht nur in der BRD, sondern
auch in der Schweiz und in Italien.
Rheinmetall ist das größte in Deutschland ansässige Rüstungsunternehmen
und steht an 26. Stelle der größten Rüstungsunternehmen weltweit.[1] An
117 auf allen Kontinenten verteilten Standorten arbeiten insgesamt rund
12.000 in der Automobil- und weitere 11.000 in der Defence-Sparte des
Unternehmens.[2] Die Rüstungssparte befindet sich in einem stetigen
Ausbau und die Gewinnspanne steigt: Bereits 2017 übertraf die
Rüstungssparte mit einem Umsatz von 3,036 Milliarden Euro den der
Automobilsparte (2,86 Milliarden Euro). Laut dem Geschäftsbericht 2017
rechnet das zu einem der weltweit größten Munitionshersteller avancierte
Unternehmen mit einem Umsatzzuwachs der Rüstungssparte von 12% bis 14%
für 2018.[3] Die Rüstungssparte selbst setzt sich aus der Produktion von
Fahrzeugsystemen (u.a. Rad-, Schützen- und Kampfpanzer sowie
militärische LKWs), Waffen und Muniton sowie Systemen für Aufklärung und
Sensorik, Radarsysteme, Gefechtsübungszentren und Vernetzungstechnik,
zusammen.[4]
Von Munition für das Kaiserreich...
Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1889 unter dem Namen „Rheinische
Metalwaaren- und Maschinenfabrik“ in Düsseldorf, wo bis heute der
Hauptsitz der Firma ist. Zunächst produzierte das Unternehmen
Munition,[5] Minenwerfer, Zünder und Maschinenpistolen.[6] Im Laufe des
Ersten Weltkrieges entwickelte sich das Unternehmen zum größten
Rüstungshersteller im deutschen Kaiserreich. Erst der Versailler Vertrag
zwang Rheinmetall offiziell zu einer Umstellung auf zivile
Produktion.[7] Dennoch stellte Rheinmetall die militärische Produktion
nicht komplett ein: Schon damals fand Rheinmetall in Zusammenarbeit mit
der Reichswehr Wege, die Rüstungsbeschränkungen zu umgehen.[8]
... zu Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg
1933 kaufte Rheinmetall den vor dem Konkurs stehenden
Lokomotivhersteller Borsig auf und die Fusion drei Jahre später brachte
die Umbenunng in Rheinmetall-Borsig AG mit sich. Mit den
kriegsvorbereitenden Aufträgen des Reichskriegsministeriums nahm die
Waffen- und Munitionsproduktion wieder Fahrt auf und ebnete den Weg zu
Rheinmetalls Aufstieg als bedeutsames Rüstungsunternehmen auf Kosten
zahlreicher Menschenleben im Zweiten Weltkrieg. Im Jahr 1938 wurde die
AG in die staatlichen “Reichswerke AG für Erzbergbau und Eisenhütten
Hermann Göring“ eingegliedert.[9]
Während des Zweiten Weltkrieges setzte Rheinmetall Zwangsarbeiter_innen
ein. Im Hauptsitz bei Düsseldorf wurden nach Kriegsende 5.000
osteuropäische Zwangsarbeiter_innen befreit.[10]
Nach dem Zweiten Weltkrieg stellte Rheinmetall infolge der Entwaffnung
Deutschlands zwangsläufig die Produktion erneut auf zivile Güter um –
lange dauerte diese Konversion jedoch nicht an. Mit der Wiederbewaffnung
Deutschlands in den 50er Jahren nahm Rheinmetall wieder verstärkt
militärische Güter in die Produktionspalette auf.
... und zu heutigen Profiten in weltweiten Kriegen
Zuletzt sorgte der Einsatz von Leopard-Panzern durch die türkische Armee
im Rahmen der völkerrechtswidrigen Invasion Afrins für Empörung.
