Auf dem Altar
»Korrupt im Herzen Europas« (Transparent gegen die deutsche EM-Bewerbung, 21.9. in Stuttgart)
Foto: Marijan Murat/dpa
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Bundestrainer Joachim Löw hatte Luka Modric zum Weltfußballer des Jahres 2018 gewählt, vor Kylian Mbappé und Eden Hazard. Als Kapitän der kroatischen Nationalmannschaft hatte auch Modric selbst mit abgestimmt, für Raphaël Varane vor Cristiano Ronaldo und Antoine Griezmann. Er schien sich mit seinem Exkollegen Ronaldo abgesprochen zu haben, der als portugiesischer Kapitän für Varane vor Modric und Griezmann votierte. Manuel Neuer hatte natürlich auch irgend jemanden gewählt – wen, ließe sich leicht herausfinden.
Als Ronaldo kurz vor knapp die Teilnahme an der Preisverleihung absagte, war klar, dass er es nicht geworden war. Die Trophäe wiegte in der Nacht zum Dienstag in London schließlich Modric in den Armen, der Mann für den vorletzten Pass, frisch wegen Steuerhinterziehung verurteilt.
Nach dem WM-Finaleinzug im Sommer hatte er für den Empfang in Zagreb eine »erste Bedingung«, wie er später dem kroatischen Maxportal sagte: die Teilnahme von Ustascha-Thompson alias Marko Perkovic. Keine Siegesfeier ohne diesen Nazibarden, dessen Hit »Bojna Cavoglave« schon während der WM in der kroatischen Kabine angestimmt worden war. Er beginnt mit dem Gruß der faschistischen Ustascha (»Für die Heimat – bereit«) und endet mit Todesdrohungen gegen serbische »Tschetniks«. Bevor Perkovic die Vizeweltmeister in Zagreb auf die große Bühne führte, saß er mit ihnen im Mannschaftsbus. Das wird die zweite oder dritte Bedingung Modrics gewesen sein.
Der Weltverband FIFA, Veranstalter des WM-Turniers wie der Gala in London, kann schmutzige Wäsche von gestern derzeit nicht gut gebrauchen, mit der von vorgestern hat er genug um die Ohren. Am Montag veröffentlichte der Internationale Sportgerichtshof CAS die 76seitige Begründung seines Urteils gegen Ex-FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke (zehn Jahre FIFA-Sperre und 100.000 Franken Strafe). Demnach hat der Franzose vor der WM 2014 einen Schwarzmarktticketdeal mitorganisiert, seinem Sohn einen 600.000-Euro-Vertrag zugeschanzt und Extrakosten von zehn Millionen Euro für Privatflüge und Luxusreisen abgerechnet. Da ist er mit umgerechnet 88.700 Euro Strafe gut bedient, hatte im Juli trotzdem Berufung eingelegt, die war abgewiesen worden.
In Erklärungsnöten, wie sie bei der FIFA gang und gäbe sind, befindet sich immer wieder auch der DFB. Gerade ist er wegen eines etwas überraschenden Deals mit Adidas im Gerede. Der noch bis 2022 gültige Vertrag mit dem Konzern aus Herzogenaurach wurde bis 2026 verlängert – »im Interesse aller Mitglieder«, wie DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius beteuerte. Das wären mehr als sieben Millionen. Nicht alle wussten von dem zeitlich befristeten Angebot, dem die Konkurrenz »in der Kürze der Zeit« (Curtius) nichts habe entgegensetzen können.
Wer Korruption und Faschismus verabscheut, kann immer noch den Fußball lieben. Hierzulande kommt es heute und morgen bei Erst- bis Drittligaspielen zu Fanprotesten gegen DFB und Ligaführung. Das Bündnis »Pro Fans« will bundesweit in den Stadien Stimmung machen gegen das Primat der »Interessen von Investoren oder Stakeholdern«. Immer weiter solle »der Fußballsport seiner sozialen und kulturellen Wurzeln beraubt werden, um von den Verbänden auf dem Altar der Profitgier ausgenommen zu werden«, heißt es in einem Statement der Fans, deren Sprecher Sig Zelt am Montag noch einmal erklärte, wie wenig ein Jahr Dialogbereitschaft gebracht habe. Die Konfrontation sei alternativlos, sagte Zelt: »Was bleibt uns denn anderes übrig?«
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