Rheinmetall arbeitet darüber hinaus an Plänen, einen Fuß in die
Panzerproduktion in der Türkei zu bekommen. Durch ein deutsch-türkisches
Joint Venture hofft Rheinmetall, den Auftrag für die Produktion von
1.000 Panzern zu erhalten.[11] In Algerien passiert dies bereits: Hier
hat Rheinmetall Algérie in einer von Rheinmetall errichteten Fabrik
angefangen rund 980 Fuchs-Panzer für „Terrorismusbekämpfung“, Schutz von
Öl- und Gasanlagen und Grenzüberwachung zu produzieren – ungestört von
deutschen Exportrichtlinien.[12]
Tatsächlich baut Rheinmetall seit geraumer Zeit an der
Internationalisierung seiner Produktion durch Tochter- und
Gemeinschaftsgesellschaften, um Exportrichtlinien besser umgehen zu
können und gleichzeitig durch ein weites Logistiknetzwerk internationale
Kunden besser bedienen zu können. Bereits in den 70er Jahren machte
Rheinmetall falsche Export-Deklarationen gegenüber den Behörden und
behauptete, eine komplette Munitionsfüllanlage an eine nicht
existierende Firma in Paraguay liefern zu wollen, während diese
schlussendlich entgegen dem UN-Waffenembargo an den Apartheidstaat in
Südafrika geschifft wurde.[13]
Insgesamt hat der Konzern Rheinmetall Denel Munition (RDM), ein Joint
Venture von Rheinmetall und der südafrikanischen Denel Ltd, bereits 39
Munitionsfabriken geliefert. Die Bundesregierung fühlt sich nicht
zuständig, obwohl RDM zu 51% Rheinmetall gehört.[14] Zu diesen Fabriken
zählt eine im Jahr 2008 im Emirat Abu Dhabi errichtete Munitionsanlage.
Die nun Burkan Munition Systems genannte Anlage erhält bis heute
technische Unterstützung von Rheinmetall Waffe Munition Italia S.p.A.
und RDM.[15] Im Jahr 2016 erhielt Saudi Arabien vom RDM ebenfalls eine
Munitionsabfüllanlage – zu diesem Zeitpunkt bombardierte die von Saudi
Arabien geführte Militärkoalition, an der sich auch die Vereinigte
Arabische Emirate beteiligen, bereits seit einem Jahr Jemen und erste
Berichte von Amnesty International über Kriegsverbrechen Saudi-Arabiens
lagen vor. Im Januar 2018 verkündete Rheinmetall, eine weitere
Munitionsabfüllanlage über RDM nach Ägypten geliefert zu haben.
Rheinmetall beliefert somit nicht nur die Militärdiktatur in Ägypten,
unter der die Menschenrechtslage fatal ist, sondern auch einen dritten
am Jemenkrieg beteiligten Staat.
In Jemen wird nicht nur die Munition aus den drei genannten
Munitionsabfüllanlagen verwendet, sondern auch aus Sardinien. Dort
stellt das Tochterunternehmen RWM Italia S.p.A Gefechtsköpfe und
elektronische Zündsysteme her, die auch an Saudi Arabien geliefert
werden.[16] Abgesehen davon erhielt Saudi Arabien von der
Rheinmetall-Tocher Nico Pyrotechnik Blend- und Knallgranaten und von der
österreichischen RWM-Arges GmbH hochexplosive Splittergranaten, die 2014
zur blutigen Niederschlagung von Protesten gegen das Könighaus in Al
Awamija eingesetzt wurden.[17]
Abseits jeglicher medialen Aufmerksamkeit gründete Rheinmetall im Jahr
2015 mit dem kasachischen Waffenproduzenten Kasachstan Engineering die
Rheinmetall KE. Vorgesehen ist u.a. der Aufbau eines staatlichen
militärischen Trainingszentrums, obwohl zahlreiche Berichte über die
menschenverachtende Vorgehensweise kasachischer Sicherheitskräfte gegen
regimekritische Stimmen vorliegen.[18]
Die Produkte des Unternehmens Rheinmetalls sind nicht nur weltweit an
den klassischen Kriegsschauplätzen im Einsatz, sondern auch u.a. in der
militarisierten Grenzüberwachung. So werden z.B. die Marder-Panzer, an
denen sich Rheinmetall beteiligt, entlang der syrisch-jordanischen
Grenze eingesetzt. Dort patrouilliert das jordanische Militär mit aus
Bundeswehrbeständen gelieferten Marder-Panzern am Niemandsland Rukban,
für das sich weder Syrien noch Jordanien verantwortlich erklären. Es ist
zu einem Zufluchtsort für rund 50.000[19] Flüchtlinge geworden, die nun
unter schwierigsten Bedingungen an der Grenze ausharren. Rheinmetall
stellt auch für die Grenzüberwachung geeignete Nachtsichtgeräte her[20]
sowie das Infrarot-Überwachungssystem FIRST[21] und das aus
elektrooptischem Sensor und optionalem Radar bestehende Persistent
Surveillance System – PSS.[22]
Bereits seit den 90er Jahren entwickelt der Konzern Abhörtechnologie für
Satellitenkommunikation und aktuell befinden sich 50 Aufklärungssysteme
weltweit im Einsatz von Militärapparaten und Geheimdiensten.
Rheinmetall trat als einer der Sponsoren der Überwachungsmesse ISS im
März 2018 auf. Während der Messe hielt André Reichow-Prehn, der
Programmleiter Cyber der Rheinmetall Electronics GmbH, einen Vortrag
über digitale Einbruchswerkzeuge, mit denen Zugang zu Betriebssystemen
erlangt werden kann.[23] Besonders angesichts der repressiven Nutzung
solcher Software gegen Regierungskritiker_innen in zahlreichen Staaten
im Arabischen Osten sind die Entwicklung und der Verkauf solcher
Software ein Dolch im Rücken all jener mutigen Personen, die sich
weltweit für demokratische Prozesse einsetzen.
Gegenwind...
Seit Jahren erfährt Rheinmetall Gegenwind von Kriegsgegner_innen. So
richteten sich die vergangenen jährlichen War Starts Here Camps von 2012
bis 2017 gegen das von Rheinmetall betriebene Gefechtsübungszentrum bei
Magdeburg. In den vergangenen Jahren verstärkten sich die Proteste gegen
Rheinmetall. Ausschlaggebend für diese Entwicklung waren die Profite des
Unternehmens durch den Krieg in Jemen, die zunehmend dreiste und
rechtlich fragwürdige Auslagerung der Produktion, um deutschen
Exportrichtlinien auszuweichen und der Einsatz der Leopard 2 Panzer der
türkischen Armee in Afrin.
... in der Schweiz
So erfolgten innerhalb der vergangenen Monate unterschiedliche kleine
Aktionen in der Schweiz gegen Rheinmetall. Anfang April 2018 sperrten
Aktivist_innen eine Filiale der Rheinmetall AG in Ittigen bei Bern
ab.[24] Am gleichen Tag fanden kleine Aktionen vor der Rheinmetall Air
Defence AG in Zürich statt, nach denen drei Personen kurzzeitig
festgenommen wurden.[25] In ihren Flyern erklärten die Aktivist_innen,
Rheinmetall gehöre zu den wichtigsten Rüstungsbetrieben in der Schweiz.
Rheinmetall nehme eine strategisch wichtige Rolle für die Schweizer
Rüstungsindustrie, indem die Firma Rheinmetall „[d]ank ihrer
internationalen Verstrickung [...] einheimischen Produzenten einen
besseren Zugang zu europäischen Rüstungsprogrammen“ gewähre.[26]
... in Italien
Auch auf der Mittelmeerinsel Sardinien regt sich seit Jahren Widerstand
gegen die dortige RWM S.p.A. Italia. Bereits im Jahr 2016 fand
zeitgleich mit den Protesten gegen die Hauptaktionärsversammlung von
Rheinmetall in Berlin eine Demonstration vor den Werktoren der RWM
S.p.A. auf Sardinien statt. Hunderte Menschen blockierten zunächst
kurzzeitig die Zufahrtsstraße der Fabrik und brachten anschließend
Protestschilder und Banner an der Umzäunung des Geländes an. Den
Aktivist_innen gelang es dadurch, den Fabrikablauf zu stören, wodurch an
diesem Nachmittag der Betrieb früher geschlossen wurde.[27]
Weitere Proteste folgten: Am 29. Juli 2016 versuchten Aktivist_innen
erneut, die Fabrik mit einem Sit-In zu blockieren.[28] Am 3. April 2017
erfolgte eine weitere Kundgebung mit anschließender Demonstration gegen
Rheinmetall in der südsardischen Kleinstadt Domusnovas.[29] Dieses Jahr
organisierten Antimilitarist_innen vom 7. bis zum 8. April 2018
Diskussionstage, um weitere Strategien des Widerstands gegen Rheinmetall
auf der Insel zu entwickeln.
Erst Anfang Juni 2018 fand ein Flash Mob mit einem weißen Sarg vor der
Regionalverwaltung in Domusnovas statt, der für die im Jemenkrieg
gestorbenen Kinder stehen sollte. Das Cagliari Social Forum und der
Verband der Kriegsversehrten und -opfer forderte mit dieser Aktion eine
offizielle Stellungsnahme der Regionalregierung zum Jemenkrieg und der
Präsenz von Rheinmetall auf der Insel.[30] Aktivist_innen aus Sardinien
begaben sich im Juli 2018 auf eine Mobilisierungstour durch
unterschiedliche deutsche Städte, um gemeinsam mit in Deutschland
Aktiven auf das War Starts Here Camp aufmerksam zu machen und die
politischen Kämpfe gegen Rheinmetall auf Sardinien und in Deutschland zu
verknüpfen.
...und in Deutschland
Es ist nicht verwunderlich, dass sich unterschiedliche Kampagnen und
Initiativen mit dem Rüstngsunternehmen auseinandersetzen. Dies kann
bereits von einer Person ausgehen: So rief der Kriegsgegner Theisen im
Februar 2018 mit Flugblättern die Rheinmetall-Mitarbeiter_innen
öffentlich zum Whistleblowing auf: „Informieren Sie die Öffentlichkeit
umfassend und rückhaltlos über die Hintergründe der in Rede stehenden in
Teilen illegalen Exportpraxis Ihres Arbeitgebers“. Zudem schickte er
rund 33 Briefe an Mitarbeiter_innen der Gemeinde Südheide, in denen er
diese aufforderte, keine Rüstungsproduktion in ihrer Gemeinde
zuzulassen.[31]
Große Medienaufmerksamkeit erreichte hingegen die Verleihung des
internationalen ethecon Black Planet Award im November 2017 an den
Rheinmetall-Vorstandsvorsitzenden Armin Papperger, den Vorsitzenden des
Aufsichtsrats Ulrich Grillo, sowie weitere Großaktionäre. Andere Gruppen
versuchten, Sand im Getriebe des Rüstungskonzerns zu sein. Junepa
(Jugendnetzwerk für politische Aktionen) blockierte am 15. Mai 2016 mit
rund 60 Personen zwei Rheinmetall-Fabriken in Unterlüß, die der
Produktion von Munition und Panzerfahrzeugen dienen. Begleitet wurde die
Aktion von einem Vorbereitungscamp vor Ort. Auch aus der Kunstszene
erheben sich kritische Stimmen gegen Rheinmetall: Eine Gruppe von
Künstler_innen zog ihre Beteiligung an der Ausstellung „Deutschland8:
German Art in China“ in Beijing zurück, nachdem sie erfuhren, dass
Rheinmetall zu den Sponsoren der Kunstveranstaltung zählt. In einem
Protestbrief an den Kurator Walter Smerling und die in Bonn sitzende
Stiftung für Kunst und Kultur e.V. kritisierten sie die
Instrumentalisierung von Kunst und Kultur zur Normalisierung von
Rüstungsunternehmen.[32] Dieses Jahr fanden pünktlich zur
Rheinmetall-Hauptversammlung in Berlin dezentral unterschiedliche
Proteste statt. Am Abend vor Beginn der Hauptversammlung demonstrierten
rund 300 Menschen auf der von der Interventionistischen Linken
organisierten Demonstration, an der sich auch der kurdische Dachverband
Nav-Dem beteiligte. Die Gruppen „Legt den Leo an die Kette“ und die
„Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel“ riefen für den 8. Mai zu
Protesten vor dem Maritim Hotel auf, an dem sich etwa 150 Menschen mit
einem ausgemusterten Rheinmetall-Panzer beteiligten. Zeitgleich
blockierte die Gruppe Sigmar (Solidarische Interventionen gegen
menschenrechtswidrige Angriffskriege und Rüstungsexport) den Zufahrtsweg
der Firma Rheinmetall in Unterlüß mit einem Metallgerüst.[33]
Es bleibt abzuwarten, ob die aktuellen Aktionen zu einer verstärkten
Vernetzung der unterschiedlichen Initiativen und Einzelpersonen führen
wird. Vielversprechend ist bereits die Strafanzeige, die am 17. April
2018 gegen die Geschäftsführer_innen von RWM Italia S.pA. sowie gegen
ranghohe Beamt_innen der italienischen Behörde für Waffenexporte bei der
Staatsanwaltschaft in Rom eingereicht wurde. Kläger_innen sind das
European Center for Constitutional and Human Rights aus Berlin, die
Mwatana Organization for Human Rights aus Jemen sowie die Permanente
Beobachtungsstelle von leichten Waffen und der Sicherheits- und
Verteidigungspolitik (O.P.A.L.) und das italienische Netzwerk für
Abrüstung (Rete Italiana per Il Disarmo).[34]
Das War Starts Here Camp, das vom 29. August bis zum 4. September in
niedersächsischen Unterlüß stattfinden wird, kann und soll einen
weiteren wichtigen Meilenstein in der Vernetzung des Gegenwinds für das
Rüstungsunternehmen Rheinmetall darstellen.
Anmerkungen
[1] Defense News Top 100 Global Defense Companies (2017),
artillerymarketing.com
[2] Rheinmetall Group: Geschäftsbericht 2017, ir.rheinmetall.com
[3] Ebd.
[4] Ethecon Stiftung Ethik & Ökonomie: Internationaler ethecon
Black Planet Award 2017 an Larry Fink und Palu Manduca (Großaktionäre)
sowie Armin Papperger (Vorstand) und Ulrich Grillo (Aufsichtsrat) vom
Rüstungskonzern RHEINMETALL (Deutschland), ethecon Dossier, März 2018, S.12
[5] Otfried Nassauer: Hemmungslos in alle Welt. Die
Munitionsexporte der Rheinmetall AG, Berliner Informationszentrum für
Transatlantische Sicherheit, BITS-Research Report 16.01, bits.de,
Oktober 2016, S.7
[6] Ebd.
[7] Ebd.
[8] Etehcon Stiftung, S.15
[9] Borsig. Unternehmenschronik 1837-2010, borsig.de
[10] Barbara Kasper und Lothar Schuster: Fremde Arbeit –
Zwangsarbeiter bei Rheinmetall-Borsig. Berlin (1983). Dokumentarfilm.
[11] Philipp Grüll:Umstrittene Panzernachrüstung. Rheinmetall
treibt Türkei-Deal voran, tagesschau.de, 13.02.2018
[12] Sofian Philip Naceur: Algeriens beispiellose Bewaffnung,
jungewelt.de, 04.05.2018, etehcon S.26
[13] Hintergrundinformationen zur Klage von Apartheidopfern
gegen internationale Konzerne, info.kosa.org, Im Jahr 2002 klagten
verschiedene Organisationen u.a. gegen Daimler und Rheinmetall vor einem
US-Gericht für ihre Mitverantwortung bei Gräueltaten des
südafrikanischen Apartheid-Regimes. Im Jahr 2013 wies die
Bezirksrichterin Shira Scheindlin die Klagen gegen die beiden deutschen
Konzerne ab – das Verfahren gegen US-amerikanische Unternehmen läuft noch.
[14] Rheinmetall liefert Munitionsfabrik an Ägypten, br.de,
Stand: 16.01.2018
[15] Etehcon S.26
[16] Liefern Rheinmetall-Tochterunternehmen Bomben und Munition
in den Jemen-Krieg?, ohne-ruestung-leben.de, 21.02.2018
[17] Ethecon S.50, Nassauer: Oktober 2016, S.13
[18] Kasachstan. Informationsdienst Sicherheit, Rüstung und
Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte,
bicc\Länderinformation 12 \ 2017, ruestungsexport.info
[19] UN delivers ‘exceptional’ assistance to Rukban refugees as
access renewed, jordantimes.com, 10.01.2018
[20] Rheinmetall: Optimum effectiveness and comprehensive
protection, Pressemitteilung, dmkn.de , 23.03.2012
[21] FIRST – Fast InfraRed Search and Track, rheinmetall-defence.com
[22] Persistent Surveillance System – PSS, rheinmetall-defence.com
[23] ISS World MEA Exhibits Schedule, issworldtraining.com
[24] Die Türkei bombardiert, Rheinmetall profitiert,
anfdeutsch.com, 05.04.2018
[25] Besuch bei Rheinmetall in Zürich und Bern, barrikade.info,
05.04.2018
[26] Ebd.
[27] Luca Fiore: Domusnovas: corteo blindato “chiude” la
fabbrica di morte,contropiano.org, 11.05.2016, 10 maggio 2016
manifestazione contro la fabbrica delle bombe, RWM Domusnovas,
nobasi.noblogs.org, 30.04.2016
[28] 29 luglio 2016 SIT IN contro la fabbrica delle bombe di
Domusnovas, nobasi.noblogs.org, 29.07.2016
[29] 3 aprile 2017 STOP RWM! Presidio e Corteo a Domusnovas,
nobasi.noblogs.org, 18.03.2017
[30] Flash mob a Cagliari Una bara bianca contro la fabbrica
delle armi, rainews.it, 05.06.2018
[31] Christian Link: Staatsanwaltschaft beschlagnahmt
Protest-Briefe gegen Rheinmetall, cellesche-zeitung.de, 20.07.2018
[32] Henri Neuendorf: Germany to Bring International
Contemporary Art to Beijing’s Forbidden City for the First Time,
news.artnet.com, 31.08.2017
[33] Sebastian Bähr: »Der Krieg beginnt hier«,
neues-deutschland.de, 08.05.2018
[34] Europas Verantwortung für Kriegsverbrechen im Jemen,
ecchr.eu
IMI-List - Der Infoverteiler der
Informationsstelle Militarisierung
Hechingerstr. 203
72072 Tübingen
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